Erb, Alfons 

Geburtsdatum/-ort: 04.11.1907; Essen
Sterbedatum/-ort: 24.12.1983;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Schriftsteller, Verfolgter des NS-Regimes, Gründer des Maximilian-Kolbe-Werkes
Kurzbiografie: 1932 in Berlin Examen als Diplom-Volkswirt, nach Studien in Bonn und Berlin. Promotion wegen NS-Regime nicht möglich
1929-1933 Redakteur am „Frohen Leben“ in Berlin, der von Ernst Thrasolt herausgegebenen Monatsschrift. Nach deren Verbot Mitarbeiter beim Berliner Kirchenblatt
1936 einige Monate Gestapo-Haft. Nach Verbot auch des Kirchenblattes (1938) Pressereferent von Bischof Konrad Preysing, einem entschiedenen Gegner des Nationalsozialismus
1940-1945 Sanitäter in der Armee
1946-1949 Hauptschriftleiter der deutschen Ausgabe der deutsch-französischen Zeitschrift „Dokumente/Documents“ in Offenburg
1949-1955 Leiter der Pressestelle des Deutschen Rates der europäischen Bewegung in Bonn
1955-1973 Referatsleiter in der Presse- und Werbeabteilung des DCV, Herausgeber und Redakteur des „Freiburger Artikel- und Redaktionsdienstes“
1957-1971 Vizepräsident des deutschen Zweiges und einer der internationalen Vizepräsidenten der katholischen Friedensbewegung Pax Christi
1973-1982 ehrenamtlicher Geschäftsführer des Maximilian-Kolbe-Werkes
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1930 Melanie Elisabeth, geb. Petzold (+ 1989)
Eltern: Vater: Paulus Erb, Architekt
Mutter: Maria Helene Caroline, geb. Mehring
Geschwister: 7
Kinder: 4
GND-ID: GND/116517972

Biografie: Joseph Scheu (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 71-73

Der verlorene Erste Weltkrieg mit seiner Dolchstoßlegende, die nachfolgenden Krisenjahre mit galoppierender Inflation und inneren Unruhen, der triumphierende französische Nationalismus mit dem Höhepunkt der Ruhrbesetzung – das war der Nährboden, der den jungen Erb, und nicht nur ihn, zu einem „glühenden Nationalisten“ machte. Bis er dann dem französischen Friedensfreund und Gründer des „Sillon“ Marc Sangnier auch persönlich begegnete, der sich mutig gegen den öffentlichen Strom in seinem Land stellte, nämlich den geschlagenen Gegner endgültig zu demütigen, und der dem „Erbfeind“ von gestern und heute die Hand zur Versöhnung ausstreckte. Aus dem Saulus wurde ein Paulus und aus Erb ein „glühender Pazifist“ bis an sein Lebensende. Die Mitarbeit am „Frohen Leben“, die als erste katholische Zeitschrift 1933 von den Nationalsozialisten verboten wurde, war für den immer engagiert schreibenden Erb die logische Konsequenz seiner inneren Wandlung. Auf der gleichen Linie liegt nach dem Zweiten Weltkrieg seine Tätigkeit bei der vom französischen Jesuitenpater Jean du Riveau initiierten und herausgegebenen deutsch-französischen Zeitschrift „Dokumente/Documents“ in Offenburg, eine der Keimzellen der Verständigung diesseits und jenseits des Rheins, und dann als Leiter der Pressestelle des Deutschen Rates der europäischen Bewegung in Bonn.
Heute, wo die Erbfeindschaft zwischen Frankreich und Deutschland für die Jugend nur Geschichte ist, wo Begegnungen und Zusammenarbeit zum gewohnten Alltag gehören, kann man sich kaum noch vorstellen, wie viele Vorurteile abzubauen und Wunden zu heilen waren. Erb war einer der Pioniere, mögen auch in der Öffentlichkeit meist allein die Politiker bekannt sein, die oft nur Früchte einbringen, die andere gesät haben.
Seine meisten Bücher schrieb Erb in der Zeit des NS-Regimes, als ein öffentliches gesellschaftliches Engagement nicht mehr möglich war. Vielleicht kann man es so sagen – jede Zeile ist aus den Quellen des Glaubens eine geistige Antwort auf den Ungeist der Zeit, hierin Reinhold Schneider ähnlich. Das war keine süßliche Heiligenliteratur, sondern Nahrung, um in einer irrenden und verirrten Welt bestehen zu können.
In seiner Tätigkeit beim Deutschen Caritasverband in Freiburg, ab 1955, zeigte Erb dann, daß eine handlungsfähige und handlungswillige Organisation keineswegs wie Bleischuhe an den Füßen ist, sondern Möglichkeiten eröffnet, die einem Einzelgänger verschlossen bleiben. Hinzu kam, daß der damalige Caritaspräsident, Prälat Albert Stehlin, ein Mann gleicher Gesinnung war – ein Freund des 1944 hingerichteten Priesters Max Josef Metzger und ebenfalls der Versöhnung unter den Völkern verpflichtet.
„Misereor“, das Hilfswerk der deutschen Katholiken für die ärmsten Völker der Erde, ist nicht sein Werk, aber mit seine Idee. Kardinal Frings von Köln sagte einmal, er habe den entscheidenden Anstoß zu dessen Gründung durch die Schriften von Erb erhalten.
Einem Irrtum muß hier vorgebeugt werden. Im nachhinein liest sich alles glatt und reibungslos. Doch in der Wirklichkeit kennt gerade der, der Versöhnung lebt und anregt, viele Rückschläge, nicht selten eigene Zweifel, und von außen kommen Unverständnis oder gar Anfeindungen.
Das hat Erb oft erfahren, in der Öffentlichkeit und auch in der eigenen Kirche. Ein besonderes Beispiel hierfür ist das von ihm gegründete „Maximilian-Kolbe-Werk“ (1973), ein Hilfswerk für überlebende polnische KZ-Opfer, die von den Wiedergutmachungsleistungen ausgeschlossen waren und oft in Armut und Resignation lebten. Es hatte Jahre gedauert, bis die polnischen Behörden endlich 1964 einer deutschen Pax Christi-Gruppe eine Pilgerfahrt nach Auschwitz erlaubten.
Die dortigen Eindrücke und Begegnungen, u. a. mit dem Erzbischof von Krakau und späterem Papst Karol Wojtyla, gaben den Anstoß für die „Solidaritätsspende“, den Vorläufer des Hilfswerkes. Um dessen Bedeutung erkennen zu können, muß man sich in Erinnerung rufen, daß Versöhnung zwischen Polen und Deutschen damals nicht nur an der Weichsel, sondern auch am Rhein den Geruch des „Verrates“ hatte.
Nach einem Meer von Leid und Tränen in beiden Völkern war das menschlich nicht einmal unverständlich. Erb war einer der ersten und sicher wichtigsten, der den Weg in eine neue Zukunft öffnete.
Für den Schriftsteller Erb bildeten Leben und Schreiben eine Einheit. Er ließ sich wie selten jemand von menschlichem Leid beeindrucken und machte die Not des anderen zu seiner eigenen Last. Was er damit bewirkte, drückte nach seinem Tod ein ehemaliger polnischer KZ-Häftling in einem Brief an deutsche Freunde wie folgt aus: „Wir sind ihm auf dem Weg der Versöhnung begegnet. Er hat das Licht der Nächstenliebe angezündet, die uns alle ermutigt.“
Werke: Veröffentlichungen (u. a.): Thomas Morus – John Fischer (1935); Don Bosco (1935); Zeugen Gottes. Eine Folge von Heiligenleben (1935); Entscheidung für Christus (1937); Gelebtes Christentum (1938); Franziskus Xaverius (1940); Von Glaube, Hoffnung und Liebe. Friedrich von Spee (1940); Bernhard Lichtenberg (1946); Weltelend vor dem christlichen Gewissen (1959, gemeinsam mit Ernst Schnydrig); Kreuzfahrt der Liebe. Vinzenz von Paul (1960); zahlreiche Artikel und Glossen in dem von ihm herausgegebenen Freiburger Artikel- und Redaktionsdienst 1955-1973
Nachweis: Bildnachweise: Fotos im Archiv des DCV Freiburg i. Br.

Literatur: N. N., Alfons Erb gestorben. Ein Leben für Frieden und Aussöhnung, in: BZ vom 27.12.1983, Nr. 298 (mit Foto)
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)