Holtzmann, Walther 

Geburtsdatum/-ort: 31.12.1891;  Eberbach am Neckar
Sterbedatum/-ort: 25.11.1963; Bonn
Beruf/Funktion:
  • Historiker
Kurzbiografie: 1910 Abitur in Karlsruhe
1911-1914 Studium der Geschichte in Straßburg, Heidelberg
1914-1918 Kriegsdienst, zeitweise im Hauptquartier Hindenburgs
1920 Promotion bei Otto Cartellieri, Heidelberg, zum Dr. phil.
1924-1926 Assistent des wieder eröffneten Preußischen Historischen Instituts in Rom
1926 Habilitation in Berlin
1931 ordentlicher Prof. in Halle
1936 ordentlicher Prof. in Bonn
1939-1942 Kriegsdienst als Offizier der Luftnachrichtentruppe
1953-1961 Direktor des neu eröffneten Deutschen Historischen Instituts in Rom
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 21.10.1919 Sigrid, geb. von Voigts-Rhetz (geb. 26.4.1889 Berlin, gest. 7.12.1964 Bonn)
Eltern: Vater: August Holtzmann (1853-1911), Gymnasialprofessor
Mutter: Maria, geb. Barth (1860-1945)
Geschwister: 3
Kinder: Peter Holtzmann, Sabine Holtzmann, beide wohnhaft in Bonn; Ursula Holtzmann verh. Miethke(1922-2015)
GND-ID: GND/118706756

Biografie: Helmut Maurer (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 140-141

Wie sein älterer Vetter Robert Holtzmann (17. 10. 1874-27. 6. 1946), der sich gleichfalls der mittelalterlichen Geschichte verschrieben hatte, gehörte auch Holtzmann jener alten badischen Gelehrtenfamilie an, die Johann Michael Holtzmann (1774-1820), der Sohn des Speyrer Bürgermeisters Johann Alexander Holtzmann (1699-1784), seit 1799 als Vikar in Durlach, begründet hatte. Den politischen Auffassungen dieses Vorfahren widmete der junge Doktor eine seiner ersten wissenschaftlichen Studien (Demosthenes an die Deutschen, in: ZGO 75, 1921, 295-302).
Holtzmann hatte zunächst seine Gymnasialzeit in Bruchsal und Karlsruhe absolviert, wo er 1910 das Abitur ablegte. 1911 nahm er das Studium in Straßburg auf, wo ihn die Vorlesungen und Übungen Harry Bresslaus und seines Vetters Robert Holtzmann endgültig für die Geschichte des Mittelalters gefangennahmen. Dann aber wechselte er an seine Heimatuniversität Heidelberg über; hier wurden ihm vor allem Hampe und Oncken, mehr noch aber der große Kenner des spätmittelalterlichen Burgund, Otto Cartellieri, zu Lehrern. Freilich zwang auch ihn, der zum Funkersoldaten ausgebildet war, der Erste Weltkrieg zur Unterbrechung des Studiums. Dienst u. a. im Hauptquartier Hindenburgs weckte indessen sein Interesse für Zeitgeschichte. Aber auch das zum hauptsächlichsten Forschungsgebiet auserkorene Mittelalter hielt den im Felde stehenden Studenten gefangen. Ein Urkundenfund aus der Zeit des Konstanzer Konzils in Kowno regte ihn zu seiner ersten selbständigen wissenschaftlichen Arbeit überhaupt an, die er in der landesgeschichtlichen Zeitschrift seiner Heimat erscheinen ließ (Die Gründung des Bistums Samaiten, in: ZGO 71, 1917, 70-84). Aus dem Felde zurückgekehrt, promovierte er im Jahre 1920 in Heidelberg mit der von O. Cartellieri angeregten Dissertation über „Die Beziehungen Papst Urban II. zu Frankreich“. Zum Schicksal aber wurde ihm im folgenden Jahre die Begegnung mit Paul Fridolin Kehr, den er fortan als seinen eigentlichen Lehrer und als sein wissenschaftliches Vorbild betrachtete, – so sehr, daß man ihn leicht ironisierend als „un altro Kehr“ bezeichnet hat. Diese in manchem zutreffende Kennzeichnung darf indessen die überaus eigenständige Persönlichkeit Holtzmanns nicht übersehen und vergessen lassen: den nicht nur der Musik, sondern auch der Malerei durch eigenes Tun Verbundenen und den durch persönliche Bescheidenheit, unbedingte Hingabe an die Wissenschaft, Humor, Ironie und vor allem liebenswürdige Hilfsbereitschaft gegenüber einem jeden wissenschaftlich Rat Suchenden ausgezeichneten Gelehrten. Die Wurzel für seine Weitläufigkeit, für seine intime Kenntnis beinahe des gesamten westeuropäischen Mittelalters wurde gepflanzt, als ihn Paul Kehr 1924 nach Rom sandte, um das eben wieder eröffnete Preußische Historische Institut an Ort und Stelle – als Kehrs Assistent – faktisch zu leiten. Die Habilitation in Berlin 1926 machte zwar die Rückkehr nach Deutschland notwendig; aber der neuerliche Auftrag Kehrs, für sein großes Papsturkundenwerk das englische Material zu sammeln, führte ihn zu zahlreichen Archivreisen auf die britischen Inseln. Die Frucht dieser Arbeiten bildeten drei Bände „Papsturkunden in England“, die 1931, 1935/36 und 1952 einander folgten. Funde in englischen Archiven regten ihn auch zu der dritten und letzten Studie an, die er in der ZGO erscheinen ließ und mit der er ausdrücklich zugleich einen Beitrag zur „Heimatgeschichte“ leisten wollte (Die englische Heimat Pfalzgraf Ludwigs III., in: ZGO 82, 1930, 1-38).
1931 aber wurde Holtzmann als Nachfolger seines Vetters Robert Holtzmann Ordinarius in Halle und 1936 an Stelle des von den Nationalsozialisten auf Grund der Nürnberger Gesetze entlassenen Wilhelm Levison Ordinarius in Bonn. Seinem Vorgänger hat er mutig und ritterlich bis zu dessen Lebensende im Exil die Treue bewahrt.
Der Dienst als Offizier der Luftnachrichtentruppe von 1939 bis 1942 in Frankreich ließ ihn mit einem Land, dessen mittelalterlicher Geschichte schon seine Dissertation gewidmet war, nahe vertraut werden: Noch lange nach dem Krieg wußte man die ritterliche Haltung dieses deutschen Offiziers an den Orten seiner Stationierung zu schätzen.
Der Wiederaufbau des Historischen Seminars in Bonn und die intensive Betreuung der vom Krieg heimgekehrten Studenten nahmen zunächst Holtzmanns ganze Kraft in Anspruch, ohne daß freilich seine wissenschaftliche Produktion nennenswert gelitten hätte. Ein neuer Lebensabschnitt aber begann für Holtzmann mit der Berufung zum Direktor des neu eröffneten Deutschen Historischen Instituts in Rom im Jahre 1953. Hier konnte er nun darangehen, die von seinem Lehrer und Meister Paul Kehr unvollendet übernommene „Italia Pontificia“ weiterzuführen und zum Abschluß zu bringen, ein Vorhaben, das ihm dann auch weitgehend zu verwirklichen gelang. Im Vordergrund aber stand das Wirken für „sein“ Institut, stand die Betreuung „seiner“ Stipendiaten und stand die Sorge für die Wiederbelebung der deutsch-italienischen Beziehungen auf dem Gebiete der Mittelalterforschung. All dies ist ihm aufs schönste geglückt. Ende 1961 ist Holtzmann nach Bonn zurückgekehrt. Im Herbst 1963 machte er sich noch einmal zu einem Forschungsaufenthalt nach dem geliebten Rom auf; er mußte diesen Studienaufenthalt jedoch – bereits von der tödlichen Krankheit gezeichnet – vorzeitig abbrechen.
Holtzmann hat nicht nur bis zu seinem Lebensende unverkennbar „badisch“ gesprochen; er hat - auch aus der Ferne – stets die Anhänglichkeit an seine südwestdeutsche Heimat bewahrt.
Werke: W. Holtzmann, Beitrr. zur Reichs- und Papstgeschichte des hohen Mittelalters. Ausgewählte Aufsätze (= Bonner Histor. Studien 8) 1957. Gesamtschriftenverzeichnis in: DA 20, 1964, 320-324.
Nachweis: Bildnachweise: vgl. Lit. F.-J. Schmale.

Literatur: Th. Schieffer, W. Holtzmann, in: DA 20, 1964, 301-324; Th. Vischer, Universitätsprofessor Dr. W. Holtzmann, in: Eberbacher Geschichtsbl. 62, 1963, 17-20; W. Schmid, P. E. Hübinger, F.-J. Schmale, In Memoriam W. Holtzmann (= Alma Mater 17) 1965; F.-J. Schmale, W. Holtzmann 1891-1963, in: Bonner Gelehrte-Geschichtswissenschaften, 1968, 398-409 (mit Bild); R. Elze, W. Holtzmann †, in: Quellen und Forschungen aus italien. Archiven u. Bibliotheken 44, 1964, XIII-XXVI; H. Schwarzmaier, W. Holtzmann, in: Eberbacher Geschichtsbl. 1981, 71-88 (mit Stammtafel der Familie auf 86 f.).
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