Hell, Bernhard 

Geburtsdatum/-ort: 02.05.1877;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 24.03.1955;  Freudenstadt
Beruf/Funktion:
  • Pädagoge, Gründer der Urspringschule
Kurzbiografie: 1884-1897 Eberhard-Ludwig-Gymnasium Stuttgart mit Abitur
1897-1901 Mathematik- und Physikstudium an der TH Stuttgart und
1901-1902 an der Universität Göttingen der Chemie und Physik
1903-1906 Studium der Philosophie und Psychologie an der Universität Freiburg i.Br., Promotion bei Heinrich Rickert, Thema der Dissertation: Ernst Machs Philosophie. Eine erkenntniskritische Studie über Wirklichkeit und Welt (Stuttgart 1907)
1907-1919 Lehrer an der ‚Freien Schulgemeinde‘ Wickersdorf bei Saalfeld/Thüringen
1919-1930 Lehrer für Philosophie, Religion und Mathematik, auch stellvertretender Leiter im Landschulheim am Solling bei Holzminden
1930 Gründung der Urspringschule und deren Leiter bis 1941
1941 Verpflichtung als Lehrer an der Kepler-Oberschule Freudenstadt
1944 Ruhestand
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1923 Else Böhm, geb. Treu
Eltern: Vater: Karl von Hell, Professor für allgemeine Experimentalchemie und theoretische Chemie an der TU Stuttgart
Mutter: Anna, geb. Storz
Geschwister: Gertrud (1891-1968)
Kinder: 1 Sohn (adoptiert)
GND-ID: GND/119441322

Biografie: Immo Eberl (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 133-134

Die Prägung durch sein Elternhaus veranlaßte Hell Chemie zu studieren. Erst im Laufe seines Studiums wandte er sich den ihn eigentlich interessierenden Fächern zu, denen er sich nach abgelegten Prüfungen gegen den Willen seines Vaters in einem Zweitstudium widmete. Unter dem Einfluß der Jugendbewegung wandte er sich nach Beendigung seines zweiten Studiums – nun gegen den Willen seiner Professoren, die ihn habilitieren wollten und nach eigenem Verständnis ‚vorläufig‘ – dem Lehrerberuf zu. Er ging in die von Hermann Lietz gegründete ‚Freie Schulgemeinde Wickersdorf‘. In dieser bekannten Reformschule verzichteten die Lehrer anfänglich sogar auf ihr Gehalt. Die ‚vorläufige‘ Tätigkeit, die im 1. Weltkrieg zeitweise auch die Schulleitung mitumfaßte, dauerte ein Dutzend Jahre. Die Intrigen und der Streit im Lehrerkollegium ließen ihn durch alle Höhen und Tiefen gehen und haben ihm seine Prägung als Pädagoge gegeben. Von Wickersdorf wechselte er in das Landschulheim am Solling bei Holzminden, das durch Pädagogen gegründet worden war, die sowohl von Herrnhut als auch von Hermann Lietz beeinflußt worden waren. Im Landschulheim am Solling wurde die seit dem Elternhaus in Hell ausgeprägte religiöse Haltung noch vertieft, und er lernte hier die Verbindung zwischen christlicher Schule und Lietz’scher Reformschule kennen. In der gemeinsamen Arbeit lernte er hier auch seine Ehefrau kennen. Sie hat ihrem gesundheitlich schwachen Ehemann erst den Rückhalt gegeben, der ihn die Urspringschule gründen ließ. In dieser Schule sah Hell das Ziel seines Lebens. In ihr vereinigten sich die evangelisch-religiöse Komponente mit den Reformideen von Lietz. Er hat mit dieser Schule seinen pädagogischen Überzeugungen eine organisierte Form gegeben. In der Urspringschule fand Hell den Höhepunkt seines Berufslebens. In zunehmendem Alter wurde er immer mehr zum väterlichen Freund der Jugend denn zum mitreißenden Jugendführer. Der mit tiefer Religiosität gepaarte Ethos und seine enge Verbundenheit zur Michaelsbruderschaft des Berneuchener Kreises, der in den ersten Jahren des Bestehens der Urspringschule dort seine Tagungen abhielt, war in der Zeit des Nationalsozialismus den Gewalthabern verdächtig. Hell wurde daher gezwungen, die Leitung der Urspringschule niederzulegen. Dieses geschah in dem Moment, als sich die Schule nach der Verleihung der Abitursberechtigung 1937 gerade zu entfalten begann. Die Urspringschule mußte durch Satzungsänderung 1937 ihren evangelischen Charakter aufgeben und Hell zusammen mit seinem Stellvertreter Fritz Ehrecke (gest. 1946) in die NSDAP eintreten. Dieser Schritt zur Rettung der Schule änderte aber Hells Grundüberzeugungen nicht, weshalb die Urspringschule in den Augen der Nazis als unzuverlässig galt. Hell wurde gezwungen, die Leitung der Schule abzugeben, obwohl er sich bereits seit 1938 auf die wirtschaftliche und geschäftliche Leitung derselben beschränkt hatte. In Freudenstadt wurde er daraufhin zwar als Lehrer für Mathematik und Religion verpflichtet, durfte aber keinen Geschichtsunterricht erteilen.
Dafür verpflichtete ihn Landesbischof Dr. Wurm zur Vertretung von Geistlichen, die im Felde standen. Hell hat sich nach 1945 nicht mehr am unmittelbaren Wiederaufbau beteiligt, aber in seinem Hause in Freudenstadt einen Kreis junger Freunde um sich gesammelt, denen er eine religiös-geistige Prägung für das ganze Leben mitgab. Er hat somit indirekt sehr wohl am geistigen Wiederaufbau nach 1945 mitgewirkt.
Quellen: Nachlaß im Archiv der Urspringschule, 7933 Schelklingen
Werke: Bibliographie aller veröffentlichter und unveröffentlichter Schriften in Zusammenstellung der Enkelin Barbara Hell, vorgelegt als Prüfungsarbeit der Hamburger Bibliothekarschule, Abteilung Wissenschaftliche Bibliotheken, 1969. Größere Auswahl bei K.-H. Günther (vgl. Literatur). – Die evangelische Schulgemeinde. Versuch zur Gestaltung eines evangelischen Landerziehungsheims, Kassel 1930; Geschichte des Klosters Urspring. Ein Beitrag zur Heimatgeschichte, Kassel 1935
Nachweis: Bildnachweise: Else Hell, Lebensbild (vgl. Literatur)

Literatur: Else Hell, Lebensbild Dr. Bernhard Hell, o. O. 1963 47 S. mit Bild; 850 Jahre Kloster Urspring – Bernhard Hell 100 Jahre, Urspring 1977; K.-H. Günther, Bernhard Hell, in: Lebensbilder aus Schwaben und Franken, Bd. 14, Stuttgart 1980, 469-502
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)