Fahrenkrog, Ludwig 

Geburtsdatum/-ort: 20.10.1867; Rendsburg
Sterbedatum/-ort: 27.10.1952;  Biberach an der Riss
Beruf/Funktion:
  • Bildhauer, Zeichner, Illustrator, Schriftsteller und Komponist
Kurzbiografie: Ab 1882 Lehre als Stuben- und Dekorationsmaler in Altona beim Innungsobermeister Hermann Lange, darauf Geselle bei De Brusker, später tätig in der Firma Berger
1887–1892 Studium an der Kunstakademie Berlin bei Woldemar Friedrich und Hugo Vogel, darauf Meisterschüler bei Anton von Werner
1894–1895 Rom-Aufenthalt; Großer Staatspreis (Rompreis der Akademie) für das Gemälde »Kreuzigung Christi« (1893)
1895 1. Preis der Freiherr von Bielschen Fresko-Konkurrenz
1896 Ausmalung des Treppenhauses im Schloss Stretense bei Anklam (Motive der Wappensagen von Heyden und Cranach)
1898–1931 Lehrer für figürliches Zeichnen und Malen an der Kunstgewerbeschule Barmen
1909 Reise nach Paris zum Studium der Monumentalmalerei
1912 Gründung der 2. Deutschreligiösen Gemeinschaft
ab 1913 Germanische Glaubens-Gemeinschaft (GGG)
1913 Ernennung zum Kgl. Preußischen Prof.
1913 Ernennung zum External Prof. (Ehren-Prof.) der North-Dakota Univ. Huron; korr. Mitglied der Internationalen Akademie der Künste und Wiss. von Neapel und Ehrenmitglied der Hermann-Barth-Gesellschaft.
1925 External Prof. of Arts der National University Dakota in Mitchell/South Dakota
1928 1. Preis Glas-Palast Berlin
1931 Emeritierung
1932 Übersiedlung nach Biberach
1938 Innungs-Ehrenmeister Hamburger Malergilde und Ehrenbürger der Stadt Hamburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 8.2.1893 Charlotte Lüdecke in Charlottenburg (Berlin)
Eltern: Vater: Christian Peter Fahrenkrog-Petersen
Mutter: Magdalena Alwine Estorff (geboren 1843)
Geschwister: 3: Hermann Wilhelm Christian Theodor (geboren 1863); Peter Heinrich Marius (geboren 1866); Wilhelm Christian Hans Theodor (geboren 1869)
Kinder: 5:
Colomba (geboren 1894);
Ursula (geboren 1898);
Charlotte (geboren 1900);
Rolf-Ludwig (geboren 1908);
Gudrun (geboren 1910).
Schwiegervater des Architekten Richard Stein und des Malers Alexander Hubert von Volborth
GND-ID: GND/116383135

Biografie: Monika Spiller (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 54-56

Der künstlerisch und publizistisch äußerst vielseitige und produktive Fahrenkrog durchlief zunächst eine solide Ausbildung als Stuben- und Dekorationsmaler in verschiedenen Hamburger Handwerksbetrieben, bevor er 1887 an die Akademie der Bildenden Künste nach Berlin ging. Er beendete das Studium 1892 als Meisterschüler von Anton von Werner, dem bedeutendsten Repräsentanten wilhelminischer Kunst- und Kulturpolitik. Während der Studienjahre wurden ihm vier erste Preise zuerkannt. Zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn führte er auch gebrauchsgraphische Arbeiten (Plakate, Illustrationen und anatomische Zeichnungen für wissenschaftliche Publikationen) aus. Mit seinem Gemälde »Kreuzigung Christi« (Öl, 1893; ehemals im Besitz des Vereinshauses in Mülheim/Ruhr) errang er den Rompreis der Akademie, in dessen Folge er sich 1894 bis 1895 in Rom aufhielt, wo er sich weniger mit Kopien klassischer Kunst befasste, sondern sich v. a. der Freiluftmalerei widmete. Mit seiner Tätigkeit als Lehrer für figürliches Zeichnen und Malen an der Kunstgewerbeschule Barmen (1898 – 1931) wusste er zugleich seine vielfältigen künstlerischen und geistigen Interessen zu verbinden. Seine Auseinandersetzung mit der christlichen Lehre kulminierte schließlich im 1900 vollzogenen Kirchenaustritt. Die Lebensreform- und Jugendbewegung um 1900, der auch der Jugendstil engstens verbunden war, beeinflusste ihn nicht allein im künstlerischen Werk, sondern war auch Basis seiner geistigen Bestrebungen. Im Rückgriff auf Germanentum und nordische Mythologie gründete er 1907 zunächst den „Bund für Persönlichkeitskultur“, veröffentlichte seinen Aufruf »Germanentempel« in der Zeitschrift „Der Volkserzieher“, schloss sich 1911 dem von Otto Sigfrid Reuter geführten „Deutschen Orden“ an, dessen Mitglieder satzungsgemäß auch Mitglieder der „Deutschreligiösen Gemeinschaft“ waren. Nach dem Scheitern der Vereinigung beider Gemeinschaften gründete Fahrenkrog 1912 die „Zweite Deutschreligiöse Gemeinschaft“, von 1913 an dann „Germanische Glaubens-Gemeinschaft“ (GGG). Der streng hierarchisch gegliederten Gemeinschaft stand Fahrenkrog von 1914 bis zu seinem Tod 1952 als Hochwart vor. Zusammen mit Ernst Wachler wurde Fahrenkrog zum einflussreichsten Theoretiker der arisch-antisemitischen GGG; darüber hinaus lieferte er die entsprechenden paganen Bildmotive. Zur Verbreitung von Fahrenkrogs Gedankengut trug die zur GGG gehörige Fahrenkrog-Gesellschaft mit eigenem Fahrenkrog-Verlag in Leipzig sowie die dazugehörigen Zeitschriften „Der Weihwart“ und „Die Nornen“ bei. Mitte der 20er Jahre, in der Blütezeit der GGG, plante man auf einem Hügel bei Witzenhausen/Nordhessen einen monumentalen „Deutschen Dom“ oder auch „Germanentempel“ oder „Halgadom“ als Kultstätte der völkisch-religiösen Gruppierungen zu errichten; der Entwurf stammte von dem Architekten Richard Stein (Schwiegersohn von Fahrenkrog), zur bildnerischen Ausstattung wollte Fahrenkrog selbst mit beitragen – das Projekt scheiterte jedoch. 1932 schloss sich die GGG der Nordisch- Religiösen Arbeitsgemeinschaft an, deren Ziel es war, gleichberechtigt neben den anderen Konfessionen eine staatliche Anerkennung zu erreichen – sie stellte sich klar auf die Seite des Nationalsozialismus. Fahrenkrog trat 1933 dem sogenannten „Führerrat“ der „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Glaubensbewegungen“ bei; alsbald jedoch ging das NS-System auf Distanz zu Fahrenkrog, der als religiöser Schwärmer angesehen wurde. 1936 wurden öffentliche Veranstaltungen der GGG verboten.
In bildkünstlerischer Hinsicht stand ab 1893 Fahrenkrogs Auseinandersetzung mit der biblischen Überlieferung im Zentrum seines Schaffens. Mit dem Leben Christi beschäftigte er sich in den Gemälden »Die Verführung« (1894), »Ecce homo« (1894), »Höllenfahrt Christi« (1896), »Jesu Versuchung« (1903). Mit dem Gemälde »Jesu predigend (Offenbarung)«, 1902, schuf er einen Christustypus, der der gängigen Ikonographie diametral entgegenstand: nämlich einen kurzhaarigen, bartlosen, asketisch-arischen „Heliand“ oder „Krist“-Typus, der dem Ideal des „Übermenschen“ entsprechen sollte und der zudem in blasphemischer Weise selbstbildnishafte Züge Fahrenkrogs trug. Vielfach deshalb angegriffen, verteidigte Fahrenkrog in verschiedenen Zeitschriften („Der Türmer“ und „Nord und Süd“) seine Bildauffassung vehement und wiederholte diese in Gemälden und Zeichnungen mehrfach, so bei »Es ist vollbracht«, Zeichnung, 1905, oder »Die Seele des Kindes«, Öl, 1920. In Reaktion auf den Ersten Weltkrieg schuf Fahrenkrog das Mappenwerk »Sturm über Land« (Vorwort und Bildinterpretationen von K. Engelbrecht, Stuttgart 1916); bereits im Vorfeld des heraufziehenden Krieges entwarf Fahrenkrog in »Neue Wege für die Zukunft« (Graphit, 1912) eine menschenverachtende Bildfindung. Deutlich an Alfred Kubin erinnernde Fabelwesen erscheinen in den Kohle- Zeichnungen »Das Ereignis« (Kohle, 1916), »Der Weg zum Licht« (Graphit, 1920) oder auch »Quälende Gewalten« (1921). Weite Verbreitung in lebensreformerischen und deutschreligiösen Kreisen fanden Fahrenkrogs symbolistische, naturreligiöse Andachtsbilder, beispielsweise »Baldur segnet die Fluren« (Öl, 1905), »Der junge Tag« (Öl, 1915), »Das goldene Tor« (Öl, 1920), »Die heilige Stunde« (Öl, 1910) auch durch Postkarten und Kunstdrucke. Daneben griff Fahrenkrog gelegentlich auch literarische Themen auf wie »Parzival und das Blumenmädchen« (Öl, 1909). Stark beeinflusst von Arnold Böcklin zeigt Fahrenkrog sich in seinen Gemälden »Parzifal« (1912) und »Die Meerjungfrau« (1916). Zudem schuf er auch zahlreiche Porträts, z. B. »Komtesse von Schwerin- Putzar« sowie Bildnisse seiner Kinder, daneben einzelne Landschaftsdarstellungen und verschiedene Porträtbüsten, z. B. »Charlotte Fahrenkrog« (1920), »Jesuskopf« oder »Fräulein Ohlert«. Verschiedene architekturgebundene Arbeiten, so ein Deckengemälde in der Barmer Gesellschaft Concordia oder ein allegorisches Wandbild »Die goldenen Tage der Kindheit« (1904) für die Aula der höheren Töchterschule in Oberbarmen und Fresken in mehreren Kirchen Westfalens (Lüdenscheid, Gevelsberg, Herdecke, Wuppertal-Langerfeld) gehörten gleichfalls zu seinem künstlerischen Œuvre.
Daneben schuf Fahrenkrog auch Buchillustrationen so zu E. Bulwer-Lytton, „Die letzten Tage von Pompeji, Stuttgart 1921 oder R. Ungewitter (Ed.), Deutschlands Wiedergeburt durch Blut und Eisen, Stuttgart 1916 – 1917. Auch Illustrationen zu den Publikationen der GGG sowie für religiöse und lebensreformerische Zeitschriften wie „Neues Land“, „Neues Schaffen“, „Upland“. In Mappenwerken wurden seine Bildzyklen „Stimmen der Sehnsucht“, Leipzig 1905 oder auch „Heiliger Frühling“, Elberfeld 1908, verbreitet. – Fahrenkrog, der sich als Künstler-Prophet verstand, gehört neben Fidus (eigentlich Hugo Höppener), Hermann Hendrich und Franz Stassen zu den Hauptvertretern der paganen, nationalistisch gefärbten Bildkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Stilistisch bleibt seine im Eklektizismus verharrende Kunst der Historienmalerei der wilhelminischen Epoche ebenso verpflichtet wie einem symbolistisch geprägten Jugendstil.
Die internationale Avantgarde bekämpfte er in verschiedenen Schriften vehement, u. a. in einem offenen Brief, mit dem er gegen die progressive Ausstellungspraxis des Kunstvereins von Barmen polemisierte (General Anzeiger Barmen vom 15.2.1913). Seine Dramen »Baldur« (1912), »Wölund« (1913), »Nornegast« (1920) und »Die Godentochter« (1921) wurden im Bergtheater Thale im Harz sowie in Barmen, Elberfeld und Itzehoe aufgeführt.
Werke: Publikationen: Das geistige Deutschland am Ende des 19. Jh., I, 1898; Geschichte meines Glaubens, 1906; Germanentempel, in: Der Volkserzieher 11 (1907) 6 H., 42s.; 12 (1908) 6 H., 41s.; Baldur (Drama), 1908; Das frühe Geläut, 1910; Lucifer. Dichtung in Bild und Wort, 1913; Wölund (Drama), 1914; Sturm über Land, 1916; Deutsche Gedanken, 1920; Gott im Wandel der Zeiten. Ein Buch in sieben Büchern, 1922 – 1931; Nornegast (Drama), 1922; Die Godentochter (Drama), 1923; Der deutsche Dom, in: Der Weihwart 3 (1924) H. 2, 9-12; 4 (1925) H. 1, 1s.; Pantheismus und Dualismus, 1929; Sinn des Hakenkreuzes und die germanische Glaubens-Gemeinschaft, 1933; Germanisches Glaubensgut, 1934; Germanische Glaubens-Gemeinschaft …, 1935; Wie sagst du es deinem Kinde?, 1935; Jung-deutsche Religion, 1935; Held oder Händler?, 1936; Aufsätze zum Germanenglauben, 1937; Kunst (Mein künstlerisches Glaubensbekenntnis), 1949; Vom rechten Tun und Lieben, 1952. – Der schriftliche NL befindet sich im Archiv für Bildende Kunst im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.
Fahrenkrog war u. a. an folgenden Ausstellungen beteiligt: Berlin, Große Kunst-Ausstellung 1893 – 1899; Berlin, Internationale Kunst-Ausstellung 1896; München, Glas-Palast 1908 – 1913; Paris, Salon der Société Nationale 1890; Stuttgart, Künstler-Vereinigung 1931; Karlsruhe, Deutsche Kunst-Gesellschaft (Wander-Ausstellung), 1943.
Künstlerische Werke: Biberach, Braith-Mali-Museum: Kreuzigung Christi, Öl, 1893; Sieg des Lichts, Öl, ca. 1896; Ekkehart, Öl, 1934; Bildhauer und Modell, Kohle auf Karton; Bismarck – Wacht im Westerwald, Öl; Der Menschheit Woge, Kreide; Schicksal, Öl, 1917; Viel Feind, Viel Ehr (wohl Selbstbildnis), Öl; Darmstadt, Residenzschloss: Die heilige Stunde, Farbdruck; Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte: Porträt B.C. Roosen, Öl, 1894; Kiel, Kunsthalle: Träumereien, Öl, 1897; Sankt Gallen, Kunstmuseum: Sinkende Sonne, Öl, 1908; Wuppertal, Von der Heydt-Museum.

Literatur: Der historische Festzug zur Jahrhundert-Feier der Stadt Barmen im Jahre 1908. Nach dem Entwurf von Ludwig Fahrenkrog, 1908; F. Jansa, Deutsche bildende Künstler in Wort und Bild, 1912; ThB XI, 1915; W. Schulte vom Brühl, Die Schönheit 1917, 2-13 (Fahrenkrog-Sonderheft); K. Engelbrecht, Sturm über Land. Kriegsbilder von Professor Ludwig Fahrenkrog, 1918; H. A. Müller/H. W. Singer, Allgemeines Künstler-Lexikon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler, V, 1921 (Nachträge); ders., Ludwig Fahrenkrog und seine Schöpfungen und ihre Bedeutung für unser Volkstum. Kunstgabe 2., o. J., (circa 1922); W. O. Dressler (Hg.), Dresslers Kunsthandbuch, II: Das Buch der lebenden deutschen Künstler, Altertumsforscher, Kunstgelehrten und Kunstschriftsteller, 1930; L. Dessel, Fahrenkrog und die Germanische Glaubens-Gemeinschaft, 1937; A. Mohler, Die konservative Revolution in Deutschland 1918 – 1932, Diss. Univ. Basel 1949, 1950; Reichs-Handbuch der Deutschen Gesellschaft I, B. 1030; W. Habel, Wer ist wer?, 1951; Vollmer II, 1955; W. Kosch, Deutsches Literatur-Lexikon, IV, 1972; A. Smitmans, Die christliche Malerei im Ausgang des 19. Jh., 1980, 115-117; F.-W. Haack, Wotans Wiederkehr. Blut-, Boden- und Rasse-Religion, 1981, 33, 75s; D. Buttschardt, Heimatkundliche Bll. für den Kreis Biberach 5 (1982) 2 H., 27-31; G. Schmoeckel, Zwischen Bauchweh und Bewunderung, Der Malerdichter und Lehrer Ludwig Fahrenkrog, in: Bergische Bll. 13-14 (1994) 8-11; J. Hermand, Avantgarde und Regression, 1995; Quellen-Lexikon zur deutschen Literatur-Geschichte, VI, 1996; H. Schmidt, U. Garweg, Wuppertaler Künstler-Verzeichnis, 2000; W. Mogge, Ludwig Fahrenkrog und die germanische Glaubens-Gemeinschaft, in: K. Buchholz/R. Latocha/H. Peckmann/K. Wolbert (Hg), Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900, I, 2001; H. F. Schweers, Gemälde in deutschen Museen, I, 2002; D. Junker, Gott in uns! Die germanische Glaubens-Gemeinschaft. Ein Beitrag zur Geschichte völkischer Religiosität in der Weimarer Republik, 2002; U. Degreif, Kunst im 20. Jh., 2002, 36s; C. Wolfschlag, Ludwig Fahrenkrog. Das goldene Tor, 2006.
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