Köster, Werner Otto 

Geburtsdatum/-ort: 22.11.1896; Hamburg
Sterbedatum/-ort: 30.03.1989; Frankenthal
Beruf/Funktion:
  • Physikochemiker, Metallkundler
Kurzbiografie: 1902–1914 bis 1905 Private Vorschule, dann Wilhelm-Gymnasium Hamburg
1914 VIII –1918 XII Kriegsdienst, zuletzt Leutnant d. Res.; E.K. II
1919–1922 Studium d. Naturwissenschaften, bis Ostern 1919 Univ. Hamburg, SS 1919-WS 1919/20 Univ. Freiburg, SS 1920-WS 1921/22 Univ. Göttingen
1922 III 10 Promotion zum Dr. phil., „sehr gut“: „Die Geschwindigkeit d. Einwirkung von Sauerstoff, Schwefelwasserstoff u. Halogenen auf Metalle“; Diplom vom 6. Apr. 1922
1922 VII–1924 II Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Eisenforschung, Düsseldorf
1924 III–1927 IV Metallograph im Laboratorium d. Schweizerischen Metallwerke Selve&Co, Thun
1927 V–1933 V Abteilungsleiter im Forschungsinstitut d. Vereinigten Stahlwerke AG, Dortmund
1933 V-1934 VI Leiter des Forschungslaboratoriums d. Dt. Edelstahlwerke AG, Krefeld
1934 VII–1965 III Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts, seit 1949 Max-Planck-Institut, für Metallforschung in Stuttgart u. gleichzeitig o. Prof. für angewandte Metallkunde an d. TH Stuttgart; im SS 1965 Vertreter seines Lehrstuhls
1940 V NSDAP-Eintritt; Nr. 7 668 619
1945 IX–1946 IV bei Frankfurt, dann in Ludwigsburg interniert
1946 X–1948 II Entnazifizierungsverfahren, Mitläufer
1957/58 Rektor d. TH Stuttgart
1965–1989 Emeritiertes Mitglied des Max-Planck-Instituts für Metallforschung
seit 1992 Werner-Köster-Preis d. Dt. Gesellschaft für Materialkunde
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Ehrungen: Korrespond. Mitglied d. Dt. Akademie d. Luftfahrtforschung (1942); Heyn-Denkmünze d. Dt. Gesellschaft für Metallkunde (1952); Korrespond. Ehrenmitgl. des Instituts für Metalle, London (1955); Ehrenmitgl. des Eisen- u. Stahl-Instituts, Madrid (1955); Dr.-Ing. h. c. d. TU Berlin (1956); Goldene Luigi-Losana-Medaille d. Ital. Metallurg. Gesellschaft, Rom (1956); Mitgl. d. Dt. Akademie d. Naturforscher Leopoldina (1959); Ehrenmitgl. d. Metallurg. Gesellschaft Frankreich (1961); Platin-Medaille des Instituts für Metalle, London (1962); Ehrenmitgl. d. Japan. Gesellschaft für Metallkunde (1963); Mitgl. d. Metallurgischen Gesellschaft des Amerikan. Instituts d. Bergbau-, Metallurgie- u. Öl-Ingenieure, New York u. Großes Bundesverdienstkreuz (1966); Japan. Orden des Heiligen Schatzes 2. Kl. (1973).
Verheiratet: 1923 Ilse, geb. Kerschbaum (geboren 1900)
Eltern: Vater: Paul Eduard Louis, Kaufmann
Mutter: Elsa Gertrud, geb. Grallert
Geschwister: unbekannt
Kinder: 3;
Helma Ilse (geboren 1926), verh. Lehner;
Albrecht Werner (geboren 1928);
Eberhard Heinrich (geboren 1935)
GND-ID: GND/116301414

Biografie: Alexander Kipnis (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 256-262

Köster repräsentiert die im Kaiserreich aufgewachsene Generation, für die Treue dem Vaterland gegenüber und Pflichterfüllung als oberstes Prinzip galt. Lebenslang folgte er diesem Prinzip, als er 1914 freiwillig ins Feld ging, als er dem „Dritten Reich“ treu diente, als er nach dem Zusammenbruch die verführerischen Angebote von Alliierten, im Ausland zu arbeiten, ablehnte und als er in zäher Arbeit sein Stuttgarter Institut wieder zur Blüte brachte.
Der Hamburger Köster besuchte dort das humanistische Wilhelm-Gymnasium. Die vorhandenen Zeugnisse vom Jahr 1912 weisen ihn als einen guten Schüler aus: Er nahm den fünften Platz in einer Klasse von 20 Gymnasiasten ein. Das Gymnasium schloss er, vermutlich mit dem Notreifezeugnis, am 7.August 1914 ab, trat dann sofort als Kriegsfreiwilliger ins Heer ein, war an Kämpfen an den West- und Ostfronten, wurde verwundet und glaubte nun studieren zu können. Er meldete sich an der Freiburger Universität, musste jedoch zum Heer zurückkehren und wurde erst zum Kriegsende entlassen.
Dann konnte sein Studium beginnen. Vom Januar bis Anfang April 1919 hörte er an der Universität Hamburg Vorlesungen in Mathematik, Physik und Chemie, ging dann nach Freiburg, wo er ab dem Wintersemester 1916/17 wegen des Heeresdienstes beurlaubt worden war, und studierte zwei Semester lang Chemie und Physik. Sein Hauptstudium aber fand in Göttingen statt, wo er nach dem II. Verbandsexamen in Chemie Doktorand bei dem Physikalischen Chemiker Gustav Tammann (1861–1938) wurde, einem der Gründer der wissenschaftlichen Metallkunde. Später räumte Köster ein, dass es nicht sein besonderes Interesse an der physikalischen Chemie war, das ihn zu Tammann geführt hatte, „sondern […]der aufrechte, fest gefügte, würdevolle Mann, zu dem ich mich von der ersten Begegnung her hingezogen gefühlt habe“ (1961, Zum 100., S. 377). Tammann gab Köster ein Thema über die Kinetik der Bildung von festen Reaktionsprodukten auf metallischen Oberflächen, der im Februar 1922 seine Ergebnisse als Doktorarbeit vorlegte. In seinem Gutachten schrieb Tammann, Köster habe es verstanden, seine Erfahrungen theoretisch zu verwerten. „Es ist ihm gelungen, die Frage nach den Reaktionsgeschwindigkeiten der Metalle in vielen Fällen quantitativ zu lösen“ (UA Göttingen. Promotionsakte Köster). Das Rigorosum in physikalischer Chemie als Hauptfach und Chemie und Physik als Nebenfächern bestand Köster durchweg mit „sehr gut“.
Köster wollte sich weiter auf dem Gebiet der Metallkunde ausbilden und trat als Assistent in das Kaiser-Wilhelm-Institut für Eisenforschung ein, wo er unter Friedrich Körber (1887–1944), auch Schüler Tammanns, mit der Wärmebehandlung des Stahls und Fragen der Werkstoffprüfung betraut wurde. Bald verfestigte sich seine Einstellung, dass die exakte wissenschaftliche Arbeit für die Metallkunde absolut notwendig sei, die damals immer noch eher als „Kunst“ galt. Nach fast zwei Jahren ging Köster dann in die Industrie. In Thun, wo Messing-Halbfabrikate produziert wurden, beschäftigte er sich mit metallographischen Untersuchungen von Nichteisenmetallen und deren Legierungen. In dem Zeugnis der Firma wurde lobend hervorgehoben, dass Köster „stets die wesentlichen Zusammenhänge erfasste und heraushob“ (UA Stuttgart, 57/2423). Im Frühjahr 1927 wurde er Abteilungsleiter im Forschungsinstitut der Vereinigten Stahlwerke in Dortmund. Hier wurde Köster auf dem Gebiet der Eisen- und Stahlforschung aktiv. Die Ergebnisse seiner Arbeiten über neue Legierungen für Dauermagnete wurden weltweit patentiert und später als „umwälzende Entwicklung auf dem Gebiet der Dauermagnetstoffe“ (Maier, 2007, S. 315) gewürdigt.
In der deutschen Fachwelt war Köster bereits wohlbekannt, auch dank seiner regelmäßigen Vorträge bei Versammlungen der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde. Im Sommer 1933 erhielt er eine vielversprechende Stelle als Leiter des Forschungslaboratoriums der Deutschen Edelstahlwerke in Krefeld. Bald erreichte ihn ein anderes Angebot, das er nach reichlichem Bedenken annahm. Köster sollte in Stuttgart das neu zu gründende Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung leiten, nachdem das Vorgänger-Institut in Berlin im Februar 1933 aus wirtschaftlichen Gründen aufgelöst worden war. Nach langen Bemühungen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der Metallindustrie und des Landes Württemberg wurde dieses Institut in Stuttgart neu gebildet, wo an der TH Stuttgart bereits zwei Metallforschungsinstitute bestanden, die als Teilinstitute für physikalische Chemie der Metalle und für Metallphysik neben dem neuen Teilinstitut für Metallkunde in der neuen Institution vereinigt fortbestehen sollten. Köster wurde Geschäftsführender Direktor des gesamten Instituts und Direktor des Instituts für Metallkunde. Ohne Habilitation wurde er auch ordentlicher Professor für angewandte Metallkunde an der Technischen Hochschule, wodurch das neue Kaiser-Wilhelm-Institut durch Personalunionen mit der TH verbunden wurde; denn alle drei Direktoren waren dort Lehrstuhlinhaber. Obwohl die Neugründung vor der NS-„Machtergreifung“ beschlossen war, prägte der politische Wandel die Entwicklung des Instituts, das für das NS-Regime aus zwei Gründen bedeutsam war: ausreichende Metallversorgung war eine materielle Voraussetzung für die Aufrüstung und auch die Autarkie-Politik legte beim Metallverbrauch die Konzentration auf heimische Rohstoffe nahe. Entsprechend musste die Metallforschung ausgerichtet werden. Bereits im Juni 1935 fand die Einweihung des Neubaus des Teilinstituts für Metallkunde statt, wobei Max Planck (1858–1947), der Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Köster den Schlüssel des Hauses übergab. Bereits 1938 wurde ein Erweiterungsbau errichtet und im April 1939 bezogen.
Längst hatte Köster begonnen, sich als Dozent zu betätigen. Ab dem Sommersemester 1935 führte er zweistündig jede Woche Praktika der Metallkunde durch und ab dem Wintersemester 1935/36 las er „Metallurgie“ und „Allgemeine Metallkunde“. Von 1937 bis 1941 kamen dazu Vorlesungen über „Eisen und Eisenlegierungen“ bzw. „Aluminium und Aluminiumlegierungen“. Seine Hauptaufgabe aber blieb die Metallforschung und vielseitige Erfahrungen Kösters ermöglichten es ihm, gute Kontakte mit der Metallindustrie zu knüpfen. Er verstand es, rein wissenschaftliche Forschung mit praktischen Anforderungen zu verbinden. Das betonte er auch im programmatischen Artikel von 1936: sein Institut wolle durch Grundlagenforschung die Basis zur Lösung dringender Probleme der Metallindustrie schaffen. „Das Institut will […] sein ihr zuverlässiger Helfer und Berater in technisch-wissenschaftlichen Fragen und es will als uneigennütziger Sachverwalter die Belange der deutschen Metallwissenschaft hüten“ (1936, Die Stellung…, S. 46). Nach Kriegsausbruch, als „der Verkehr zwischen Werken und dem Institut besonders rege“ (Meier, 2007, S. 647) war, proklamierte Köster „die erfolgreiche Durchführung der doppelten Aufgabe“ (Rechenschaftsbericht vom 25.11.1941, ebd., S. 667), die nun gebotene Lösung technischer Gegenwartsforderungen und die Wahrung der Kontinuität wissenschaftlicher Erkenntnis. Er scheute sich aber auch nicht, zum Schluss eines Vortrags am 1. Juni 1942 vor Rüstungsminister Albert Speer (1905–1981) und hohen Militärs seine Hörerschaft zu belehren: „Auch während des Krieges ist es […]dringend notwendig, die Wissenschaft lebendig wachsen zu lassen, sie […] produktiv zu fördern […], um neue technische Möglichkeiten zu schaffen“ (ebd. S. 747).
Trotz dieser Einstellung wurde Köster durch seine zahlreichen Funktionen, u.a. als Leiter der Fachsparte „Nichteisenmetalle“ beim Reichsforschungsrat, als Leiter des Fachkreises „Metallkunde“ im Arbeitskreis „Metall und Erz“ des NS-Bundes Deutscher Technik und der „Erfahrungsgemeinschaft Zinkzünder“ beim Reichsministerium für Bewaffnung und Munition wie als Beauftragter der Forschungsführung des Reichsluftfahrtministeriums in der Forschungsgruppe „Werkstoffe“ allmählich ganz zum Forschungsmanager. Auch als ihm die Niederlage schon klar war, bewahrte er den Durchhaltewillen. Das durch Bombenangriffe beschädigte Institut wurde 1943 und 1944 verlagert, teilweise nach Urach, teilweise in die Umgebung von Reutlingen, so dass die Arbeit weiterlaufen konnte.
Im April 1945 erlebte Köster erst die französische, dann die amerikanische Besetzung. Bald planten die französischen Behörden, das Institut samt Köster nach Frankreich zu verlegen. Köster widersetzte sich, letztendlich mit Erfolg; viele Geräte und die Bibliothek aber wurden beschlagnahmt. Im September 1945 wurde Köster dann zuerst im amerikanischen Lager Dustbin bei Frankfurt, danach in Ludwigsburg interniert. Ende April 1946 entlassen begann er mit dem Wiederaufbau des Instituts, wurde dann aber auf Befehl der Besatzungsmacht vom Dienst suspendiert; sein Verfahren bei der Stuttgarter Spruchkammer war anhängig. Charakteristisch für Köster aber ist, dass er damals das amerikanische Angebot ablehnte, als Spezialist in die USA umzusiedeln, was ihm das Entnazifizierungsverfahren erspart hätte. Als einem, der „wesentlich am Aufbau der deutschen Kriegsmaschine Anteil gehabt hat und somit auch solchen am Aufbau der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ (Klageschrift, zit. nach Maier, 2007, S. 953) drohte Köster eine schwere Strafe. Er verstand es aber, sich als reiner Grundlagenforscher zu positionieren und konnte zahlreiche Entlastungszeugnisse vorlegen: er sei nur nominelles Parteimitglied gewesen, habe nie das Parteiabzeichen getragen und keinen Gebrauch von seiner Parteiangehörigkeit gemacht. Stärker aber wirkte, dass er viele rassisch und politisch verfolgte Menschen in seinem Institut angestellt hatte. Allerdings, so eine Bemerkung der Stuttgarter Spruchkammer, „konnte sich der Betroffene manches erlauben, was einen anderen an weniger prominenter Stelle zu Fall gebracht hätte“ (StA Ludwigsburg, Spruchkammerakte Köster). Köster wurde nur als „Mitläufer“ eingestuft mit 1000 RM Geldsühne.
Sogleich kehrte er in sein Institut zurück und nahm an der Gründungsversammlung der Max-Planck-Gesellschaft in Göttingen Ende Februar 1948 teil. Sein Institut wurde nun „Max-Planck-Institut für Metallforschung“. Ende März wurde Köster offiziell wieder eingestellt. Bis 1949 war das Gebäude im alten Umfang wiederaufgebaut; zwischen 1954 und 1956 wurde ein Erweiterungsbau errichtet. Ab dem Sommersemester 1948 nahm Köster auch den Unterricht wieder auf und begann mit dem Praktikum. Ab 1950, als die Bedingungen stabil waren, las er abwechselnd je zwei Stunden wöchentlich Metallurgie und Metallkunde. Der Schwerpunkt seiner Lehre aber lag wieder bei den Laborarbeiten. Dank geschickter Kooperation mit der Industrie gelang Köster auch die Beschaffung der Einrichtungen und Apparaturen. Ab 1950 war das Institut „wieder voll arbeitsfähig“ (1961, Max-Planck-Institut, S. 608).
Die organisatorischen Fähigkeiten Kösters fanden auch in der TH Anerkennung: 1950 bis 1952 war er Abteilungsleiter und Dekan seiner Fakultät und im akademischen Jahr 1957/58 Rektor. In seiner Antrittsrede beharrte er wieder auf der Freiheit der Forschung: „Man belaste die Forschung nicht mit Erwartungen oder gar Forderungen, die ihrem Wesen fremd sind. Man knüpfe an die Hergabe der Mittel keine Bedingung, außer der ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung. Man lasse aber dem Forscher freie Hand über ihre Verfügung im einzelnen und verzichte auf die unglückselige Forderung nach Festlegung […]“, so seine Begründung; denn: „Die Forschung ist wie eine Pflanze, sie setzt ihre Früchte am rechten Ort zur rechten Zeit schon an“ (1957, Wege, S. 30).
Auch sein Bericht als scheidender Rektor ist interessant. Er trug Maßnahmen zur Organisation der Arbeit eines Rektors und zur Selbstverwaltung der Hochschulen vor und plädierte dafür, die Grenzen der Befugnisse des Amtes auszudehnen: „Der Hochschule sollte möglich sein, die ihr zugebilligten Etatmittel vollkommen selbstständig zu verwalten“ (1958, 7, S. 15).
Nach seiner Emeritierung bekannte Köster bei der Abschiedsveranstaltung im November 1965, dass er sich „keine schönere Aufgabe“ hätte denken können, als die Doppelfunktion als Forscher und Lehrer. Bis zum Lebensende arbeitete er dann mit jungen Mitarbeitern in seinem Institut, dessen Mitglied er blieb. Er starb unerwartet während eines Besuchs bei seinem jüngsten Sohn in Frankenthal.
Von Köster stammen etwa 340 Publikationen und außerdem zwei Dutzend deutscher und ausländischer Patente über verschiedene Legierungen, hauptsächlich aus der Zeit seiner Arbeit in der Industrie, so über Dauermagnetlegierungen und harte Legierungen für Werkzeuge. Die erstaunliche Vielseitigkeit seiner Forschungsrichtungen kann zum Teil in Stichworten umrissen werden: Phasendiagramme, Gefüge und Atomanordnung der Legierungen, Eigenschaften von Metallen und Legierungen sowie Wärmebehandlung und Verformung der Metalle und Legierungen. Die Basis für seine Legierungsforschung war das Finden der Phasendiagramme, d. s. Zustandsbilder von entsprechenden Systemen: „Ein zuverlässig bis in seine Einzelheiten aufgenommenes Zustandsbild erschließt wie eine Landkarte dem Kundigen die rechte Straße zur Deutung des Verhaltens und zur Wärmebehandlung der Legierungen und bewahrt ihn vor zeitraubenden Umwegen, vor kompasslosen Experimenten“ (1949, 25 Jahre…, S. 57). Die Feststellung der Phasendiagramme vieler Zwei- und Dreistoffsysteme zunächst mittels der klassischen thermischen Analyse, dann röntgenographisch, bildete einen großen Teil von Arbeiten Kösters und seines Instituts. Dies aber war für ihn nicht Selbstzweck, sondern die Grundlage für Erforschung der Zusammenhänge der Konstitution, d.h. der Phasenzusammensetzung der Gefüge und Eigenschaften einer Legierung.
Eine weitere Forschungsrichtung bildeten Untersuchungen von Veränderung einer Legierung während Wärmebehandlung oder mechanischer Belastung, die mit verfeinerten physikalischen Methoden verfolgt wurde, besonders durch Messung des Hall-Effekts. Von Prozessen in Legierungen bei Wärmebehandlung hat er das Phänomen der Aushärtung ausführlicher erforscht. Es ist durch Abnehmen der Löslichkeit einer minderen Komponente im Grundmetall mit sinkender Temperatur bedingt. Diese Untersuchungen fanden praktische Anwendung bei der Erarbeitung neuer Duralumin-Legierungen.
Fast 20 Publikationen Kösters betreffen verschiedene Aspekte der Organisation der wissenschaftlichen Arbeit, insbesondere der Metallforschung. Köster war als Wissenschaftsorganisator nicht weniger bedeutend denn als Forscher. Obgleich seine spektakulärsten Erfolge in die Zeit des „Dritten Reichs“ fielen, war sein organisatorischer Einsatz auch während der „Bonner-Republik“ wichtig und effektiv. Das vielseitige Denken Kösters als Wissenschaftsorganisator spiegelt sich deutlich in seinem Bericht „Metallforschung in den USA“. Köster schildert Aspekte wie Teamarbeit, Informationsaustausch, technische Unterstützung der Experimentalarbeiten, Verteilung der Aufgaben zwischen Teilnehmern eines Projekts. Auch hier ist einer seiner Hauptgedanken, dass „Forschung die beste Kapitalanlage“ sei (1957, S. 167). Entsprechend war sein Engagement: In der Max-Planck-Gesellschaft war Köster 1960 bis 1967 Mitglied des Senats, von 1964 bis 1967 Vorsitzender der Chemisch-Physikalisch-Technischen Sektion des Wissenschaftlichen Rats und 1965/66 hatte er zudem den Vorsitz des Wissenschaftlichen Rats der Gesellschaft inne. Dazu passt, dass er 1936 bis 1976 auch Schriftleiter der Zeitschrift für Metallkunde war und 1937 bis 1976 die Reine und angewandte Metallkunde in Einzeldarstellungen herausgab. Mit seiner Anregung erschienen 26 Bände dieser Reihe, die fast alle zu Standardwerken wurden. Köster erscheint als eine ungebrochen starke Persönlichkeit und gehört zu den bedeutenden Vertretern in der Metallkunde.
Quellen: UA Göttingen Promotionsakte d. phil. Fakultät K. V. Nr. 9, Promotionsakte Köster; UA Stuttgart 57/2423, Personalakte Köster, 17/315, Akten zum Rektorat Kösters, 17/100 u. SA2/1139, Jubiläen Kösters; StA Ludwigsburg EL 902/20Bü 99668, Spruchkammerakte Köster; Auskünfte des Vorsitzenden des Vereins Ehem. Wilhelm-Gymnasiasten e.V., Jürgen Broede, vom 9.6.2015 u. des A d. Max-Planck-Gesellschaft vom 17.6.2015
Werke: (mit G. Tammann) Die Geschwindigkeit d. Einwirkung von Sauerstoff, Schwefelwasserstoff u. Halogenen auf Metalle, in: Zs. für anorganische u. allgemeine Chemie 123, 1922, 196-224; Das technolog. Verhalten gepresster Messingstangen, ebd. 154, 1926, 197-208; (mit F. Müller) Über die Löslichkeit des Siliziums im Aluminium, in: Zs. für Metallkunde 19, 1927, 52-57; Über das Verhalten von Messing an d. Streckgrenze, ebd. 304-310; Einige Beobachtungen an Elektrolytkupfer, ebd. 20, 1928, 189-191; Interkristalline Korrosion des Nickels, ebd. 21, 1929, 19-21; Der Einfluss einer Wärmebehandlung unterhalb A1 auf die Eigenschaften des technischen Eisens, in: Stahl u. Eisen 49, 1929, 357f.; Über den Einfluss fein verteilter Ausscheidungen auf die Koerzitivkraft, in: Zs für anorganische u. allgemeine Chemie 179, 1929, 297-308; (mit H. Buchholtz) Über die Anlasshärtung kupferlegierten Stahles, in: Stahl u. Eisen 50, 1930, 687-695; Zur Frage d. Vergütung auf Grund d. Erfahrungen mit Eisenlegierungen, in: Zs. für Metallkunde 22, 1930, 289-296; Über die Beziehungen d. magnetischen Eigenschaften, insbesondere d. Koerzitivkraft zum Gefügeaufbau d. Legierungen u. die Entwicklung neuartiger Magnetlegierungen, in: Zs. für Elektrochemie 38, 1932, 541-553; Dauermagnetwerkstoffe auf d. Grundlage d. Ausscheidungshärtung, in: Stahl u. Eisen 53, 1933, 849-856; Der Metallische Werkstoff. Seine Vervollkommnung durch Technik u. Wissenschaft, in: Dt. Museum, Abhandlungen u. Berichte 7, 1935, 77-104; Die Bedeutung d. physikalischen Chemie für die Metallindustrie, in: Zs. für Elektrochemie 41, 1935, 386-393; Die Stellung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Metallforschung zu Wissenschaft u. Wirtschaft, in: Zs. des VDI 80, 1936, 45f.; Kaiser Wilhelm-Institut für Metallforschung in Stuttgart, in: 25 Jahre Kaiser Wilhelm-Gesellschaft Bd. 2, 1936, 189-191; mit Mitarbeitern) Das Dreistoffsystem Aluminium-Magnesium-Zink, I. II. III, in: Zs. für Metallkunde 28, 1936, 155-158, 301-312 u. 363-367; Metallforschung als Gemeinschaftsarbeit, in: Naturwissenschaften 48, 1938, 783-786; Gustav Tammann †, ebd. 31, 1939, 29f.; Über die Wirkung des Ausglühens auf Elektrolytnickel, ebd. 168-170; (mit W. Mulfinger) Die Systeme Kupfer-Nickel-Schwefel u. Kupfer-Nickel-Arsen, in: Zs. für Elektrochemie 46, 1940, 135-141; Über den Aufbau u. die Volumenänderungen d. Zink-Kupfer-Aluminium-Legierungen, I, II (mit K. Moeller), III, in: Zs. für Metallkunde 33, 1941, 278-283, 284-288, 289-296; Das System Zink-Aluminium- Antimon, ebd. 34, 1942, 257-259; Über die Dämpfung von Nickel u. Eisen-Nickel-Legierungen, ebd. 35, 1943, 246-249; Metallische Werkstoffe, in: Forschungen u. Fortschritte 20, 1944, 158-160; Die Querkontraktionszahl im periodischen System, in: Zs. für Elektrochemie 49, 1943, 233-237; Die Temperaturabhängigkeit des Elastizitätsmoduls reiner Metalle, in: Zs. für Metallkunde 39, 1948, 1-9; Georg Grube zum 65. Geburtstag, ebd., 129; Betrachtungen über das Elastizitätsmodul d. Metalle u. Legierungen, ebd., 145-158; (mit Hans von Schulz) 25 Jahre Kaiser Wilhelm-Institut für Metallforschung 1921-1946, 1949; Georg Masing zum 65. Geburtstag, in: Zs. für Metallkunde 41, 1950, 1 f.; Mikroskopische Verfolgung des Zerfalls d. Kristallart Mg7Zn3, ebd., 37-39; Zur Frage d. Kinetik d. Aushärtung, ebd., 71-75; Einfluss d. Zustandsänderungen unterhalb A1 auf die Eigenschaften des technischen Eisens, in: Archiv für das Eisenhüttenwesen 21, 1950, 305-314; Das Dreistoffsystem Kupfer-Nickel-Magnesium, in: Zs. für Metallkunde 42, 1951, 326f.; Über den Einfluss d. Elemente auf die polymorphe Umwandlung des Kobalts, ebd. 43, 1952, 297-303; Die Bedeutung d. Werkstoffkunde für den Ingenieur, in: Zs. des VDI 94, 1952, 89-94; Das Max-Planck-Institut für Metallforschung, in: TH Stuttgart 1954, Bericht zum 125-jährigen Bestehen, 1954, 52f.; (mit W. Knorr) Eigenschaftsänderungen während d. Aushärtung einer Kupfer-Chrom-Legierung, in: Zs. für Metallkunde 45, 1954, 350-356; (mit E. Sollte) Über die Erholung d. inneren Reibung von Messing unmittelbar nach d. Verformung, ebd., 356-365; Die Bedeutung d. „Versetzungen“ in d. Metallforschung, in: Jb. d. Max-Planck-Gesellschaft 1954, 124-133; (mit L. Bangert u. M. Evers) Über das Dämpfungsverhalten von wasserstoffbeladenem Titan, in: Zs. für Metallkunde 47, 1956, 564-570; (Hg.) Beiträge zur Theorie des Ferromagnetismus u. d. Magnetisierungskurve, 1956; Metallforschung in den USA, in: Mitteilungen aus d. Max-Planck-Gesellschaft, 1957, Heft 3, 163-170; Wege d. Metallforschung, Antrittsrede bei d. Rektoratsübergabe 6. Mai 1957, in: TH Stuttgart, Reden u. Aufsätze 24, 1957, 21-36; Bericht des abgehenden Rektors über das Studienjahr 1957/58, ebd., 25, 1958, 3-16; (mit K. Haug) Das Dreistoffsystem Titan-Vanadin-Zinn, in: Zs. für Metallkunde 48, 1957, 327-334; 25 Jahre Institut für Metallforschung in Stuttgart, in: Mitteilungen aus d. Max-Planck-Gesellschaft, 1960, H.3, 132-148; (mit E. Wachtel) Aufbau u. magnetische Eigenschaften d. Aluminium-Mangan-Legierungen mit mehr als 25 At-% Mn, in: Zs. für Metallkunde 51, 1960, 271-280; Zum 100. Geburtstag von Gustav Tammann, ebd., 52, 1961, 377-382; (mit W. Ulrich) Das Dreistoffsystem Eisen-Nickel- Gold, ebd., 383-391; Max- Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart, in: Jb. d. Max-Planck-Gesellschaft 1961, Teil 2, 600-626; Die Dämpfungsmessung als Hilfsmittel metallkundlicher Forschung, in: Zs. für Metallkunde 53, 1962, 17-26; Erich Scheil †, ebd., 55f.; (mit W. Horn) Die Konstitution d. Silber-Aluminium-Mangan-Legierungen im Teilbereich Silber-Mangan-AlMn, ebd., 294-301; Verabschiedungsrede am 12.11.1965, in: Mitteilungen aus d. Max-Planck-Gesellschaft 1966, Heft 3, 144-150; Die Anwendung d. Messung d. elektrischen Eigenschaften zur Verfolgung metallkundlicher Vorgänge, in: Zs. für Metallkunde 60, 1969, 75-84; Festvortrag: 50 Jahre Dt. Gesellschaft für Metallkunde, ebd. 669-676; (mit T. Gödecke) Das Dreistoffsystem Eisen-Aluminium-Zink, ebd. 61, 1970, 649-658; Darstellung verschiedener Typen von Eigenschaftsänderungen von Kupfer, Silber u. Gold durch Mischkristallbildung mit B-Metallen, ebd. 62, 1971, 117-122; Über den Gang d. Gitterkonstante in den Mischkristallbereichen von Kupfer, Silber u. Gold mit B-Metallen, sowie dessen Beziehung zum Elastizitätsmodul d. Legierungen, ebd. 63, 1972, 633-638; (mit H. Warlimmert u. T. Gödecke) Das System Kobalt-Co2Si, ebd. 64, 1973, 399-405; Über den Gang elektrischer u. magnetischer Eigenschaften in den Mischkristallreihen von Kupfer, Silber u. Gold mit B-Metallen, ebd. 65, 1974, 304-310; (mit T. Gödecke) Volumenänderung bei d. Umwandlung d. raumzentrierten Eisen-Gallium-Phasen, ebd. 69, 1978, 228f.; (mit dems.) Physikalische Messungen an Eisen-Aluminium-Legierungen 10 bis 15 At-% Al, ebd. 71, 1980, 765-769; Verfolgung d. Eigenspannungen während d. Aushärtung einer Nickel-Beryllium- u. einer Nickel-Gold-Legierung, ebd. 79, 1988, 71-73; (mit T. Gödecke) Physikalische Messungen an Kupfer-Mangan-Legierungen, ebd. 1989, 80, 761-765.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (1956), in: Baden-Württembergische Biographien 6, S. 261, A d. Max-Planck-Gest mit deren Genehmigung. – Zs. für anorganische u. allgemeine Chemie 198, 1931, 30, (Gruppenfoto 1926); 25 Jahre Kaiser Wilhelm-Institut für Metallforschung 1921–1946, 1949, 24 (ca. 1939), 28, Gruppenfoto (1935); Mitteilungen aus d. Max-Planck-Gesellschaft, 1960, Heft 3, 131 (ca. 1959) 142, 143 (Gruppenfotos, 1946 u. 1947), 1966, Heft 3, 142 (Gruppenfoto 1965); Zs. für Metallkunde 60, 1969, 667 u. 669, Gruppenfotos (1969); 50 Jahre Max-Planck-Gesellschaft, 1996, Bd. 2, 97 (o. J.), (vgl. Literatur).

Literatur: Poggendorffs Biogr.-literar. Handwörterb. VI, Teil 2, 1937, 1357f.; VIIa, Teil 2, 1958, 843-846; VIII, Teil 3, 2004, 1689; Anonym, Dr. Werner Köster, in: Metallwirtschaft 13, 1934, 484f. (mit Bildnachweis); Anonym, Werner Köster 60 Jahre alt, in: Zs. für Metallkunde 47, 1956, 205 (mit Bildnachweis); Otto Dahl, Werner Köster zum 65. Geburtstag, ebd. 52, 1961, 711f. (mit Bildnachweis); G. Petzow, Werner Köster †, in: Max-Planck-Gesellschaft, Berichte u. Mitteilungen 1989, Heft 5, 107-112 (mit Bildnachweis); ders. Werner Köster †, in: Zs. für Metallkunde 80, 1989, 753-756 (mit Bildnachweis); H. Maier, Dreistoffsysteme, Zinkzünder u. Reaktormetalle – Werner Köster, in: Die Univ. Stuttgart nach 1945, 2004, 178-181 (mit Bildnachweis); M. Grüttner, Biogr. Lexikon zur NS-Wissenschaftspolitik, 2004, 96; Helmut Maier, Forschung als Waffe, Rüstungsforschung in d. Kaiser-Wilhelm Gesellschaft u. das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung, 1900–1945, 2007.
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