Maier-Heuser, Hermine Berta 

Andere Namensformen:
  • Dichtername: Maierheuser
Geburtsdatum/-ort: 22.10.1882;  Linkenheim
Sterbedatum/-ort: 23.06.1968;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Volksschullehrerin und Schriftstellerin
Kurzbiografie: 1889-1897 Volksschule Linkenheim
1897-1904 Näherin in Karlsruhe und Linkenheim
1904-1907 Ausbildung zur Volksschullehrerin in Sinsheim und Freiburg
1907-1910 Lehrerin in Adelsheim
1914-1918 zeitweilig Lehrerin in Karlsruhe-Knielingen
seit ca. 1910 freie Schriftstellerin
1923 24. Sep. Maier-Heuser als Familienname beurkundet
1950 Mitbegründerin der Karlsruher Gruppe der Gemeinschaft Deutscher und Österreichischer Künstlerinnenvereine, GEDOK, Wiedergründung nach Selbstauflösung während der NS-Zeit 1942
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1910 (Adelsheim) Karl August Maier (1884-1943), Hauptlehrer
Eltern: Vater: Friedrich Wilhelm Heuser (1849-1893), Küfer und Kleinkaufmann
Mutter: Berta Wilhelmina, geb. Ratzel (1854-1919)
Geschwister: Emil Friedrich (1879-1895)
Kinder: 2:
Margarete Hermine (geb. 1910)
Kurt Ernst (1913-1965)
GND-ID: GND/116688556

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 216-218

Unter den badischen Erzählern, denen auch über das engere Oberrheingebiet hinaus literarische Bedeutung zuerkannt wird, kommt Maier-Heuser eine achtbare Rangstellung zu. Dabei war ihr schriftstellerisches Schaffen maßgeblich von ihrer Heimat- und Naturliebe bestimmt. Ohne allzu große Konzessionen an kurzlebige Modetrends und Zeitströmungen zu machen, war sie in der Thematik auffallend stark auf Bodenständigkeit ausgerichtet und den bleibenden Werten der heimischen Tradition verpflichtet. Frühe und nachhaltige Anregungen hatte die spätere Autorin in der Hardtgemeinde Linkenheim erhalten, wo sie 1882 in eine Welt noch lebendigen und urwüchsigen Brauchtums hineingeboren wurde. Diesem Erbe verdankte sie in ihrer beruflichen und schriftstellerischen Tätigkeit viele schöpferische Impulse.
Schon im Kindesalter ging auf Maier-Heuser eine besondere Faszination vom Rhein aus, der sie ob seiner Größe, seiner vielfältigen Schönheiten und verborgenen Geheimnisse gänzlich in seinen Bann zog. Gleichzeitig lernte sie ihn als die beherrschende Lebensader und dominante Orientierungslinie der Landschaft und der dort lebenden Menschen kennen. Nachdem sie später als Lehrerin im Bauland „eine zweite Heimat“ gefunden hatte, beglückte sie nichts mehr als der Gedanke, „dass alle diese lieblichen Bäche und Flüsse dem Rhein zustrebten, dem Strom meiner frühesten Kindheit, der mir Heimatliebe und Fernweh ins Blut rauschte“. So ist es kaum verwunderlich, dass dieser Fluss geradezu leitmotivisch ihr gesamtes literarisches Werk durchzieht.
Zu einer denkbar frühen Entfaltung solcher Einfühlungsgaben hatte an erster Stelle Maier-Heusers Vater beigetragen. Mit einem unheilbaren Lungenleiden mehrere Jahre an das Krankenbett gefesselt, fand er Zeit und Muße, in seiner Tochter die Liebe zur Heimat zu wecken und ihr durch Vorlesen ein erstaunliches Wissen zu vermitteln. Der Vater starb früh, wenig später auch Maier-Heusers Bruder, so dass sie trotz ihrer offensichtlichen Begabung nach dem Besuch der Volksschule gezwungen war, einem Broterwerb nachzugehen. Einige Jahre tat sie dies als Näherin und versuchte danach eine Anstellung bei der Post zu finden. Maier-Heuser selbst sah es als eine glückliche Fügung an, dass sie bei einer Hochzeit in Sinsheim den Leiter der dortigen Real- und Töchterschule und späteren Direktor des Freiburger Realgymnasiums Karl Martin kennenlernte, der sie angesichts ihrer geistigen Aufgewecktheit und unerwarteten Vertrautheit mit den großen deutschen Dichtern dazu ermutigte, Lehrerin zu werden. Obwohl bloße Autodidaktin absolvierte sie die Ausbildungszeit überaus erfolgreich. Ihre erste Stelle trat sie 1907 in Adelsheim an, beendete jedoch schon 1910 nach ihrer Heirat die berufliche Tätigkeit, die sie nach 1914 im Angesicht des kriegsbedingten Lehrermangels noch einmal kurzfristig in Karlsruhe-Knielingen aufnahm. Dienstliche Versetzungen ihres Mannes machten für die Familie mehrfache Umzüge notwendig, zuletzt nach Karlsruhe-Rüppurr (1939), wo Maier-Heuser bis zu ihrem Tode lebte.
Nur behutsam hatte sich die noch junge Frau an die Kunst des Schreibens herangewagt; dabei waren ihre ersten Versuche kaum mehr als Gelegenheitsarbeiten, bisweilen regelrechte Stilübungen. Ihre ersten Gedichte, von ihrem Mann vertont, kamen als „Lautenlieder“ (1912) heraus. Noch vor dem I. Weltkrieg wurden ihre Kasperlespiele aufgeführt. Großer Beliebtheit erfreute sich damals auch ein von ihr verfasstes Krippenspiel „Jesus bringt Heil“ (1912), zu dem wiederum ihr Mann die Lieder in Noten gesetzt hatte. In eine ähnliche Richtung ging „Die Tanzpuppe“ (1916), ein bunt bewegtes und farbenfroh geschriebenes Tanzmärchen für Kinder. Obwohl Maier-Heuser anfänglich noch nicht an eine größere Wirkung denken konnte, gaben ihr die ersten Erfolge auf lokaler Ebene mächtigen Auftrieb, und in der Folgezeit trat sie mit kleineren Beiträgen für verschiedene regionale Zeitschriften und Zeitungen an eine breitere Öffentlichkeit, als Schriftstellerin mit bereits überregional bekanntem Namen auch noch nach 1945, u. a. im Lahrer Hinkenden Boten 1950 bis 1956. Für ihre zurückhaltende und selbstkritische Art spricht, dass sie die frühen Manuskripte ihrem Gönner und Förderer Karl Martin vorlegte, bevor sie sie in Druck gab.
Mit Rücksicht auf ihre Familie konnte Maier-Heuser an die Abfassung größerer Werke erst nach dem I. Weltkrieg denken. Am Beginn steht 1925 ihr Buch „Vertraute Stunden mit Hans Thoma“. Bis zu dessen Tod pflegte sie mit dem Maler langjährige freundschaftliche Kontakte; und da ihr so das Glück zuteil geworden war, sein „Künstlertum und seine letzte Reife zu erahnen und zu erspüren“, fand sie den Mut, auch die Welt ihrer Kindheit im „Album der Rosinebas“ (1929) vorzustellen. Es ist eine Auslese ihrer besten Episoden über originelle Gestalten und Schicksale ihres Geburtsortes, die sie bereits in den zurückliegenden Jahren für Kalender und Zeitschriften verfasst hatte.
Früh schon hat Maier-Heuser sich auch der Lyrik zugewandt. Ihre bislang größtenteils separat erschienenen Gedichte gab sie 1931 unter dem Titel „Zeitlieder zur Unzeit“ in einem Sammelband heraus. Eines der beherrschenden Themen ist – und hier mit deutlich wahrnehmbarer autobiographischer Einfärbung – die Sehnsucht des Städters nach dem verlorenen Glück des Landlebens. Sie greift aber auch das seelische Leid und das soziale Elend auf, die sich im Gefolge des Industriezeitalters eingestellt haben. Ein zweiter Lyrikband, „Du fernes Herz“, der längere Zeit ungedruckt blieb, erschien 1957.
Allein zu ihrer vollgültigen und reifsten literarischen Form hat Maier-Heuser im Roman gefunden. Symbolhaft nach dem Zunftzeichen der Rheinfischer benannt, trägt ihr Erstlingswerk dieser Gattung den Titel „Der Dreizack“ (1937) und ist so zugleich auch ein Hinweis auf ihre oberrheinische Heimat als Handlungsort. Im Mittelpunkt des nicht alltäglichen und doch ganz aus dem Leben geschöpften Stoffes steht das Eheschicksal der Fischerstochter Maria Barbara Heinet.
Mit ihrem bekanntesten Roman „Bärbel von Ottenheim“ (1939) hat Maier-Heuser sich endgültig einen Platz in der oberrheinischen Literatur gesichert. Es ist die schicksalsüberschattete Geschichte von der Bäckerstochter Bärbel Eckenbeck und dem Grafen Jakob von Lichtenberg; als dessen Geliebte zur Herrin aufgestiegen, erduldete sie unbeirrbar Hass und Neid, Verfolgung und Verleumdung, bis sie vor dem drohenden Hexengericht ihrem Leben durch Gift ein Ende setzte. Von diesem Werk und der darin ausgestalteten Heldin gilt, was Maier-Heuser dem mittelalterlichen Bildhauer Nikolaus Gerhaert von Leyden im Angesicht seiner Straßburger Sibyllenbüste – von den Bürgern der Stadt immer wieder als die schöne Bärbel gedeutet – in den Mund legte: „Ich habe dir den Platz gegeben, der dir gebührt, einen Platz, den dir die Mitwelt versagt“. Dieser Büste, die im Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt am Main aufbewahrt wird, hat Maier-Heuser mit ihrem Erfolgsroman ein ebenbürtiges dichterisches Kunstwerk an die Seite gestellt. Eine Verfilmung dieses Buches wie auch von Maier-Heusers Roman „Tauchfahrt ins Unendliche“ (1943) war geplant, doch wurde das Vorhaben durch den Krieg verhindert. Dem zuletzt genannten Werk noch vorausgegangen ist die Veröffentlichung „Venusmenschen“ (1940), als Familienchronik und nicht, wie der Titel vielleicht vermuten lässt, als Zukunftsroman konzipiert, eine Begegnung mit Menschen, die mit Blick auf ihr Horoskop „unter der Venus“ geboren wurden.
Eine neue Schaffensperiode begann für Maier-Heuser in den Nachkriegsjahren. Wiederum im Land zwischen Schwarzwald und Rhein spielt ihr Eheroman „Das Unverzeihliche“ (1951). Die von ihrem Mann verlassene Hornhofbäuerin Helene Hartner muss einen an Tränen und Demütigungen reichen Weg gehen, kommt aber zur Erkenntnis, unverzeihlich ist nur die dem anderen zugefügte „Kränkung aus Bosheit, die in der Bosheit verharrt“. So wird ihr die seelische Kraft zuteil, dem zur Umkehr bereiten Hofbauern zu verzeihen und mit ihm in der Überwindung des Leids das wahre Glück zu finden.
Die nachfolgende Veröffentlichung aus dem Jahre 1953, „Erlöster Klang“, nannte die inzwischen Siebzigjährige ihren „Karlsruher Roman“. In die Legende um einen deutschen Geigenbauer eingekleidet verfasste die Autorin eine Huldigung an die Stadt Karlsruhe, ein Preislied auf den Fleiß, den Kunstsinn und die Menschlichkeit, denen sie dort lebenslang begegnet ist.
Noch im vorgerückten Alter schrieb Maier-Heuser mit der Odenwalderzählung „Das Perlwunder“ (1957) einen weiteren Roman; doch aus dem Wunsch nach stärkerer literarischer Verdichtung fand sie auch zu kürzeren Erzählformen, so in „Über dem See“ (1959), einer Novelle um Annette von Droste-Hülshoff und die Malerin Marie Ellenrieder, in „Hadumoths Heimat“ (1959) oder im Märchen- und Sagenbuch „Die Rheinkieselkette“ (1958). Einige der Lieblingsgestalten, denen Maier-Heuser aufgrund persönlicher Begegnungen oder intensiver literarischer Beschäftigung sich besonders verbunden fühlte, erfuhren eine neuerliche Bearbeitung (Bärbel von Ottenheim, Marie Ellenrieder, Hans Thoma). Es war der Autorin vergönnt, bis an die Schwelle des Todes schriftstellerisch tätig zu sein. Ihr letzter Roman „Tanz zu Regensburg“ blieb Fragment. Linkenheim gedachte der Dichterin mit der „Hermine-Maierheuser-Straße“, aber auch verschiedene Neudrucke in jüngerer Zeit belegen, dass ihr Werk nicht in Vergessenheit geraten ist.
Quellen: Oberrh. Lit. Museum Karlsruhe Nachlass Maier-Heuser; A K. Strümpel (Enkel von Maier-Heuser) Karlsruhe; GLA Karlsruhe, Personalakte K. A. Maier; Mitteilungen von Karlheinz Strümpel, Karlsruhe, u. Manfred König, Linkenheim-Hochstetten.
Werke: Verzeichnisse (unvollständig): Autoren- u. Personenverzeichnis, in: BH, 51. Jg., H. 4, 1971, 92 f.; Kürschners Dt. Lit. Kal. 1973, 600 f.; Gesamtverz. des deutschspr. Schrifttums (1911-1965) Bd. 83, 1979, 317 u. 320 f.; BbG Bd. 9 (Registerband), 1984, 164; Dt. Lit. Lexikon, begr. von W. Kosch, Bd. 10, 31986, 254 f.; Kürschners Dt. Lit. Kal. Nekrolog (1971-1998), 1999, 394. – Einzeltitel (Auswahl): Wie ich zum Schreiben kam u. warum ich noch immer schreibe, in: Ekkhart 19. Jg., 1938, 82-84; In memoriam: Geh. Rat Dr. Karl Martin, in: BH 36. Jg., 1956, 223 f.; Der Schleier d. Bärbel von Ottenheim, in: Geroldsecker Land H. 1, 1958/59, 78-81, Neudruck ebd. H. 14, 1972, 116-137; Marie Ellenrieder u. die Altarbilder zu Ichenheim, in: Geroldsecker Land H. 8, 1965, 81-88, unveränd. Neudr. ebd. H. 32, 1990, 92-99; Mein Linkenheim. Jugenderinnerungen, in: Ekkhart 36. Jg., 1967, 199-211; Hans Thoma. Erinnerungen u. Geschichten, erlebt u. geschrieben von H. Maier-Heuser mit einer Biografie von M. Angermeyer-Deubner, 1989; Bärbel von Ottenheim (Neudr.), 1995.
Nachweis: Bildnachweise: Ölgemälde von Oskar Hagemann (1888-1984) im Rathaus Linkenheim; Ekkhart 19. Jg., 1938, 82; H. Maier-Heuser, Bärbel von Ottenheim, Ausg. 1951, neben Titelblatt; Ekkhart 27. Jg., 1958, 87.

Literatur: W. E. Oeftering, Gesch. d. Lit. in Baden, 3. Teil, in: Vom Bodensee zum Main Nr. 47, 1939, 45; H. M. Elster, H. Maier-Heuser. Ihr Leben u. ihr Schaffen, in: H. Maier-Heuser, Bärbel von Ottenheim, Ausg. 1951, 297-332; ders., H. Maier-Heuser. Zu ihrem 70. Geburtstag am 22.10.1952, in: Baden. Südwestdt. Rundschau für Kultur, Wirtschaft u. Verkehr 4. Jg., 1952, H. 5, 48-49; N.N., H. Maier-Heuser 70 Jahre alt, in: Oberländer Chronik, Heimatblätter des Südkurier, Nr. 74 vom 22.10.1952, 4; R. G. Haebler, H. Maier-Heuser. Zum 75. Geburtstag d. Dichterin am 22.10.1957, in: Zwischen Murg u. Kinzig. Heimatblätter des Bad. Tagblatts für Geschichte, Brauchtum, Wirtschaft, Kultur Nr. 87, Oktober 1957, 1; H. Wiedtemann, H. Maier-Heuser, in: Ekkhart 27. Jg., 1958, 87-89; A. Siebenpunkt, Deutschland deine Badener. Gruppenbild einer verzwickten Familie, 1975, 166 f.; K. Foldenauer, Die Entstehung d. Region oder Literatur in Baden seit 1945, in: BH 64. Jg., H. 2, 1984, 542 f.
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Kommentare
Die "Dichterin vom Oberrhein" hieß ab 1923 Maierheuser in einem Wort (ohne Bindestrich)! Ansonsten stimmt die Biografie.
gez. der Enkel und Nachlassverwalter Karlheinz Strümpel
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Vielen Dank für den Hinweis!
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