Valentiner, Wilhelm Karl Friedrich Johannes 

Geburtsdatum/-ort: 22.02.1845; Eckernförde
Sterbedatum/-ort: 01.04.1931; Berlebeck bei Detmold
Beruf/Funktion:
  • Astronom
Kurzbiografie: Ab 1854 Thomasgymnasium Leipzig bis Abitur
1866–1869 Studium in Leipzig u. Berlin
1869 Promotion an d. Univ. Berlin: „Determinatio orbitae cometae V 1863“
1869–1875 Observator an d. Sternwarte Leiden, NL
1875–1895 Direktor d. Bad. Sternwarte in Mannheim, ab 1880 in Karlsruhe
1880–1896 o. Professor für Astronomie an d. TH Karlsruhe
1896–1909 o. Professor für Astronomie an d. Univ. Heidelberg u. Leiter der astrometrischen Abteilung d. Großherzogl. Bergsternwarte auf dem Königstuhl bei Heidelberg
1906 Geheimer Hofrat
1909 Emeritierung
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1873 (Leiden) Anna Isis, geb. Lepsius (1847–1919)
Eltern: Vater: Friedrich Wilhelm (1807–1889), Pastor
Mutter: Katharina, geb. Fromm
Geschwister: Elisabeth Henriette
Kinder: 4; Siegfried, Theodor, Wilhelm Reinhold u. Elisabeth
GND-ID: GND/117340464

Biografie: Immo Appenzeller (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 414-416

In Eckernförde, dem Geburtsort Valentiners, war sein Vater damals als Pastor einer deutschen ev. Gemeinde tätig. Nachdem Schleswig dänisch geworden war, musste die Familie 1854 den Ort verlassen. Noch im gleichen Jahr fand Valentiners Vater eine neue Anstellung in Leipzig, wo er bis 1884 als Diakon an der Thomaskirche wirkte.
Nach dem Schulbesuch in Leipzig begann Valentiner 1866 ein Studium der Astronomie. Mit dieser Wissenschaft vertraut wurde Valentiner wohl durch seinen Schwager Carl Christian Bruns (1830–1881), der ab 1861 die Sternwarte in Leipzig leitete. Ohne praktische Bedeutung dürfte dagegen die Tatsache gewesen sein, dass Valentiners Großvater Friedrich Valentiner (1756–1813) Professor für Mathematik und Astronomie in Kiel gewesen war; der Großvater war nämlich bereits drei Jahrzehnte vor Valentiners Geburt verstorben.
1869 schloss Valentiner sein Studium mit der Promotion an der Berliner Universität unter Anleitung von Wilhelm Foerster (1832–1921) ab. Anschließend arbeitete er bis 1875 als Observator an der Sternwarte Leiden in den Niederlanden. 1875 wurde er zum Professor und Leiter der Großherzoglich Bad. Sternwarte in Mannheim ernannt. Die Mannheimer Sternwarte, die aus der im 18. Jh. sehr angesehenen kurpfälzischen Hofsternwarte hervorgegangen war, befand sich bei der Amtsübernahme durch Valentiner allerdings in einem wenig erfreulichen Zustand. Die meisten Instrumente waren veraltet oder unbrauchbar, und das 1772 bis 1774 errichtete Gebäude eignete sich wenig für zeitgemäße astronomische Beobachtungen. Valentiner bemühte sich daher um eine Verlegung der Sternwarte. Seine Initiative führte schließlich 1880 zum Umzug des Instituts nach Karlsruhe, wo Valentiner gleichzeitig eine Professur an der Technischen Hochschule erhielt. Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass die Arbeitsbedingungen in Karlsruhe eher noch schlechter waren als in Mannheim. Valentiner drängte daher erneut auf eine Verlegung an einen günstigeren Standort.
Zusammen mit den Vorschlägen des Heidelberger Astronomen Max Wolf (vgl. S. 433) für eine bad. „Bergsternwarte“ führte dies zur Gründung der Großherzoglichen Sternwarte, heutige Landessternwarte, auf dem Königstuhl bei Heidelberg.
Als das neue Institut 1896 seine Arbeit aufnehmen konnte, wurde Valentiner zum Leiter der astrometrischen Abteilung der Königstuhl-Sternwarte ernannt. Außerdem wurde er im gleichen Jahr zum Ordinarius für Astronomie an der Heidelberger Universität berufen. Zu den aus Karlsruhe mitgebrachten Instrumenten erwarb Valentiner für das neue Observatorium einen modernen Meridiankreis und einen Refraktor mit 30 cm Öffnung für visuelle Positionsmessungen von Sternen.
Valentiners Arbeitsgebiet war die genaue Positionsbestimmung von Sternen und anderen astronomischen Objekten. Neben Beiträgen zu verschiedenen Katalogen gehörte zu Valentiners Verdiensten eine genaue Vermessung der Bahn des Asteroiden Eros im Jahre 1901, mit der er die Bestimmung der Sonnenentfernung und damit über das 3. Keplersche Gesetz aller Entfernungen im Sonnensystem signifikant verbessern konnte. Zu diesem Thema hatte Valentiner bereits 1874 durch die Leitung einer Expedition nach China mit der Beobachtung eines Venusdurchgangs vor der Sonnenscheibe beigetragen.
Zu Valentiners literarischen Werken gehört die Herausgabe des „Handwörterbuchs der Astronomie“, das zwischen 1897 und 1902 in fünf Bänden erschien. Außerdem verfasste Valentiner verschiedene damals gerne gelesene populäre astronomische Bücher und Schriften.
Valentiners in Mannheim und Karlsruhe geborene Söhne wurden später ebenfalls geachtete Wissenschaftler, insbesondere der Kunsthistoriker Wilhelm Reinhold (1880–1958), Entdecker bis dahin unbekannter Werke alter Meister und als langjähriger Leiter des „Institute of Arts“ in Detroit (USA) sowie als Gründungsdirektor des J. P. Getty Museums in Los Angeles international bekannt geworden.
Quellen: Jahresberr. d. Sternwarten in Heidelberg, Karlsruhe u. Mannheim.
Werke: Der gestirnte Himmel, 1886; Geschichte d. Großherzogl. Sternwarte, 1892; Handwörterb. d. Astronomie, Bde 1–5, 1897–1902; Beobachtungen des Planeten (433) Eros, in: Astronomische Nachrichten 159, 1902, 279.
Nachweis: Bildnachweise: Paatz, 1976, 55 (vgl. Literatur).

Literatur: L. Courvoisier, Wilhelm Valentiner, in: Astronomische Nachrichten 243, 1931, 43; E. Paatz, Lebensbilder d. Familie Valentiner, 1976, 55.
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