Merz, Walther 

Geburtsdatum/-ort: 17.04.1897;  Neustadt/Schwarzwald
Sterbedatum/-ort: 22.03.1963;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Architekt, Oberbaudirektor, Maler
Kurzbiografie: 1913 Lehrerseminar Ettlingen
1914 Kriegsfreiwilliger im Heer, Leutnant d. Res.
1919–1921 Studium d. Architektur an den TH München u. Karlsruhe
1925 Regierungsbaumeister
1925–1927 stellvert. Leiter des Stadtplanungsamts Chemnitz
1928 I–1933 Mitarbeiter beim städt. Hochbauamt Karlsruhe
1933 Entlassung aus dem städtischen Dienst
1936 Rücknahme d. Entlassung
1937 V Eintritt in die NSDAP, Mitgl. Nr. 4 144 077
1939 Einberufung zur Wehrmacht, Oberbaustab Straßen- u. Brückenbau an Oberrhein u. Vogesen
1940–1945 Leiter d. Karlsruher Abteilung Sofortmaßnahmen bei Kriegsschäden
1946 X 5–1950 VIII 9 Entnazifizierung
1948 Oberbaurat d. Stadt Karlsruhe
1949 Stadtbaudirektor
1955 Oberbaudirektor
1962 Bundesverdienstkreuz Erster Klasse
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk., Austritt 1939
Verheiratet: 1936 (Karlsruhe) Emma Theresia, geb. Zörrer, gesch. Waiblinger (1904–1996)
Eltern: Vater: Otto (1860–1924), Tuchfabrikant
Mutter: Leonie, geb. Walther (1869–1949)
Geschwister: 3 Brüder
Kinder: Günther (1925–2005), Adoptivsohn aus erster Ehe seiner Frau, Diplom-Volkswirt
GND-ID: GND/1133200486

Biografie: René Gilbert (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 346-348

Nach dem Schulabschluss erwarb Merz, dritter von vier Söhnen eines Tuchfabrikanten, zunächst im Lehrerseminar Ettlingen die Befähigung zum Zeichenlehrer, bevor er sich am Beginn des I. Weltkriegs freiwillig zum Heeresdienst meldete. Nach Kriegsende absolvierte Merz ein dreijähriges Studium der Architektur an den Technischen Hochschulen München und Karlsruhe, welches er 1921 mit Diplom abschloss. Danach war er bei verschiedenen Privatarchitekten in Karlsruhe und in der Großindustrie angestellt und auch am Bau der Flugzeughallen auf dem 1924 eröffneten Karlsruher Flugplatz an der Erzbergerstraße beteiligt. 1925 legte er die Prüfung zum Regierungsbaumeister ab.
Gleich danach begann Merz als stellvertretender Leiter des Stadtplanungsamts Chemnitz. Im Januar 1928 wurde er als Beamter beim Hochbauamt Karlsruhe eingestellt, um die Vorbereitung und Durchführung des Dammerstock-Bauwettbewerbs zu organisieren, was ihn aber nicht abhielt, sich selbst an dem Projekt zu beteiligen. Gemeinsam mit Alfred Fischer (1889–1969) entwarf Merz in der Siedlung die Baugruppen 13 und 15 im Bussardweg 37–52 und mit Fritz Rößler (1886–1961) plante er die Baugruppe 18 im Sperberweg 29–43.
Als unter dem Karlsruher Baubürgermeister Hermann Schneider (1881–1965) das Naherholungsgebiet Rheinpark Rappenwört entstand, war Merz 1928/29 für den Bau der Vogelwarte Rappenwört verantwortlich. Er war vor die Aufgabe gestellt, „Räume zur Unterbringung und Beobachtung von Vögeln wie auch zu Unterrichts- und Versuchszwecken zu schaffen und daneben für den Leiter der Warte und einen Gehilfen Wohnungen zu bauen.“ (Ringler, Rheinpark, S. 350). Erste Entwürfe des Hochbauamts für die Vogelwarte aus dem Jahr 1927 lagen bereits vor, als der damals 32-jährige Stadtbaurat mit seinen Planungen nun an Walter Gropius (1883–1969) anknüpfte. Er verwarf einen symmetrischen Baukörper mit axial angeordneten Strukturen und schuf Asymmetrie, Flachdachbauweise, Fenster unterschiedlicher Größe sowie einen schlicht weißen Anstrich bei fehlender Fassadenverzierung. Zusammen mit den Bauten des Dammerstock markierte die Vogelwarte die Wende in der traditionellen Karlsruher Städtebauarchitektur im Stile Carl Peter Pflästerers (1888–1962) hin zum sogenannten Neuen Bauen. Umso enttäuschter musste Merz gewesen sein, als er von der Entscheidung erfuhr, dass die Warte bereits zum 31. März 1934 aufgrund der hohen Unterhaltskosten wieder geschlossen würde. Jahrzehnte diente sie als Lagerstätte für Werkzeug der städtischen Waldarbeiter, bis das Gelände von 1975 bis 1993 zur staatlichen Vogelschutzwarte Baden-Württemberg wurde. Seit 1996 befindet sich dort das Naturschutzzentrum Karlsruhe-Rappenwört.
Auf Merz warteten bereits weitere Projekte wie die Errichtung der Wartehalle am Durlacher Tor 1929 und 1932/33 der Bau der am ehemaligen Hauptbahnhof an der Kriegsstraße gelegenen Markthalle, die 1969 dem Neubau des Badischen Staatstheaters weichen musste.
1933 schien Merz’ hoffnungsvolle Laufbahn bei der Stadt beendet, als die Nationalsozialisten ihn wegen der ihm unterstellten Sympathie für die Zentrumspartei aus dem kommunalen Dienst entließen. Er galt jedoch als unentbehrlich für das Hochbauamt und wurde 1936 von Oberbürgermeister Friedrich Jäger (1873–1955) wieder eingestellt. Am 1. Mai 1937 trat Merz dann auf dessen Drängen in die NSDAP ein. Bei Kriegsbeginn wurde er zur Wehrmacht einberufen und im Oberbaustab Straßen- und Brückenbau am Oberrhein und Vogesen eingesetzt. Als Hauptmann der Reserve leitete er von 1940 bis Kriegsende in Karlsruhe die „Sofortmaßnahmen bei Kriegsschäden“ und hatte zeitweilig die Aufsicht über 100 Architekten und 10 000 Arbeitskräfte.
Nach Kriegsende wurde Merz Leiter des Karlsruher Hochbauamts und Verbindungsmann zwischen der Stadtverwaltung und den französischen bzw. amerikanischen Militärbehörden. Dabei hatte er die Verantwortung für alle Angelegenheiten der Baustoffbergung, -beschaffung, und –verteilung sowie der Organisation des Bauwesens und des beginnenden Wiederaufbaus.
In seinem Entnazifizierungsverfahren stufte ihn die Spruchkammer Karlsruhe am 5.Oktober 1946 zunächst als Entlasteten ein. Diese Entscheidung wurde vom Ministerium für politische Befreiung am 22. Dezember 1947 aufgehoben und Merz wurde im Januar 1948 von Oberbürgermeister Friedrich Töpper aus dem Beamtenverhältnis entlassen und arbeitete als Angestellter beim städtischen Aufbauamt „in gewöhnlicher Arbeit“. Eine zweite Entscheidung der Spruchkammer Karlsruhe stufte Merz am 13. Januar 1948 dann als Mitläufer ein. Die eingelegte Berufung wurde am 12.August 1948 als unbegründet abgewiesen, da Merz keine erlittenen Nachteile durch seinen angegebenen aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus nachweisen konnte. Nach dieser Entscheidung verfügte Töpper die Wiedereinsetzung Merz’ in dessen alte Dienststelle. Zudem wurde er am 1. Juli 1948 als Oberbaurat im Hochbauamt zum Beamten auf Widerruf ernannt und am 1.August 1949 Stadtbaudirektor. Trotz der Fortsetzung seiner Laufbahn wollte Merz seine Einstufung als Mitläufer nicht akzeptieren und ging am 28. Februar 1950 erneut in Berufung – mit Erfolg. Am 9.August 1950 wurde er von der Spruchkammer entlastet.
In den 1950er-Jahren war Merz am Wiederauf- bzw. Neubau der Stadt- und der Schwarzwaldhalle, des Konzert- und Rathauses sowie von zahlreichen Schulen, Wohngebäuden, Alters- und Jugendheimen beteiligt. Er wirkte an der Planung und dem Bau der Waldstadt, der Altstadt und von Mühlburg mit. Auch als Preisrichter bei Architektur- Wettbewerben war er tätig. Im Januar 1955 wurde im Baudezernat das Planungs- und Hochbaureferat eingerichtet und Merz erhielt als Oberbaudirektor die neu geschaffene Position eines dem Oberbürgermeister zugeordneten Referenten für Stadtplanung, Hochbau und Bauordnung, die er bis zu seinem Ruhestand am 30. April 1961 innehatte. Er war damit in der Hochphase des Wiederaufbaus einer der engsten Mitarbeiter von OB Günther Klotz.
In seiner Freizeit widmete sich Merz, der bereits als Knabe seine Liebe zur Malerei entdeckt hatte, der Bildenden Kunst und schuf zahlreiche Gemälde. Als Sujet diente ihm vornehmlich die Landschaft seiner südbadischen Heimat. In der badischen Kunstgeschichte bilden Merz’ Werke stilistisch den Übergang von der romantischen Landschaftsmalerei Alexander Dilgers (1824–1906) zur naturalistischen Darstellung Albert Fechtis (1917–1995).
Quellen: GLA Karlsruhe 456 h 6719, Entnazifizierungsakte Walther Merz; StadtA Karlsruhe 1/POA1/2167, Personalakte Walther Merz, 7/Nl Zollner Nr. 528, Bürgermeister und Ressortchefs – Zeitungsartikel, 8/PBS XIVe 431, XIVe 441, XIVe 489, XIVe 490, XIVe 501, oXIIIa 287, oXIIIa 298, oXIIIa 301, oXIIIa 302, oXIIIa 303, oXIVe 292, oXIVe 423, oXIVe 425, oXIVe 485, Baupläne u. -skizzen, 8/StS 17/31, Geschichte u. Funktion d. städt. Vogelschutzwarte Rappenwört, 8/ZGS Persönlichkeiten – Merz, Walther, Biographische Materialsammlung; Pressedienst d. Stadt Karlsruhe vom 3.8.1961.
Werke: Die Vogelwarte im Rheinpark Rappenwört bei Karlsruhe, in: Die Bauzeitung Nr. 6 vom 8.2.1930; Der Wiederaufbau des Rathauses, in: Das Karlsruher Rathaus – erbaut von Friedrich Weinbrenner 1805–1825, kriegszerstört 27.9.1944, wiederaufgebaut 1948–1955, hgg. von d. Stadtverwaltung Karlsruhe, 1955, 58-65. – Gemälde: Blick vom Feldberg zum Feldsee, im Hintergrund die Höhenzüge des Schwarzwaldes unter sommerlichem Himmel (Öl auf Leinwand); Blick auf den Titisee mit weiter Schwarzwaldlandschaft (Öl auf Leinwand); Titisee, Schwarzwaldlandschaft, Blick auf Gebäude am Seeufer von erhöhtem Standpunkt aus (Öl auf Platte); Sonnige Schwarzwaldlandschaft, unten im Tal Blick auf den Titisee (Öl auf Platte); Titisee (Öl auf Leinwand, ca. 1920, StadtA Titisee-Neustadt); Reichenbachtal u. Ahorn im Herbst (Öl auf Holzpappe, ca. 1920, StadtA Titisee-Neustadt); Blick in weite sommerliche Schwarzwaldlandschaft mit Wäldern u. Wiesen, am Horizont schneebedeckte Gipfel (Öl auf Leinwand, 1937); In d. Nachmittagsonne Blick auf See in idyllischer sommerlicher Schwarzwaldlandschaft (Öl auf Leinwand, 1938); Herzogenhorn (Öl auf Leinwand, um 1940); weitere Werke im Besitz d. Stadt Titisee-Neustadt.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (o. J.), in: Baden-Württembergische Biographien 6, S. 345, StadtA Karlsruhe 8/PBS oIII 520. – weitere Fotos ebd. 8/PBS oIII 520, 8/BA Schlesiger A3_152_55.

Literatur: Walter Göbel, Chronik u. Familiengeschichte von Neustadt (Schwarzwald), 1951, 191; Josef Werner, Karlsruhe hat ihm viel zu verdanken. Zum Tode von Oberbaudirektor i. R. Walther Merz, in: BNN vom 27. März 1963; Harald Ringler, Die Karlsruher Akteure des Projekts Dammerstock, Politiker, Stadtplaner, Architekten, in: Neues Bauen d. 20er-Jahre – Gropius, Haesler, Schwitters u. die Dammerstocksiedlung in Karlsruhe 1929, hgg. vom Bad. Landesmuseum Karlsruhe, 1997, 49-68, hier 58f.; Andreas Schwarting, Karlsruhe u. d. Dammerstock, ebd., 69-90, hier 72-74; Martin Vogelbacher, Biografie Walther Merz, in: Sparkasse Hochschwarzwald (Hg.), Portraits u. Stadt – Landschaft, Katalog zur Ausstellung Portraits u. Stadt – Landschaft, 2000, 24; Roland Heinzmann/Harald Dannenmayer, Perle d. Klassischen Moderne. Zu Architektur u. Baugeschichte des Naturschutzzentrums Karlsruhe-Rappenwört, in: BH 82, 2002, 548-559; Harald Ringler, Der Rheinpark Rappenwörth, in: Bürgerverein Daxlanden (Hg.), Daxlanden – Die Ortsgeschichte, 2007, 345-353; Nina Rind, Dammerstocksiedlung – Stadtspaziergänge in Karlsruhe, 2009.
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