von Zügel, Heinrich 

Geburtsdatum/-ort: 22.10.1850;  Murrhardt
Sterbedatum/-ort: 30.01.1941; München
Beruf/Funktion:
  • Maler
Kurzbiografie: 1878 Teilnahme an der Pariser Weltausstellung mit dem Gemälde „Rückkehr in den Stall“
1883 Teilnahme an der Internationalen Münchner Kunstausstellung (Goldmedaille II. Klasse)
1888 Ehrenmitglied der Akademie der Künste München
1889 Verleihung des Professorentitels der Münchner Akademie; Malaufenthalt in Holland bei Johann de Haas
1890 Malaufenthalt in Belgien zusammen mit Johann de Haas in La Panne
1894 Berufung an die Karlsruher Akademie als Nachfolger von Hermann Baisch
1895 Berufung an die Münchner Akademie
1895–1914 regelmäßige Aufenthalte während der Osterferien in Sirmione am Gardasee oder in Bozen
1896/97 Malaufenthalt auf der Elbinsel Finkenwerder bei Thomas Herbst
1897–1900 im Herbst Malaufenthalte auf der Rauen Alb bei Böttingen, Weisenstein und auf der Lützelalp
1898 erste Einzelausstellung bei Ed. Schulte in Berlin
1901–1904 auf Einladung der Hamburger Kunsthalle in der Lüneburger Heide, Malen in Bispingen
1902 Ehren-Mitglied der Akademie Dresden
1904 Ehren-Mitglied der Akademie Berlin; Verleihung des Bayerischen Maximiliansordens
1907 geadelt; Ritterkreuz der bayerischen Krone
1909 Studienaufenthalt in England
1910–1913 Teilnahme an Hofjagden in der Steiermark auf Einladung von Prinzregent Luitpold
1919–1922 Rektor an der Münchner Akademie
1919 die Räteregierung fordert seine Absetzung; Zügel hält sich zunächst verborgen; Ruhestand; Bau eines Atelierhauses in München-Bogenhausen
1930 Dr. med. vet. h. c. der Univ. Gießen
1934–1939 Osteraufenthalte in Bad Tölz – anlässlich des 90. Geburtstags Verleihung der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: 1875 (Murrhardt) Emma, geb. Schippert († 1913)
Eltern: Vater: Ludwig Zügel, Schafhalter
Mutter: Katharina, geb. Reber
Kinder: 4: Willi, Bildhauer (1876–1950); Anna, verh. mit Emanuel Hegenbarth, Maler; Elise; Emma, verh. mit Hermann Eissfeld, Zügel-Schüler.
GND-ID: GND/118637312

Biografie: Monika Spiller (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 308-309

Der Maler Heinrich von Zügel, als Sohn eines Schafhalters im württembergischen Murrhardt von einfacher Herkunft, erlangte mit seiner Kunst bereits zu Lebzeiten vielfach hohe Ehrungen und Anerkennung. Nicht umsonst wird er im Künstlerlexikon von Thieme/Becker als „bedeutendster Tiermaler der Jahrhundertwende“ bezeichnet.
Den Weg zu einem Kunststudium ebnete ihm zunächst die Fürsprache eines Professor Hölder von der kunsthandwerklichen Fortbildungsschule Schwäbisch Hall, dem das Talent des Knaben bei einem Besuch der Lateinschule in Murrhardt aufgefallen war und der dessen Eltern zu überzeugen verstand, dem Sohn eine künstlerische Ausbildung zuteil werden zu lassen. Eine weitere wesentliche Unterstützung stellte das jährlich gewährte Ausbildungs-Stipendium des Prinzen Hermann von Sachsen-Weimar dar. Nach dem Besuch der Kunsthandwerklichen Fortbildungsschule Schwäbisch Hall (1864–1866) studierte Zügel 1867–1869 an der Stuttgarter Kunstschule bei Bernhard Neher und Franz Heinrich von Rustige. Dann zog es ihn in die Kunstmetropole jener Zeit, nach München. Dort traf er auch auf die Vertreter der schwäbischen Malerschule, mit deren Kopf, Anton Braith aus Biberach, ihn seit 1870 eine enge Freundschaft verband. 1873 trat Zügel der Münchner Künstlergesellschaft „Allotria“ bei und machte Bekanntschaft mit Franz von Lenbach.
Bereits zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn steht die Tierdarstellung im Mittelpunkt seines Schaffens; Porträt und Landschaft spielen eine eher untergeordnete Rolle. Wie bei Braith so ist auch bei Zügel das Tier nicht mehr Staffagefigur in der Bildkomposition, sondern deren Hauptgegenstand. Nicht Tieridylle in naturlyrischen Landschaftsbildern im Sinne der Vertreter der Schule von Barbizon, beispielsweise Jules Dupré, sondern genaue Tierbeobachtung und Verhaltensstudie charakterisieren bereits Zügels Hauptwerke der 70er Jahre wie „Die Schafwäsche“ (1873 Goldmedaille auf der Weltausstellung in Wien), „Schafschur“ oder auch „Schafmarkt“, in denen er den ländlichen Arbeitsalltag realistisch darzustellen weiß.
Im Zuge der Malaufenthalte im Dachauer Hochmoor während der 1880er Jahre (wobei sich Zügel zu den Malern der Dachauer Künstlerkolonie auf Distanz hielt) entstehen dann erste Freilichtbilder, wiederum Tierstücke, aber auch reine Landschaftsdarstellungen. Zunehmend malt er nun auch Rinder mit ihrer reizvollen, kontrastreichen Fellfärbung und ihren massigen Körpern.
1889 und 1890 führten zwei gemeinsam mit dem niederländischen Tiermaler Johann de Haas unternommene Malreisen in Holland und Belgien dazu, dass Zügel sich mit seiner Pleinair-Malerei mehr und mehr einer impressionistischen Auffassung näherte. Ein weicher, lockerer, doch auch entschiedener Pinselduktus und ein geschärfter Sinn für Valeurs zeigen sich beispielsweise in den Esel-Studien, die 1890 in Belgien entstanden. Von nun an formt Zügel die Tierleiber ohne Konturlinien, direkt aus der Farbe heraus, getreu seinem von nun an gültigen Wahlspruch: „Man muß mit der Farbe zeichnen.“ Zunehmend wird in den 90er Jahren die Lichtinszenierung formbildend mit großer Entschiedenheit eingesetzt. Überwog noch bei den im Dachauer Moos entstandenen Bildern die eine gewisse detailverliebte Feinmalerei, so zeigt sich von den 90er Jahren an eine expressiv aufgefasste, skizzenhafte Handschrift, die in den Folgejahren bis hin zur sukzessiven Auflösung des Bildgegenstands führt, z. B. „Vor dem Stall“, 1919 oder „Kühe vor dem Stall“, 1913.
Mit der Berufung an den Lehrstuhl für Tiermalerei der Karlsruher Akademie (1894) erschloß sich für Zügel mit den Rheinauen beim Fischerdorf Wörth eine neue Landschaftsszenerie, die er auch für die Ausbildung seiner Studenten nutzt; er hält auch dann noch daran fest, als er 1895 an die Münchner Akademie berufen wird. Während der Sommersemester zieht man bis 1920 regelmäßig (unterbrochen lediglich durch den Ersten Weltkrieg) nach Wörth ins Freilicht-Atelier, wo Rinder, Pferde und Schweineherden als Modelle zur Verfügung stehen.
In der Lüneburger Heide erarbeitet sich Zügel 1901 bis 1904 Bildstrukturen, für die harte Übergänge von Licht- zu Schattenzonen charakteristisch sind.
Als passionierter Jäger schuf der Maler auch zahlreiche Darstellungen des Jagdgeschehens, z. B. „Sauhatz“, 1907, wie auch Jagdstilleben, z. B. „Erlegtes Federwild“, 1908 (beide im Besitz der Stadt Wörth am Rhein).
Im wesentlichen hat er bis 1912 sein malerisches Potential bis zur für ihn möglichen Meisterschaft entwickelt. Es war ihm vergönnt, bis ins hohe Alter von 83 Jahren an der Staffelei zu stehen, bis ihn ein Augenleiden zwang, den Pinsel aus der Hand zu legen.
Werke: in folgenden öffentlichen Sammlungen: Berlin, Alte Nationalgalerie – Neue Nationalgalerie; Biberach, Braith-Mali-Museum; Braunschweig, Städtisches Museum; Chemnitz, Städtische Kunstsammlung; Dachau, Gemäldegalerie; Dortmund, Museum für Kunst und Kulturgeschichte; Dresden, Gemäldegalerie neue Meister; Düsseldorf, Kunstmuseum; Eisenach, Thüringer Museum; Essen, Villa Hügel; Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut; Gießen, Oberhessisches Museum; Hamburg, Altonaer Museum – Kunsthalle; Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum; Kaiserslautern, Pfalzgalerie; Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle; Kassel, Staatliche und Städtische Kunstsammlung; Köln, Wallraf-Richartz-Museum; Leipzig, Museum der Bildenden Künste; Marburg, Univ.-Museum für bildende Künste; München, Bayerische Staatsgemäldesammlung – Neue Pinakothek – Secessions-Galerie – Stadtmuseum – Lenbachhaus; Murrhardt, Städtische Sammlungen; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum – Kunsthalle; Stuttgart, Staatsgalerie – Galerie der Stadt; Waiblingen, Kreissparkasse; Wiesbaden, Museum; Wörth am Rhein, Städtische Sammlungen; Wuppertal, Von-der-Heydt-Museum.

Literatur: Paul Schultze-Naumburg, Das Tierbild, in: Die Kunst für Alle, 13 (1898), 15, 226s.; Georg Biermann, Heinrich von Zügel, 1910; Ernst Theodor Rohnert, Heinrich von Zügel, ein Malerleben, 1941; ThB 36, 1947; Eugen Diem, Heinrich von Zügel, Leben, Schaffen und Werk, 1975; Helmut Börsch-Supan, Die deutsche Malerei von Anton Graff bis Hans von Marees, 1988; Elisabeth Feilen, Heinrich von Zügel und das Malerdorf Wörth am Rhein (1894–1920), Phil. Diss., 1993; Clemens Jöckle, Mit der Farbe zeichnen. Heinrich von Zügel (1850–1941), 2000; Hans F. Schweers, Gemälde in deutschen Museen, IV. 2002.
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