Schlapper, Fee Felicitas 

Geburtsdatum/-ort: 07.06.1927; Gießen
Sterbedatum/-ort: 07.03.2000;  Baden-Baden
Beruf/Funktion:
  • Fotografenmeisterin
Kurzbiografie: 1927-1935 Jugendjahre in Gießen, Genf und Saarbrücken
1937-1947 Richard-Wagner-Realschule Baden-Baden
1950-1952 Staatslehranstalt für Lichtbildwesen, München
1953 Eröffnung eines Fotoateliers in Baden-Baden
1954 Meisterprüfung
1956 Berufung in die Gesellschaft Deutscher Lichtbildner
1958-1972 Zahlreiche Fotoreisen
1978 Umzug ins eigene Atelierhaus
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Eltern: Vater: Ernst
Mutter: Julie, geb. Thiele (1900-1972)
Kinder: 1 Adoptivtochter
GND-ID: GND/118804995

Biografie: Reiner Haehling von Lanzenauer (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 320-322

Die Kindheit von Schlapper prägten mehrere Wohnortwechsel, bedingt durch die Tätigkeit des Vaters in diversen Industrieverwaltungen. Im Herbst 1935 wurde der Vater Ernst, der sich dem NS-Regime entgegenstellte, unter Vorwänden verhaftet und zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Familie wohnte unterdessen in Baden-Baden. Im Jahre 1946 hat man den Vater in der Kurstadt zum Oberbürgermeister gewählt. Schlapper hatte die Baden-Badener Mädchenrealschule besucht und dort das Abitur bestanden. Ab 1950 ließ sie sich zwei Jahre lang auf der Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in München ausbilden. Sodann eröffnete sie im Gartenhaus ihres Baden-Badener Elternhauses in der Stadelhoferstraße 18 ein eigenes Atelier.
Zum Schwerpunkt ihrer Arbeiten machte Schlapper die Porträtfotografie. Im Gegensatz zur überkommenen Aufnahmetechnik, die meist künstliches Licht einsetzte, fotografierte Schlapper ausschließlich bei Tageslicht. Da gestaltete sich manche Sitzung recht zeitaufwendig, wenn Wolken die Sonne verdeckten oder gar der Himmel dunkelte. Schlapper konnte dann mit der Leica in der Hand geduldig diskutieren, um ihre Kunden danach entspannt in die Linse blicken zu lassen. Nach ihrem Willen sollte nicht bloß eine Ablichtung, sondern ein psychologisches Porträt entstehen, das die Wesensart des Gegenüber durchscheinen lässt. Interessenten stellten sich auf mancherlei Wegen in dem abgelegenen Fotostudio ein: Da war einmal der umfangreiche Bekanntenkreis des Vaters, der in dem nach Kriegszeiten wieder aufstrebenden Kurort vielfältige Kontakte zu Besuchern aus aller Welt zu pflegen hatte. Zum anderen kamen Einwohner, die durch Mundpropaganda von der begabten Künstlerin erfahren hatten. Schließlich gab es am Leopoldsplatz inmitten des Stadtzentrums einen kleinen Schaukasten, in dem oft ein stadtbekanntes Gesicht prangte, darunter die Adresse der Fotografin.
Unkonventionelle Familienbilder, treffende Momentaufnahmen von Kindern und in späteren Jahren vorwiegend Frauenbildnisse sind von Schlapper gefertigt worden. Von den Porträtierten seien nur genannt der Schriftsteller und Karikaturist Vicco von Bülow, bekannt als Loriot, der Architekt Egon Eiermann, der Bundeskanzler Ludwig Erhard, der Dirigent Yehudi Menuhin und die Schauspielerin Eleonore Weißgerber. Schlapper hat der Porträtfotografie neue, eigenwillige Impulse gegeben. Bereits im Jahre 1956 wurde sie zum Mitglied der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (heute Deutsche Fotografische Akademie) berufen, die sich für gehobene Qualität der bildnerischen Fotografie einsetzt.
Seit Ende der 1950er Jahre ging Schlapper auf Reisen. Mit umgehängter Kleinbildkamera erkundete sie Afghanistan, Afrika, Indien, Indonesien, Südamerika, Taiwan, die Vereinigten Staaten sowie andere Länder. Und immer stand der Mensch im Mittelpunkt der Bilder: Bekümmerte Kindergesichter in den Slums, junge Straßenarbeiterinnen in Südindien, müßige Indios auf der Kirchentreppe, beringte Massai-Frauen, gebeugte Reispflanzer, dozierende Redner im Londoner Hyde Park, ein verträumter Junge inmitten der Tauben des Trafalgar Square. Auf ihren Fahrten griff Schlapper nun auch zur Farbfotografie. Eine Reihe von Büchern voll meisterhafter Fotos hat sie veröffentlicht, ebenso Lichtbilder zu Werken anderer Autoren beigesteuert. Daneben sind zahllose Aufnahmen in Zeitungen und Zeitschriften erschienen. Ab 1963 fanden in Baden-Baden, Bern, Bremerhaven, Hamburg und München Einzelausstellungen statt, zudem konnte sie an zahlreichen Gruppenausstellungen des In- und Auslands teilnehmen. Man hat sie eine Lichtbildnerin der ganz feinen, leisen Töne genannt.
Mit den Jahren erschwerte ein angeborenes Hüftleiden das Reisen. Schlapper erstellte daher im Jahre 1978, beide Elternteile waren inzwischen verstorben, droben am Stadtrand am Lenauweg 5 einen Bungalow mit Atelier und zog sich dorthin zurück. Bis zu ihrem plötzlichen Tod im März 2000 hat sie noch einzelne Fotoarbeiten ausgeführt. Der Nachlass, bestehend aus Tausenden von Filmen, Abzügen und Diapositiven mit zugehörigen Manuskripten und Aufzeichnungen, befindet sich heute in der Fotografischen Sammlung des Museums Folkwang in Essen. Ihre Bibliothek ist der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe überlassen worden. Im Jahre 2003 wurde im Stadtwald von Baden-Baden eine feste Schutzhütte errichtet, die den Namen der naturverbundenen Fotokünstlerin trägt.
Quellen: Fotografische Sammlung Museum Folkwang, Essen, Nachlass.
Werke: Taha, d. ägyptische Eseljunge, 1963; Baden-Baden. Mit Beiträgen von Werner Bergengruen u. a., 1968; Schloss Nymphenburg, 1972; (mit Helmuth Hartmann), Sicht u. Zuversicht, 1984; Gegenüberstellung, Porträts über die Zeit, 1988. – Fotobeiträge (Auswahl) in: Eugen Bargatzky, Baden-Baden u. seine Umgebung, 1953; Otto Mahler, Der Stadtwald von Baden-Baden, 1954; Ernst Schlapper, Leopold Zahn zum 70. Geburtstag, 1960; Peter Hoch in: du, Kult. Monatsschr. 1962, 21; Gert Haedecke, Baden-Baden, 1980.
Nachweis: Bildnachweise: Baden-Badener Tribüne, Oktoberheft 1970, 11.

Literatur: Leopold Zahn, Mensch u. Welt, 1969; Museum Folkwang Essen, Die Sammlung Otto Steinert, 1985 2. Aufl., 81, 134; Manfred Schmalriede, F. Schlapper Menschenbilder, 1995; Sandra Ullrichskötter, F. Schlapper Porträtfotografie 1952-1997, 2004. – Zeitungen: BNN vom 9.6.1973, 13.11.1995 u. 15.3.2000; FAZ vom 20.7.1974, 10.3.2000 u. 5.8.2004; Bad. Tagbl. vom 5.10.1981, 14.7.1983, 14.3.2000 u. 13.9.2004.
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