Hodeige, Fritz Max Klaus 

Geburtsdatum/-ort: 18.12.1920; Berlin
Sterbedatum/-ort: 26.08.2001;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Verleger
Kurzbiografie: 1945–1948 Studium d. Soziologie, Germanistik u. Philosophie in Marburg, 1949 Promotion zum Dr. phil. bei Professor Dr. Max Graf zu Solms-Rödelheim: „Über die Stellung von Dichter u. Buch in d. Gesellschaft“
1948–1954 Leiter d. Werbeabt. im Verlag Schwann, Düsseldorf, u. Hersteller d. „Bad. Illustrierte“ des Bad. Verlags, Freiburg
1955–1987 Eintritt in die Fa. „Rombach&Co. GmbH“, ab 1956 alleinvertretungsber. Geschäftsführer
1962 Gründung d. „Freiburger Universitätsblätter“
1963–1964 Vorsitzender des Verbandes d. Verleger u. Buchhändler in Baden-Württemberg
1969 X. 17 Grundsteinlegung für das neue Druckhaus an d. Basler Landstraße
1970 VII. 22 stellvertr. Aufsichtsrat im Bad. Verlag, später Aufsichtsrat u. Gesellschaftsvertreter
1970 Eröffnung d. Buchhandlg. Rombach
1972 I. 1 Übernahme d. Buchhandlung Albert sowie d. Albert Konzerte
1978 Eröffnung des Rombach-Centers
1997 Gründung d. „Eleonore u. Fritz Hodeige Stiftung“
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Ehrungen: Ehrensenator d. Univ. Freiburg (1970); Bundesverdienstkreuz I. Klasse (1980); Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg (1987); Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens d. Bundesrepublik Deutschland (1990).
Verheiratet: 1955 (Freiburg) Eleonore, geb. Rombach (geboren 1928), Tochter des Heinrich u. d. Paula Rombach
Eltern: Vater: Max Friedrich (Lebensjahre nicht zu ermitteln), Handelsunternehmer
Mutter: Elise Johanna, geb. Buizinga (Lebensjahre nicht zu ermitteln)
Geschwister: 2; Hans (Lebensjahre nicht zu ermitteln) u. Ilse (Lebensjahre nicht zu ermitteln)
Kinder: 3;
Andreas (geboren 1957), Geschäftsführer des Rombach-Verlags, d. Buchhandlung Rombach GmbH u. d. Rombach Druck- u. Verlagshaus GmbH&Co. KG, Freiburg,
Christian (geboren 1958), Dr. rer. pol., Herausgeber d. BZ, Freiburg,
Cornelia (geboren 1962)
GND-ID: GND/118551779

Biografie: Sabine Frigge (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 177-180

Hodeige eckte an, er sagte deutlich, was er wollte, formulierte gewagte Thesen und polarisierte gerne. Mit seiner Meinung hielt er selten hinter dem Berg, diskutierte leidenschaftlich. Seine Ideen, zumal die zur Führung eines mittelständischen Unternehmens, wurden kontrovers erörtert. Er war ein „unruhiger, anspruchsvoller, manchmal recht unbequemer Chef“, so beschrieb ihn seine Schwiegermutter Paula Rombach (Die Lupe, Sonderausg., 1980, o. S.). Manchem mochte er schillernd anmuten mit einer nicht leicht zu berechnenden Sprunghaftigkeit. Letztlich aber gab ihm die Geschichte weitgehend recht: Als Geschäftsführer der „Rombach&Co. GmbH“, als Verleger wie als Gründer einer der ersten Großbuchhandlungen Deutschlands war ihm Erfolg beschieden, nicht anders als Anteilseigner, der die Entwicklung des Betriebs mitbestimmte, besonders was die Herstellung der „Badischen Zeitung“ betraf.
Nach Freiburg brachte den gebürtigen Berliner die Liebe: In Düsseldorf, Hodeige war dort Leiter der Werbeabteilung des Schwann Verlages, lernte er Eleonore Rombach kennen, die Tochter des Verlegers Heinrich Rombach. Sie heirateten und Hodeige trat in das Unternehmen des Schwiegervaters ein. Bereits nach einem Jahr wurde er alleiniger Geschäftsführer der Verlagsgesellschaft und Buchdruckerei „Rombach&Co. GmbH“, die auch Mitgesellschafter der „Badischen Verlags GmbH“ war und die „Badische Zeitung“ herstellte.
Hodeige stand damit vor großen Aufgaben, denn für den „Badischen Verlag“ musste bald eine neue Produktionsstätte gefunden werden. Hodeige entschied sich für ein Gelände am äußeren Stadtrand, gegen Bedenken Heinrich Rombachs. Dennoch, bereits ab Mai 1961 wurde die „Badische Zeitung“ in den neuen Gebäuden produziert. Um das ganze Unternehmen an einem Ort zusammenzuführen, folgte ein zweiter Bauabschnitt. Die offizielle Einweihung des Druck- und Verlagshauses Rombach&Co., wie das Unternehmen jetzt hieß, fand am 20. Januar 1971 statt.
Unternehmerische Risikobereitschaft bewies Hodeige auch in technischer Hinsicht, vor allem bei der Einführung neuer Druck- und Satztechniken bei Rombach und im Badischen Verlag, in dem er Gesellschaftsvertreter und Aufsichtsrat war. Die erste Offsetdruckmaschine ließ er 1964 installieren. Mit 22 Setzmaschinen verfügte Rombach bald über den umfangreichsten Maschinenpark in Baden-Württemberg. 1966 hielt der computergesteuerte Bleisatz Einzug. Es entstand eine mit automatischen, lochbandgesteuerten Setzmaschinen bestückte Abteilung. Diese Technik war damals gerade vier Jahre alt. Mit der Einweihung des neuen Druck- und Verlagshauses kam 1971 eine 64-seitige Rotationsmaschine dazu, mit der 25000 Zeitungen pro Stunde hergestellt werden konnten. Im Sommer 1976 investierte Hodeige in ein Textverarbeitungssystem, bei dem alle Prozesse über einen zentralen Systemrechner gesteuert wurden. Anfang der 1980er-Jahre wurde, wie in der gesamten Branche, auf den Lichtsatz umgestellt. Die Besonderheit bei Rombach: im Gegensatz zu vergleichbaren anderen Druckereien hatte diese Rationalisierungsmaßnahme in Freiburg keine Kündigungen zur Folge. Grundlage war eine zuvor geschlossene betriebliche Vereinbarung, die den Erhalt der Arbeitsplätze und des sozialen Besitzstandes der betroffenen Mitarbeiter garantierte. Die Einführung der Rollenoffset-Technik Anfang 1983 war der nächste Schritt der technischen Innovation. Hodeiges Strategie prägte die Entwicklung auch der nachfolgenden Zeit und sorgte dafür, dass die „Badische Zeitung“-Produktion technisch auf der Höhe der Zeit blieb, ja immer eine Spitzenposition einnahm.
So durchdacht und über Jahre hinweg geplant der Neubau des Druck- und Verlagshauses Rombach war, so spontan kam die Entscheidung Hodeiges, das Geschäftsfeld auf den Buchhandel auszuweiten: Ende der 1960er-Jahre übernahm er die Freiburger Buchhandlung Ehrmann. Das Unternehmen Rombach ruhte fortan also auf vier Säulen: Buchhandel, Verlag, Zeitungs- sowie Akzidenzdruck. Schon 1971 wurde eine zweite Buchhandlung dazugekauft, die Albertsche, eine der größten Freiburgs, wozu auch die renommierte Agentur Albert Konzerte gehörte, die seit 1901 bestand. Anspruchsvolle Konzerte, und eine ausgeklügelte, oft eigenwillige Programmdramaturgie: so lässt sich die Linie der Albert Konzerte über die Jahrzehnte charakterisieren. Auch die Konzertagentur gehört bis in die Gegenwart zum Unternehmen.
Den Grundstein für den Rombach Verlag hatte sein Schwiegervater Heinrich Rombach gelegt, u.a. mit Führern für katholische Pfarrgemeinden, Fachzeitschriften für Handwerker, einer Bauernzeitung sowie dem Adressbuch für Freiburg und Umgebung. Gerade diese Idee sollte sich als ausgesprochen erfolgreich erweisen. Mitte der 1950er- Jahre wurden die meisten Einwohneradressbücher südbadischer Städte und Gemeinden bei Rombach produziert. 2012 erschien bei Rombach das „Deutsche Krankenhaus Adressbuch“ in der 50. Auflage.
Hodeige, der Mann der Literatur, war auch der scharf kalkulierende Unternehmer. Er gab eine Studie über die zukünftige Entwicklung des Freiburger Buchhandels in Auftrag und nahm Kontakt zu anderen namhaften deutschen Buchhändlern auf – unter anderem zu Hugendubel in München. Das zeitigte folgende Ergebnisse: die Geschäftsräume müssen groß sein, zentral gelegen und in einer zukunftsorientierten Buchhandlung muss neben einem weitgefächerten Buchsortiment auch der Non-Book-Bereich beachtet werden. Deswegen mietete Hodeige das Geschäftshaus in der Bertoldstraße, wo bisher Daimler-Benz Fahrzeuge verkauft hatte. Bemerkenswert die Vereinbarung: der Autohandel musste weichen, aber im Erdgeschoss sollten weiterhin ausgewählte Modelle präsentiert werden. Als das neue Rombach-Center im September 1978 auf einer Fläche von 1300 qm eröffnete, war dies wohl die einzige Buchhandlung Deutschlands, in der auch Autos ausgestellt waren. Neu war auch das Café im Untergeschoss.
Das Hauptinteresse des ausgesprochenen Büchermenschen Hodeige galt freilich den Wissenschaften. Am Beginn mehrerer erfolgreicher Buchreihen in dieser Hinsicht standen 1958 die „Freiburger Studien zu Politik und Soziologie“ mit dem Band „Von der Einsamkeit des Menschen in der modernen amerikanischen Gesellschaft“ von Dieter Oberndörfer, einem Schüler von Arnold Bergstraesser, der auch Herausgeber der Reihe war. Den guten Kontakten Hodeiges zu Bergstraesser war es zu verdanken, dass 1962 das erste Heft der „Freiburger Universitätsblätter“ bei Rombach erschien; 2011 war bereits das 191. der Reihe erreicht. Auf welches Interesse sie stieß, verdeutlicht ihr 92. Heft, das Martin Heidegger zum Gegenstand hat und sich auch mit dessen Rolle während der NS-Zeit befasst. Schon vor dem Erscheinen wurde heftig darüber diskutiert und gerade erschienen, war das Heft binnen kürzester Zeit vergriffen.
Unter Hodeiges Leitung expandierte der Verlag kontinuierlich. Über 100 Titel konnten 1966 auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert werden. 1967 kam noch die Reihe „rombach hochschul paperback“ dazu. Seit Ende der 1980er-Jahre konzentrierte sich das Verlagsprogramm auf wissenschaftliche und Regionalliteratur, wobei neben Hodeige bald sein Sohn Andreas und der Verlagsberater Günter Schnitzler, Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Freiburg, für die Konzeption verantwortlich zeichneten.
Hodeige wuchs im Verlaufe seines Lebens ganz in die Rolle des Unternehmers hinein. Das Fachwissen, das er zur Leitung des mittelständischen Unternehmens brauchte, eignete er sich im Selbststudium an. Seine Überlegungen zur Unternehmensführung fanden 1970 Gestalt in der betriebsinternen Veröffentlichung des „Rombach-Führungsmodells“, später „Rombach-Modell“. Es basiert auf der Einführung eines dezentralen Führungsteams, der Aufgliederung des Unternehmens in Gewinnzentren, die budgetiert wurden, sowie dem „Prinzip der gläsernen Taschen“, der Offenlegung von Zahlen also. Dabei sollte der Mensch stets im Mittelpunkt der betrieblichen Überlegungen stehen: jährlich erneuerte Garantie der Arbeitsplätze, ein gutes Verhältnis zum Betriebsrat, vor allem aber permanente Information der Mitarbeiter waren die Elemente. Bereits Ende der 1950er-Jahre hatte Hodeige ein umfangreiches Sozialwerk eingeführt. Dieses sah für Mitarbeiter, die länger als zehn Jahre bei Rombach arbeiteten, unter anderem eine von der Firma abgeschlossene Lebensversicherung, die Weiterzahlung des Tariflohns im Falle der Arbeitsunfähigkeit, zusätzlichen Urlaub sowie die Beteiligung am Geschäftsgewinn vor.
Es charakterisiert die Persönlichkeit Hodeiges, mit welchem Engagement er seine Ideen vertrat, auch wenn er damit bei Kollegen und Verbänden auf Widerspruch stieß. Freude am Provozieren? Zumindest gelang ihm dies, auch als er in den 1970er-Jahren zum rumänischen Diktator Ceaucescu nach Bukarest reiste, sich dort mit offenen Armen empfangen ließ und mehrere, gewiss nicht regimekritische Bücher über den rumänischen Sozialismus in seinem Verlag veröffentlichte. Entsprang dies nur der „Lust am kontroversen Diskurs“, die der „Badische Zeitung“-Chefredakteur Ansgar Fürst ihm bescheinigte (ebd., 29.8.2001, 3), war es nicht auch unkritischer Umgang mit diktatorischer Machtfülle? Bezeichnenderweise: „Die Mitte ist kein Standpunkt“ hieß treffend der Titel des Buches, das anlässlich seines 70. Geburtstages erschien. Dieses Motto zumindest entsprach ganz Hodeiges Überzeugung.
Partner für Diskurse suchte Hodeige in der Politik, den Wissenschaften, Verbänden, in der Kirche und in Unternehmerkreisen. Impulsen durch Anregung und Diskussion galt auch die von ihm sowie sieben Gesinnungsgenossen 1964 gegründete Freiburger Montags-Gesellschaft, eine sehr abgeschlossene Runde, der in regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen Sachverstand aus erster Hand geboten wurde.
Typisch auch für Hodeige die Konsequenz, mit der er sich zurückzog. 1987 übergab er die komplette Verantwortung für das Unternehmen aus gesundheitlichen Gründen an seine Kinder.
Quellen: UA Marburg MR 305 m 2 Nr. 480, 497 u. 525, Studentenakten Hodeige, u. 307d Nr. 1234, alt 307d Acc. 1960/45 Nr. 693 Promotionsakten Hodeige; Verlags-A Rombach Hodeige, A d. BZ., Ordner Hodeige.
Werke: Über die Stellung von Dichter u. Buch in d. Gesellschaft Diss. phil. Marburg, 1949; (Hg.) Das Werck d. Bucher, von d. Wirksamkeit des Buches in Vergangenheit u. Gegenwart, eine FS für Horst Kliemann zu seinem 60. Geburtstag, 1956; Literaturanzeiger für das allgemeine wiss. Schrifttum (Auswahlbericht), 1956–1961; (Hg.) Atlantische Begegnungen, eine Freundesgabe für Arnold Bergstraesser, 1964; (Hg.) Das Recht am Geistesgut, Studien zum Urheber-, Verlags- u. Presserecht, eine FS für Walter Bappert, 1964; Tätigkeit im rechten Sinne, in: ders. (Hg.), Tätigkeit im rechten Sinne, FS für Heinrich Rombach zum 70. Geburtstag, 1967, 49-64; Prägungen, eine Ethik des Umgangs, 2001.
Nachweis: Bildnachweise: Die Lupe, Juni 1976, 4, 22, 30, 31, 32, 35, 40; Die Lupe, 1980, [1]; 75 Jahre Rombach, 2011, 58, 209 (vgl. Literatur).

Literatur: Die Lupe, Haus- u. Firmenztg des Unternehmens R, 1957ff., bes. Jan. 1962, Sonderausg. vom 20. Jan. 1971, Ausg. vom Juni 1976, Sonderausg. 1980 (oft mit Bildnachweis); Die Mitte ist kein Standpunkt, Briefe an Fritz Hodeige zum 75. Geburtstag, 1995 (mit Bildnachweis); Sabine Frigge, Aus Tradition in die Zukunft, 1936–2011, 75 Jahre Rombach, 2011 (mit Bildnachweis).
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