Metzger, Max Josef 

Geburtsdatum/-ort: 03.02.1887;  Schopfheim/Baden
Sterbedatum/-ort: 17.04.1944; Brandenburg-Görden, beigesetzt zuerst in Brandenburg, 1946 Überführung auf den St. Hedwigs-Friedhof in Berlin, 1968 endgültige Ruhestätte in Meitingen bei Augsburg
Beruf/Funktion:
  • katholischer Geistlicher, Pazifist, Opfer des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1905 Abitur in Konstanz
1905/1906 ab Wintersemester Studium der Katholischen Theologie in Freiburg i. Br. und Fribourg (Schweiz)
1910 Dr. theol. Freiburg i.Br.
1911 Priesterweihe in St. Peter
1911/1912 Kaplan in Mannheim, Obere Pfarrei
1912/1914 Vikar in Karlsruhe-Mühlburg
1914 Kaplan in Oberhausen/Amt Emmendingen
1914 3. August Meldung zur Militärseelsorge, Divisionspfarrer der 42. Kavallerie-Brigade
1915 11. Juni Beurlaubung von der Erzdiözese Freiburg nach Graz „zur Förderung“ der Abstinenz- und Mäßigkeitsbewegung, später Gründung der Missionsgesellschaft „Weißes Kreuz“, Generalleiter
1927 Anfang, Verlegung der Missionsgesellschaft nach Meitingen, Diözese Augsburg
1940 Wohnsitz in Berlin
1943 29. Juni Verhaftung durch die Gestapo und Untersuchungshaft in der Prinz-Albrecht-Straße
1943 14. Oktober Verurteilung zum Tode durch den Volksgerichtshof unter Dr. Roland Freisler
1944 17. April Hinrichtung im Zuchthaus Brandenburg-Görden
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: August Metzger (1861-1939), Realschullehrer, später Seminarlehrer in Meersburg
Mutter: Anna, geb. Gänshirt (gest. 1937)
Geschwister: 3
GND-ID: GND/118581589

Biografie: Hugo Ott (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 206-210

Metzger stammte aus einer Lehrerfamilie, ein Bruder der Mutter war katholischer Priester, ein weiterer Onkel stand in fürstlich-fürstenbergischen Diensten als Kammerherr in Donaueschingen. Dieser durchgehend katholische Wurzelgrund kontrastierte mit dem überwiegend protestantischen Milieu in Schopfheim, wo Metzger aufwuchs und in jungen Jahren durch die Diasporasituation geprägt wurde. Der hochbegabte (auch musisch) Bub besuchte zunächst die Realschule in Schopfheim, wo der Vater unterrichtete, wechselte dann nach Donaueschingen und an das Gymnasium in Lörrach, schließlich besuchte er die Oberstufe in Konstanz – der Vater war als Seminarlehrer nach Meersburg versetzt worden – und war Zögling des Konradi-Hauses unter dem Rektor Dr. Conrad Gröber, der 1905 für den Studenten der Theologie ein distanziertes Gutachten schrieb. Metzger war nach dem Triennium 1908 zu jung für das Priesterseminar in St. Peter und wollte die Wartezeit zu einem wissenschaftlichen Weiterstudium nutzen. Ab dem Wintersemester 1908/1909 studierte Metzger zwei Jahre an der Katholischen Universität in Fribourg/Schweiz, unterstützt durch ein Stipendium der von Schaezlerschen Stiftung. In diesen Jahren entstand seine Dissertation, mit der er 1910 den theologischen Doktorgrad erwarb. Der Aufenthalt in Fribourg prägte den Studenten. Die Stadt, auf der Grenze zwischen deutscher und französischer Sprache und Kultur, mit ihren spezifischen sozialen Problemen, mit der Möglichkeit internationaler Beziehungen brachte ihn auch in Kontakt mit der Friedensbewegung. Als Metzger 1910 in das Priesterseminar in St. Peter eintrat, war er entschlossen, die spätere pastorale Arbeit sozial auszurichten, besonders den Alkoholismus zu bekämpfen.
Die Kaplanszeit führte Metzger u.a. auf Arbeiterpfarreien in Karlsruhe und Mannheim. Diese Vikarsjahre waren von starken Spannungen zwischen dem jungen Geistlichen und seinen Prinzipalen gekennzeichnet. Die unbedingte Position in der Abstinenzbewegung erschwerte die Seelsorge in den hochdifferenzierten Großstadtpfarreien. Aus den Dienstzeugnissen ergibt sich das Bild eines schwierigen Menschen, der auch in den späteren Lebensphasen Anstoß erregte.
Zu Beginn des Weltkrieges brach bei Metzger die nationale Komponente durch. Von der gerechten Sache der Deutschen überzeugt meldete der friedensbewegte Metzger sich freiwillig zur Militärseelsorge, durchlitt die schweren Kämpfe an der südlichen Vogesenfront und mußte sich im Frühsommer 1915 infolge einer schweren Erkrankung zurückziehen, hochdekoriert. In diesen Monaten reifte Metzger zum überzeugten Pazifisten, wie er 1943 in der Gestapo-Haft formulierte: „Das Erlebnis des Weltkrieges an der Front und hinter ihr befestigte in mir die Überzeugung, daß nur eine echte Friedensorganisation der Welt dem wahren Volksinteresse entspreche.“
Nach der Rekonvaleszenz bot sich eine Plattform für überregionales Wirken. Erzbischof Nörber beurlaubte Metzger für die internationale katholische Trinkerfürsorge in Graz, wo er seit 1915 als Generalsekretär des katholischen Kreuzbündnisses tätig war. Daraus entwickelte Metzger die Missionsgesellschaft „Weißes Kreuz“, deren Generalleiter er wurde, konzipiert als Keimzelle einer Volksheilzentrale, gedacht als totale Gesellschaftsreform auf katholischer Grundlage, die freilich nur bei Gewährleistung des inneren und äußeren Friedens möglich sei; Versöhnung der Klassengesellschaft und Versöhnung der Völker. In der weltweit spürbaren Friedenssehnsucht seit 1916 reihte sich Metzger in die Aktivitäten ein, unterstützte die kirchlichen Bemühungen, verfaßte eine Anzahl von Denkschriften, die sich im Mai 1917 zu dem berühmten Friedensprogramm verdichteten, das auch dem Papst übermittelt wurde. Zugleich gründete Metzger den „Weltfriedensbund vom Weißen Kreuz“. All diese Vorgänge griff Freisler 1943 im Prozeß auf, Metzger als einen Mann charakterisierend, „der schon 1917 – mitten im Krieg – in Osterreich an einer Weltfriedensordnung arbeitete, also, getreu Erzbergers Haltung in Deutschland, half, unsere Kriegsfront zu zermürben.“
Metzgers Lebensbahn war vorgezeichnet: Über viele Differenzen, herbe Enttäuschungen, auch wirtschaftliche Mißerfolge, Umgründungen, kurz: über alle Wechselfälle des menschlichen Lebens hinweg blieb Metzger seinen Zielen treu. In einer ungeheuren publizistischen Tätigkeit warb er für seine Sache, die ihm Sache Gottes und der Menschen war. Freilich: Metzger geriet in den frühen zwanziger Jahren in Graz in enorme wirtschaftliche und juridische Schwierigkeiten, als eine von ihm gegründete Wirtschaftsgenossenschaft zusammenbrach und die Spareinlagen vieler kleiner Leute verlorengingen und in Österreich zahlreiche Schadensersatzklagen erhoben wurden, kommentiert von der sozialistischen und kommunistischen Presse. Metzger galt diesen und anderen kirchenfeindlichen Organen als Skandalpriester schlechthin. Im Herbst 1926 forderte der Seckauer Fürstbischof zu Graz die Rückberufung Metzgers. Die Freiburger Kirchenbehörde erfüllte indessen Metzgers Wunsch, sein Werk nach Freiburg zu verlegen und es in Verbindung mit dem Deutschen Caritas-Verband auszubauen, nicht, gab aber Unterstützung für die Verlegung nach Meitingen (Diözese Augsburg), welche 1927 erfolgte. Metzger blieb jedoch in seiner Heimatdiözese inkardiniert, doch Augsburg wurde zum neuen Mittelpunkt seiner Gruppierung, der er, aus der liturgischen Bewegung kommend, den Namen „Christkönigsgesellschaft vom Weißen Kreuz“ gab. Metzger erschloß sich später ein weiteres Betätigungsfeld: die ökumenische Arbeit, die Versöhnung der christlichen Konfessionen. Die Una-Sancta-Ecclesia – die eine heilige Kirche Christi – sollte nach Jahrhunderten der Trennung wieder zusammenfinden. Metzger war seiner Zeit voraus. Er war ein Vordenker – und ein Vorkämpfer, den Boden für vieles bereitend. Er war ein scharfer Analytiker, vielleicht ein Utopist, dem manche realen Bezüge mangelten. Jedenfalls baute er in diesen Jahren vor dem Dritten Reich das internationale Renommee, das er seit 1917 genoß, weiter aus, knüpfte viele neue Kontakte. Was Wunder, daß dieser Mann, der die nationale Enge längst überwunden hatte, den neuen Machthabern äußerst verdächtig war. Bald – schon 1934 – griff die Gestapo zu, Metzger gleichsam ein Warnsignal setzend. Dabei hatte dieser Priester gerade in den ersten Monaten nach der sogenannten nationalen Revolution Hoffnung für eine nationale Erneuerung gehegt: Gesundung des Volkes Überwindung der gesellschaftlichen Probleme – es war ihm manches in der Programmatik der Hitler-Partei vernünftig erschienen, vor allem die soziale Komponente. Er wurde rasch eines Besseren belehrt und verfocht seine Ziele des Friedens in der Welt, in der Nation und unter den Konfessionen ohne Abstriche. In einer nachrichtendienstlichen Karteikarte ist er wie folgt charakterisiert worden: „Lt. Auskunft des Chefs der Sicherh. Pol. und des SD vom 13.1.41 ist Metzger Generalleiter der Christkönigsgesellschaft vom weissen Kreuz Meitingen b/Augsburg, die unter dem Deckmantel karitativer Bestrebungen eine ausgesprochene kath. Kampfgemeinschaft darstellt, gegen die wiederholt schärfstens vorgeschritten werden mußte. Metzger war seitens der Gestapo wiederholt festgenommen.“ Metzger hatte sein Büro 1940 nach Berlin verlegt in der (eher naiven) Meinung, dort falle er weniger auf als in dem ländlich geprägten Meitingen, wo ihn jeder kannte.
Der Kriegsausbruch mußte dem überzeugten Pazifisten als Katastrophe erscheinen, zumal er bald sicher war, Deutschlands Schicksal sei angesichts der militärischen Übermacht der Feindseite besiegelt. Die Sorge um Deutschland brachte ihn in Kontakt zu informellen Kreisen der Opposition, eher lockere Beziehungen. Es blieb bei mehr oder weniger unverbindlichen Gesprächen. 1942 lernte er den aus Freiburg i. Br. stammenden Dr. Richard Kuenzer, damals Legationsrat zu besonderer Verwendung im Auswärtigen Amt, kennen. In diese Gruppierung schob sich als agent provocateur ein angeblicher Schweizer Kaufmann, Großmann, der Grüße des im Schweizer Exil lebenden Alt-Reichskanzlers Dr. Joseph Wirth übermittelte – in Wirklichkeit war es der für die Gestapo arbeitende Dr. Reckzeh, der 1943 u. a. auch die Verhaftung des Verlegers Peter Suhrkamp zu verantworten hatte.
Nach der Stalingrad-Katastrophe verfaßte Metzger ein Memorandum über die staatliche Neuordnung Deutschlands und die Einbindung der deutschen Nation in eine Weltfriedensordnung, hoffend, daß seine Argumente mäßigend auf die künftigen Sieger einwirken würden. Diese knappe Denkschrift war an den schwedischen (lutherischen) Erzbischof Eidem adressiert, den er aus der ökumenischen Arbeit kannte. Der Bischof sollte das Memorandum in kirchlichen Kreisen, vor allem in der anglikanischen Kirche, publik machen. Als Kurier diente sich eine Deutsche schwedischer Abstammung an, die seit kurzem sich der Una-Sancta-Bewegung angeschlossen hatte, freilich ein Lockspitzel des SD war. Mit ihr hatte Metzger seine Vorstellungen intensiv diskutiert. Er sollte nie erfahren, daß er auf fatale Weise betrogen worden ist.
Er bekannte sich während der über Monate dauernden Verhöre ohne Abstriche zu seiner Überzeugung, zusammenfassend in einer Darstellung vom 1. Oktober 1943 zu Händen des Oberreichsanwalts, wobei er die tödliche Gefahr überhaupt nicht erfaßte. Er wolle „nicht glauben“, daß ihm seine Handlungsweise „ernstlich zum Vorwurf gemacht werden“ könne. Er argumentierte aus einer ethischen Dimension, die in jener Zeit des totalitären Systems völlig ins Leere lief. Fast jeder Satz seiner Rechtfertigung konnte als Beleg für sein „verbrecherisches“ Tun gemäß dem novellierten Strafgesetzbuch gelten, dessen Straftatbestände eben derartige Aktionen und Gesinnungen umschrieben. Die Diskrepanz von geradezu kindlich anmutender Haltung sowie Lageeinschätzung und der Realität nationalsozialistischer Terror-Justiz kann kaum größer gedacht werden. Es verwundert nicht, daß sein Verteidiger schon aufgrund der Aktenlage mit dem Todesurteil rechnete. Metzger, der bereits in den Verhören durch die Gestapo von gleicher Offenherzigkeit war, hatte sich hoffnungslos in die tödliche Maschinerie verfangen.
Wie aus den Berichten hervorgeht, hat Metzger sich bei den ersten Verhören offensichtlich auch seiner Verbindung zu Legationsrat Dr. Richard Kuenzer wegen aufs Glatteis führen lassen und, mit den Vernehmungsmethoden nicht vertraut, auf diese Weise Richard Kuenzer, den „badischen Landsmann“, belastet. Dr. Kuenzer war noch im Juli 1943 verhaftet und in das Gestapo-Gefängnis Berlin, Prinz-Albrecht-Straße, eingeliefert worden, wo auch Metzger inhaftiert war. Damit war der Gestapo der Einbruch in einen Kreis gelungen, der zu den wichtigsten Widerstandsgruppierungen zählte. Dr. Kuenzer galt bei der Gestapo als Kopf des Solf-Kreises, der durch Kontakte mit der militärischen Opposition den entscheidenden Schlag gegen Hitler fuhren wollte. Dr. Kuenzer blieb inhaftiert und wurde, während die Kämpfe um Groß-Berlin tobten, in der Nacht vom 23. zum 24. April 1945 durch ein SS-Kommando aus dem Gefängnis geholt und „liquidiert“.
Die Verwicklung in den politischen Strafprozeß überlagert bis heute das gesamte Lebensbild von Metzger, zumal die Rolle, die der für ihn zuständige Ordinarius, Erzbischof Dr. Conrad Gröber, in dem Verfahren spielen mußte, kontrovers beurteilt wird.
Das Freiburger Ordinariat erfuhr Mitte August 1943 von der Verhaftung. Die näheren Umstände und auch der Grund für die Inhaftierung waren nicht bekannt. Umgehend wurde der Leiter des Commissariats der Fuldaer Bischofskonferenz, Bischof Wienken, um Intervention gebeten. Nach mehreren Recherchen mußte Wienken am 22. September mitteilen, daß Metzgers Verfahren vom RSHA (Reichssicherheitshauptamt) an den Volksgerichtshof abgegeben worden war und daß Anklage wegen Hochverrats erhoben werde.
Damit war höchste Alarmstufe gegeben. Erzbischof Gröber bat, für die Verteidigung Metzgers besorgt zu sein. In dem angesehenen Berliner Justizrat Dr. Dix wurde ein hervorragender Verteidiger gewonnen, der jedoch wenige Tage vor dem Prozeß nach Freiburg mitteilte: „Nur so viel darf ich sagen, daß der Fall doch recht schwer und gefährlich liegt und daß bei der geltenden Rechtssprechung mit der Möglichkeit der schwersten Strafe zu rechnen ist.“ Man müsse sich taktisch einstellen. So habe es z. B. keine Aussicht, einen Antrag auf Freispruch einzubringen. Was erreicht werden könne, sei lediglich eine mildere Strafe als die Todesstrafe. Dr. Dix kannte die Atmosphäre des Volksgerichtshofs und konnte Roland Freisler richtig einschätzen. Da Metzger, wie er aus der Aktenlage wußte, zu seiner Tat stand, ja sie sogar ausführlich rechtfertigte, besaß er von vornherein keine Chance. Erzbischof Gröber hatte auf Bitte von Dr. Dix ein wohlwollendes Gutachten über Metzger geschrieben, das mit großer Wärme und innerer Anteilnahme am Schicksal Metzgers abgefaßt ist und deutlich macht, daß Gröber seinen Diözesanpriester wirklich genau kannte – seit der Konstanzer Zeit. Seine Kernthese lautete: Metzger sei ein weltfremder Idealist und ein Hyperphilanthrop, der sich vielleicht verrannt habe, der aber unpolitisch sei und nur das Beste gewollt habe. Metzger erfuhr über seinen Schwager von Gröbers Bemühungen und schrieb ihm am 7. Oktober 1943 einen ausführlichen Brief, der den Adressaten freilich nie erreichte, sondern von der Gefängnisleitung einbehalten und zu den Prozeßakten genommen wurde. Metzger legte vor seinem Bischof Rechenschaft ab und brachte auch hier zum Ausdruck, es sei ihm um den Ausgang seiner Sache nicht bange, „wenn meine Handlungsweise in ihren tatsächlichen Beweggründen und Absichten gewürdigt wird.“ Er könne sein Schicksal vertrauensvoll in Gottes Hand geben. Er bat den Erzbischof, den Papst zu unterrichten, daß er nicht „aus unedlen Motiven, sondern aus vaterländischem wie religiösem Idealismus heraus gehandelt habe, um den friedlichen Wiederaufbau zu sichern.“
Der Erzbischof hatte seinen Ordinariatsrat als Prozeßbeobachter nach Berlin entsandt, der den verurteilten Metzger nach der Verhandlung kurz sprechen konnte, diesem versichernd, der Erzbischof werde alles tun, um eine Begnadigung zu erwirken. Metzger war zwar pessimistisch, meinte jedoch, es müsse sogleich geschehen. Der Verteidiger gab Instruktionen für die Abfassung des Gnadengesuches mit, das an den Reichsjustizminister und an den Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof zu richten war. Überdies erbat Dix von Freiburg telefonisch die Aufgabe eines Blitztelegramms an den Oberreichsanwalt, um die Aufschiebung der Hinrichtung zu ermöglichen.
Nun haben die Formulierungen in den Gröberschen Gnadengesuchen Aufsehen erregt, nachdem diese 1970 in einer Veröffentlichung aus der DDR publiziert worden waren (Klaus Drobisch), wie wir heute wissen, gesteuert vom Zentralkommitee der SED, in deren Zentralarchiv die Volksgerichtshofakten sich befanden. Gröber formulierte im Gnadengesuch an den Justizminister u. a.: „Ich bedaure sein Verbrechen aufs tiefste. Dennoch wage ich es, die Bitte an Sie zu richten, Gnade statt Gerechtigkeit walten zu lassen, weil der Verurteilte, wie meine persönliche Kenntnis und unsere Akten beweisen, ein Mensch ist, der trotz hoher Veranlagung immer in Extremen sich bewegt hat und in Verstiegenheiten sich erging, ohne die Tragweite seiner Ideen und Pläne zu kennen.“ Der Erzbischof schickte darüber hinaus auch an Freisler einen Brief, dessen Inhalt – für sich genommen und isoliert betrachtet – nur schwer zu rechtfertigen ist: „Ich bedaure aufs allertiefste das Verbrechen, dessen er sich schuldig gemacht hat. Wenn ich ihn in meinem an Herrn Rechtsanwalt Dr. Dix gerichteten Schreiben als Idealisten geschildert habe, so geschah es, ohne daß ich irgendeine Kenntnis des von ihm verbrecherisch Unternommenen hatte. Ich lege Wert darauf, Ihnen das mitzuteilen, weil es mir völlig fern liegt, seine Tat in das Gebiet des Idealismus, wie ich ihn geschildert habe, einzubeziehen.“ Schwer zu rechtfertigen in der Tat, und doch muß der Historiker sich bemühen, auch ein solches Schreiben aus dem Zusammenhang zu erklären. Der Erzbischof, von seinem Ordinariatsrat über die unvorstellbare Härte der Verhandlungsführung Freislers informiert, hat wohl geglaubt, er müsse diesen Fußfall vor Freisler machen, um für das Gnadengesuch ein günstigeres Klima zu schaffen.
Gröbers Distanzierung hätte demnach eine taktische Funktion gehabt. Zu beweisen ist dies freilich nicht. Doch hat meine Vermutung viel für sich. Denn der Freiburger Oberhirte ließ in der Folge nichts unversucht, seinen Diözesanpriester vor dem Fallbeil zu retten: Der päpstliche Nuntius in Berlin wurde eingeschaltet, sogar der Papst intervenierte für Metzger All dies ohne Erfolg. Der zum Tod Verurteilte mußte ein halbes Jahr auf den letzten Gang warten, Tag für Tag schwerster seelischer Belastung ausgesetzt. Es lag im Ermessen der Gestapo, die möglichst viele Informationen aus Metzger herauszupressen versuchte, wann die Exekution angesetzt wurde.
Selbst die erbetene Hafterleichterung, nämlich ihn von der Handfesselung zu befreien, wurde nicht gewährt. Metzger, der in seiner Christkönigsgesellschaft Bruder Paulus genannt wurde, ertrug in der Nachfolge des Apostels Paulus die Monate in der Todeszelle, anderen Trost spendend, auf den Tod vorbereitet, den er als persönliches Opfer für den Frieden der Welt und für ein friedliches Deutschland begriff.
Am 17. April 1944 um 13.30 Uhr wurde Metzger die unmittelbar bevorstehende Hinrichtung eröffnet. Um 15.26 Uhr fiel das Beil. Er war der Dreißigste an diesem Tag. Der Verurteilte sei ruhig und gefaßt gewesen, vermerkt das Hinrichtungsprotokoll. Die Leiche wurde wider Erwarten zur Bestattung freigegeben. In aller Stille fand Metzger auf dem Brandenburger Friedhof sein Grab. 1946 wurde die sterbliche Hülle feierlich auf den St.-Hedwigs-Friedhof in Berlin überführt, und 1968 durften die Mitglieder der Christkönigsgesellschaft ihren Gründer nach Meitingen heimholen.
Werke: Zwei karolingische Pontifikalien am Oberrhein. Freiburg i. Br. 1911. Über die schier unübersehbare Fülle der Schriften aus dem Paulus-Verlag (Graz) und dem Christkönigsverlag in Meitingen gibt das Archiv in Meitingen Auskunft.
Nachweis: Bildnachweise: Bildmaterial im A. des Christkönigsinstituts 86405 Meitingen; Büsten v. H. Ladner, 1973 (Augsburg, Domplatz), 1978 (Wolmirsleben, Pfarrgarten), 1985 (Lindau, Friedensmuseum).

Literatur: Marianne Möhring, Täter des Wortes. M. J. Metzger – Leben u. Wirken. Freising 1966; Klaus Drobisch, Wider den Krieg, Dokumentarbericht über Leben u. Sterben d. kath. Geistlichen Dr. M. J. Metzger Berlin (Ost) 1970; Hugo Ott, Dokumentation z. Verurteilung d. Freiburger Diözesanpriesters Dr. M. J. Metzger u. zur Stellungnahme d. Freiburger Erzbischofs Dr. Conrad Gröber, in: FDA 90/1970, 303-315; Rudolf Feneberg, „Gerechtigkeit schafft Frieden.“ Die kath. Friedensethik im Atomzeitalter. München 1985; Hugo Ott, Annemarie Weiß, Martha-Gertrudis Reimann, Dr. M. J. Metzger, geb. 3. Februar 1887 in Schopfheim Baden, hingerichtet 17. April 1944 in Brandenburg (Havel)-Görden. Beiträge z. Gedenken, in: FDA 106/1986, 187-255; M. J. Metzger, Christuszeuge in einer zerrissenen Welt. Briefe a. d. Gefängnis 1934-1944. Hg. von Klaus Kienzler. Freiburg i. Br. 1991; Marianne Möhring, M. J. Metzger, in: NDB 17, 1994, 225 f.
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