Schad, Johann Martin 

Geburtsdatum/-ort: 30.11.1864;  Messelhausen bei Lauda
Sterbedatum/-ort: 21.06.1944;  Gengenbach; beigesetzt Baltersweil bei Jestetten
Beruf/Funktion:
  • katholischer Gefängnispfarrer
Kurzbiografie: 1870-1878 Volksschule Messelhausen und Burggrub bei Heiligenstadt/Oberfranken
1878-1885 Gymnasium Tauberbischofsheim (ab Quarta) mit Abitur
1885-1889 Studium der katholischen Theologie Freiburg und St. Peter, 2. 7. 1889 Priesterweihe St. Peter
1889-1890 Vikar Ettenheim
1890-1891 Präfekt Konradihaus Konstanz
1891-1892 Vikar Malsch bei Ettlingen und Hardheim
1892-1893 Pfarrverweser Kadelburg
1893-1895 Kaplaneiverweser Philippsburg
1895-1896 Pfarrverweser Waldau
1896-1910 Pfarrer Rast bei Meßkirch; ab 1901 Bretten
1910-1930 Gefängnispfarrer Bruchsal; ab 1915 Mannheim, später Gefängnisoberpfarrer
1930-1944 Ruhestand Freiburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Joseph Schad (1842-1926), Schloßgärtner
Mutter: Margarethe, geb. Gärtner (1839-1873)
2. Ehe mit Anna Maria Gärtner (geb. 25.3.1837, Schwester der Margarethe Gärtner) seit 24.11.1873
Geschwister: 1 Bruder: Ottmar (geb. 1866); zwei weitere Geschwister im Kindesalter verstorben
GND-ID: GND/117092851

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 251-253

Kaum neunjährig, verlor Schad die Mutter und verzog kurz danach mit der Familie nach Schloß Greifenstein bei Heiligenstadt, wo sein Vater als Kunstgärtner in die Dienste des Grafen Schenk von Stauffenberg getreten war. Doch schon ein Jahr später kehrte er nach Messelhausen zurück und fand Aufnahme im Hause eines Onkels. Er war schon volksschulentlassen, als er am Gymnasium Tauberbischofsheim die Aufnahmeprüfung ablegte.
Nach der Priesterweihe war Schad kurze Zeit Vikar und wurde dann Präfekt am Konradihaus in Konstanz. Bereits dort schien er seine Zuneigung zur außerordentlichen Seelsorge entdeckt zu haben. In die erneute Verwendung im Pfarrdienst fügte er sich nur schweren Herzens, zumal er meistens in ländliche Seelsorgestellen eingewiesen wurde. Erst die Ernennung zum Pfarrer in Bretten dürfte seinem persönlichen Wunsch entsprochen haben; immerhin blieb er dort fast ein volles Jahrzehnt.
In dieser katholischen Diasporagemeinde galt Schad gemeinhin als ein umsichtiger und pflichtbewußter, nichtsdestoweniger eigenwilliger und wenig angepaßter Seelsorger. Vor allem war er nicht gewillt, sich in seiner Position für die Belange des politischen Katholizismus vereinnahmen zu lassen. Sowohl gegenüber der mehrheitlich protestantischen Bevölkerung als auch den dort stark vertretenen nationalliberalen Kreisen war Schad stets aufgeschlossen, immer darum bemüht, den religiösen und politischen Frieden zu wahren. Erstaunlich „unzeitgemäß“ reagierte er, als er in einer Kaiserrede (1910) – bei Wahrung aller kirchlichen Interessen – sich zu strikter Neutralität innerhalb der parteipolitischen Lager bekannte. Diese Haltung brachte ihm viel Kritik aus den Reihen des Zentrums ein, wo man ihn sogar des Parteigängertums zugunsten der Nationalliberalen bezichtigte. Kein Wunder, daß Schad eine um so größere Akzeptanz in den Kreisen der natürlichen politischen und konfessionellen Gegner erfuhr.
Gründe für sein atypisches Verhalten sind wohl in erster Linie im Elternhaus zu finden, wo im Hinblick auf zwei konfessionsverschiedene Ehen die religiöse Toleranz praktiziert wurde. Sicher auch wurde Schad von seinem protestantischen Vater zur damals bestehenden staatlichen Ordnung in einem anderen Geist erzogen, als dies in den rein katholischen Familien gemeinhin der Fall war.
Seine positive Einstellung zum liberalen Staat und Kaiserreich – Schad hatte aus seiner großen Verehrung für Bismarck nie ein Hehl gemacht – dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben, daß er 1910 in Bruchsal und einige Jahre später in Mannheim zum Gefängnispfarrer ernannt wurde. Künftig unterstand er vorrangig dem staatlichen Dienstrecht; der Rückzug aus der Pfarrseelsorge kam ihm nicht ungelegen.
Als Anstaltspfarrer in der Gefangenenseelsorge hat Schad zukunftsweisende Wege beschritten. Das im Namen des modernen Rechtsstaates immer wieder aufgestellte Postulat nach einer Modernisierung des Strafvollzugs griff er zustimmend auf, und in enger Verknüpfung mit der Gefangenenseelsorge entwickelte er in erstaunlicher Eigenständigkeit eine auf sozialethischer Basis begründete Gefangenenpädagogik. Fest davon überzeugt, daß Strafe und Sühne ureigene Mittel der Erziehung sind, lag ihm vor allem daran, die zentralen priesterlichen Dienste wie die Feier des Gottesdienstes, den Religionsunterricht und den Zellenbesuch in eine überhöhte Gefangenenpädagogik zu integrieren. Seiner ganz persönlichen Initiative hingegen entsprang die sittliche und geistige Hebung des Gefängnisunterrichts, das Vermitteln von ethischen, lebenskundlichen und volkshochschulgemäßen Lernstoffen anstelle des bisher bloß auf Volksschulniveau ausgerichteten Unterrichts.
Als Gefangenenseelsorger verwandte Schad besondere Sorgfalt auf die Tagebuchberichterstattung; auf diesem Weg konnte er seine zahlreichen Erfahrungen und Ideen immer wieder den zuständigen Behörden zur Kenntnis bringen.
Schad galt als ein versöhnlicher, von jedermann respektierter Mensch des Ausgleichs, als ein echter Friedensstifter zwischen den Insassen und Vollzugsbeamten der Strafanstalt. Mehrfach, vor allem aber bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand drückten ihm seine Vorgesetzten ungeteilte Anerkennung und hohe Wertschätzung aus.
Quellen: EAF Personalakte J. M. Schad: GLA Karlsruhe 234/11178-11180 Stelle des kath. Anstaltsgeistlichen (1883-1936); ferner: 234/1165-1167 Jahresberichte der Anstalt (1916-1932).
Werke: Die Jugendschutzbewegung, in: Blätter f. Gefängniskunde, Bd. 46, H. 1/2, 226-234, Heidelberg 1912; Meck u. Krauß. Erinnerungen u. Tatsachen, a. a. O., Bd. 51, 86-109, Heidelberg 1917; In Memoriam Josef Lenhard, a. a. O., Bd. 63, H. 2, 383-392, Heidelberg 1932; Tagebuch d. kath. Anstaltsgeistlichen Schad am Landesgefängnis Mannheim, Originale ebenda.
Nachweis: Bildnachweise: nicht feststellbar.

Literatur: A. Reiß, J. M. Schad. Ein Apostel d. Friedens, e. Held d. Arbeit u. e. Träger d. dt. Idealismus, in: Aus Welt u. Heimat, Hg. Landesgefängnis-Druckerei, 5. Jg., Nr. 19, 5-7, Mannheim 1930; ders., Ein bad. Strafvollzugspraktiker, in: Neue Mannheimer Ztg, Nr. 198, Mannheim 1930; N. N., J. M. Schad. Ein Friedenspriester, in: Volksstimme, Nr. 116, Mannheim 1930; H. Ginter, J. M. Schad, in: FDA 70 (3. Folge Bd. 2), 238, Freiburg 1950.
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