Rahner, Hugo 

Geburtsdatum/-ort: 03.05.1900;  Pfullendorf/Baden
Sterbedatum/-ort: 21.12.1968; München
Beruf/Funktion:
  • Jesuit, Theologe und Historiker
Kurzbiografie: 1918 Abitur am Realgymnasium Freiburg i. Br. und Militärdienst in der Freiburger Karlskaserne
1919 Eintritt in das Noviziat der Jesuiten
1920-1923 Philosophiestudium an der Ordenshochschule Valkenburg
1923-1926 Präfekt und Erzieher am Jesuitengymnasium Feldkirch
1926-1931 Weiterstudium der Philosophie und Theologiestudium an der Universität Innsbruck
1929 Priesterweihe durch Kardinal M. Faulhaber in Pullach
1931 Promotion an der Universität Innsbruck zum Dr. theol.
1931-1934 Studium der Geschichte an der Universität Bonn
1934 Promotion an der Universität Bonn zum Dr. phil.
1935 Habilitation für die Fächer Alte Kirchengeschichte und Patrologie in Innsbruck
1937 ordentlicher Professor für Alte Kirchengeschichte und Patrologie an der Universität Innsbruck
1938-1945 Professor an der Päpstlichen Theologischen Fakultät in Sitten/Schweiz
1945-1946 Dekan der wiedereröffneten Theologischen Fakultät Innsbruck
1949-1950 Rektor der Universität Innsbruck
1955 Großes Ehrenzeichen für die Verdienste um die Republik Österreich
1958 Ehrenkette des Landes Tirol
1959 Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft „Pro litteris et artibus“ der Republik Österreich
1963 wegen Krankheit (Morbus Parkinson) emeritiert
1968 Dr. jur. h. c. der Universität Innsbruck
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Eltern: Karl Rahner (1868-1934), Lehrerseminar- und Gymnasialprofessor für Deutsch, Geschichte und Französisch
Luise, geb. Trescher (1875-1976)
Geschwister: 6, unter ihnen Karl Rahner
GND-ID: GND/118748890

Biografie: Herbert Vorgrimler (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 355-356

Mit seinem Bruder Karl teilte Rahner „typisch alemannische“ Eigenschaften, im Unterschied zu ihm war er weltgewandt, ein geistreicher Unterhalter, eine auf ersten Anhieb gewinnende Persönlichkeit. Er verfügte über eine hervorragende rhetorische Begabung, die ihn zum gesuchten Vortragsredner machte. Vielen tausend Menschen blieb das Pathos seiner sonoren Stimme unvergeßlich durch die großen Festreden auf den Katholikentagen von Wien 1952 und Köln 1956. Er wirkte auch als Prediger und Exerzitienmeister. Seine Sprachenkenntnisse trugen dazu bei, daß er nach 1945 die Verbindung zur Theologie in Frankreich und Belgien wiederherstellen konnte; dabei kam es 1948 zu einer wichtigen Begegnung mit dem Pariser Nuntius A. G. Roncalli (dem späteren Papst Johannes XXIII.). Prägend für Rahner war auch seine Freundschaft mit dem letzten Hochmeister des Deutschen Ordens, Erzherzog Eugen von Österreich, dessen Hausseelsorger er 8 Jahre lang war und bei dem er mit vielen österreichischen Aristokraten zusammentraf.
Als Historiker genoß Rahner weltweites Ansehen. Ausgewiesen war er durch die theologische Dissertation über „Pompa diaboli“, ein Thema der Alten Kirchengeschichte, durch die strenge Bonner Schule bei Franz Joseph Dölger und Wilhelm Levison, unter dessen Leitung er die philosophische Dissertation über die gefälschten Papstbriefe aus dem Nachlaß des Jerôme Vignier erstellte, und durch die Habilitationsarbeit über die Gottesgeburt im Herzen der Gläubigen nach der Theologie der Antike. Als die NS-Behörden 1938 die Theologische Fakultät und das Jesuitenkolleg in Innsbruck aufhoben, siedelte Rahner mit den meisten Professoren nach Sitten im Schweizer Wallis über; dort wurden die Exilanten durch Papst Pius XI. zu einer Päpstlichen Fakultät erhoben. Für Rahner bedeutete das Jahre des ungestörten Arbeitens. Dabei stellten sich zwei Schwerpunkte heraus. Seine Fähigkeit, alte Texte aufzuschließen, um sie von innen her zum Strahlen zu bringen, kam vor allem dem Thema der Kirche zugute. Über „Abendländische Kirchenfreiheit“, das Verhältnis von Kirche und Staat im frühen Christentum, legte er 1943 einen umfangreichen Band (3. Aufl. 1961) vor. Den Lobpreis der Kirche in Texten aus dem ersten Jahrtausend sammelte er in „Mater Ecclesia“ (1944). Aus zahlreichen Aufsätzen und Studien zu diesem Themenkreis ging später das Buch „Symbole der Kirche“ (1964) hervor. Ein zweiter Schwerpunkt bildete sich, als Rahner mit C. G. Jung und dessen Eranos-Kreis in Ascona in Verbindung kam. 1940-1946 hielt er dort regelmäßig religionsgeschichtliche Vorträge zum Verhältnis von griechischer Antike und christlichem Glauben und über die Wahrheit in der nichtchristlichen Welt. Daraus erwuchsen das Büchlein „Der spielende Mensch“ (1948, ein Gespräch mit Hermann Hesses „Glasperlenspiel“, das vielfache Neudrucke und Übersetzungen erlebte) sowie der umfangreiche Band „Griechische Mythen in christlicher Deutung“ (1945, 4. Aufl. 1984).
Das spirituelle Interesse Rahners war noch vor seinem Exil in dem vieldiskutierten und übersetzten Entwurf „Eine Theologie der Verkündigung“ (1937) zutage getreten. Vor allem aber zeigte es sich in einer intensiven, schon 1935 einsetzenden Beschäftigung mit dem Ordensgründer Ignatius von Loyola. Einen ersten Ansatz zu einer Biographie des Heiligen legte er 1955 vor, die Ausgabe des Briefwechsels des Ignatius mit Frauen folgte 1956, ein Sammelwerk theologisch-biographischer Natur gab Rahner 1964 heraus. In diesen Werken versuchte er, hinter dem hagiographischen den theologischen Ignatius als das Ideal eines modernen Heiligen aufzuzeigen. Die seit 1961 immer stärker auftretende Krankheit erlaubte es Rahner nicht, die geplante wissenschaftliche Biographie zu schreiben.
In großangelegten Reden hatte Rahner sich auch mit den christlichen Wurzeln Europas befaßt. „Vom ersten bis zum dritten Rom“ war das Thema seiner Inaugurationsrede als Rector magnificus 1949. Eine Sammlung solcher Reden erschien 1966 mit dem Titel „Abendland“. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß Rahner zu dem maßgeblich von seinem Bruder Karl herausgegebenen „Lexikon für Theologie und Kirche“ bis 1963 über 100 Artikel, die von größter Prägnanz und Präzision sind, beisteuerte.
Die sieben Jahre seiner Krankheit trug Rahner als der fromme Priester, der er immer war, gläubig ergeben, aber auch in unverkennbarer Schwermut.
Quellen: Nachlaß im Provinz-Archiv der Jesuiten, München, Seestraße
Werke: Bibliographie in der Festschrift Sentire Ecclesiam. Das Bewußtsein von der Kirche als gestaltende Kraft der Frömmigkeit, hg. von J. Daniélou und H. Vorgrimler (1961) 794-828 (720 Titel). – Ein literarisches Selbstporträt Hugo Rahners: Forscher und Gelehrte, hg. von W. E. Böhm und G. Paehlke (1966) 15 f.
Nachweis: Bildnachweise: Bodenseebuch 1963 (siehe oben, S. 27 eine Porträtzeichnung); Karl Rahner – Bilder eines Lebens, hg. von P. Imhof und H. Biallowons (1985); Karl Rahner, Sehnsucht nach dem geheimnisvollen Gott, hg. von H. Vorgrimler (1990)

Literatur: H. Vorgrimler, Den Vätern und dem Vater. Der Theologe und Historiker Hugo Rahner, in: Bodenseebuch 1963, hg. von G. Brummer und E. Stübel (1963) 20-30; A. Rosenberg, Hugo Rahner, in: Tendenzen der Theologie im 20. Jahrhundert, hg. von H. J. Schultz (1966) 447-453; J. A. Jungmann, In memoriam P. Hugo Rahner, in: Zeitschrift für Katholische Theologie 91 (1969) 76-78; „Gemeinsame Arbeit in brüderlicher Liebe“: Hugo und Karl Rahner, Dokumente und Würdigung ihrer Weggemeinschaft, hg. von Abraham P. Kustermann, 1993, 86 S.; K.-H. Neufeld, Die Brüder Rahner (1994); J. Holdt, Hugo Rahner. Sein geschichts- und symboltheologisches Denken (1997)
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