Gaupp, Otto, SJ 

Geburtsdatum/-ort: 03.03.1928;  Ellwangen/Jagst
Sterbedatum/-ort: 17.03.1998;  Karlsruhe, beigesetzt am 24. 3. 1998 auf dem Ordensfriedhof der Gesellschaft Jesu in Pullach bei München
Beruf/Funktion:
  • Gründer des Roncalli-Forums in Karlsruhe
Kurzbiografie: 1934-1946 Volksschule in Ellwangen (bis 1936), dann Volksschule und Oberschule in Calw, unterbrochen durch
1944-1945 Arbeitsdienst und Teilnahme am II. Weltkrieg mit Einsätzen in Polen, Tschechien und im Bayerischen Wald als Schütze bei der Infanterie
1946-1948 Spohngymnasium Ravensburg bis Abitur
1948-1951 Noviziat der Gesellschaft Jesu im Berchmanskolleg in Pullach bei München bis 1950, dann Juniorat im Studienhaus der Jesuiten auf der Rottmannshöhe am Starnberger See
1951-1954 Studium der Philosophie an der Ordenshochschule der Jesuiten in Pullach
1954-1957 Erzieher im Kolleg Stella Matutina der Jesuiten in Feldkirch, Österreich
1957-1961 Studium der Theologie an der Ordenshochschule der Jesuiten in Lyon-Fourvière, Frankreich
1960 Priesterweihe in München beim Eucharistischen Weltkongress
1961-1962 Tertiat in Drongen bei Gent, Belgien
1962-1964 Seelsorger der Schülergruppe Neu Deutschland in Karlsruhe
1964-1973 Studentenpfarrer und geistlicher Leiter der katholischen Hochschulgemeinde in Karlsruhe
1973 Gründer des Roncalli-Forums für theologische Erwachsenenbildung im Dekanat Karlsruhe
1973-1994 Leiter des Roncalli-Forums sowie Zelebrant und Prediger in St. Stephan in Karlsruhe
1980-1998 Autor zahlreicher Bildmeditationen für das Konradsblatt, Wochenzeitung für das Erzbistum Freiburg
1994-1998 Mitarbeit im Roncalli-Forum und weiter in St. Stephan
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Otto (1892-1965), Dr. phil., Altphilologe und Germanist
Mutter: Gisela, geb. Rehm (1892-1966)
Geschwister: 5
GND-ID: GND/121495892

Biografie: Josef Dewald (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 94-96

Gaupp wirkte 36 Jahre als Jesuit in Karlsruhe. Die Schülerseelsorge war ihm als erstes anvertraut worden, schon nach drei Jahren aber wurde er Studentenpfarrer, zuständig für die katholischen Studierenden an der Universität und an den vier Fachhochschulen der Stadt. Es war die Zeit der Studentenunruhen mit dem Ziel radikaler Veränderungen in allen Lebensbereichen. Gaupp wurde mehr und mehr bewusst, dass der Umbruch es notwendig machte, die jungen Leute nach ihrem Eintritt ins Berufs- und Erwerbsleben weiterhin geistig und geistlich zu begleiten. Ein Fingerzeig war ihm hierbei, dass ehemalige Studentinnen und Studenten, zuvor in der katholischen Hochschulgemeinde mit dabei, hernach wie selbstverständlich der Kirche den Rücken kehrten. Ihn brachte das auf den Gedanken, eine neue und neuartige Einrichtung zu schaffen, einen Ort des freimütigen Dialogs im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils der frühen 1960er Jahre.
Mit der katholischen Gesamtkirchengemeinde des Dekanats Karlsruhe und seinem Orden kam Gaupp überein, dem Gedanken die Tat folgen zu lassen. Der neuen Einrichtung gab er mit Bedacht den Namen „Roncalli-Forum“, wusste er sich doch mit Papst Johannes XXIII., Angelo Roncalli, dem Initiator des Konzils, darin einig, dass es wirklich an der Zeit sei, die Fenster der Kirche weit zu öffnen. Er sah in gewisser Hinsicht eine innere Übereinstimmung zwischen dem Aufbegehren der Jugend und dem Reformeifer des 1963 verstorbenen Oberhaupts der kath. Kirche. Gaupp war die ersten zwanzig Jahre und im Grunde bis zu seinem jähen Tod Kopf und Seele des Forums, sein überaus wacher Geist. Er bestritt als Leiter ganz allein das umfangreiche Programm mit mehreren Angeboten, Woche für Woche: Vorträge, Seminare, Meditationen, Exerzitien, Gottesdienste. Seine Hörerinnen und Hörer ließ er jeweils mitberaten, was künftige Themen sein sollten. Es war ihm wichtig, Fragen, die das Leben stellte, aufzugreifen und möglichst kompetent zu beantworten. Ihr Bogen spannte sich von Themen des Glaubens, der Bibel, der Ethik, der Spiritualität, der Sakramente, der Eucharistie, bis zum Verhältnis von Theologie und Philosophie und zum Vergleich der Weltreligionen.
Regelmäßige Vorträge über „Maler als Theologen“ und Bildmeditationen bildeten eine Art geistliches Gegengewicht zur stets anspruchsvollen geistigen Kost von Gaupp. Von dieser Qualifikation Gaupps profitierten über 18 Jahre auch die Leser der Freiburger Bistumszeitung Konradsblatt; sechs bis acht Beiträge pro Jahr schrieb er für das Blatt. Die Bildmotive dazu wählte er meist selber aus, da er nahezu alle europäischen Museen von Rang, die großen Gotteshäuser unseres Kontinents und die Werke der namhaften bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts kannte. Als Glaubenshilfe schätzte er die religiöse Kunst, suchte sie so zu erschließen, werkgerecht und einfühlsam. Bevorzugt hat er Motive, häufig am Kirchenjahr orientiert, mit denen sich das Unfassbare der Menschwerdung Gottes in Maria mit allem, was es einschließt, zur Sprache bringen lässt. Im Zentrum der Angebote von Gaupp im Roncalli-Forum standen indes Eucharistiefeiern mit Ansprache, im vertrauten Kreis als Tischmessen gestaltet. Sie ließen ihn als Mann Gottes mit mystischer Begabung erleben. Etwas anderes waren seine regelmäßigen Gottesdienste mit Predigt in der Karlsruher katholischen Stadtkirche St. Stephan, meist mit mehreren hundert Gläubigen.
Als 34-jähriger war Gaupp, der junge, wissenschaftlich gut gerüstete Jesuit nach Karlsruhe gekommen. Es wurde ihm, dem Schwaben, zur zweiten Heimat. Von seinem Ordensbruder Walter Brugger, in Radolfzell geboren, Professor der Philosophie an der Ordenshochschule in Pullach bei München, sagte Gaupp dankbar, er habe ihm philosophisch das meiste mit auf den Lebensweg gegeben. Namentlich von seiner umfangreichen Summe der philosophischen Gotteslehre, systematisch zusammengefasst in einem Handbuch, habe er viel profitiert. Brugger war es darum zu tun, das scholastische Erbe mit neuzeitlicher Philosophie in eine fruchtbare Verbindung zu bringen. Der gleichen Bereitschaft zum geschärften Blick für die geistige Situation der Zeit war Gaupp als Student der Theologie in Lyon begegnet, noch wirkmächtiger als zuvor nach dem Tod von Papst Pius XII. im Jahre 1958. Die dortigen Professoren, unter ihnen die Jesuiten Henry de Lubac und Jean Danielou, bekannten sich zur „Nouvelle Theologie“, einem neuen theologischen Denken „im Gleichklang mit den stets veränderlichen Erdendingen“. So angeleitet, war Gaupp ein begnadeter Verkünder und Vermittler der Heilsbotschaft Jesu.
Quellen: Schreiben von Generalvikar O. Bechtold, Freiburg, an Gaupp vom 24. 11. 1994; Auskünfte von Gaupps Schwester Gisela Mauch, München; Nachruf zum Tod von Gaupp für den Jesuitenorden von K. Kern, SJ, in: Rundbrief d. Oberdt. Provinz d. SJ, Pfingsten 1998/3, 18-20.
Werke: 6 bis 8 Bildmeditationen jährlich von 1980 bis 1998, in: Konradsblatt, Wochenzeitung für das Erzbistum Freiburg; Im Glauben an den Auferstandenen, Bildmeditationen, 1999; Gesammelte Skripte in 10 Bänden in Privatbesitz.
Nachweis: Bildnachweise: Porträtfoto (1993) in d. Redaktion von Konradsblatt, Badenia Druckerei u. Verlag, Karlsruhe.

Literatur: Josef Dewald, Mit Kopf u. Herz Theologe. Der Jesuit Gaupp u. sein Roncalli-Forum in Karlsruhe, in: Konradsblatt 24, 1993, 17.
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