Schindler, Hermann 

Geburtsdatum/-ort: 21.06.1855;  Fautenbach
Sterbedatum/-ort: 24.01.1923;  Sasbach
Beruf/Funktion:
  • katholischer Geistlicher, Leiter der Lender'schen Lehranstalt
Kurzbiografie: 1862-1870 Volksschule Fautenbach
1870-1871 Gymnasium Offenburg
1871-1875 Berthold-Gymnasium Freiburg
1875-1877 Gymnasium Rastatt mit Abitur
1877-1881 Studium der katholischen Theologie und der klassischen Philologie Freiburg
1881-1882 Studium Priesterseminar St. Peter, 1882 Jul. dort Priesterweihe
1882-1883 Vikar Hambrücken, Dekanat Philippsburg
1883-1922 geistlicher Lehrer an der Lender'schen Lehranstalt
1884 (16. 1.) Promotion Dr. theol. Freiburg
1888-1891 Präfekt an der Lender'schen Lehranstalt
1894-1922 Direktor daselbst
1913 Geistlicher Rat ad honorem
1922 Ruhestand
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Ignaz Schindler, Landwirt
Mutter: Franziska, geb. Weber
Geschwister: 9 (6 Schwestern, 3 Brüder)
GND-ID: GND/11727223X

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 259-261

Schindler entstammte einer kinderreichen Bauernfamilie aus Fautenbach. Erst nach achtjährigem Besuch der Volksschule wurde ihm der verspätete Eintritt ins Gymnasium ermöglicht. In Rastatt bestand er ein glänzendes Abitur.
In Freiburg studierte Schindler neben den theologischen Disziplinen auch alte Sprachen. Er zählte dort zum engeren Schülerkreis des seit 1878 an der Universität lehrenden Kirchenhistorikers F. X. Kraus. Mit einer kirchengeschichtlichen Dissertation wurde er 1884 zum theologischen Doktor promoviert.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Schindler bereits die Priesterweihe empfangen und in Hambrücken als Vikar gewirkt. 1883 vor die Wahl gestellt, an der Lender'schen Lehranstalt Lehrer zu werden oder als Stipendiat seine Studien in Rom fortzusetzen, entschied er sich für das heimatliche Sasbach. Als Lehrer legte er großen Wert darauf, seinen Schülern einen lebendigen Anschauungsunterricht zu bieten und ihnen so bleibendes Wissen zu vermitteln. Neben Religion lehrte er alte Sprachen und Geschichte, verband aber mit seinem Unterricht auch eine sorgsame Pflege der Muttersprache sowohl in der Schrift als in der freien Rede.
Außerhalb seiner Lehrtätigkeit fand Schindler noch Zeit, sich intensiv mit der heimatlichen Kultur und Geschichte zu beschäftigen. Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte er meist in kleineren Zeitungsbeiträgen, und durch zahlreiche Vorträge trug er sein Wissen in die breite Schicht des einfachen Volkes hinein. Da er um die Macht des gedruckten Wortes wußte, betrieb er nachhaltig die Gründung einer Regionalzeitung (Acher Bote, später Acher und Bühler Bote), und er war auch Mitbegründer des mittelbadischen Geschichtsvereins Ortenau sowie des Landesvereins Badische Heimat.
Seit 1894 stand Schindler der Lender'schen Lehranstalt als Direktor vor. Da der Gründer noch lebte, war Schindler in seiner Leitungsfunktion insofern eingeschränkt, als Lender keineswegs nur in dem sich selbst vorbehaltenen Bereich Entscheidungskompetenzen beanspruchte, sondern auch in schulinterne, pädagogisch-erzieherische Fragen einzuschalten sich erlaubte. So stellten sich nicht selten gravierende Meinungsunterschiede ein, zumal Schindler ein harter Verfechter moderner Lehr- und Erziehungsmethoden war. Mehrfach hatte er sich mit dem Gedanken getragen, Sasbach zu verlassen. Daß er dennoch auf seinem Posten ausharrte und der Lehranstalt die Treue hielt, gründete sicher in seiner Verehrung für Lender, aber auch in der Liebe zu der ihm anvertrauten Schuljugend.
Mit Lenders Tod (1913) war für Schindler der Zeitpunkt gekommen, seine unbestrittenen Führungsqualitäten voll zu entfalten. Doch nun wurden Schule und Schulleitung durch den Kriegsausbruch vor bislang ungeahnte Schwierigkeiten gestellt. Nicht nur, daß sich die wirtschaftliche Lage zusehends verschlechterte; der Lehranstalt gingen auch qualifizierte Lehrkräfte, zumindest für die Dauer des Krieges oder für immer, verloren. Rasch stellten sich alle nur denkbaren nachteiligen Folgen ein. Sasbach war sowohl materiell als auch ideell bedroht; das sinkende Leistungsniveau schadete dem guten Ruf der Schule.
In der schwersten Krise der Lehranstalt war Schindler zu einem Neubeginn fest entschlossen. Doch die von ihm erkannte Notwendigkeit, die Schule den neuen Gegebenheiten besser anzupassen, stieß bei seinen Mitarbeitern auf nur wenig Gegenliebe. Zusätzliche Enttäuschungen brachte ihm der Weggang einiger Lehrkräfte, in die er im Hinblick auf eine umfassende Reform große Hoffnungen gesetzt hatte. Im Frühjahr 1922 trat Schindler vom Amt des Schulleiters zurück. Ein schweres Leiden führte bereits nach einem knappen Jahr seinen Tod herbei. Angesichts der Tatsache, daß unter seinem Nachfolger F. Amann das Erneuerungswerk ernsthaft in Angriff genommen wurde, kann zurecht gesagt werden, daß mit Schindler der letzte Vertreter der Altsasbacher Lehrergeneration dahingegangen war.
Werke: St. Severin u. die Anfänge d. Christentums in Noricum, Diss. Theol. ungedruckt, Freiburg 1884.
Nachweis: Bildnachweise: Foto StAF, Bildnissammlung, ferner, J. Sauer u. a., a. a. O., Schindler 1 u. 7.

Literatur: J. Mayer, Dr. theol. H. Schindler, in: FDA 54 (NF Bd. 27), 1926, 31; J. Sauer u. a., Direktor Dr. H. Schindler, in: Der Sasbacher, hg. von der Heimschule Lender, 4. Jg., Nr. 2, 1-12, Bühl 1929; T. Merz, Direktor Dr. Schindler, in: Der Sasbacher, Bühl 1964, 64-65; W. Guldenfels, Hundert Jahre Heimschule Lender, Bühl 1975, 43-45.
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