Kindermann, Carl 

Geburtsdatum/-ort: 10.08.1860; Magdeburg
Sterbedatum/-ort: 21.04.1938;  Wehr/Baden
Beruf/Funktion:
  • Prof. für Nationalökonomie an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim
Kurzbiografie: Evangelisches Gymnasium in Magdeburg
Studium der Jurisprudenz und Nationalökonomie an den Universitäten Jena, Tübingen, Berlin, Leipzig
1884 juristisches Referendarsexamen in Berlin
1885 Dr. jur. an der Universität Berlin, Rechtsreferendar in Magdeburg
1886 Dr. phil. an der Universität Heidelberg
1893 Habilitation (Nationalökonomie) an der Universität Heidelberg
1894 Privatdozent an der Universität Heidelberg
1895 außerordentlicher Prof. an der Universität Heidelberg, Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Karlsruhe
1896 ordentlicher Prof. für Nationalökonomie an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim, Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Stuttgart
1930 emeritiert
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1914 Frieda Sailer, geb. Huber (nach dem Tode der ersten Ehefrau wiederverheiratet)
Eltern: Vater: Carl Kindermann, Jurist, Magdeburg
Kinder: (aus erster Ehe) 1 Sohn, 1 Tochter
GND-ID: GND/116172177

Biografie: Ulrich Fellmeth (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 132-133

Kindermann war in wissenschaftlicher Hinsicht ein Schüler von Knies und Adolf Wagner. Tief beeindruckt war Kindermann aber auch von dem englischen Sozialphilosophen Herbert Spencer, den er auf einer wissenschaftlichen Reise nach England kennen gelernt hatte und dessen Lehre sein erstes Buch galt. Kindermann war ein vielseitig interessierter, eigenwilliger, temperamentvoller und streitbarer Mann. Seine Schwerpunkte in Lehre und Forschung in Hohenheim waren weniger nationalökonomischer Natur, sondern lagen eher im Bereich sozialwissenschaftlicher und politischer Themen. Speziell dem Genossenschaftswesen, der Wohnungspolitik und allgemeinen Bildungsfragen widmeten sich seine Forschungen. In der Lehre legte Kindermann, wohl als einer der ersten seines Faches, großen Wert auf Exkursionen, Forschungsreisen und Betriebsbesichtigungen. Über seine speziell wissenschaftlichen Aufgaben hinaus war Kindermann aber auch in ganz Süddeutschland als Redner zu politischen, nationalökonomischen und Bildungsfragen tätig. Speziell seine politischen Interessen machten ihn im Jahre 1910/11 überregional in der Presse zum „Fall Kindermann“: Er wollte sich für die Nationalliberalen als Reichstagskandidat aufstellen lassen. Dagegen intervenierte der damalige Hohenheimer Direktor Strebel. Dies wurde allgemein als ein unzulässiger dienstlicher Eingriff in die Meinungsfreiheit aufgefasst. Der Fall machte Kindermann aber berühmt und als Redner noch begehrter. Überhaupt hat Kindermann sich nie gescheut, seine mitunter eigenwilligen und im Wandel der Zeit durchaus nicht immer gleichbleibenden Ansichten, ungeniert öffentlich zu äußern – wobei er sich mehrmals die Finger verbrannte. Namentlich die Nationalsozialisten bezogen Front gegen Kindermann „Und wenn so ein Professor der Volkswirtschaftslehre in seinen Vorlesungen entgleiste und glaubte, marxistische Wirtschaftslehre verzapfen oder in Stuttgart in jüdischen Versammlungen den Frontkämpfergeist schmähen zu können, dann wurden ihm durch Pfeifkonzerte im Hörsaal und durch Protestmärsche vor der Hochschule [...]der deutsch-völkische Geist der Studentenschaft drastisch vor Augen geführt“ (Das Schwarze Korps, 3. Juli 1935, 4).
Quellen: PA C. Kindermann im UA Hohenheim.
Werke: Die Entwicklungslehre Herbert Spencers, 1888; Zur organischen Güterverteilung I, 1894, II, 1896; Zwang und Freiheit, ein Generalfaktor im Völkerleben, 1901; Volkswirtschaft und Kunst, 1903; Volkswirtschaft und Staat, 1908; Die Führer im modernen Völkerleben, 1909; Zur Persönlichkeit, 1913; Deutschland. Weltausstellung und Bismarck, 1915; Die soziale Schöpferkraft im Aufbau Deutschlands und des Völkerlebens, 1919; Die Jugendbildnerei, Deutschlands Gabe und Aufgabe, 1925; Der Jugendführer im deutschen Volksstaat, 1930; Bolschewismus, Todeskampf oder Endsieg des Individualismus, 1937.
Nachweis: Bildnachweise: UA Hohenheim: S 5/9 Ki.

Literatur: Stuttgarter Neues Tagblatt 368 (1930) 5; Kürschner 1931, 1434; Schwäbischer Merkur (1938), Nr. 97, 5; E. Klein, Die akademischen Lehrer von Hohenheim, 1968, 28, 81 f.; G. Franz, Geschichte der Univ. Hohenheim, 1968, 93 f.
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