Keller, Paul Wilhelm 

Andere Namensformen:
  • Keller-Reutlingen
Geburtsdatum/-ort: 02.02.1854;  Reutlingen
Sterbedatum/-ort: 10.01.1920; München
Beruf/Funktion:
  • Maler
Kurzbiografie: Lehre in der Werkstatt des Xylographen Adolf Cloß – einem Bruder des Malers Gustav Cloß – in Stuttgart
1872–1873 Studium an der Kunstschule Stuttgart bei Bernhard von Neher
1873–1874 Kunstakademie München bei Otto Seitz
1874–1875 Studium bei Prof. Karl von Häberlin in Stuttgart
1875 – 1876 Militärdienst in Ulm
1876 Studienreise nach Italien
1882 Ausstellungsdebüt
1892 Glaspalast-Ausstellung: 2. Gold-Medaille für die Gemälde „Früher Abend im spätherbstlichen Dachauer Moos“ und „Hirtin mit Kühen“
1892 Gründungsmitglied der Münchner Sezession
1895 Mitarbeiter der Zs. „Jugend“
1893–1901 regelmäßige Teilnahme an der Großen Internationalen Kunstausstellung in Berlin
1893–1914 wiederholt Teilnahme an den Ausstellungen der Münchner Sezession
1895–1898 Mitglied des Vorstands der Münchner Sezession
1897 übernimmt die Funktion eines 1. Schriftführers der Aufnahmejury der Münchner Sezession
1.1.1900 Verleihung des Prof.-Titels durch Prinzregent Luitpold von Bayern
1911 Teilnahme an der Großen Berliner Kunstausstellung
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1898 Albertine, geb. Wetzel (1867–1926)
Eltern: Vater: Heinrich Adolf Keller (1815–1890), Kaufmann und Privatier
Mutter: Caroline Luise, geb. Finck (1819–1871)
Geschwister: 7: Oberstleutnant Adolf (1840–1918); Marie Eugenie (1841–1856); Heinrich Wilhelm (1843–1894); Fanny (geboren 1844); Dr. Franz (1852–1938), Sanitätsrat; Eugenie Maria (geboren 1857); Hedwig Anna (geboren 1863)
GND-ID: GND/119425483

Biografie: Monika Spiller (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 122-123

In einem wohlhabenden und kunstsinnigen Elternhaus aufgewachsen, absolvierte Keller zunächst in Stuttgart eine Lehre als Xylograph; durch seinen Lehrmeister Adolph Cloß ermutigt und bestärkt, vervollständigte er darauf seine künstlerische Ausbildung von 1872 bis 1875 an den Kunstakademien von Stuttgart und München. Nach dem Militärdienst als „Einjähriger“, den er in Ulm bei den Gelben Dragonern leistete, begab er sich auf eine Studienreise nach Italien. Sie führte ihn nach Venedig, Rom, Florenz, Neapel und Pompeji, wo er die Hauptmotive seines Frühwerks fand: reizvolle Städtebilder, aber auch Genre- und Landschaftsdarstellungen, in denen er ein besonderes Augenmerk auf die raumbildende Lichtinszenierung legte, wie „Mercato vecchio Florenz“, „Kanal von Chioggia“, „Peschia“, „Pompei“ oder „Mola“. Neben den kleinformatigen Arbeiten in Aquarell-Technik, die er auf Reisen bevorzugt verwendete, entstanden in der Folge auch zahlreiche Ölbilder, in denen er die italienischen Motive ins Bild setzte, z. B. „Neapolitanischer Fischer“, 1880, „Wäscherinnen in der italienischen Campagna“, 1884, „Junge Italiener vor der Bucht von Neapel, 1887. In Porträts und Figurenbildern wie „Frau in italienischer Tracht“ und „Neapolitanerknabe“, beide Aquarell, oder „Neapolitanischer Fischer“, 1880, betonte er gern den südländischen Typus der dargestellten Personen.
Seinen späteren anhaltenden Erfolg begründete er jedoch vor allem mit jenen Gemälden, in denen er die Schönheit der süddeutschen Landschaft feierte, vor allem die der Gegenden um Dachau, Fürstenfeldbruck, Marktbreit, die Amperpartie, den Emminger Wald, seine Geburtsstadt Reutlingen und den spröden Reiz der Schwäbischen Alb. Die menschliche Figur erscheint hier ganz überwiegend eingebettet in eine idyllische, ländliche Landschaftsszenerie, z. B. „Kinder im Bauerngarten“, 1883 oder „Hühnermagd“, 1913, beide Öl auf Leinwand.
Keller vertritt insgesamt eine Pleinairmalerei ganz eigener Ausprägung, die sich durch eine „relativ dunkle Tonigkeit … und die Klarsichtigkeit der Luft … von den malerischen Trends seiner Zeit“ (Claus Zoege von Manteuffel) unterscheidet. Seine Gemälde sind, wie Zoege von Manteuffel betont, „nicht irgendwie bewusst kompositorisch gestaltet“, sondern die Komposition ergibt sich aus der Wahl eines geeigneten Bildausschnitts.
Während sich die Künstler seiner Zeit, ausgehend von der Pleinairmalerei der Schule von Barbizon zunehmend an der Malerei der französischen Impressionisten orientierten, verharrte Keller beim lyrischen Stimmungsbild. In seinem künstlerischen Werk sucht man Anzeichen für die Härte der bäuerlichen Arbeit ebenso vergeblich wie Spuren der für das 19. Jahrhundert so charakteristischen, forcierten Industrialisierung.
Quellen: Familiendaten der Paul Wolfgang Merkelschen Familienstiftung Nürnberg.
Werke: Albstadt, Städtische Galerie; Dachau, Zweckverband Dachauer Galerien und Museen; Dresden, Staatl. Kunstsammlungen, Gemäldegalerie Neue Meister; Frankfurt am Main, Städelsches Institut; Fürstenfeldbruck, Kunstsammlung der Sparkasse; Kiel, Kunsthalle; Leipzig, Museum der Bildenden Künste; München, Neue Pinakothek; Reutlingen, Städtisches Kunstmuseum Spendhaus; ebda., Heimatmuseum; Stuttgart, Staatsgalerie.

Literatur: Richard Muther, Geschichte der Malerei im 19. Jh., 1893/94; Julius Baum (Hg.), Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart, 1913, 174; Georg Keller, Geschichte der Familie Keller, 1922, 133s.; ThB XX, 1927; Franz Keller, Paul Wilhelm Keller-Reutlingen, in: Württ. Nekrolog für die Jahre 1920 – 1921, 1928, 17-19; Friedrich von Bötticher, Malerwerke des 19. Jh., I, 2, 1969, 702; Manuel Gasser, München um 1900, Bern 1977, 298s.; Anne Peters/Adolf Smitmans, Das Landschaftsbild der Schwäbischen Alb, Veröff. der Städtischen Galerie Albstadt Nr. 49, 1987, 43; Walter G. Well, Maler im Fürstenfeldbrucker Land, 1988, 35-37; Lorenz Josef Reitmeier, Dachau, der berühmte Malerort – Kunst und Zeugnis aus 1200 Jahren Geschichte, 1989; Markus Harzenetter, Zur Münchner Sezession, Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München 1992, 143; Thomas Leon Heck, Paul Wilhelm Keller-Reutlingen, Ein Vorläufer des Magischen Realismus, in: Weltkunst H. 10, 1995; Claus Zoege von Manteuffel, Malerei des 19. Jh. aus dem Schwabenland, in: Rochard, Patricia (Hg.): Mensch und Natur, 1996, 18; ders., Paul Wilhelm Keller-Reutlingen. Eine kunsthistorische Einordnung, in: Paul Wilhelm Keller-Reutlingen, 1854 – 1920, Katalog zur Ausstellung des Städt. Kunstmuseums Spendhaus Reutlingen 1996/97.
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