Bechtold, Arthur Andreas Carl 

Geburtsdatum/-ort: 08.03.1874;  Königheim
Sterbedatum/-ort: 06.11.1946; München
Beruf/Funktion:
  • Arzt, Kultur- und Kunsthistoriker
Kurzbiografie: 1880-1893 Volksschule bis 1884, dann Gymnasium in Würzburg bis Abitur
1893-1897 Studium der Medizin in Würzburg; Promotion bei Eduard G. von Rindfleisch (1836-1908): „Ein Fall von Tumor sacralis bei Spina bifida“ (1897)
1897-1909 Assistenzarzt bei dem Geheimen Rat Wilhelm Leube (1842-1922) Würzburg; danach Militär- und Stabsarzt in Gießen, Würzburg und Landau
1909-1913 Studium der Kunstgeschichte und Geschichte an der Universität Freiburg i. Br.; Praktikant am Städtischen Museum
1914-1946 Privatgelehrter mit Wohnsitz in München
1924 1. Aug. Ehrenbürger der Stadt Renchen
1944 Stadtplakette Würzburg
1961 Stiftung „Dr. Bechtold“ errichtet mit Genehmigung des Oberschulamtes Nordbaden, Karlsruhe
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1909 (Würzburg) Marie Luise Auguste, geb. Matthes (1887-1928) aus Driesen, Landkreis Friedeberg/Neumark (heute: Drezdenko/Polen)
Eltern: Vater: Jakob (1845-1922), Apotheker
Mutter: Anna Maria Margarethe (Meta), geb. Riegel (1843-1898)
Geschwister: Maria Katharina (1872-1891)
Kinder: keine
GND-ID: GND/119371375

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 5-7

Im badischen Frankenland geboren, wuchs Bechtold ab dem dritten Lebensjahr in Würzburg auf. Lebenslang bekundete er seine enge Verbundenheit mit der Landschaft zwischen Tauber und Main mit ihrem überkommen einheitlichen Kulturraum. In Würzburg hatte Bechtold Medizin studiert. Er war Stabsarzt, als er 1909 um Entlassung aus dem Militärdienst nachsuchte, um in Freiburg Kunstgeschichte und Geschichte zu studieren. Dabei war er zeitweilig Praktikant am Städtischen Museum (heute: Augustinermuseum). Sein Fachwissen erweiterte er beständig durch Kunstreisen ins Ausland. Seit 1914 lebte er in München.
Aus jenen frühen Jahren seiner Tätigkeit als Privatgelehrter datiert auch eine Reihe literarischer Studien. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit der deutschen Literatur des Barock am Oberrhein. An erster Stelle ist sein Buch „Joh. Jakob Christoph von Grimmelshausen und seine Zeit“ (1914) zu nennen, dem eine Reihe Einzeluntersuchungen zum „Simplicius“ folgten. Großes Interesse in der literarischen Fachwelt weckte auch sein 1922 erschienenes „Kritisches Verzeichnis der Schriften Johann Michael Moscheroschs“ (1601–1669), der aus Willstätt stammte. Kunst- und kulturgeschichtlich interessiert und von Hause aus vermögend, hatte Bechtold bereits als Medizinstudent damit begonnen, Bilder und Drucke vielfältigster Art zu sammeln. Seine über viele Jahre verfolgten studentenhistorischen Studien haben für die Geschichte des Verbindungswesens besonders der Universität Würzburg wichtige kulturgeschichtliche Erkenntnisse gebracht; die von ihm aufgebaute Sammlung war 1934 Gegenstand einer vielbeachteten Würzburger Ausstellung.
Bevorzugtes Forschungsobjekt Bechtolds war und blieb jedoch zeitlebens die Stadt Würzburg. Mit Umsicht und Ausdauer betrieb er den Erwerb Würzburger Stadtansichten. Was er zusammentrug, war eine nahezu geschlossene Dokumentenfolge, darunter Unika aus der Schwedenzeit, Handzeichnungen und Stiche deutscher und italienischer Barockmeister sowie deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts.
Als reifste Frucht der kulturgeschichtlichen Forschungen Bechtolds gelten gemeinhin seine Publikationen zur Geschichte Würzburgs. Zu den Stadtansichten im Bildwerk „Alt-Würzburg“ (1928) schrieb er die Kommentare. Sieben Jahre später folgten die „Kulturbilder aus dem alten Würzburg“, und kurz nach Kriegsbeginn konnte er noch den Band „Aus dem alten Würzburg. Beiträge zur Kulturgeschichte der Stadt“ (1940) edieren. Das hierfür zugrundegelegte Quellenmaterial hatte er in jahrzehntelanger, oft mühsamer Kleinarbeit zusammengetragen. Auf diese Weise ist er zu einem der gründlichsten Erforscher und besten Kenner des Würzburger Stadtarchivs geworden.
Bechtolds Gelehrtentätigkeit war in der Folge des II. Weltkrieges starken Beeinträchtigungen unterworfen. Er musste sich von manchen wertvollen Materialien trennen, um sie vor drohender Zerstörung zu schützen; u. a. war seine Gemäldesammlung an den Walchensee ausgelagert. Er selbst benutzte die Kriegsjahre zur Abfassung seiner Lebenserinnerungen. Die durch den Krieg bedingten Umstände und sein unerwarteter Tod in der entbehrungsreichen Zeit der Nachkriegsjahre dürften hinreichend erklären, weshalb Bechtold öffentliche Ehrungen in nur bescheidenem Umfang zuteil wurden. Beachtung verdient, dass ihn die Stadt Renchen wegen seiner besonderen Verdienste um die Grimmelshausen-Forschung bereits 1924 zum Ehrenbürger ernannte. Zum 70. Geburtstag verlieh ihm die Stadt Würzburg ihre Stadtplakette.
Kinderlos und seit langen Jahren verwitwet, hatte Bechtold freie Hand, seinen wertvollen Kunstbesitz öffentlichen Einrichtungen zu vermachen. Mit seinen letztwilligen Verfügungen dokumentierte er nicht nur seine Anhänglichkeit und Liebe zur fränkischen Heimat und ihrer Kunst, sondern er setzte sich selbst bei den späteren Generationen ein bleibendes Denkmal. Mit seiner umfangreichen Sammlung vornehmlich niederländischer Meister hat er seine Heimatgemeinde Königheim bedacht; aus deren Erlös wurde eine Stiftung zugunsten förderungswürdiger Studierender ins Leben gerufen. Seine Bibliothek ging an den Historischen Verein (heute: Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V.) in Würzburg, seine graphischen Sammlungen an das Mainfränkische Museum, die nichtfränkischen Handzeichnungen des 19. Jahrhunderts an das Augustinermuseum in Freiburg und die umfangreichen archivalischen Materialien an das Stadtarchiv Würzburg. Zwei Jahre nach Bechtolds Tod wurde im Januar 1949 eine Auswahl seiner Würzburger Stadtansichten vom Mainfränkischen Museum ausgestellt. Die vierzehntägige Veranstaltung hatte mehr als sechstausend Besucher.
Quellen: StadtA Würzburg, Nachlass 36; Lebenserinnerungen (Gabelsberger Kurzschrift, transkribiert von Franz Seberich, ca. 400 Schreibmaschinenseiten); Sammlung A. Bechtold im Augustinermuseum Freiburg, 258 Nummern mit Handzeichnungen von F. Moosbrugger (1804-1830), Peter v. Heß (1792-1871), Joh. Heinr. Ramberg (1763-1840) u. a.
Werke: Verzeichnis (unvollständig), bearb. v. W. M. Brod, in: Mainfränk. Jb. f. Gesch. u. Kunst Bd. 2, 1950, 318–322. Veröffentlichungen in d. ZGO siehe Inhaltsverz. zu Bd. 1-100, bearb. v. P. Fütterer, 1952, 11; J. J. Chr. v. Grimmelshausen u. seine Zeit, 1914 u. 1919; Kritisches Verzeichnis d. Schriften J. M. Moscheroschs nebst einem Verzeichnis d. über ihn erschienenen Schriften, 1922; weitere Beiträge von Bechtold ebd., 64; Georg Pfründt, in: Archiv für Medaillen- u. Plakettenkunde, Jg. 4, 1925; Alt-Würzburg. Eine Auswahl bildl. Darstellungen aus Würzburgs Vergangenheit, 1928; Zur Geschichte d. älteren Würzburger Stadtbefestigung, in: Würzb. Generalanzeiger. Jubiläums-Nr. (1883-1933) vom 26. 5. 1933, 70-73; Kulturbilder aus dem alten Würzburg, 1935; Aus dem alten Würzburg. Beiträge zur Kulturgesch. d. Stadt, 1940; Zwei Beiträge zur Altwürzb. Topographie, in: Mainfränk. Jb. 1950, 323-333; L. Fries, Die Geschichte des Bauernkrieges in Ostfranken, hg. v. A. Schäffler u. Th. Henner, ergänzt v. W. Stolze (1908) u. A. Bechtold, 1937, Neudr., 2 Bde., 1978.
Nachweis: Bildnachweise: Würzb. Generalanzeiger. Jubiläums-Nr. vom 26. 5. 1933, 70; Gde. Königheim; Rathaussaal. Dr. A.-Bechtold-Straße, Königheim.

Literatur: M. H. v. Freeden, Dr. A. Bechtold, in: Main-Post. Ztg. f. Unterfranken 2. Jg. Nr. 92 vom 15. 11. 1946, 5; ders., Dr. A. Bechtold Nachruf, in: Mainfränk. Jb. 1950, 316-318; H. Kappler, Die Dr. A.-Bechtold-Stiftung seit 1946/61, in: Königheim. Alter Marktflecken u. Weinort, hg. v. F. Gehrig i. A. d. Gde. Königheim, 1992.
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