Weller, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 22.11.1866;  Langenschemmern
Sterbedatum/-ort: 24.12.1943;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Landeshistoriker, Gymnasiallehrer
Kurzbiografie: 1884–1889 Studium der Altphilologie, Geschichte, Literatur in Tübingen
1889–1890 Einjährig Freiwilliger in Tübingen
1891 Zweites Staatsexamen
1892–1893 Verwendung im höheren Schuldienst, unter anderem in Gaildorf und Ludwigsburg
1893–1902 Historiker im Dienst des Hauses Hohenlohe
1902–1908 Oberpräzeptor am Gymnasium in Öhringen
1908–1931 Prof. am Karlsgymnasium Stuttgart
1930–1936 Geschäftsführer der Kommission für geschichtliche Landeskunde
1922–1930 Vorsitzender des Württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 28.7.1904 Maria, geb. Nestle (28.7.1873–5.5.1946), Tochter des Landgerichtspräsidenten von Hall, Friedrich Nestle
Eltern: Vater: Johann Georg Weller (4.10.1830–14.3.1914), Stationsmeister
Mutter: Friedrike, geb. Grüninger (29.12.1832–24.4.1911)
Geschwister: 3: Katharina Maria (11.9.1862–23.8.1875); Jakob Friedrich (geboren 12.1.1864); Paul Albrecht (geboren 5.2.1868)
Kinder: 3
GND-ID: GND/117344427

Biografie: Andreas Butz (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 249-252

Weller wurde in Langenschemmern in Oberschwaben zwischen Donau und Iller geboren. Seine Eltern stammten allerdings aus der Welzheimer Gegend, wo die bäuerlichen Namensträger bereits seit dem 16. Jahrhundert nachgewiesen und zahlreich sind. Der Vater war in Seiboldsweiler bei Welzheim aufgewachsen, wo der Großvater Bauer gewesen war, und wurde als Bahnbediensteter an die besagte Eisenbahnstation in Oberschwaben versetzt. 1869 zog die Familie aufgrund einer neuerlichen Dienstversetzung nach Neuenstein, wo Weller dann seine Kindheit verbrachte und eingeschult wurde. Von 1875 bis 1881 besuchte er das ehemalige Hohenlohische Landesgymnasium in Öhringen. Von 1881 bis 1884 beschloss er seine Schulzeit bis zur Reifeprüfung auf dem Gymnasium in Hall. Als Kind vertiefte er sich sehr gerne in die Lektüre der Württembergischen Geschichte von Christian Gottlob Barth. Während seiner Schulzeit zeigte er großes Interesse an der Geschichte, indem er zum Beispiel die 1865 erschienene Oberamtsbeschreibung von Öhringen las, und sich auch bereits für das Thema Siedlungsgeschichte erwärmte, auf dem er später selber Wesentliches leisten sollte. Durch sein Lebensumfeld wurden sein Bezug und sein Interesse an der Geschichte Hohenlohes geweckt.
Bis zu seinem sechsten Semester des Studiums in Tübingen wurde Weller von dem Althistoriker Alfred von Gutschmid stark beeinflusst, der dann allerdings im Sommer 1887 nur 56-jährig plötzlich verstarb. Charakteristisch für den ihm innewohnenden Forscherdrang ist vielleicht, dass er seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger der 10. Kompanie des Tübinger Bataillons dazu nutzte, um die Geschichte der damals noch gesungenen oder von seinen Kameraden gehörten Soldatenlieder zu erforschen. Ein entsprechender Aufsatz von ihm erschien später in der Literarischen Beilage des Staats-Anzeigers für Württemberg von 1896. Nachdem er das zweite Staatsexamen abgelegt hatte, wurde Weller wie geplant im höheren Schuldienst tätig, nutzte jedoch seine freien Stunden um über die „Ansiedlungsgeschichte des Württembergischen Frankens rechts des Neckars“ zu forschen. Er bewarb sich mit diesem Thema, das er sich unabhängig aus Interesse gewählt hatte, bei Professor Dietrich Schäfer darum, ob er bei ihm mit dieser Arbeit promovieren dürfe. Schäfer kannte ihn bereits, da er in seinem Auftrag eine gründliche Übersicht über die noch ungedruckten württembergischen Geschichtsquellen erstellt hatte. Aufgrund dieser Erstlingsarbeit über die Ansiedlungsgeschichte in Württembergisch Franken wurde er am 3. Juni 1893 von der philosophischen Fakultät der Universität Tübingen mit „cum laude“ zum Doktor promoviert. Diese Arbeit erschien in den Württembergischen Vierteljahresheften für Landesgeschichte von 1894. Vier Jahre später erschien dann noch seine geographisch weiter gelagerte Arbeit über die „Besiedlung des Alamannenlandes“. Die Besiedelungsgeschichte sollte sein wesentlichstes Forschungsthema bleiben, allerdings neben zahlreichen anderen Themen.
Eigentlich plante Weller nach seiner Promotion in den Schuldienst einzutreten. Allerdings war über die seit Ende 1891 arbeitende Württembergische Kommission für Landesgeschichte Fürst Hermann zu Langenburg auf Weller aufmerksam geworden. Er beauftragte Weller, eine älteste Geschichte des Hauses Hohenlohe zu verfassen. Diese sollte ganz auf dem reichen Urkundenbestand aufbauen, und demgemäß zwei Werke umfassen, nämlich ein Urkundenbuch und eine Geschichte der beiden frühen Jahrhunderte des Hauses. Es wurden jedoch schließlich drei Bände, die zwischen 1899 und 1912 erschienen. In Öhringen arbeitete er so rein wissenschaftlich als Haushistoriker des Hauses Hohenlohe hauptsächlich von Herbst 1893 bis zum Frühjahr 1902. 1899 übernahm er außerdem einen Auftrag als Dozent für württembergische Geschichte an der Technischen Hochschule in Stuttgart. Vom Frühjahr 1902 an arbeitete er bis 1908 als Oberpräzeptor an dem ihm schon von eigenen Schulzeiten vertrauten Öhringer Progymnasium. Allerdings musste er für den Abschluss seiner Hohenlohe-Forschungsarbeit noch ein Jahr vom dortigen Schuldienst beurlaubt werden (1906 – 1907). 1908 wurde er als Professor an das Karlsgymnasium in Stuttgart versetzt.
Bereits zu Beginn des Jahres 1897 wurde Weller in die Kommission für geschichtliche Landeskunde als Vertreter des Fränkischen Vereins berufen. Allmählich schwang er sich zu ihrem führenden Mitglied hinauf. Unter anderem hat er zusammen mit Viktor Ernst von 1913 bis 1921 den Württembergischen Nekrolog herausgegeben. Und 1930 übernahm er als Nachfolger Ernsts die Geschäftsführung der Kommission, der aus gesundheitlichen Gründen immer weniger in der Lage dazu war. Damit war auch die Schriftleitung der Zeitschrift Württembergische Vierteljahreshefte für Landeskunde verbunden. Das erste Heft unter seiner Leitung enthielt einen programmatischen Aufsatz aus seiner Feder. Ohne Landesgeschichte ließe sich eine deutsche Geschichte nicht schreiben, sie sei die Grundlage. Sein Amt als Vorsitzender behielt er bis 1936 bei und empfahl dann Archivdirektor Dr. Hermann Haering als Nachfolger. Die Zeitschrift, der er ab 1937 den Namen Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte gab, leitete er jedoch weiter. Er verblieb auch im neu gebildeten, siebenköpfigen Vorstand der Kommission. Auch im Württembergischen Geschichts- und Altertumsverein hatte er von 1922 bis 1930 den Vorsitz inne und hielt dort oftmals Vorträge. Im Historischen Verein für Württembergisch Franken war er tätiges Mitglied und lange Schriftleiter der Vereinszeitschrift.
Im Jahr 1929 hatte er einen schweren Straßenbahnunfall und es zeigte sich eine beginnende Arthritis. Wegen dieser Erkrankung trat Weller im Jahr 1931 in den Ruhestand und war ab da vom Schuldienst am Stuttgarter Karlsgymnasium entbunden. Aufgrund seines Willens und der ärztlichen Kunst blieb er schaffensfähig. Diesen so gewonnenen Freiraum nutzte er, um umso mehr Zeit für die Forschung zu verwenden. Davon zeugen zum Beispiel seine „Besiedlungsgeschichte Württembergs vom 3. bis 13. Jahrhundert“, die „Württembergische Kirchengeschichte bis zum Ende der Stauferzeit (1250)“, seine Herausgabe der „Württembergischen Vergangenheit“, und schließlich sein letztes, kurz nach seinem Tod erschienenes Werk „Geschichte des schwäbischen Stammes bis zum Untergang der Staufer“. Zum damaligen Zeitpunkt war er unbestreitbar der bedeutendste landesgeschichtliche Forscher Württembergs. Zur Geschichte der Besiedelung Württembergs, zu verschiedenen Themengebieten der mittelalterlichen Geschichte auf dem Gebiet des späteren Landes, und auch zur frühen Kirchengeschichte, zur Geschichte der Verkehrswege in Württemberg, aber auch zur Lokalgeschichte, wie etwa über die Stadt Schwäbisch Hall, oder zur Regionalgeschichte, wie etwa zu Hohenlohe, legte er beachtete Arbeiten vor. Für den Schulunterricht schrieb er ein mehrteiliges Lehrbuch für den Geschichtsunterricht an den höheren Lehranstalten. Die Allgemeine Deutsche Biographie verdankt ihm einige biographische Artikel. Etwas aus dem Rahmen fällt sein Buch „Die Staatsumwälzung in Württemberg 1918 – 1920“, da es ein damals noch recht aktuelles, für ihn als konservativ ausgerichteten Württemberger eher schmerzliches Ereignis historisch beschreibt. Dass Weller die mittelalterliche Kirche und ihre Institutionen in seiner württembergischen Kirchengeschichte ganz vorurteilsfrei beschreiben konnte, sah Max Miller in seinem Nachruf auf den Landeshistoriker als Ausweis dafür an, dass Weller sich trotz der altwürttembergischen Enge der Verhältnisse und des Wesens, in denen er aufgewachsen war, doch zu einer weiteren Sicht und zu Toleranz gegenüber anderem aufgeschwungen hatte. Die historische Forschung war für ihn nicht Selbstzweck, sondern er wollte damit, wie er im Vorwort dieser seiner Württembergischen Kirchengeschichte schrieb, „die Einsicht in die Aufgaben der Gegenwart wie der näheren und ferneren Zukunft fördern“ und zur Unterscheidung des Zeitbedingten und des Beständigen beitragen.
Auch an kulturgeschichtliche Themen wagte er sich erfolgreich heran. Den Anstoß zu seinem Werk „Württemberg in der deutschen Geschichte“ erhielt er anlässlich eines halbjährigen Aufenthalts in München im Jahr 1898, wo sich ihm der Vergleich der schwäbischen mit der Münchner Kultur aufdrängte.
Für seine Studien über Weinsberg und die dortige Burg Weibertreu ernannte ihn die Stadt im Jahr 1903 zum Ehrenbürger. Ein seltsames Schicksal führt dazu, dass seine schwer kranke Witwe, als sie gegen Kriegsende Stuttgart wegen der Luftangriffe verließ, ihren Aufenthalt ausgerechnet im Justinus-Kerner-Haus in Weinsberg nehmen sollte. 1932 wurde er zum Ehrenmitglied des Württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins ernannt, den er davor geleitet hatte. In Weinsberg und in Stuttgart-Rohr wurden Straßen nach Weller benannt.
Sein Sohn Arnold führte seine Schrift über die württembergische Geschichte, die bereits 1901 erschienen war, weiter fort und ergänzte sie, so dass dieses Buch, später als „Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum“, bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder neue Auflagen erlebte.
Weller verstarb 77-jährig am Heiligabend des Jahres 1943. Am 28. Dezember fand er seine letzte Ruhestätte auf dem Fangelsbachfriedhof in Stuttgart.
Quellen: HStAS J 2, NL Karl Weller.
Werke: (Auswahl) Die Ansiedlungsgeschichte des württembergischen Frankens rechts vom Neckar, in: WVjhLG (1894), 1-93; Hohenlohisches Urkundenbuch, Bde. 1-3, 1899-1912; Württemberg in der deutschen Geschichte, 1900; Geschichte des Hauses Hohenlohe, 1903-1908; Aus Neuensteins Vergangenheit, 1908; Württembergische Geschichte, 1909 (seit 1971 unter dem Titel: Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum), überarbeitet und ergänzt von Arnold Weller; Lehrbuch der Geschichte für die höheren Lehranstalten, 1922 ff.; Die Staatsumwälzung in Württemberg 1918-1920, 1930; Die staufische Städtegründung in Schwaben, 1931; Württembergische Kirchengeschichte bis zum Ende der Stauferzeit, 1936; Besiedlungsgeschichte Württembergs vom 3. bis 13. Jahrhundert nach Christus, 1938; Geschichte des schwäbischen Stammes bis zum Untergang der Staufer, 1944.
Nachweis: Bildnachweise: Goeßler (siehe Literatur); Haering 1967 (siehe Literatur); ZWLG 21 (1962).

Literatur: Hermann Haering, Landesgeschichte als Reichsgeschichte. Karl Weller zum 70. Geburtstag, in: Historische Zeitschrift 155 (1936), 542-561; Peter Goeßler, Prof. Karl Weller und die Frankenforschung, in: Württembergisch Franken 22/23 (1947/1948), 5-23; Max Miller, Karl Weller, in: ZWLG 9 (1949/1950), 291-297; Hermann Haering, Karl Weller, in: Württembergisch Franken 51 (1967), 3-13; Unsere Ehrenbürger aus neuerer Zeit, in: Jahrbuch für die Stadt Weinsberg 2009, 24-26.
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