Waldeck, Florian 

Geburtsdatum/-ort: 15.02.1886;  Mannheim
Sterbedatum/-ort: 28.09.1960;  Mannheim
Beruf/Funktion:
  • Jurist, DVP/CDU-Politiker, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1905 Abitur am Gymnasium Mannheim
1905-1910 Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und München
1911-1914 Rechtspraktikant in Heidelberg und Donaueschingen
1913 Promotion an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Heidelberg
1914-1918 Teilnahme am Ersten Weltkrieg
1917 Heirat einer katholischen Frau und Übertritt zum evangelischen Glauben
1919 Zweites juristisches Staatsexamen, Rechtsanwalt in Mannheim
1925-1933 Mitglied der Fraktion der Deutschen Volkspartei (DVP), des Bürgerausschusses und ab 1926 Fraktionsvorsitzender
1927-1933 Mitglied des Badischen Landtags und Fraktionsvorsitzender der DVP
1929 Vizepräsident des Landtags
1939 Emigration nach Belgien
1946 Vorsitzender des Mannheimer Anwaltsvereins
1948 Präsident der Rechtsanwaltskammer Nordbaden
1948-1953 Mitglied der CDU-Fraktion des Mannheimer Gemeinderates
1959 Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer
Weitere Angaben zur Person: Religion: isr./ev.
Verheiratet: 1917 Mannheim Bertha, geb. Mackle (1890-1964)
Eltern: Vater: Hermann Waldeck, Mundartdichter
Mutter: Helene, geb. Rosenfeld
Kinder: keine
GND-ID: GND/117118001

Biografie: Karl Otto Watzinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 281

Waldeck hat das öffentliche Leben seiner Heimatstadt in der Zeit der Weimarer Republik und nach dem Zweiten Weltkrieg an verantwortungsvollen Stellen mitgestaltet. Die Liebe zu seiner Heimatstadt hatte er von seinem Vater, dem Pfälzer Mundartdichter geerbt, so daß er schon im Jahre 1920 die Schrift „Alte Mannheimer Familien“ herausgab, die in wenigen Jahren auf sechs Bände anwuchs. Im Jahre 1930 übernahm er den Vorsitz des Mannheimer Altertumsvereins, den sein Vater auch schon innehatte. Als Fraktionsvorsitzender im Bürgerausschuß und im Badischen Landtag bemühte er sich immer um Objektivität, die er über parteipolitische Interessen stellte. Mit dem Beginn der NS-Diktatur mußte er alle öffentlichen Ämter aufgeben und konnte seine Anwaltspraxis nur noch im kleinsten Umfang weiterführen. Als die Verhältnisse unerträglich wurden, emigrierte er 1939 nach Belgien, wo er mit seiner Ehefrau untertauchte. Tiefes Leid blieb ihm nicht erspart, da sich seine Mutter und Schwester vor der drohenden Deportation im Jahre 1942 das Leben nahmen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war Waldeck einer der Männer der ersten Stunde, der sich in seinen Standesorganisationen und im politischen und kulturellen Leben Mannheims unermüdlich betätigte. Er wurde wieder Vorsitzender des Mannheimer Altertumsvereins und gehörte fünf Jahre der CDU-Fraktion des Gemeinderats an, gab aber 1953 die kommunalpolitische Arbeit auf, da er im Innersten nicht der Politik, sondern der Kultur verpflichtet war. In der Spielzeit 1950/51 war er Vorsitzender eines Triumvirats, welches das Theater nach dem plötzlichen Abgang des Intendanten leitete. Zur Vorbereitung des Neubaus für das im Krieg zerstörte Theater trat er 1953 dem Kuratorium „Stiftung Nationaltheater-Bau Mannheim“ bei. Es war ihm noch vergönnt, im Jahre 1959 das 100jährige Jubiläum des Altertumsvereins mitvorzubereiten und mitzuerleben. Damit wollte er auch zeigen, daß die kulturellen Aufgaben nicht nur von der Verwaltung, sondern in erster Linie von dem Bürger mitgestaltet werden müssen. So war auch sein Einsatz für seine Standesorganisationen zu verstehen. Der Anwalt war für ihn der klassische freie Beruf, der in der Zeit der Entpersönlichung und Verbeamtung die Rechte des freien Menschen und Bürgers vertritt. So war seine Berufung zum Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer die Vollendung seines Einsatzes für den freien Anwaltsberuf.
Waldeck wurde im Jahre 1954 für seine umfassende Tätigkeit für seine Heimatstadt mit der Schillerplakette der Stadt Mannheim und mit der Würde eines Ehrenbürgers ausgezeichnet. Im Jahre 1955 wurde ihm das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Werke: Alte Mannheimer Familien, 6 Teile, Mannheim 1920-1925.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Mannheim

Literatur: Biographisches Handbuch der deutschen Emigration nach 1933, Bd. 1,788; Hermann Heimerich, F. Waldeck, 70 Jahre, in: Mannheimer Hefte 1956, Heft 1, 26 f.; Hans Reschke, F. Waldeck, in: ebda., 1967 Heft 2, 29-38. Rainer Bell, Die jüdischen Rechtsanwälte Mannheims, in: ebda. 1967 Heft 2, 29-38; 1960 Heft 2, 1-4; Walter Köhler, Mannheimer Rechtsanwälte nach 1870, in: ebda. 1985, Heft 1, 37; Karl Otto Watzinger, Geschichte der Mannheimer Juden 1650-1945, 2. verbess. Aufl. 1987, 142-144.
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