Gruber, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 06.05.1885;  Konstanz
Sterbedatum/-ort: 12.02.1966; Darmstadt
Beruf/Funktion:
  • Architekt, Städtebauer, Bauhistoriker, Denkmalpfleger
Kurzbiografie: 1903 Abitur
1904-1914 Architekturstudium in Karlsruhe, Diplom-Examen, Badisches Regierungsbaumeister-Examen und Promotion zum Dr. Ing. bei Friedrich Ostendorf
1914-1918 Kriegsdienst
1919-1925 Leiter des Städtischen Hochbauamtes Freiburg als Oberbaurat
1925-1932 Prof. Technische Hochschule Danzig
1933-1955 Prof. Technische Hochschule Darmstadt
1934 Ehrensenator der Universität Heidelberg
1965 Dr. Ing. e. h. der Technischen Universität München
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1919 Elisabeth, geb. Freiin Teuffel von Birkensee
Eltern: Vater: Florian Gruber, Landgerichtspräsident in Konstanz
Mutter: Sophie Emilie, geb. Freifräulein von Neveu
Geschwister: 1
Kinder: 2 Söhne
2 Töchter
GND-ID: GND/118945262

Biografie: Klauspeter Wilke (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 111-113

Einer badischen Juristenfamilie entstammend, wuchs Gruber in seinem Geburtsort Konstanz am Bodensee auf und besuchte die Gymnasien in Karlsruhe, Freiburg und Konstanz, wo er 1903 das Abitur ablegte. Gruber sah als Schüler die Bauwerke der neunziger Jahre entstehen; Gabriel von Seidl, Friedrich Thiersch und Theodor Fischer bauten, als er im Wintersemester 1904 die Großherzogliche Technische Hochschule in Karlsruhe bezog, um – wie sein Bruder Otto – Architektur zu studieren. Neben dem dort noch lehrenden Karl Schäfer verehrte Gruber als seine Lehrer besonders Max Laeuger und den Schäferschüler Friedrich Ostendorf (1871-1915), als dessen Assistent er ab 1910 fungierte.
In der Verworrenheit der Bauformen und der überladenen Elemente des Historismus jener Zeit lernte Gruber nun eine Richtung zu finden, deren Dominanten Klarheit, Strenge, Einfachheit und Haltung waren, exemplifiziert an Formen und Konstruktionen des Mittelalters und an neuen Bauten, die Gruber als Bauleiter Ostendorfs betreute (Villa Krehl in Heidelberg). Für seine Dissertation über die Entwicklung der deutschen Stadt wählte Gruber den ungewöhnlichen Weg der vorwiegend auf zeichnerische Mittel zurückgreifenden Darstellung. Er zeigte darin die Entwicklungsgeschichte einer fiktiven Stadt während vier Zeitabschnitten (1180, 1350, 1580, 1750) auf und schaffte es so, auf knappstem Raum die vielfältigen Bewegkräfte städtebaulicher Entwicklung darzustellen. Nach der Promotion 1914 folgte im gleichen Jahr der bis 1918 dauernde Kriegsdienst im Badischen Infanterie-Regiment 114. Bereits im Februar 1914 war Gruber beim Freiburger Hochbauamt eingetreten, um als Sonderbeauftragter den Neubau der Städtischen Krankenhäuser (Universitätskliniken) zu entwerfen. Kriegsbedingt kam es weder zur Realisierung des ursprünglichen noch eines bescheideneren von Gruber nach Rückkehr aus dem Militärdienst ausgearbeiteten Projektes. Stattdessen wandte sich der mittlerweile zum Amtsleiter avancierte Gruber der Siedlungsplanung – im Stadtteil Haslach – und denkmalpflegerischen Aufgaben zu, dem Umbau des Augustinerklosters zum heutigen Museum und der Instandsetzung des Historischen Kaufhauses am Münsterplatz.
1925 wurde Gruber als ordentlicher Professor der mittelalterlichen Baukunst und des Kirchenbaus an die Technische Hochschule Danzig berufen. Die Stadt als sich entwickelnden Organismus zu verstehen, den die zwei Ordnungsprinzipien Religion und Macht als rote Fäden durchziehen - das lehrte Gruber seine Architekturstudenten, das legte er dar in seinen Arbeiten über die Danziger Marienkirche, deren Restaurierung er leitete, und das Rathaus in Thoran. Bereits 1927 gewann Gruber den ersten Preis im Wettbewerb für den Neubau der Heidelberger Universität und erhielt ein Jahr später den Bauauftrag dazu. Bauen in der Gegenwart war für ihn nur denkbar bei gleichzeitiger Beziehung zum Bauen der Vergangenheit. Auf großen Denkmalpflegetagungen (Würzburg 1928, Köln 1930) warnte er vor modischen Experimenten in den Altstädten und forderte ein Bauen aus handwerklich-konstruktiver Gesinnung heraus.
Von 1933 bis zu seiner Emeritierung 1955 wirkte Gruber als Ordinarius in Darmstadt. Hier lehrte er Städtebau, Gefugelehre der alten Baukunst, Baugeschichte und Entwerfen. 1937 veröffentlichte er erstmals sein klassisch gewordenes Werk „Die Gestalt der Deutschen Stadt“. Die in den bedrückenden Jahren des Dritten Reiches eingeschränkte Tätigkeit Grubers als Architekt erfuhr nach 1945 eine große Ausweitung, als er an die Spitze der Darmstädter Wiederaufbaukommission berufen und zugleich Leiter des kirchlichen Wiederaufbaus im Bereich der Evangelischen Landeskirche von Hessen und Nassau wurde. Auch außerhalb Darmstadts war Gruber nun als Städtebauer und Denkmalpfleger gefragt, so u. a. in Mainz, Hanau, Lampertheim, Münzenberg, Büdingen, Rüsselsheim, Freiburg, Salzburg, Reichenau. Als Kirchenbaumeister und langjähriger Denkmalpfleger für Rhein- und Oberhessen hat Gruber über seine Emeritierung hinaus die Baugeschichte der Nachkriegszeit aktiv mitgestaltet. Aus tief religiöser Haltung heraus mahnte er 1949 in seiner Schrift „Der heilige Bezirk in der zukünftigen Stadt“ zur Rückkehr zu Ordnung und Maß im Städtebau, was allerdings bei dem vielfach gewalttätigen und rücksichtslosen Wiederaufbau vieler Städte überhört wurde. Die Technische Universität München ehrte Gruber 1965 mit der Verleihung der Würde eines Ehrendoktors; mit Ausstellungen und Colloquien gedachte man in Darmstadt und Freiburg der 100. Wiederkehr seines Geburtstages.
Werke: Eine deutsche Stadt. Bilder zur Entwicklungsgeschichte der Stadtbaukunst. München 1914; Die Oberpfarrkirche von St. Marien in Danzig (mit E. Keyser) Berlin 1929; Die Gestalt der Deutschen Stadt. Leipzig 1937. 3., erweiterte Ausgabe, hg. von F. Angerer. München 1977. Französische Ausgabe, hg. von A. Romero u. J. Dewitte. Brüssel 1985; Das Deutsche Rathaus. München 1943; Der heilige Bezirk in der zukünftigen Stadt. Münster 1949; Aschaffenburg. Stadt zwischen Schloß und Stift. Amorbach 1962; Münzenberg. Burg, Stadt, Kirche (mit W. Küther) Gießen 1968.
Nachweis: Bildnachweise: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 9, 1966 Heft 1, 27.

Literatur: Lautenschlager 49 023; Andreas Romero, K. Gruber (1885-1966). Architekt, Städtebauer, Baugeschichtler, Diss. TU München 1987.
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