Färber, Otto 

Andere Namensformen:
  • Pseudonym Robert M. Ferling
Geburtsdatum/-ort: 22.02.1892;  Bad Urach
Sterbedatum/-ort: 15.03.1993; Telfs-Bairbach
Beruf/Funktion:
  • Journalist, Schriftsteller und Generalkonsul der Republik Österreich, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1909 Abitur am heutigen Kepler-Gymnasium, Cannstatt
1909–1914 Studium d. Theologie, Ingenieurwissenschaften, Philosophie u. Geschichte an den Univ. Stuttgart, Tübingen u. Freiburg
1914–1918 Einberufung in den I. Weltkrieg, Verwundung bei Kämpfen am Donon/Vogesen, nach 7 Monaten Lazarettaufenthalt Verwendung an d. Ostfront, dann russische Kriegsgefangenschaft im Kaukasus, 1918 erfolgreiche Flucht; neuerlich einberufen, als Dolmetscher an d. Ostfront
1918 Promotion bei Heinrich Finke: „Studien zur Geschichte des kirchenpolit. Kampfes unter Ludwig dem Bayern“
1919–1924 Sekretär des kath. Akademikerverbandes in München sowie Tätigkeit als Journalist u. Schriftsteller, zuletzt Mitarbeiter im Generalsekretariat d. Bayer. Volkspartei
1924–1934 Redakteur des kath. Unterhaltungsblattes „Blumen u. Sterne“ u. Mitarbeiter am „Badischen Beobachter“ in Karlsruhe
1934–1937 Chef vom Dienst beim „Tiroler Anzeiger“
1938 Chefredakteur bei einer Zeitschrift des Wiener Gewerbeverbands; nach dem „Anschluss“ Österreichs Haft im Konzentrationslager Dachau
1939–1942 Dolmetscher bei d. Wehrmacht an d. Ostfront
1942–1945 Ruhrerkrankung u. Rückkehr nach Deutschland, nur noch heimatdienstfähig; Einberufung in den Volkssturm u. Tätigkeit in einem „kriegswichtigen“ Betrieb
1945/46 Mitbegründer d. „Schwäb. Landeszeitung“ in Augsburg
1946–1966 Hg. u. Redakteur d. „Stuttgarter Nachrichten“
1955–1966 Honorarkonsul, ab 1962 Generalkonsul d. Republik Österreich in Stuttgart
1965 Rückzug ins Privatleben, Schriftsteller in Telfs-Bairbach
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.,ab 1912 rk.
Auszeichnungen: Ehrungen: Ritter des Ordens vom Hl. Grab (1959); Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens d. Bundesrepublik Deutschland am Band (1962)
Verheiratet: 1920 (Egeln) Margarete, geb. Fuchs (1895–1981)
Eltern: Vater: Richard (1852–1936), Diakonus, ev. Pfarrer
Mutter: Elisabeth, geb. Schaur (1860–1918)
Geschwister: 7; Richard (1881–1964), Georg (geboren 1883), Gertrud Elisabeth (1884–1977), Elisabeth (geboren/gestorben 1885), Karl (1887–1947), Paul (1888–1963), Erna Luise Mathilda (geboren 1890)
Kinder: 6; Wolfgang (1921–2006), Lothar, Peter, Maria, Luitgard Cäcilia (geboren 1926) u. Kordula Lioba (geboren 1928)
GND-ID: GND/118685740

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 98-101

Färber wurde in einen evangelischen Pfarrhaushalt in Bad Urach hineingeboren. Nach der Versetzung des Vaters nach Marbach am Neckar besuchte er dort zunächst die vom Vater geleitete Mädchenschule, dann Gymnasien in Marbach und Stuttgart-Bad Cannstatt. Bereits in jungen Jahren fühlte sich Färber stark zur katholischen Kirche hingezogen, weswegen Konflikte mit dem Vater nicht ausblieben. Ein Besuch im Überlinger Münster hatte für Färber schließlich den Charakter eines „Bekehrungserlebnisses“, bei dem er die Unvollkommenheit der evangelischen Kirche zu erfahren glaubte. Färber verstand sein ganzes Leben als Ringen nach Vollkommenheit im Glauben, ein Ringen, das geprägt war durch die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse in seiner eigenen Seele, wobei es ihm nur dank der Gnadenmittel der katholischen Kirche gelungen sei, zur Glückseligkeit voranzuschreiten. Später empfand Färber innerlich den 1912 vollzogenen Übertritt zur katholischen Kirche im Kloster Beuron als persönliche Befreiung, im evangelisch geprägten Württemberg dagegen fühlte sich der Konvertit Färber eher in einer Außenseiterrolle.
Unstet waren seine Studienjahre. Sein Architekturstudium an der Universität Stuttgart brach er ab, genauso die Priesterausbildung in Freiburg im Breisgau Erfolgreich abgeschlossen hat Färber dann das Studium der Philosophie und Geschichte in Tübingen, auch wenn Färbers Promotion erst nach mehreren Jahren in Freiburg angenommen wurde, da in Tübingen der Verdacht aufgekommen war, er strebe den Doktortitel nur an, um mit Hilfe dieser wissenschaftlichen Reputation den konfessionellen Frieden zu stören.
1914 musste Färber in den I. Weltkrieg ziehen. Nach einer Verwundung bei Kämpfen in den Vogesen und einem mehrmonatigen Lazarettaufenthalt in Stuttgart wurde er 1915 an die Ostfront versetzt, wo er bald in russische Gefangenschaft geriet. Dort erwarb er fundierte russische Sprachkenntnisse und durchlebte dann ein abenteuerliches Schicksal, wovon sein autobiographischer Roman „Mit glühenden Ketten“ handelt. Erst sein vierter Fluchtversuch war erfolgreich. Wiederum als Dolmetscher an der Ostfront erlebte er 1918 den Zusammenbruch.
Danach war Färber als Schriftsteller und Journalist tätig, arbeitete als Sekretär des katholischen Akademikerverbandes in München, zeitweilig auch im Generalsekretariat der Bayerischen Volkspartei. 1924 wechselte Färber als Redakteur der Unterhaltungsbeilage „Blumen und Sterne“ zum Badenia-Verlag nach Karlsruhe. Damit arbeitete er im parteieigenen Verlag der Badischen Zentrumspartei an der Beilage zu den Wochenendausgaben von katholischen Tageszeitungen im ganzen Reich, die Auflagen von weit über 100000 Exemplare hatte und das stets verlustträchtige Hauptorgan der Landespartei trug, den „Badischen Beobachter“. Auch für dieses Blatt hat Färber als Feuilletonredakteur und Kolumnist geschrieben und sich als NS-Gegner profiliert. Später nahm er für sich in Anspruch, in zahlreichen Artikeln „die pseudowissenschaftlichen Thesen der machtlüsternen Partei“ (1983, S. 152) widerlegt zu haben. Zugleich engagierte sich Färber in der Badischen Zentrumspartei, genauso wie im „Reichsbanner“ und schrieb schließlich noch den hochaktuellen Zukunftsroman „Krieg dem Frieden“, was ihm „einen sicheren Eintrag in die schwarze Liste“ (ebd.) der NSDAP verschafft haben mochte. 1934 wurde Färber aus der Redaktion gedrängt und mit Publikationsverbot belegt. Er wanderte nach Österreich aus. Der NS-„Machtübernahme“ fiel dann auch das von ihm mitbetriebene Projekt „Schillerheim deutscher Katholiken“ in Marbach am Neckar zum Opfer. Mit Hilfe der Leser von „Sternen und Blumen“ sollte in der Nähe des Deutschen Literaturarchivs in Marbach Studierenden der Germanistik, Publizisten und Professoren eine Unterkunft für Forschungsaufenthalte geschaffen werden. Unterstützt wurde das Projekt u.a. durch den Jesuitenpater Friedrich Muckermann (1883–1946), der auch als scharfer NS-Gegner bekannt war.
Seit 1934 in Österreich kam Färber schließlich als Chef vom Dienst beim „Tiroler Anzeiger“ unter. 1937/38 wurde er Chefredakteur eines vom Wiener Gewerbeverband herausgegebenen Blattes. Und wieder trat er als Gegner der Nationalsozialisten hervor, so dass er gleich nach dem „Anschluss“ Österreichs verhaftet und nach Dachau verschleppt wurde, wo er ohne Gerichtsurteil wegen „Hoch- und Landesverrats“ eine neunmonatige Haftstrafe und schwere körperliche Misshandlungen ertragen musste. Besonders demütigend: nach der Freilassung am Heiligen Abend 1938 wurde er gezwungen, Hitler- und Himmlerbilder zu verkaufen. Der II. Weltkrieg ermöglichte Färber dann den Eintritt in die Wehrmacht; er wurde wieder Dolmetscher an der Ostfront, bis er 1942 an der Ruhr erkrankte und nur noch im Heimatdienst Verwendung finden konnte. Das Ende des Krieges erlebte Färber arbeitsverpflichtet in der Buchhaltung einer „kriegswichtigen“ Zwirnerei- und Nähfadenfabrik in Göggingen bei Augsburg.
Bald nach dem Zusammenbruch konnte Färber wieder seine angestammte Tätigkeit im Pressebereich aufnehmen. Er wurde einer der Gründer der ersten Nachkriegszeitung in Augsburg, der „Schwäbischen Landeszeitung“. In seinem frühen programmatischen Artikel „Schwaben, gestern, heute und morgen“ entwarf er das Bild eines neuen föderalen Deutschlands. Süddeutschland sollte nach Ansicht Färbers in die Staaten Ober- und Unterschwaben mit den Hauptstädten Augsburg und Karlsruhe gegliedert werden. In Bayern traf diese Idee nur auf wenig Zustimmung; Färber wurde „Wahnsinn und Hochverrat an Bayern“ vorgeworfen (1983, S. 207). Gleichwohl galt er als möglicher Kandidat für das Amt des ersten Augsburger Nachkriegsoberbürgermeisters. Dennoch, Färbers Augsburger Zeit blieb nur Episode, als die amerikanische Besatzungsmacht ihn zum Herausgeber der „Stuttgarter Nachrichten“ berief.
Diese Zeitung verdankte ihre Gründung dem ehemaligen Sekretär Stresemanns, Henry Bernhard, der schon zu den Gründungsherausgebern der „Stuttgarter Zeitung“ gehört hatte, dort jedoch nach Streit mit Joseph Ackermann als Herausgeber ausgeschieden war. Bernhard wollte den „Stuttgarter Nachrichten“ eine liberale Prägung geben und arbeitete nur äußerst ungern mit Färber, der nur auf das Drängen der Besatzungsmacht hereingenommen war. Mit dem dritten Herausgeber, Erwin Schöttle, so die Einschätzung Färbers, glaubte Bernhard leicht fertig zu werden, da dieser als Bundestagsabgeordneter und SPD-Landesvorsitzender oft abwesend war.
In der Redaktion der „Stuttgarter Nachrichten“ war Färber für den Kulturteil zuständig und übernahm regelmäßig Kolumnen und neben Bernhard und Schöttle auch Leitartikel. Darin bekannte er sich, wie schon ganz zu Anfang der Zeitung, zur „demokratischen Tradition des Landes und nahm immer wieder Bezug auf den demokratischen Grundcharakter des Zentrums und der CDU“ (1983, 208). Nach außen gelang es, die Linie der Zeitung zu wahren, die sich als konservatives Gegengewicht gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ verstand. So bekannten sich die „Nachrichten“ eindeutig zur Westbindung und kritisierten Zustände in der DDR und Sowjetunion scharf. Auch in der Frage der Entnazifizierung nahmen die „Nachrichten“ eine weit nachsichtigere Haltung als Franz Karl Maier (vgl. S. 250) bei der „Stuttgarter Zeitung“ ein.
In der Redaktion ging es nicht ohne Spannungen ab; Färber wähnte sich einer „blau-roten“ Koalition (1983, S. 234) aus Bernhard und Schöttle gegenüber. Drum warf er Bernhard vor, dass er ihn bei der Ausübung seiner Tätigkeit behindere, genauso wie Färber sich empörte, dass fast alle wichtigen Stellen in Verlag und Zeitung durch Logenbrüder des Freimaurers Bernhard und Persönlichkeiten besetzt seien, die nur nach Gewinn strebten. Angeblich wolle Bernhard ihn auch überreden, in eine Freimaurerloge überzutreten. Nur allzu gerne habe man ihn auf Auslandsreisen geschickt, um ihn von der redaktionellen Arbeit fernzuhalten.
Immerhin ermöglichte dies Färber am Beginn der 1960er-Jahre ausgedehnte Studienreisen in die Vereinigten Staaten und nach Brasilien. In den USA lernte er u.a. die Arbeitsweise in einer amerikanischen Redaktion, in Brasilien die gerade entstehende Hauptstadt Brasilia kennen. Gegen den Willen Bernhards setzte Färber 1955 auch seine Teilnahme in der Pressedelegation beim Moskau-Besuch des von ihm hochgeschätzten Konrad Adenauer (1876–1967) durch. Dominant in der Redaktion der „Stuttgarter Nachrichten“ aber war Bernhard, und so verwundert es auch nicht, wie er begrüßte, dass Färber 1956 als Honorar-, ab 1962 dann Generalkonsul Österreichs in Stuttgart tätig wurde. Bei den „Stuttgarter Nachrichten“ erwartete man durch diese prestigeträchtige Tätigkeit sogar eine Steigerung der Auflage. Unterdessen war Färber bemüht, diesem Amt Inhalt zu geben. Ein Konsul dürfe sich nicht mit dem Abstempeln von Visa-Vermerken begnügen. Er besuchte wiederholt österreichische Gefangene, half landsmannschaftliche Treffen zu organisieren und förderte österreichische Künstler und Musiker. Nur mit dem Plan eines Österreicherhauses in Stuttgart hatte er keinen Erfolg. Obwohl Färber beim Stuttgarter Oberbürgermeister Arnulf Klett erfolgreich war, ließ ihn sein österreichischer Dienstherr bei diesem Vorhaben im Stich.
1965 ist Färber aus dem öffentlichen Leben ausgeschieden. Er legte sein Amt als Generalkonsul nieder und verkaufte seine Anteile an den „Stuttgarter Nachrichten“, was ihn finanziell absicherte. Färber zog sich nach Telfs-Bairbach zurück und stiftete dort aus Dank dafür, dass er die russische Kriegsgefangenschaft und das KZ Dachau überlebt hatte, eine Kapelle. Er war auch weiter als Schriftsteller tätig und schrieb z.B. den Roman „Der Papst im Bergwerk“, worin er sich mit Pontianus, 230 bis 235 Papst, auseinandersetzt, der in ein Bergwerk nach Sardinien verschleppt worden war. Unverkennbar wird auch hierbei die Parallele zum eigenen Schicksal.
Obwohl Färber zeitlebens durch seine Verwundungen gesundheitlich angeschlagen war, erreichte er das biblische Alter von 101 Lebensjahren.
Werke: Zahlreiche Artikel in: „Bad. Beobachter“, Jgge 1924–1934, „Tiroler Anzeiger“, Jgge. 1934–1937 u. in „Stuttgarter Nachrichten“, Jgge. 1946–1965. – Einzelveröffentlichungen (Auswahl): Studien zur Geschichte des kirchenpolitischen Kampfes unter Ludwig dem Bayern, Diss. Freiburg im Br. 1918; Weltverband kath. Akademiker, W. V. K. A., 1919; Das kommende Russland, 1920; Von Marx bis Lenin, 1921; Konstanz vor 600 Jahren: Weltpolitische Rückerinnerung, in: Bodensee-Chronik, Bll. für die Heimat Bd. 13, 1924, Nr. 32-34 u. Bd. 14, 1925, Nr. 1; Robert M. Ferling (Pseudonym), Glühende Ketten, 1926; Krieg dem Frieden, Roman, ca. 1930; (mit Erich Plassmann u. Erich Ruhland) Der lose Zement, 1948; Packen: Verladen u. Transport von Zement, 1949; Lebenslängliches Gefängnis für Kirche, Recht u. Freiheit: Das Urteil gegen Mindszenty. Ein Mahnruf an das dt. Volk, 1949; Das Modell d. Lady Milford?, 1959; Tiere am Berg: Mit d. Kamera erjagt, 1963; (mit Denise Meunier) Les animaux des montagnes, 1966; Der Papst im Bergwerk, 1967; Nachtgespenster: Fotojagd auf Eulen, 1974; Gott d. Scherbenflicker: Erkenntnisse u. Bekenntnisse, 1983.
Nachweis: Bildnachweise: Thaler/Pfaundler/Menardi, 1988, 1113 (vgl. Literatur).

Literatur: 75 Jahre Badenia, 1949; Stuttg. Ztg. vom 19.2.1972, Generalkonsul Dr. Färber 80 Jahre; Stuttg. Nachrichten vom 21.2.1987, Zum 95. Geburtstag von Otto Färber; Walter Thaler/Wolfgang Pfaundler/Herlinde Menardi, Telfs. Portrait einer Tiroler Marktgemeinde in Texten u. Bildern Bd. 2, 1988, 1112f.; Stuttg. Nachrichten vom 21.2.1992, Zum 100. Geburtstag von Konsul Otto Färber; ebd. vom 19.3.1993, Zum Tode von Otto Färber; Stuttg. Ztg. vom 20.3.1993, Verleger d. ersten Stunde, Stuttg. Nachrichten-Mitbegründer Dr. Otto Färber im Alter von 101 Jahren gest.; Edgar Lersch, Stuttgart in den ersten Nachkriegsjahren, 1995; Stefan Kursawe, Politische Kommentare bei Radio Stuttgart u. d. Stuttg. Tagespresse 1945–1947, 1996; ders., Stimmen d. „Stunde eins“: Politische Kommentare im Stuttgart d. unmittelbaren Nachkriegszeit, in: Rundfunk u. Geschichte 23, 1997, 208-233; Ernst-Otto Bräunche, 125 Jahre Badenia-Verlag u. –Druckerei Karlsruhe, 1999.
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