Flaischlen, Cäsar Otto Hugo 

Geburtsdatum/-ort: 12.05.1864;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 16.10.1920;  Gundelsheim
Beruf/Funktion:
  • Dichter
Kurzbiografie: 1880–1883 Ausbildung bei der Metzlerschen Sortimentsbuchhandlung Stuttgart
1883–1885 Buchhandlungsgehilfe in Brüssel
1885–1886 Buchhandlungsgehilfe in Bern
1886–1888 Student an den Univ. Bern, Berlin, Heidelberg und Freiburg
1889 Promotion zum Doktor der Philosophie
1895–1900 Redakteur der Zeitschrift Pan
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 5.3.1910 Edith, geb. Klapp (15.1.1879–1957), Tochter des Offiziers Johann Friedrich Ludwig Wilhelm Klapp
Eltern: Vater: Otto Flaischlen (2.1.1822–29.4.1884), Major
Mutter: Antonie, geb. Sonnenkalb (5.2.1824–19.5.1906), Tochter des Geheimen Medizinalrats Dr. med. August Sonnenkalb
Geschwister: 2: Caroline Pauline Johanna (3.4.1866–24.10.1940); Paul Otto Hugo (11.6.1868–12.9.1942), Offizier
GND-ID: GND/118683829

Biografie: Andreas Butz (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 65-67

Flaischlen wuchs zunächst in Stuttgart auf. Seine Mutter stammte ursprünglich aus Leipzig. Der Vater war, als Flaischlen geboren wurde, Hauptmann im württembergischen Heer. Dementsprechend fand seine Taufe in der Stuttgarter Garnisonkirche statt. Den Vornamen Otto verdankte er seinem Vater, während Hugo und Cäsar sich von den Namen seiner Onkel mütterlicherseits herleiteten. Sein Rufname Cäsar klang bereits in den Ohren seiner Zeitgenossen außergewöhnlich. Nachdem der Vater als Major zum Bezirkskommandeur von Ellwangen ernannt worden war, zog dies nach sich, dass die Familie 1871 dorthin übersiedelte. Im darauffolgenden Jahr trat er in die unterste Klasse des Ellwanger Gymnasiums ein. Eine schwere Augenerkrankung führte bei seinem erst 53jährigen Vater 1875 zum Ausscheiden aus dem Dienst. Für die Familie, die nun von der kleinen Offizierspension leben musste, bedeutete es eine Entlastung, als die Schwester der Mutter, Alwine Sonnenkalb, die in Stuttgart lebte, nun anbot, Flaischlen bei sich aufzunehmen. Im Jahr 1877 zog Flaischlen bei seiner Tante ein und wechselte auf das Stuttgarter Karlsgymnasium. 1879 kehrte aber auch die restliche Familie wieder in die Landeshauptstadt zurück. Er beendete mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis seine Schullaufbahn ohne diese mit der Reifeprüfung abzuschließen. Seiner Neigung folgend begann er 1879 eine dreijährige Lehre bei der Metzlerschen Sortimentsbuchhandlung in der Büchsenstraße in Stuttgart, die sein Vater für ihn ausgesucht hatte. Durch seine berufliche Tätigkeit bedingt hatte er Zugang zu vielfältiger Literatur, was in ihm den Wunsch reifen ließ, Dichter zu werden. Als Vorbilder für seine eigene angestrebte Schriftstellerlaufbahn dienten ihm in diesen frühen Jahren neben Ferdinand von Schmidt, der unter dem Namen Dranmor veröffentlichte, auch Heinrich Leuthold und der ungarische Dichter Sándor Petöfi. In der „Stuttgarter Hausfrauenzeitung“ erschienen einige seiner frühen Werke unter dem Pseudonym Erich Jarlsen.
Vom Militärdienst, der normalerweise nach seiner Lehrzeit angestanden hätte, war er aufgrund eines Herzfehlers befreit. Eine Bildungsreise führte ihn durch Belgien und zum Abschluss nach Helgoland. Im Herbst 1883 verließ er Stuttgart, um eine Anstellung als Gehilfe bei der Buchhandlung Muquardt in Brüssel anzutreten. Seine Gedichtsammlung, die sich aus den besten seiner Jugendgedichte zusammensetzte, ließ er durch Friedrich Theodor Vischer begutachten. Der berühmte Ästhetiker und Literaturwissenschaftler empfing ihn persönlich und sagte ihm, dass ihm die Gedichte ganz gut gefallen, dass sie jedoch zu subjektiv seien. Das Bändchen wurde mit dem Titel „Nachtschatten“ unter dem Pseudonym C. F. Stuart veröffentlicht, welches für C(äsar) F(laischlen) Stu(ttg)art steht.
Im Mai 1885 verließ er Brüssel und trat im September eine neue Gehilfenanstellung in einer Buchhandlung in Bern an. Hier bot sich ihm die Möglichkeit, nebenberuflich Vorlesungen an der dortigen Universität zu besuchen. Schließlich konnte er sich dort dank der dortigen liberalen Zugangsvoraussetzungen offiziell als Student immatrikulieren. Er besuchte Vorlesungen über Religionsphilosophie, Kunst, Literatur und Nationalökonomie. Die vier Jahre Studium führten ihn dann noch an die Universitäten Berlin, Heidelberg, Leipzig und schließlich Freiburg im Breisgau. In seiner literaturwissenschaftlichen Dissertation beschäftigte er sich mit dem Werk Heinrich von Gemmingens, einem Dramatiker des 18. Jahrhunderts. Ende 1889 wurde ihm an der Züricher Universität der ersehnte Doktortitel verliehen, mit dessen Hilfe er seine Chancen bezüglich einer späteren Anstellung als Bibliothekar oder Redakteur verbessern wollte.
1890 verlegte Flaischlen seinen Wohnsitz wieder nach Berlin, das ihm Lebensmittelpunkt und Inspirationsquelle wurde. Mit verschiedenen kleineren Werken und Herausgeberschaften versuchte er sich über Wasser zu halten. Er beteiligte sich ab 1891 an der Literaturgesellschaft „Die Klause“, ab 1892 an der „Neuen Klause“. Als erste größere Werke der neuen Berliner Zeit erschienen zwei Dramen in naturalistischem Stil, zunächst „Toni Stürmer“, dann das erfolgreichere Drama „Martin Lehnhardt“, welches mehrere zeitgenössische Aufführungen erlebt hat. Es handelt von der Emanzipation eines schwäbischen Theologiestudenten aus beengenden privaten wie geistigen Verhältnissen. Darin spiegelt sich auch der eigene Weg des Autors wieder, der sich weltanschaulich immer mehr mit dem naturwissenschaftlichen Monismus identifizierte. Im darauffolgenden Jahr veröffentlichte er wieder einen Lyrikband, und zwar in der schwäbischen Mundart seiner Heimat.
War er bis dahin immer wieder noch auf die Unterstützung durch seine Tante aus Stuttgart angewiesen, so ergab sich aus der Einladung, in die Redaktion der Kunstzeitschrift „Pan“ einzutreten, endlich eine Entlastung aus seiner materiellen Not. Ab 1895 leitete er diese zunächst gemeinsam mit Richard Graul, später alleine, bis zu ihrer Aufgabe im Jahr 1900. Sein größter Erfolg und Grundlage seiner zeitgenössischen Beliebtheit war der 1898 erstmals erschienene, später zahlreich neu aufgelegte Gedichtband „Von Alltag und Sonne“. Der Kern des Bandes ist das „Mönchguter Skizzenbuch“, in welches viele Eindrücke und Bilder eingeflossen sind, die er bei seinen regelmäßigen Urlaubsaufenthalten auf der Insel Rügen gewonnen hatte. Der Band hat im Laufe der Zeit die Auflage von 274 000 Exemplaren erreicht. Im Oktober 1903 war er Geschäftsleiter der zweiten Kunsterziehungstage in Weimar mit dem Thema „Die Deutsche Sprache und Dichtung im Rahmen der Jugenderziehung“. Nach der Auflösung und Abwicklung der Zeitschrift Pan nutzte er die nun entstandene Freiheit zu einer mehrmonatigen Italienreise. Die Mitarbeit im Direktorium des Theaters „Schall und Rauch“, die man ihm angeboten und die er angenommen hatte, währte nur sechs Wochen, da er sich in einer wichtigen Angelegenheit übergangen fühlte, und sich deshalb von dieser Tätigkeit wieder zurückzog.
Schon über einen langen Zeitraum hinweg hatte er an seinem Brief- und Tagebuchroman „Jost Seyfried“ gearbeitet, eigentlich kein Roman, sondern eine Sammlung von Reflexionen, Aphorismen, Versen in Prosa und Prosa in Versen, impressionistischen Skizzen und Imperativen. Der autobiographisch angehauchte Text mit poetischen Stimmungen und vielfältigen Betrachtungen über das Leben mit seinen Hindernissen und Freuden, aber ohne deutlich erkennbare Handlung, war ein großer Erfolg, der damals wohl vielen Menschen aus der Seele sprach.
Die von einer ehedem an Goethe herangetragenen Anfrage angeregte Idee, ein Volksbuch mit allen wesentlichen Werken der deutschen Literatur herauszubringen, beschäftigte ihn in den darauf folgenden Jahren. Die Vollendung dieses ambitionierten Werkes gelang allerdings nicht mehr, nicht zuletzt aufgrund der kriegsbedingt ungünstigen Zeitverhältnisse.
Erst in reifem Mannesalter lernte er seine Frau kennen, mit der er 1910 den Bund der Ehe schloss und sein Junggesellenleben beendete.
Im ersten Weltkrieg erschien sein Buch „Kopfoben-auf! Stimmen, Gestalten und Gedichte zum Krieg“, welches in seiner klaren Parteinahme vielleicht zeigt, wie sehr Flaischlen durch das Heranwachsen in einer Offiziersfamilie geprägt worden war. Großen Anklang fand eine Zusammenstellung seiner Gedichte, die als Feldbüchlein für die Soldaten gedacht war und die in einer Viertelmillion Exemplaren verbreitet wurde.
In Ingelfingen am Kocher mietete seine Frau 1919 im alten hohenlohischen Fürstenschloss eine Sommerwohnung, die sich das Paar in jährlicher Wiederkehr wohnlich einrichten wollte. Eine verschleppte Grippe und Erkältung führte beim dortigen Sommeraufenthalt im Jahr 1920 zur tödlichen Erkrankung. Mit dem Auto, begleitet von seinem Bruder und seiner Frau wurde er ins Sanatorium auf Schloss Horneck verbracht, verstarb daselbst am 16. Oktober und wurde vier Tage später auf dem Stuttgarter Pragfriedhof direkt neben dem dortigen Familiengrab beerdigt.
Quellen: Nachlass im DLM.
Werke: Graf Lothar, 1886; Graphische Litteratur-Tafel, 1890; Otto Heinrich von Gemmingen, 1890; Toni Stürmer, 1891; Vom Haselnußroi’, e Zopfete Bloemen ond Nüß: Gedichte in schwäbischer Mundart, 1892; Perkeolieder, 1894; Im Schloss der Zeit, 1894; Neuland, 1894; Martin Lenhardt. Ein Kampf um Gott, 1895; Otto Erich Hartleben, 1896; Professor Hardtmut. Charakterstudie, 1897; Von Alltag und Sonne. Gedichte in Prosa, 1898; Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Gedichte, Briefe- und Tagebuchblätter in Versen, 1899; Jost Seyfried. Ein Roman in Brief- und Tagebuchblättern, 1905; Neujahrsbuch, 1907; Zwischenklänge, 1909; Singlieder, 1909; Gedenkbuch mit Worten aus den Werken, 1914; Kopfoben-auf, die Hand am Knauf, mein deutsches Volk, 1915; Deutscher Weltkrieg, 1916; Heimat und Welt, 1916; Emil Milan als Künstler, 1917; Mandolinchen, Leierkastenmann und Kuckuck, 2003; Heimat und Welt, 1921; Rede für ein kleines Mädchen. Noni-Loni zum Fest ihres ersten Geburtstags, 1921; Wolken und Winde, 1924; Von Derhoim ond Drauße, 1924; Das Buch unserer deutschen Dichtung, 1925

Literatur: Georg Muschner-Niedenführ, Cäsar Flaischlen. Beitrag zu einer Geschichte der neueren Literatur, 1903; Frank Thieß, Cäsar Flaischlen, 1914; Amalie Böck, Cäsar Flaischlens Wirken mit besonderer Berücksichtigung seiner dramatischen Werke, 1921; Gotthilf Stecher, Cäsar Flaischlen. Kunst und Leben, 1924; Emmy Rotth, Erinnerungen an Cäsar Flaischlen 1924; R. Krauß, in: Württembergischer Nekrolog für die Jahre 1920 und 1921 (1928), 93-101; Wilhelm Zentner, in: NDB 5 (1961), 222; Walter Hagen, in: Lebensbilder aus Schwaben und Franken 10 (1966), 443-465.
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