Eberhard, Fritz 

Andere Namensformen:
  • eigentlich: Rauschenplat, Adolf Arthur Egon Hellmuth Freiherr von
Geburtsdatum/-ort: 02.10.1896; Dresden
Sterbedatum/-ort: 29.03.1982; Berlin
Beruf/Funktion:
  • Journalist, Emigrant, MdL (Württ.-Baden)-SPD, Staatssekretär, Rundfunkintendant, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1905–14 Gymnasium Hohenbaden in Baden-Baden
1914/15 Zwei Semester Jurastudium in Frankfurt am M.
1915–18 Kriegsdienst, zuletzt Unteroffizier
1918–20 Studium d. Staatswissenschaft u. Nationalökonomie in Heidelberg u. Tübingen mit Abschluss Dr. sc. pol. „summa cum laude“ bei Robert Wilbrandt: „Über den Luxus“
1920/21 städtischer Angestellter in Dresden
1921–24 Kaufmännischer Leiter d. Gold- u. Silberscheideanstalt Dr. Walter& Schmitt KG in Schwäbisch Gmünd
1921 Mitglied des Internationalen Jugendbundes, IJB
1923–1931 Lehrer für Volkswirtschaft u. öffentl. Recht am IJB-ISK, Internationaler Sozialistischer Kampf-Bund, Landerziehungsheim Walkemühle bei Melsungen
1926 Mitglied des aus dem IJB hervorgegangenen ISK
1932/33 Redakteur d. ISK-Tageszeitung Der Funke
1933–1937 NS-Haftbefehl, Illegalität, erster Gebrauch des Namens Fritz Eberhard
1937 XI Flucht über Zürich u. Paris nach London
1939/40 Mitwirkung an dt. Sendungen d. BBC
1945 V Rückkehr nach Deutschland
1945 X Gründungsmitglied d. Stuttgarter SPD
1946–1949 MdL (Württemberg-Baden)-SPD
1947–1949 Staatssekretär für die mit d. Ausarbeitung eines Friedensvertrages zusammenhängenden Fragen im Staatsministerium von Württemberg-Baden
1948/49 Mitglied des Parlamentarischen Rates in Bonn
1949–1958 Intendant des Süddeutschen Rundfunks
1961–1968 kommissarischer Leiter des Instituts für Publizistik an d. Freien Universität Berlin
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.-luth., seit 1922 konfessionslos
Verheiratet: I. 1921 (Schwäbisch Gmünd) Marta, geb. Walter (1893–1975), gesch. 1925;
II. 1947 (Stuttgart) Elisabetha Johanna, geb. Schaaf, gesch. Küstermeier (1903–1977)
Eltern: Vater: Curt Paul Adolf (1852–1908), Landwirt, Rentier
Mutter: Therese Marie Alice, geb. von Bose (1867–1942)
Geschwister: Erna Alice (1898–1970)
Kinder: keine
GND-ID: GND/118528548

Biografie: Konrad Dussel (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 77-81

Schon die Namensfrage gibt einen Eindruck davon, wie schillernd und voller unvorhersehbarer Wendungen dieses Leben war: Als Freiherr geboren distanzierte sich der junge Adlige im Einsatz für einen elitären Sozialismus schnell von seinem Adelstitel. Der übrige Name wurde wenige Jahre später im Kampf gegen den Nationalsozialismus aufgegeben. Fritz Eberhard war seit 1933 nur Tarnung, seit 1947 dann offizieller Name einer neuen Existenz, die zu hohen politischen und journalistischen Ämtern führte, 1958 einen tiefen Bruch erlebte, jedoch 1961 noch einmal einen ganz neuen Weg einschlagen konnte.
Zwei Semester Jura hatte Eberhard 1914/15 in Frankfurt studieren können, als ihn nach dem Wechsel nach Heidelberg die Einberufung zum Kriegsdienst erreichte. Er zeichnete sich aus, wurde Gefreiter und Unteroffizier und erhielt das Eiserne Kreuz. Nach Kriegsende immatrikulierte er sich für wenige Wochen wieder in Heidelberg, wechselte dann aber nach Tübingen, wo er bereits im Juni 1920 vom Nationalökonomen Robert Wilbrandt (1875–1945) mit seiner kapitalismuskritischen Dissertation „summa cum laude“ promoviert wurde.
Schon während des Studiums hatte er den Philosophen Leonard Nelson (1882–1927) und dessen ganz auf diesen als autokratischen Führer ausgerichteten Internationalen Jugend-Bund kennengelernt. Nelsons Zusammenschluss war antidemokratisch und esoterisch, aber auch antiklerikal und nicht nationalistisch. Zeitweise wurde die Nähe zur SPD gesucht, aber im November 1925 erfolgte eine scharfe Abgrenzung von Seiten der SPD. Danach rief Nelson als unmittelbare Nachfolge-Organisation den Internationalen Sozialistischen Kampf-Bund, ISK, ins Leben. Schon 1920/21 war Eberhard dem ISK beigetreten. Gleichzeitig begann er zunächst ein bürgerliches Leben. Er heiratete und wurde kaufmännischer Leiter in der Gold- und Silberscheideanstalt seines Schwiegervaters in Schwäbisch Gmünd. Eine Wende trat ein, als er 1923 als Lehrer für Volkswirtschaft und Öffentliches Recht am von Nelson gegründeten Landerziehungsheim Walkemühle im hessischen Melsungen zu arbeiten begann und seine Position in Schwäbisch Gmünd aufgab. Seit Ende 1924 gingen die Eheleute getrennte Wege, Ende 1925 wurden sie geschieden.
Als Nationalökonom entwickelte sich Eberhard zum Wirtschaftstheoretiker des ISK. Seine Plattform war vor allem die Monatsschrift ISK – Mitteilungsblatt des Internationalen Sozialistischen Kampf-Bundes. Von Anfang 1926 bis Anfang 1933 veröffentlichte er darin mindestens 18 Beiträge. Ende 1931 wurde die Walkemühle aufgegeben und ihre Lehrer zogen nach Berlin, wo sie seit Anfang 1932 ein neues Blatt, Der Funke. Tageszeitung für Recht, Freiheit und Kultur, mit Willi Eichler (1896–1971) als Herausgeber und Chefredakteur herausbrachten. Eberhard fungierte dort als hauptberuflicher Leiter der Wirtschaftsredaktion.
Die mit der NS-„Machtergreifung“ verbundenen Gefahren wurden vom ISK richtig eingeschätzt und systematisch die Arbeit in der Illegalität vorbereitet. So war es Eberhard möglich, sich der nach dem Verbot des Funken drohenden Verhaftung durch die Geheime Staatspolizei zu entziehen. Von 1933 bis 1937 wohnte er ohne polizeiliche Meldung bei einem jüdischen Schneider in Berlin-Lichterfelde, der ebenfalls im ISK tätig war. Von nun an trug er das Pseudonym Fritz Eberhard und begann als Reichsleiter des ISK ein komplexes Netz von geheimen ISK-Gruppen im Reich aufzubauen. Gleichzeitig hielt er mit häufigen Auslandsreisen Kontakt zur ISK-Auslandsorganisation unter der Leitung von Willi Eichler und veröffentlichte illegale Schriften gegen den Nationalsozialismus.
Wie Eberhard mit dem Stuttgarter Verleger und Publizisten Erich Schairer in Verbindung kam, ist unbekannt, ebenso wie es beiden gelang, dass der polizeilich gesuchte Eberhard unter dem Pseudonym „Fritz Werkmann“ bis zum 27. Dezember 1936 insgesamt 171 wirtschaftspolitische Leitartikel in Schairers Sonntags-Zeitung veröffentlichen konnte. Gleichzeitig publizierte Eberhard unter dem Pseudonym „Fritz Kempf“ zwischen 1934 und 1939 Artikel in dem bis 1940 bestehenden Pariser Emigranten-Organ Sozialistische Warte, mit dem Willi Eichler die bisherige ISK-Monatsschrift fortzusetzen suchte.
Als es der Gestapo 1937 gelang, in die ISK-Untergrundorganisation einzudringen, musste Eberhard über Zürich und Paris nach London fliehen. In London erfolgte die Trennung Eberhards vom Exil-ISK, weil dieser Pläne für direkte Aktionen im Reich ablehnte. Eberhard war schon zuvor mit seinen Vorbereitungen zu einem Attentat auf Hitler bei seinen Genossen auf Widerspruch gestoßen. Wie Eberhard distanzierte sich aber auch der ISK zunehmend vom Bolschewismus und bekannte sich zum Ideal der parlamentarischen Demokratie.
1939/40 wirkte Eberhard an deutschen Sendungen der BBC mit, danach beteiligte er sich am Programm des von der britischen Regierung finanzierten, aber weitgehend unabhängig mit deutschen Emigranten wie Richard Löwenthal (1908–1991) und Waldemar von Knoeringen (1906–1971) arbeitenden „Senders der Europäischen Revolution“. Nach dessen Einstellung im Frühjahr 1942 trat für Eberhard wieder die Pressetätigkeit in den Vordergrund. Nachdem er bereits Ende 1939 gemeinsam mit Hilda Monte (1914–1945) die Broschüre „How to Conquer Hitler“ veröffentlicht hatte, entwickelten die beiden ihre Gedanken zu einem neuen, sozialistischen Deutschland in der 1942 veröffentlichten kleinen Schrift „Help Germany to Revolt“ weiter. Obwohl anonym erschienen, sprechen etliche Indizien dafür, dass die beiden auch zu den Autoren von „The Next Germany“ gehörten, einem umfangreicheren Buch, das 1943 zuerst in London, dann auch in den USA gedruckt wurde. 1944/45 arbeitete Eberhard an Dietrich Mendes (1899–1990) Die Zeitung. Londoner deutsches Wochenblatt mit und war für die Seite „Wege zum neuen Deutschland“ zuständig.
Schon Anfang Mai 1945 konnte Eberhard wieder nach Deutschland zurückkehren. Dieser frühe Zeitpunkt wurde durch die Zusammenarbeit zwischen sozialistischen und kommunistischen Emigranten in London mit dem amerikanischen Geheimdienst Office of Strategic Services, OSS, ermöglicht. Der OSS platzierte Eberhard in Stuttgart, möglicherweise, weil er einige Jahre in der Gegend gelebt hatte. Eberhard verfasste ein paar politische Analysen für den OSS, unter anderem auch über die Programme des neu entstandenen Radio Stuttgart. Außerdem schrieb er etliche Radio-Kommentare. Zu einer festen Anstellung bei dem amerikanischen Militärsender kam es jedoch nicht.
Eberhard hatte aus seiner politischen Vergangenheit gelernt. Der demokratische Aufbau sollte über große Volksparteien erfolgen, nicht durch kleine, elitäre Splittergruppen. Eberhard gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Stuttgarter SPD und profilierte sich derart schnell, dass er bei der ersten Wahl zum württembergisch-badischen Landtag am 24.November 1946 ein Mandat erhielt. Im Januar 1947 ernannte ihn Ministerpräsident Reinhold Maier zum Staatsekretär für die mit der Ausarbeitung eines Friedensvertrages zusammenhängenden Fragen im Staatsministerium. Wenige Wochen später kam noch ein entsprechendes Amt auf der Ebene der vier Länder der amerikanischen Besatzungszonen hinzu: Eberhard wurde zum Leiter des Deutschen Büros für Friedensfragen ernannt.
Als sich im September 1948 der Parlamentarische Rat in Bonn konstituierte, war Eberhard als Vertreter der SPD dabei. Der Einzug in den Bundestag blieb ihm bei der Wahl am 14.August 1949 jedoch verwehrt. Und nach der Auflösung des Deutschen Büros für Friedensfragen durch die neue Adenauer-Regierung fiel auch dieses Betätigungsfeld weg. Eberhard musste sich wieder neu orientieren. Wenige Tage später wurde er eher zufällig Rundfunk-Intendant.
Bei der Besetzung dieses Amtes von Radio Stuttgart hatten die Amerikaner keine glückliche Hand bewiesen. Als der Sender 1949 offiziell in deutsche Verantwortung übergeben wurde, war klar, dass Amtsinhaber Erich Rossmann keine Chance auf eine Wahl durch das nun zuständige deutsche Gremium hatte. Bei der entscheidenden Sitzung am 8.August 1949 erhielt er nur eine von 28 Stimmen. Orientiert an einem traditionellen, recht staatsnahen Rundfunkverständnis war stattdessen der Präsident der Stuttgarter Oberpostdirektion gewählt worden. Als der jedoch um seine Pensionsansprüche bangend nur für ein halbes Jahr zur Verfügung stehen wollte, erfolgte ein Stimmungsumschwung im Rundfunkrat des neuen Süddeutschen Rundfunks, SDR. Am 25. August wurde Eberhard ohne Gegenstimme zum ersten Intendanten gewählt. Wenige Tage später legte er sein Landtagsmandat nieder und trat als Staatssekretär zurück.
Von Anfang an verlief die Zusammenarbeit zwischen dem neuen Intendanten und seinem ihn kontrollierenden, aber auch für die Wiederwahl zuständigen Rundfunkrat nicht konfliktfrei. Trotzdem bildete die Verlängerung seines Mandats am 28. April 1952 kein Problem. Eberhards Amtszeit wurde mit 27:1 Stimmen verlängert. Allerdings beschränkte man sich auf das Minimum von zwei Jahren Amtsdauer. Als im Frühjahr 1954 erneut gewählt wurde, war der Rundfunkrat parteipolitisch völlig polarisiert. SPD-Mitglied Eberhard hatte nicht nur Bundeskanzler Adenauer bei verschiedenen Gelegenheiten verärgert, auch in Stuttgart sah er sich einer geschlossenen Opposition gegenüber. Die hatte jedoch ein großes Problem: Sie konnte keine mehrheitsfähige Alternative ins Rennen schicken. Der Stuttgarter Alt-Intendant Alfred Bofinger (1891–1959), der den Sender seit 1924 geführt hatte und als einziger der Weimarer Rundfunk-Intendanten von den Nationalsozialisten bis 1945 im Amt belassen worden war, erschien nicht nur Sozialdemokraten ausgeschlossen. Bei der entscheidenden Abstimmung unterlag er Eberhard auf den ersten Blick recht klar mit 12:18 Stimmen bei drei Enthaltungen. Tatsächlich hatte Eberhard die nötige absolute Mehrheit aber nur mit einer Stimme übertroffen.
Das beherrschende Rundfunk-Thema in den nächsten vier Jahren war auch in Stuttgart der Auf- und Ausbau des Fernsehens. Über seine öffentlich- rechtliche Grundstruktur und die Abwehr der Staatsfernseh-Pläne Konrad Adenauers waren sich die Intendanten der damaligen ARD-Anstalten weitestgehend einig. Dissens gab es in der Frage kommerzieller Werbung. Eberhard gehörte zu den entschiedenen Gegnern von Werbefernsehen, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Seit 1956 wurde in der ARD unter rigiden Begrenzungen nach und nach Werbefernsehen eingeführt.
Zum Gemeinschaftsprogramm des ARD-Fernsehens hatte der kleine Stuttgarter Sender gerade einmal neun Prozent beizutragen. Für Eberhard als zutiefst politischen Menschen war klar, dass seine Anstalt nach Möglichkeit zur politischen Bildung der Zuschauer beitragen sollte. Zu einem Markenzeichen des SDR-Fernsehens wurde seit 1956 seine Dokumentarabteilung und besonders ihre zeitkritische Reihe „Zeichen der Zeit“. Besonderes öffentliches Aufsehen erregte am 16. Oktober 1956: „Genauer betrachtet – Die Bundeswehr“. Noch höhere Wellen schlug am 22. Februar 1958 nur die Hörspiel-Verfilmung „Besuch aus der Zone“ von Dieter Meichsner (1928–2010), der die deutsch-deutsche Problematik ungewohnt differenziert darstellte.
Mit derartigen Sendungen machte sich der Stuttgarter Intendant nicht nur Feinde; er fand auch eine Menge Unterstützung, wie sich in den Protokollen des für seine Wahl zuständigen Rundfunkrats und dessen Ausschüssen nachlesen lässt. Allerdings besaß Eberhard wenig taktisches Geschick. Auch Anhänger musste es verdrießen, dass er sich 1956/57 nachdrücklich für die freigewordene SFB-Intendanz interessierte und dabei nicht zurückschreckte, den SPD-Kandidaten bei der CDU-Opposition anzuschwärzen. Der fälligen Neuwahl in Stuttgart am 27. Juni 1958 stellte er sich zudem geradezu unbekümmert. Er verzichtete auf eine Wahlrede, weil ja seine Arbeit für ihn spräche und bat nur um Fragen. Anders als 1954 hatte er es nun allerdings mit einem Herausforderer zu tun, der sich optimal vorbereitet hatte: Hans Bausch, erfahrener Journalist und CDU-Landtagsabgeordneter. Trotzdem waren drei Wahlgänge nötig, bis die entscheidende absolute Mehrheit mit 18:15 Stimmen für Hans Bausch zustande kam, der dann bis zu seinem Ruhestand 1989 amtierte.
Nach der Niederlage bei der Intendanten-Wahl stand der knapp 62-jährige Eberhard ökonomisch gesehen nicht gerade vor dem Nichts; dem hatten seine Intendanten-Verträge vorgebeugt. Allerdings musste er sich neu orientieren, denn ein Rückzug aufs Altenteil schien ihm ausgeschlossen. Auf Einladung von Elisabeth Noelle-Neumann (1916–2010) begann er, seine Erfahrungen, die er als Intendant mit ihren Meinungsforschungsergebnissen gemacht hatte, in einem Buch zu verarbeiten. Das sprach sich herum und ebnete ihm einen ganz neuen Weg: den Weg eines Wissenschaftsorganisators.
An der Freien Universität Berlin war die Leitung des Instituts für Publizistik nach dem Ausscheiden des jahrzehntelangen Ordinarius Emil Dovifat (1890–1969) neu zu besetzen. Eine form- und regelgerechte Lösung konnte nicht gefunden werden. Man einigte sich deshalb auf einen Kompromiss. Wenn auch ohne besondere Qualifikation als Wissenschaftler traute man Eberhard doch zu, das Institut für eine Übergangszeit angemessen zu leiten und einen geeigneten Nachfolger zu finden. Eberhard nahm an und begann seine neue Tätigkeit als Honorarprofessor – nicht als Ordinarius, was ihm verweigert worden war – mitten im Wintersemester 1960/61. Zum eigenen wissenschaftlichen Arbeiten blieb ihm auch danach keine Zeit. Seine unbestrittene Leistung bestand aber darin, das zuvor völlig traditionell-geisteswissenschaftlich orientierte Fach für moderne sozialwissenschaftliche Fragen und Methoden zu öffnen: durch eigene Lehrveranstaltungen, noch mehr durch Einbindung von Gastdozenten und Lehrbeauftragten. Außerdem gelang ihm, wenn auch erst nach mehreren Anläufen, was von Anfang an von ihm erwartet worden war: die Wegbereitung für einen Nachfolger. 1968 übernahm der bisherige Chefredakteur von Radio Bremen, Harry Pross (1923–2010), den Lehrstuhl. Eberhard konnte sich zurückziehen. Er blieb dem Institut jedoch bis zu seinem Tod als lehrender Honorarprofessor erhalten. Für die Unruhe einer fundamentaldemokratisch bewegten Studentenschaft hegte er tiefe Sympathie und mit über 80 Jahren nahm er 1981 symbolisch an einer Hausbesetzung in Berlin-Kreuzberg teil.
Quellen: Biogr. Daten in d. Datensammlung von Stefan Graf Finck von Finckenstein, in: Bernd Sösemann, 2001, 73–82, mit detaillierten Belegen (vgl. Literatur); zur Biographie die Untersuchungen ebd. (vgl. Literatur).
Werke: Werkverzeichnis in: Bernd Sösemann (Hg.), 2001, 487-498 mit unvollst. Angaben zu seinen Hörfunksendungen 1945/46 auf 238. Eine breite Auswahl von ansonsten schwer zugänglichen Texten ebd. 283ff. (vgl. Literatur). – Über den Luxus. Ein Beitrag zur sozialökonomischen Theorie d. produktiven Konsumation. Diss. sc. pol. Tübingen 1920 (Typoskript); Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Ein sozialistisches Programm zur Beseitigung d. Wirtschaftskrise, 1932, auch in: Sösemann, 2001, 301-330 (vgl. Literatur); Strategy on the Economic Front, 1938; How to Conquer Hitler, 1940; Help Germany to Revolt, 1942, Nachdr 1972, The next Germany, 1943; Vocational Training in Germany, 1945; Der Rundfunkhörer u. sein Programm. Ein Beitrag zur empirischen Sozialforschung, 1962; Arbeit gegen das Dritte Reich, 1979, 3. Aufl. 1981. – Hunderte von journalist. Beiträgen: unter dem Namen Hellmuth Rauschenplat 19 in: ISK. Mitteilungsbl. des Internationalen Sozialistischen Kampf-Bundes, 1926–1933; 152 unter dem gleichen Namen oder entspr. Kürzeln in: Der Funke. Tagesztg. für Recht; Freiheit u. Kultur, 1932/33; 169 unter dem Pseudonym Fritz Werkmann in: Die Sonntags-Ztg. 1933–1936; 43 größere Beiträge in: Sozialistische Warte, 1934–1939; einige weitere in versch. Organen nach 1945, vgl. die Bibliographie in: Sösemann, 2001, 487-498 unter Literatur.
Nachweis: Bildnachweise: Foto(2001) in Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), S. 76, Sösemann – Abb. 7, 14, 15 (vgl. Literatur).

Literatur: Auswahl: Werner Link, Die Geschichte des Internationalen Jugend-Bundes u. des Internationalen Sozialistischen Kampf- Bundes. Ein Beitrag zur Geschichte d. Arbeiterbewegung in d. Weimarer Republik u. im Dritten Reich, 1964; Irene Stuiber, Neuanfang in Deutschland. Fritz Eberhard in Stuttgart 1945–1946, in: Claus-Dieter Krohn/Patrik von zur Mühlen (Hgg.), Rückkehr u. Aufbau nach 1945. Deutsche Remigranten im öffentl. Leben Nachkriegsdeutschlands, 1997, 289-303; Bernd Sösemann, Informationen aus dem Untergrund. Fritz Eberhards publizist. Beiträge in Sozialistische Warte u. Die Sonntags-Zeitung während d. NS-Diktatur, in: Markus Behmer (Hg.), Deutsche Publizistik im Exil 1933–1945, 2000, 245-260; Konrad Dussel, Fritz Eberhard – vom ISK-Funktionär zum Rundfunkintendanten, in: Claus-Dieter Krohn (Hg.), Zwischen den Stühlen. Remigranten u. Remigration in d. dt. Medienöffentlichkeit, 2002, 343-365.
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