Hübsch, Wilhelm 

Geburtsdatum/-ort: 03.03.1848;  Wertheim
Sterbedatum/-ort: 12.01.1928;  Karlsruhe, beigesetzt in Wertheim
Beruf/Funktion:
  • Minister des Kultus und Unterrichts
Kurzbiografie: 1866 Abitur am Lyzeum Wertheim
1866-1871 Jurastudium in Würzburg und Heidelberg
1870 Jun. Beginn des Militärdienstes beim 6. Infanterie-Regiment als Einjährig-Freiwilliger
1871 I. juristische Staatsprüfung; Vizefeldwebel, Kriegsteilnahme
1875 Seconde Lieutenant der Reserve
1877 Feb. wegen Invalidität Abschied vom Heer
1871-1874 Rechtspraktikant am Amtsgericht Wertheim, Kreis- und Hofgericht Konstanz, Kreisgericht Waldshut und an den Bezirksämtern Wertheim und Emmendingen
1874 II. juristische Staatsprüfung
1874-1876 Referendar am Kreisgericht Mosbach, Bezirksamt Konstanz u. im Justizministerium Karlsruhe
1876-1878 Sekretär im Handelsministerium
1878 Oberdirektion des Wasser- und Straßenbaus, Regierungsassessor, ab 1881 Regierungsrat
1883 Staatsanwalt in Karlsruhe
1893 Ministerialrat im Ministerium des Justiz, des Kultus und Unterrichts
1901 Ministerialdirektor, 1911 Staatsrat
1915 Minister des Kultus und Unterrichts
1907-1915 Mitglied der 1. Kammer der Ständeversammlung, nationalliberal
1918 10. Nov. Ruhestand
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Badische Felddienstauszeichnung und Deutsche Kriegsdenkmünze (1871); mehrere badische, ein bayerischer und ein preußischer Orden (nach 1891), Kriegsverdienstkreuz (1916), Eisernes Kreuz II. Klasse (1918)
Verheiratet: 1912 Anna, geb. Kahl aus München
Eltern: Vater: Friedrich (gest. 1856), Fürstlich Löwensteinischer Domänenrat in Wertheim
Mutter: Emilie, geb. Kahl
Kinder: keine
GND-ID: GND/117045810

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 126-128

Vor 1918 habe „so etwas wie ein Juristenmonopol auf Ministerschaften gewaltet“. Wo möglich sollte der Anwärter außerdem aus der Verwaltungslaufbahn kommen. Diese Bemerkung aus Willy Hellpachs Memoiren trifft auf Hübsch voll zu. Als er 1915 zum badischen Minister des Kultus und Unterrichts ernannt wurde, hatte er schon über 20 Jahre in der Verwaltung dieses Ressorts an maßgeblicher Stelle mitgewirkt: ab 1893 im Ministerium der Justiz und des Kultus und ab 1911 als Staatsrat im nun selbständigen Kultusministerium. Er hat damit Anteil am seinerzeit vorbildlichen Ausbau des öffentlichen Schulwesens in Baden und an der Formulierung des Schulgesetzes von 1910. In seinen Grundzügen, namentlich dem Prinzip der christlichen Gemeinschaftsschule, gilt es bis heute fort durch die Übernahme in die Verfassung von Baden-Württemberg. Hübsch setzte sich auch als Mitglied der 1. Kammer für die Modernisierung des Schulwesens ein, indem er für die Bereitstellung der erforderlichen Etatmittel plädierte. Dies tat er jedoch nicht in der Rolle des unbequemen Mahners, sondern in vollem Einklang mit der liberalen Regierung und der Parlamentsmehrheit in beiden Häusern.
Dennoch spielte sich seine Arbeit nie im konfliktfreien Raum ab. Durchaus noch in der Tradition des Kulturkampfes der 1860er und 1870er Jahre kämpften die katholische Kirche und die Zentrumspartei gegen den § 137 des Schulgesetzes von 1910, der die Errichtung konfessioneller Privatschulen und die Lehrtätigkeit von Ordensangehörigen erschwerte. Ungeachtet der Tatsache, dass er selbst Katholik war, stand Hübsch durchaus hinter diesen Maßnahmen und vertrat die Linie der liberalen Regierung aus persönlicher Überzeugung. Anderenfalls wäre er in den 1890er Jahren wohl kaum zum Sachbearbeiter für katholische Kirchenangelegenheiten bestellt worden. Vor allem als Minister verfolgte er jedoch einen maßvollen Kurs und suchte „unter angemessener Würdigung der realen Verhältnisse“ Spannungen durch Entgegenkommen in kleinen Schritten abzubauen.
Im Juni 1901, als die Minister Buchenberger und Schenkel dem neuen Staatsminister A. von Brauer die Aufnahme eines Katholiken in den Kreis der Minister vorschlugen, der womöglich mit dem Kultusministerium zu betrauen wäre, nominierten sie Ministerialdirektor Hübsch und Domänendirektor Dr. Reinhard als ministrable Kandidaten. Berufen wurde jedoch von Dusch, in dessen Amtszeit vom Justizministerium 1911 das neugebildete Kultusministerium abgetrennt und Hübschs Kollegen Ministerialdirektor F. Böhm übertragen wurde. Nach dessen überraschendem Tod folgte Hübsch im Sommer 1915. Hübschs Ernennung wurde aufgrund seines anerkannten Fachwissens, seines souveränen Führungsstils und seiner integren Persönlichkeit in allen politischen Lagern, ausdrücklich auch vom Zentrum, begrüßt, nicht zuletzt wegen seiner klug taktierend geführten, oftmals schwierigen Verhandlungen mit der Freiburger Kurie. Der Titel „Exzellenz“ schien ihm auf den Leib geschrieben zu sein.
Anlässlich seines 70. Geburtstags im März 1918 wurde Hübsch in der Karlsruher Presse als verdienter und vielseitiger Staatsmann gewürdigt, der auch mit Auszeichnung am 1870er Krieg teilgenommen habe. Zu dieser Seite seiner Persönlichkeit passt sein Engagement für die Intensivierung des Turn- und Sportunterrichts und seine Mitgliedschaft im Jungenwehrausschuss, die für 1915 belegt ist. Unter den Errungenschaften seiner letzten Amtsjahre wird die Neugestaltung der Fortbildungsschule genannt und sein Verdienst um den Abbau der Spannungen mit der katholischen Kirche. Die zeitgenössischen Journalisten schätzten dieses offenbar höher ein als die jüngere Forschung (Stadelbauer).
Wenige Monate nach der Laudatio zum 70. Geburtstag musste Hübsch, bedingt durch das Ende der Monarchie, zusammen mit Staatsminister von Bodman, Finanzminister Rheinboldt und Justizminister Düringer seinen Abschied nehmen. Bereits 64-jährig hatte er 1912 seine elternlos gewordene Cousine geheiratet, mit der er fortan zurückgezogen in seiner Karlsruher Wohnung in der Kriegsstraße den Lebensabend verbrachte.
Quellen: GLA Karlsruhe 235/20233, 20234 u. 76/3826. StadtA Wertheim StAWt-R Lit B Nr. 2161 u. StAWt-S II Nr. 396.
Nachweis: Bildnachweise: GLA Karlsruhe J-Ac H/55 und H 159.

Literatur: Gesetzblatt für das Großherzogt. Baden 1910, 385 ff. u. 1911, 273; Franz Schmidt, Die Bad. Volksschule, 1931 2. Aufl.; Willy Hellpach, Wirken in Wirren, 2 Bde, 1948; Karl Stiefel, Baden 1648-1952, 1977, Bd. 1, 305 u. Bd. 2, 1925 ff.; Walther Peter Fuchs (Hg.), Großherzog Friedrich I. von Baden u. die Reichspolitik 1871-1907, Bd. 3, 1980, 641, Bd. 4, 1980, 329, 407, 410, 571, 699; Christoph Führ u. Hans Georg Zier (Hgg.), Hellpach-Memoiren 1925-1945, 1987; Hans-Jürgen Kremer (Bearb.), Das Großherzogtum Baden in der polit. Berichterstattung d. preuß. Gesandten 1871-1919, 2. T., 1992, 43, 474, 614.
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