Elser, Georg Johann 

Geburtsdatum/-ort: 04.01.1903;  Hermaringen
Sterbedatum/-ort: 09.04.1945; KZ Dachau
Beruf/Funktion:
  • Schreiner, Widerstandskämpfer
Kurzbiografie: 1904 Übersiedlung der Familie nach Königsbronn (Kreis Heidenheim)
1910–1917 Volksschule in Königsbronn
1919–1922 Schreinerlehre, Gesellenprüfung als Jahrgangsbester
1925 Aufbruch zur Wanderschaft, Niederlassung in Konstanz
1932 Rückkehr nach Königsbronn
1936–1939 Arbeit in Armaturen- und Rüstungsfabrik Waldenmaier in Heidenheim
1938 Erkundung bei NS-Gedenkfeier in München, Entschluss zum Attentat auf Hitler
im Frühjahr 1939: Arbeit im Königsbronner Steinbruch, beschafft sich dort Sprengmaterial
im August 1939: Übersiedlung nach München, bis 4. November Einbau der Zeitzünderbombe im Saal des „Bürgerbräukellers“
8.11.1939 um 20.45 Uhr Festnahme Elsers an der Schweizer Grenze in Konstanz, um 21.20 Explosion der Bombe in München: 8 Tote, 63 Verletzte
13./14.11.1939 Geständnis vor der Sonderkommission der Polizei in München
19.–23.11.1939 Vernehmung durch die Gestapo in Berlin, danach „Sonderhäftling“ im KZ Sachsenhausen
Ende 1944 KZ Dachau
9.4.1945 Ermordung in Dachau
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Ehrungen: Briefmarke der Deutschen Post (2003)
Eltern: Vater: Ludwig Friedrich Elser (1872–1942), Landwirt, Holzhändler
Mutter: Anna Maria, geb. Müller (1879–1960)
Geschwister: 5: Friederike; Marie; Ludwig (gestorben mit 6 Jahren); Anna Walpurga; Leonhard
Kinder: Manfred Bühl, unehelich (1930–1997)
GND-ID: GND/118530046

Biografie: Ulrich Renz (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 50-52

Der Schreiner Elser kam dem Ziel, Adolf Hitler umzubringen, so nahe wie Jahre später nur noch Graf Stauffenberg. Erst spät setzte seine Rehabilitierung ein.
Elser stammte aus einfachen Verhältnissen auf der Schwäbischen Ostalb. Er war hochintelligent, von starkem Gerechtigkeitssinn geprägt und technisch ein Perfektionist. Er wuchs in der Gemeinde Königsbronn im Kreis Heidenheim auf, dem ältesten Industriestandort Deutschlands. Sein Vater, der dem Alkohol zuneigte, hatte eine kleine Landwirtschaft, betätigte sich selbst mit mäßigem Erfolg als Holzhändler. Die religiöse Mutter und die Kinder kümmerten sich um den bäuerlichen Betrieb.
Nach dem Besuch der Volksschule und einer abgebrochenen Lehre in den Schwäbischen Hüttenwerken wurde Elser Schreiner und fand damit seine Berufung. Während der Schul- und Lehrzeit hatte er auch im abgelegenen Königsbronn erlebt, dass Krieg Geldzerstörung, Hunger und millionenfachen Tod brachte. 1925 begab er sich auf die Wanderschaft, zog in Richtung Bodensee und ließ sich schließlich in Konstanz nieder. Dort erwachte im Kreise von Kollegen und Freunden sein politisches Bewusstsein. Auch hatte er seine ersten Liebeserlebnisse. Er musizierte, wie zuvor schon in Königsbronn, in Vereinen. Der Handwerker, der nicht rauchte und kaum trank, galt als gesellig, war beliebt bei Frauen. 1930 wurde in Konstanz sein unehelicher Sohn Manfred geboren, der später den Namen des Stiefvaters Bühl trug, und der 1997 starb.
Elser war am Bodensee bei verschiedenen Arbeitgebern tätig, unter anderem fertigte er Uhrengehäuse, und wurde wiederholt arbeitslos. Eine Zeitlang arbeitete er in einer Schreinerei in Bottighofen am schweizerischen Bodenseeufer. Nach dem Attentat in München ermittelte die schweizerische Polizei auf Ersuchen der deutschen Behörden auch in diesem Ort und meldete nach Berlin, Elser werde vom Sohn des ehemaligen Arbeitgebers als arbeitsam, ruhig und solide geschildert. Ferner hieß es: „Als sonderbar ist aufgefallen, dass Elser an Nachmittagen öfters seine Arbeitsstelle verlassen hat, um baden zu gehen. Die versäumte Zeit hat er jeweils abends wieder reichlich nachgeholt.“
Elser wählte kommunistisch, ohne Mitglied der Partei zu sein. Allerdings trat er in Konstanz in den Roten Frontkämpferbund ein, eine Organisation der KPD, spielte aber keine aktive Rolle.
1932 kehrte Elser nach Königsbronn zurück. Seine Mutter bat ihn darum, weil der Vater immer mehr trank. Er half zuhause aus und arbeitete auf eigene Rechnung als Schreiner.
Nach und nach wurde auch für seine Umwelt deutlich, dass Elser dem NS-Regime mit tiefer Abneigung gegenüberstand. Er weigerte sich, die Hakenkreuzfahne zu grüßen, er verließ den Raum, wenn eine Rede Hitlers übertragen wurde. Seine Gegnerschaft wurde intensiver, nachdem er 1936 Arbeit in der Armaturenfabrik Waldenmaier in Heidenheim gefunden hatte, in der er bis 1939 blieb. Dort stieg er in die Versandabteilung auf und erhielt genauen Einblick in die Rüstungsabteilung, in der Pulverkörner gepresst und Geschosszünder hergestellt wurden.
In jener Zeit reifte in Elser der Gedanke eines Attentats auf Adolf Hitler. Er selbst datierte den Entschluss dazu auf das Jahr 1938 – und zwar in seiner Vernehmung durch die Gestapo nach seiner Festnahme. Das zusammenfassende Protokoll dieser fünftägigen intensiven Befragung in Berlin ist erhalten und gibt Aufschluss über die Gedanken und Motive von Elser, der selbst keinerlei Aufzeichnungen hinterlassen hat. Im Verhör rechnete er vor, dass sich die soziale Lage der Arbeiter seit der Machtübernahme spürbar verschlechtert habe, auch verwies er auf die Abschaffung von Grundrechten. Vor allem war er überzeugt, dass das Regime durch seine aggressive Aufrüstungs- und Außenpolitik („Heim ins Reich“) auf einen Krieg zusteuere. Da der Krieg schon im Gange war, als er seine Bombe zündete, sagte er: „Ich wollte ja auch durch meine Tat ein noch größeres Blutvergießen verhindern.“
Im November 1938 überzeugte sich Elser in München, dass die jährliche Feier der Nationalsozialisten, bei der sie am 9. November des Putschversuches von 1923 gedachten, der ideale Ort für das Attentat sei. Er verdingte sich nun im Steinbruch in Königsbronn und entwendete dort 105 Sprengpatronen und 125 Sprengkapseln. Bei Waldenmaier hatte er zuvor 250 Pressstückchen Pulver an sich genommen.
Im August übersiedelte Elser nach München und höhlte in über 30 Nächten die Säule hinter dem Rednerpult im großen Saal des „Bürgerbräukellers“ aus. Er hatte sich überzeugt, dass der Saal nicht bewacht wurde. Schließlich baute er in den Hohlraum die Zeitzünderbombe mit zwei Uhrwerken ein, die er in den Monaten davor entworfen hatte. Am 4. November stellte er die Zündung auf den 8. November ein. Er fuhr zu seiner Schwester Anna nach Stuttgart, deponierte dort seine spärliche Habe, kehrte zur Kontrolle noch einmal nach München zurück und machte sich dann mit Bahn und Schiff auf den Weg nach Konstanz, wo er über die Grenze in die Schweiz flüchten wollte. Doch unmittelbar am Grenzzaun fiel er einer Zollstreife auf und wurde festgenommen.
Die Festnahme erfolgte um 20.45 Uhr. Planmäßig um 21.20 Uhr explodierte die Bombe im „Bürgerbräukeller“. Acht Menschen, sieben Mitglieder der NSDAP und eine Kellnerin, wurden getötet, 63 Personen verletzt. Doch Hitler hatte 13 Minuten zuvor völlig überraschend den Saal verlassen. Er hatte es eilig, nach Berlin zurückzukehren, wo er Vorbereitungen für den Feldzug gegen Frankreich treffen wollte. Da Nebel herrschte, konnte er nicht fliegen, sondern musste den Sonderzug nehmen. Unterwegs in Nürnberg erfuhr er von der Tat und beschuldigte, zusammen mit Propagandaminister Joseph Goebbels, umgehend den englischen Geheimdienst als Urheber.
Elser legte am 13. November vor der in München ermittelnden Sonderkommission der Polizei ein Geständnis ab, wurde nach Berlin gebracht und vom 19. bis zum 23. November von drei Kommissaren der Gestapo eingehend vernommen. Er sprach dabei ausführlich über seine Beweggründe. Danach kam er als „Sonderhäftling“ ins Konzentrationslager Sachsenhausen, später ins KZ Dachau. Stets wurde er streng von anderen Häftlingen isoliert. In der Haft wurde Elser zum Kettenraucher, war zuletzt gesundheitlich ein Wrack. Es gilt als gesichert, dass ihn Hitler für einen Schauprozess nach dem „Endsieg“ bereit halten wollte. Als Elser angesichts des nahenden Zusammenbruchs seinen Wert für das Regime verlor, wurde er am 9. April 1945 in Dachau durch Genickschuss ermordet. Er wurde verbrannt, seine Asche zerstreut.
Nach dem Ende des Krieges wurde Elser entweder totgeschwiegen oder als Werkzeug ausländischer Mächte verleumdet, womit die NS-Propaganda unvermindert nachwirkte. Andererseits wurde er, nicht zuletzt von Pastor Martin Niemöller, als Handlanger der Nationalsozialisten denunziert. Erst nachdem um 1970 das Vernehmungsprotokoll der Gestapo veröffentlicht worden war, setzte sich allmählich die Wahrheit durch. Inzwischen gilt Elser als rehabilitiert, wird von Historikern sowie in Filmen und in der Literatur gewürdigt. In zahlreichen Orten wurden Straßen nach ihm benannt. In Königsbronn erinnert eine Gedenkstätte an ihn, die von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin konzipiert wurde.
Quellen: Vernehmungsprotokoll im BA, BArch R 3001/ 23100; StAL EL 48/4, EL 402/0 Bü 4472, EL 350 I Bü 5965 und Bü 1697; Institut für Zeitgeschichte München: ZS/L–17/1 bis ZS/A–17/11.
Nachweis: Bildnachweise: Fotos in der Georg-Elser-Gedenkstätte Königsbronn, der Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin, dem StAL.

Literatur: Anton Hoch/Lothar Gruchmann, Georg Elser – Der Attentäter aus dem Volke, 1980; Georg-Elser-Arbeitskreis Heidenheim, Georg Elser – Gegen Hitler, gegen den Krieg, 2003; Peter Steinbach/Johannes Tuchel, Georg Elser, 2008; Hellmut G. Haasis, Den Hitler jag‘ ich in die Luft, 2009; Helmut Ortner, Der einsame Attentäter, 2009; Ulrich Renz, Georg Elser – Allein gegen Hitler, 2014.
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