Kyber, Manfred Carl 

Geburtsdatum/-ort: 01.03.1880; Riga
Sterbedatum/-ort: 10.03.1933;  Löwenstein
Beruf/Funktion:
  • Dichter, Tierschützer
Kurzbiografie: 1900 Gasthörer an der Univ. Leipzig
1902 erster Gedichtband
1902 Umzug von Leipzig nach Berlin
1908 Uraufführung seines Stückes „Meister Mathias“ in Berlin
1918–1919 Aufenthalt im Baltikum
1919 Leiter der Kleinkunstbühne Marabu in Riga
1919 Rückkehr nach Deutschland (Stuttgart)
1923 Umzug von Stuttgart nach Löwenstein
1930 Verleihung des Welttierschutzpreises vom Bureau International Humanitaire Zoophile
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 22.7.1909 Elisabeth, geb. Boltho von Hohenbach (25.1.1882–12.11.1984), gesch. 3.8.1922
Eltern: Vater: Eduard Victor Kyber (31.8.1841–22.3.1902), Gutsbesitzer auf Paltemal
Mutter: Sophie Friederike, geb. Bähr (10.2.1848–26.2.1939), Tochter des Prof. an der Dresdner Kunstakademie Johann Carl Ulrich Bähr
Geschwister: Wladimir
Kinder: Leonie (8.10.1904–4.1.1982), adoptiert 1922, Tochter von Elisabeth Gerlach, geb. Wintzer (16.6.1863–12.6.1933).
GND-ID: GND/11872567X

Biografie: Andreas Butz (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 171-172

Kyber wurde als Deutschbalte in Riga im damals russischen Lettland geboren. Die wohlhabende Familie besaß das schön gelegene Landgut Paltemal bei Ligat, wo sie die Sommermonate verbrachte. Die frühe Schulausbildung in Volksschule und Gymnasium genoss Kyber in Riga. Den späteren Teil seiner Schulzeit sollte Kyber ab 1898 durch den Besuch eines Gymnasiums in Sankt Petersburg abschließen, welches er jedoch vorzeitig verließ. Schon damals zeigten sich dichterische Neigungen bei dem Jugendlichen. Im Jahr 1900 übersiedelte er nach Leipzig und besuchte dort als Gasthörer der Fächer Germanistik, Psychiatrie und Philosophie Vorlesungen an der Universität. Hier pflegte er Umgang mit Künstlerkreisen. Aus der damals beginnenden, mehrjährigen Beziehung mit der verheirateten Elisabeth Gerlach ging seine 1904 geborene und 1922 von ihm adoptierte leibliche Tochter Leonie hervor.
Weder Kyber noch sein Bruder wollten das lettische Gut übernehmen, nachdem der Vater 1902 gestorben war. In diesem Jahr erschien auch sein erster Gedichtband. Wohl aufgrund der durch den Tod des Vaters veränderten persönlichen wirtschaftlichen Situation, ging Kyber nach Berlin und nahm dort Anstellungen an, zunächst als Redakteur der Jugend-Zeitschrift „Der Junge“, wo auch seine ersten Märchen (Drei Waldmärchen) erschienen, dann als Lektor beim Vita-Verlag. Neben diesen Anstellungen versuchte er sich weiterhin als Schriftsteller zu etablieren, was schließlich auch glückte. Einige seiner Lieder kamen in der Berliner Kabarett-Bühne Überbrettl zur Aufführung. Sein Schauspiel „Meister Mathias“ wurde im Jahr 1908 am Königlichen Schauspielhaus in Berlin uraufgeführt. Und seine 1912 zuerst erschienenen Erzählungen „Unter Tieren“, die ihm den dichterischen Durchbruch brachten, und die auch heute noch seine bekanntesten Werke sind, erlangten rasch eine ansehnliche Auflagenhöhe.
In persönlicher Hinsicht brachte die Berliner Zeit die Bekanntschaft mit der Baltin Elisabeth Boltho von Hohenbach, die er 1907 kennen lernte und mit der er zwei Jahre später die Ehe schloss. Durch seine Frau kam er auch in Berührung mit der Theosophie beziehungsweise Anthroposophie, durch welche die weltanschauliche Ausrichtung des Schriftstellers mitgeprägt wurde. Er wurde 1914 Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft, der seine Frau bereits angehörte, stand jedoch eher am Rande dieser Bewegung. Verschiedene Schriften des Autors sind durch eine anthroposophische Weltsicht beeinflusst, besonders der Gedichtband „Genius Astri“, den er Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, widmete. Zur Schaffung seiner Schauspiele „Drei Mysterien“, welche 1913 erschienen, wurde er wohl durch die Mysteriendramen Steiners und Edouard Schurés angeregt.
Das Jahr 1918 führte das Ehepaar Kyber aus Sorge um Angehörige nach Riga, was nach sich zog, dass die Eheleute in den Strudel der dortigen bolschewistischen Umstürze gerieten. Als Angehörige der deutschbaltischen Oberschicht waren sie damals Gefährdungen ausgesetzt. Kyber wurde in dieser bedrängten, von materieller Not und Existenzangst geprägten Phase Leiter der Kleinkunstbühne Marabu. 1919 konnte das Ehepaar wieder nach Deutschland zurückkehren, nachdem die Stadt befreit worden war. Das Ehepaar siedelte sich nun in Stuttgart an. Kyber wurde dort Leiter des Union-Verlages. Außerdem schrieb er Beiträge für die „Waldorf-Nachrichten“, der Werkszeitung der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, sowie Theaterkritiken für den „Kunstführer“ und den „Schwäbischen Merkur“. In der Volkshochschule hielt er Vorträge über das Thema Okkultismus, welche 1923 in Buchform veröffentlicht wurden. Es entstanden auch weitere Prosastücke. 1922 erfolgten die Scheidung von seiner Frau und dann der Umzug in das Städtchen Löwenstein, wo sich für ihn eine günstige Wohnmöglichkeit ergeben hatte. Ein Jahr später fanden die getrennten Eheleute in der Löwensteiner Wohnung wieder zusammen.
Die von Kyber als zurückgezogen empfundene Löwensteiner Zeit brachte eine Fortführung seines literarischen Schaffens. Auch das Sachbuch „Tierschutz und Kultur“ erschien in dieser Zeit. Der Tierschutz, vor allem der Kampf gegen die Vivisektion und überhaupt gegen die Ausnutzung der Tiere, war neben einer umfassenderen Kulturkritik ein zentrales ethisches Anliegen des überzeugten Vegetariers, welches er auch in anderen Werken zu vermitteln suchte, etwa in manchen seiner humoristischen und gleichzeitig tiefgründigen Tiergeschichten. Schon früher hatte er sich für dieses Thema engagiert und war deshalb bereits im Jahr 1915 in den Vorstand des Berliner Tierschutzvereins berufen worden. Als Anerkennung seiner literarischen Arbeiten für den Tierschutz wurde er im Jahr 1930 vom „Bureau International Humanitaire Zoophile“ mit dem Welttierschutzpreis geehrt. In Löwenstein schrieb er auch seine 1929 veröffentlichte, bis heute aufgelegte und gelesene Erzählung „Die drei Lichter der kleinen Veronika. Roman einer Kinderseele in dieser und jener Welt“, wo er ausgehend von dem zart umrissenen, in tiefem Einklang mit den Erscheinungen der Natur stehenden Seelenleben eines Kindes, noch einmal seine metaphysische Weltsicht in eine märchenhafte Erzählung einfließen ließ.
Bereits 1933 erfolgte der frühe Tod des Dichters, der gerade 53-jährig seine letzte Ruhestätte auf dem Löwensteiner Waldfriedhof fand, benachbart dem Grab der als Justinus Kerners „Seherin von Prevorst“ bekannten Friederike Hauffe. Die Stadt Löwenstein ehrte sein Andenken unter anderem durch die Benennung der örtlichen Grundschule nach seinem Namen und durch Gründung eines seit 1993 im dortigen Freihaus untergebrachten, dem Dichter gewidmeten Museums mit dem Manfred-Kyber-Archiv, das seinen Nachlass verwahrt.
Quellen: NL im Stadt- und Manfred-Kyber-Museum Löwenstein.
Werke: Gedichte, 1902; Drei Waldmärchen, 1903; Cœur As. Novellen, 1905; Meister Mathias. Dramatisches Gedicht, 1906; Der Schmied vom Eiland, 1908; Nordische Geschichten, 1909; Unter Tieren, 1912; Drei Mysterien: Der Stern von Juda. Die neunte Stunde. Der Kelch von Avalon, 1913; Genius Astri. Dreiunddreißig Dichtungen, 1918; Märchen, 1920; Das wandernde Seelchen. Der Tod und das kleine Mädchen. Zwei Märchenspiele, 1920; Der Königsgaukler. Ein indisches Märchen, 1921; Im Gang der Uhr. Novellen, 1922; Grotesken, 1922; Einführung in das Gesamtgebiet des Okkultismus, 1923; Küstenfeuer. Drama, 1923; Stilles Land. Gedichte, 1924; Tierschutz und Kultur, 1925; Neue Tiergeschichten, 1926; Der Mäuseball und andere Tiermärchen, 1927; Puppenspiel. Neue Märchen, 1928; Die drei Lichter der kleinen Veronika, 1929; Gesammelte Tiergeschichten, 1931; Neues Menschentum. Betrachtungen in zwölfter Stunde, 1931; Das Manfred Kyber-Buch, 1969.
Nachweis: Bildnachweise: Brieger, wie Literatur; Dähn, wie Literatur.

Literatur: Gertrud von Karger, Manfred Kyber – Dichter und Tierfreund, 1936; Ingeborg Günther, Manfred Kyber. Versuch einer Monographie, 1954; Anton Brieger, In zwölfter Stunde, 1973; Karl-Heinz Dähn, Manfred Kyber. Ein Ort der Sehnsucht, 2009.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)