Hermann, Franz Sales 

Geburtsdatum/-ort: 25.01.1904;  Großschönach bei Pfullendorf
Sterbedatum/-ort: 02.12.1993;  Großschönach
Beruf/Funktion:
  • Caritasdirektor, MdL-CDU, kirchlicher Medienbeauftragter
Kurzbiografie: 1925 Abitur in Konstanz
1925-1930 Studium der Theologie in Freiburg; 1930 Priesterweihe St. Peter/Schwarzwald, Vikar in Säckingen
1932-1936 Studienurlaub in Freiburg, Präfekt im Katholischen Lehrlingsheim; Diözesanpräses des Borromäusvereins (bis 1961), Diözesanmissionar am Erzbischöflichen Missionsinstitut
1936 Promotion zum Dr. rer. pol. bei Prof. Walter Eucken an der Universität Freiburg
1937-1939 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Caritaswissenschaft
1939-1943 Religionslehrer für die höheren Handelsschüler in Freiburg und am Seminar für Seelsorgehilfe
1943 Dompräbendar
1944-1951 Leiter („Rektor“) des Caritasverbandes Freiburg-Stadt
1948 Domkustos
1952 Erzbischöflicher Geistlicher Rat ad honorem
1952-1960 CDU-Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg; ab 1953 Fraktionsvorsitzender
1960 Großes Verdienstkreuz mit Stern des Bundesverdienstordens
1960-1961 Leiter der Hauptvertretung Bonn des DCV
1961-1981 Direktor des Borromäusvereins in Bonn
1962-1981 Leiter der Kirchlichen Hauptstelle für katholische Rundfunkarbeit in Deutschland
1967 Päpstlicher Geheimkämmerer
1969 Päpstlicher Hausprälat; Ehrenbürger der Gemeinde Großschönach
1970 Goldenes Ehrenzeichen des DCV
1981 Ruhestand, Bonifatius-Plakette der Deutschen Bischofskonferenz
1984 Konrads-Plakette des Erzbistums Freiburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Eltern: Julius (1874-1956), Schreiner, Landwirt und Mesner
Maria, geb. Lohner (1880-1932)
Geschwister: 10
GND-ID: GND/116738499

Biografie: Hans-Josef Wollasch (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 148-150

In der Reihe von 11 Kindern, von denen zwei sehr früh starben, war Hermann das älteste. So mußte er, als der Vater 1914 zum Kriegsdienst eingezogen wurde, an der Seite der Mutter für den Unterhalt der Familie (ein Bruder, sieben Schwestern) sorgen, u. a. durch Übernahme der Mesnertätigkeit. Erst nach der Rückkehr des Vaters 1918 konnte er Privatstunden nehmen, um dann in die Untertertia des Gymnasiums in Konstanz und im dortigen Konvikt „Conradihaus“ aufgenommen zu werden. Der Abiturient Hermann (1925), der den „Dürftigkeitsnachweis“ erbringen mußte, absolvierte in Freiburg das Studium der Theologie. Der Skrutinialbericht des Theologischen Konvikts bescheinigt ihm Zuverlässigkeit und Zielbewußtheit, praktische und rednerische Begabung, Eignung zu Führungsaufgaben. Am 16. März 1930 erhielt Hermann in St. Peter von Erzbischof Carl Fritz die Priesterweihe; seinem Weihejahrgang gehörte auch der spätere Weihbischof Karl Gnädinger an.
Nach zweijähriger Vikarzeit in Säckingen ließ sich Hermann zum 15. April 1932 für das Studium der Staats- und der Caritaswissenschaften an der Freiburger Universität von der Seelsorge beurlauben. Dafür mußte er für die folgenden vier Jahre zusätzliche Verpflichtungen in wachsender Zahl auf sich nehmen: Präfekt im Katholischen Lehrlingsheim (wo er wohnte), Präses der Kongregation junger Männer im Münster, Beichtvater im Erzbistum Gymnasialkonvikt, Diözesanpräses des Borromäusvereins (1933-1961), Vorsitzender des Diözesanausschusses zur Förderung der öffentlichen Sittlichkeit, Geistlicher Beirat des Deutschen Marien-Ritter-Ordens und dessen Burgkaplan in der Burg Freiburg. 1934 legte Hermann die Diplomprüfung für Volkswirte ab, 1936 promovierte er bei dem Nationalökonomen Walter Eucken mit seiner Dissertation „Beziehungen zwischen ,moderner Theorie‘ und katholischer Wirtschaftsethik“ zum Dr. rer. pol., Prädikat: „magna cum laude“ (Promotionsurkunde vom 5. Februar 1937).
Auch danach betätigte sich Hermann in vielseitiger Weise: Im Oktober 1936 wurde er Diözesanmissionar am Erzbischöflichen Missionsinstitut, im Dezember wissenschaftlicher Assistent und Dozent am Institut für Caritaswissenschaft, 1939 dann, nach der Schließung dieses Instituts durch die Nationalsozialisten, Religionslehrer für die höheren Handelsschüler der Stadt sowie am Seminar für Seelsorgehilfe. Gleichzeitig arbeitete er in der Gemeindeseelsorge, wobei der am 9. Mai 1943 zum Dompräbendar Ernannte 1944 wegen der Vervielfältigung und Verbreitung seiner Predigttexte dem Reichssicherheitshauptamt auffiel; er wurde verwarnt, seine Schreibmaschine beschlagnahmt.
Mit der Bestellung am 13. Dezember 1944 zum Rektor des Caritasverbandes Freiburg-Stadt durch Erzbischof Conrad Gröber übernahm Hermann in der Notzeit der Stadt eine schwere Verantwortung. In dem zerbombten Freiburg galt es, mitzuwirken am Aufbau von Lebensmittelhilfe, von Volksküchen, Schulspeisung und Kindererholung. Für Rückkehrer aus Kriegsgefangenschaft, Flüchtlinge und Vertriebene mußte Eingliederungshilfe bereitgestellt werden. Zusammen mit der nordamerikanischen Caritas wurde für katholische Studenten mit der „Newman-Baracke“ eine Stätte der Begegnung geboten. Zur Koordinierung der lokalen Hilfeaktionen und der sie tragenden Organisationen gründete Hermann die „Arbeitsgemeinschaft Freiburger Nothilfe“. Es spricht für die hohe Wertschätzung Hermanns bei Erzbischof Gröber, wenn ihn dieser 1946 – ohne konkrete Auswirkung allerdings – zum Nachfolger des schwerkranken Caritaspräsidenten Benedict Kreutz designierte.
Nach sechs Jahren praktischen Organisierens im sozial-caritativen Bereich verlegte sich Hermann, am 15. Dezember 1948 Domkustos geworden, auf das Feld der Sozialpolitik. Mit Zustimmung von Erzbischof Wendelin Rauch ließ er sich als Kandidat der CDU für den Wahlkreis Freiburg aufstellen und wurde am 9. März 1952 in die „Verfassunggebende Landesversammlung des vereinigten Bundeslandes Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern“ gewählt. Hier und im Verfassungsausschuß (als Berichterstatter für die Abschnitte „Grundrechte“ sowie „Mensch und Staat“) wie auch als Mitglied der Redaktionskommission arbeitete er maßgeblich an der Gestaltung der neuen Landesverfassung mit. Verfassung und Grundgesetz wollte er der Jugend als praktische Richtlinie an die Hand geben. Mit Festigkeit und Beharrlichkeit, mit Sachverstand und Sachlichkeit trat er für den christlichen Grundcharakter des Verfassungswerkes und seiner verschiedenen Bereiche ein: Zu Schulform und Lehrerbildung, Jugenderziehung und Elternrecht, zu Religionsgemeinschaften, Wohlfahrtspflege und Sozialordnung hat er seine entsprechenden Vorstellungen besonders engagiert eingebracht. Seine Redlichkeit, sein ausgleichendes Wesen, erfolgreich vermittelnd zwischen den durch die Baden-Frage gespaltenen CDU-Lagern, seine sozial- und wirtschaftspolitischen Kenntnisse trugen ihm 1953 sogar den Fraktionsvorsitz der CDU ein, den er bis 1960 innehatte.
Bei dieser Betätigung als politischer Geistlicher bzw. geistlicher Politiker konnte Hermann der konsequenten Unterstützung durch Erzbischof Wendelin Rauch gewiß sein. Dagegen verweigerte ihm Erzbischof Hermann Schaufele eine neuerliche Kandidatur für den dritten Landtag von Baden-Württemberg, vordergründig in Befolgung einer Direktive der Deutschen Bischofskonferenz. Tatsächlich manifestierte sich hier der energische Gegenkurs des Generalvikars Ernst Föhr, der zur gleichen Zeit die in Nordbaden aktive Badische Volkspartei begünstigte. Föhr, der letzte badische Zentrumsprälat, der in Freiburg eine Neugründung und Wiederbelebung der Zentrumspartei versucht hatte und ein heftiger Kritiker des guten Verhältnisses der Erzbischöfe Gröber und Rauch zur CDU war, machte erst durch sein Ausscheiden aus dem Amt des Generalvikars (1968) den Weg zur Verständigung zwischen Bistumsleitung und CDU-Landesvorstand frei. Die Freiburger Kirchenbehörde stimmte zu, daß Hermann, nunmehr ausgezeichnet mit dem von Bundespräsident Heinrich Lübke verliehenen Großen Verdienstkreuz mit Stern, in Bonn neue Aufgaben übernahm. Zum 1. Oktober 1960 wurde ihm die Leitung der Hauptvertretung Bonn des DCV übertragen. Aber schon am 1. April 1961 wurde er vom Kölner Erzbischof Josef Frings zum Direktor des Borromäusvereins und damit zum verantwortlichen Leiter der katholischen Büchereiarbeit in Deutschland berufen. Dazu kam im September 1962 die Leitung der Kirchlichen Hauptstelle für katholische Rundfunkarbeit in Deutschland, in der Folgezeit verknüpft mit der Mitgliedschaft in mehreren nationalen und internationalen Rundfunk- und Fernsehgremien.
Für sein hohes und weitgefächertes Engagement in der kirchlichen Medien- und Bildungsarbeit hat die Kirche Hermann gedankt. Von Papst Paul VI. wurde er 1967 zum Päpstlichen Geheimkämmerer, 1969 zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt. Die Deutsche Bischofskonferenz verlieh ihm bei der Verabschiedung in Bonn 1981 die Bonifatius-Plakette. Mit dem Eintritt in den Ruhestand zum 1. Januar 1981 kehrte Hermann wieder in seine Heimatgemeinde Großschönach zurück, in welcher er bis 1985 noch in der Seelsorge mithalf. Von seinem Bischof, der ihn 1952 bereits zum Geistlichen Rat ernannt hatte, 1984 mit der Überreichung der Konrads-Plakette des Erzbistums Freiburg geehrt, starb Hermann am 2. Dezember 1993 und wurde am 8. in Großschönach beerdigt.
Das weit- und feinverzweigte, an Wechsel reiche Arbeitsleben Hermanns, das phasenweise auf den späteren Betrachter den Eindruck des Unsteten, Suchenden ausüben mag, blieb immer verwurzelt und verwoben mit seinem innersten Anliegen der Seel-Sorge an den Menschen. Teil dieses priesterlichen Bestrebens war auch sein caritativer Dienst, der sich im Organisatorischen und im Sozialmanagement professionell darstellte. Selbst bei voluminösem Aufgabenpensum bestimmten ratio, Güte und Vermittlungsbedürfnis sein Wesen. Es paßt zusammen, wenn Hermann 1970 bei der Feier seines 40jährigen Priesterjubiläums vom Deutschen Caritasverband als Dank das Goldene Ehrenzeichen überreicht bekam, während ihn der Freiburger Domkapitular Julius Schäuble namens der Kirchenbehörde als „Mann des Ausgleichs und der Treue“ charakterisierte.
Quellen: Beziehungen zwischen ‚moderner Theorie‘ und katholischer Wirtschaftsethik. Diss. rer. pol. Freiburg 1936
Werke: Festpredigt („Nach der Bewährung im Glauben ... die Frage der Liebe“) zum St. Fridolinsfest 1946 in Säckingen, 1946
Nachweis: Bildnachweise: Photos im Archiv des DCV

Literatur: Die CDU in Baden-Württemberg und ihre Geschichte, hg. P.-L. Weinacht (= Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs, Bd. 2), 1978; E. Hodick, in: KNA Nr. 4 vom 17.01.1984; H. Gabel, in: Konradsblatt Nr. 4 vom 22.01.1984, 9; Auftrag und Dienst. 60 Jahre Caritasverband Freiburg-Stadt e. V., 1986, 49-54; E. Hodick, Er hat dem Wort die Wege bereitet, in: Die Katholische Öffentliche Bücherei H. 1, Januar 1994, 21-24; P. Feuchte, Quellen zur Entstehung der Verfassung von Baden-Württemberg, Neunter Teil: Gesamtregister, bearb. von Jürgen Tröscher (= Veröffentlichungen zur Verfassungsgeschichte von Baden-Württemberg seit 1945, Bd. 10), 1995, 331 ff.; Necrologium Friburgense, in: FDA 116 (1996), 208 f.
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