Ruckmich, Margarete Ida Emilie 

Andere Namensformen:
  • Maura Philippi
Geburtsdatum/-ort: 08.03.1894;  Freiburg i. Br.
Sterbedatum/-ort: 03.01.1985;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Begründerin des Frauenberufes in der Seelsorge
Kurzbiografie: 1910 Einjährige Reifeprüfung Oberrealschule Freiburg
1910-1911 Ein Jahr in Genf mit Privatunterricht in Sprachen und Hauswirtschaft
1911-1912 Kaufmännische Ausbildung Freiburg i. Br.
1912-1914 Soziale und caritative Vereinsarbeit Freiburg i. Br.
1914-1915 Lazarettdienst Gelsenkirchen
1915-1919 Ausbildung und Betätigung als Krankenpflegerin Gelsenkirchen
1917 Rote-Kreuz-Medaille
1919-1920 Seuchenfürsorgerin und Familienfürsorgerin Gelsenkirchen
1921-1923 Soziale Frauenschule Freiburg i. Br.
1924 Eintritt beim DCV Freiburg i. Br. (Mädchenschutz, Stellenvermittlung, Soziale Frauenschule)
1927-1928 Leitung des Referates Seelsorgehilfe, Geschäftsführung der Berufsgemeinschaft katholischer Gemeindehelferinnen
1928 Leitung der Katholischen Gemeindehelferinnenschule Freiburg i. Br.
1937 Leiterin des Seminars für Seelsorgehilfe Freiburg i. Br.
1938 Päpstliche Auszeichnung „Pro Ecclesia et Pontifice“
1960 Direktorin beim DCV
1965 Ruhestand
1977 Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Eltern: Vater: Ludwig Carl Maria Ruckmich (1864-1933), Kaufmann
Mutter: Adelheid, geb. Rapp (1871-1962)
Geschwister: Hans (1896-1914)
Elisabeth Anna Maria (geb. 1901)
GND-ID: GND/122327845

Biografie: Hans-Josef Wollasch (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 309-310

Als Tochter des Inhabers des alteingesessenen und angesehenen „Musikhaus Ruckmich“ in Freiburg erhielt Ruckmich eine entsprechend anspruchsvolle Ausbildung: Auf die Höhere Mädchenschule (1900-1907) folgten die Oberrealschule in Freiburg (1907-1910) mit der Einjährigen Reifeprüfung, ein Jahr in einem Pensionat in Genf mit Unterricht in Sprachen und Hauswirtschaft sowie 1911/12 eine kaufmännische Lehre in der elterlichen Firma. Früh jedoch deutete sich Ruckmichs Eignung und Neigung für sozial-caritative Arbeit an, spätestens in der Zeit, als sie in Freiburg auf diesem Felde praktische Kenntnisse erwarb. 1912-1914 betätigte sie sich in der Säuglingspflege, der Fröbelschen Kindergartenarbeit, im Kinderhort, überhaupt in der Kinderfürsorge, und sie fand Zugang zur katholisch-caritativen Vereinstätigkeit (Elisabethverein, Handwerkerinnenverein, Katholischer Frauenbund Deutschlands). Es waren Jahre, in denen nach ihrer eigenen Aussage das Vorbild und der Einfluß Mathilde Ottos von bestimmender Bedeutung für sie wurden.
Am 9. Februar 1914 ging sie nach Gelsenkirchen an das Mutterhaus der Westfälischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz, wo sie am 1. Oktober 1915 das Examen als Krankenpflegerin bestand. Davor auch im Lazarettdienst eingesetzt, arbeitete sie nunmehr als Krankenschwester im Knappschaftskrankenhaus am Ort (am 23. August 1917 wurde ihr die Rote-Kreuz-Medaille dritter Klasse des Königs von Preußen verliehen), bis sie von der Schwesternschaft für die dortige städtische Fürsorge freigestellt wurde. Sie baute in Gelsenkirchen die Familienfürsorge mit ihren vielfältig verästelten Bereichen (4. September 1919-23. April 1920) wie auch die Seuchenfürsorge auf. Auswirkungen von Überarbeitung und Infizierung mußte sie anschließend in langwierigem Prozeß auskurieren. Dennoch blieb sie dem helfenden Beruf treu. Von Herbst 1921 an absolvierte sie mit bestem Erfolg die zweijährige Ausbildung an der Sozialen Frauenschule des DCV in Freiburg, um dann in dieser Stadt und auf dem Aufgabenfeld der Caritas ihre Lebensaufgabe zu finden.
Am 1. Januar 1924 wurde Ruckmich Mitarbeiterin des DCV in den Bereichen Mädchenschutz und Stellenvermittlung; zum 1. Oktober 1925 wurde sie Assistentin der Sozialen Frauenschule, am 1. Juli 1927 wechselte sie in das Referat „Seelsorgehilfe“ beim DCV, wo sie die Geschäftsführung der Berufsgemeinschaft katholischer Gemeindehelferinnen übernahm.
Leiter dieser Geschäftsstelle war der Kamillianerpater Wilhelm Wiesen, seit 1920 beim DCV. Wesentlich auf sein Betreiben hin wurde an der Caritaszentrale eine „Katholische Gemeindehelferinnenschule“ eröffnet (14. April 1928), deren Leitung er gemeinsam mit Ruckmich trug. Diese Ausbildungsstätte, die 1934 den Namen „Seminar für Seelsorgehilfe“ annahm, verkörperte „das allererste Beginnen einer mehr als umstrittenen eigenständigen fachlichen Schulung für die berufliche Seelsorgehilfe“. Hier wurde eine neuartige Ausbildung projektiert und erarbeitet für einen im Deutschen Reich völlig neuen Beruf, nämlich den Dienst der Frau, die nicht Ordensfrau ist, in der Seelsorge. Nicht als Bürokraft für den Priester, sondern als Seelsorge-Helferin. In diese Pionieraufgabe hat sich Ruckmich aus Überzeugtheit vom Apostolatsauftrag der Frau hineingegeben, mit, wie sie 1960 zurückblickte, „fast fanatischer Begeisterung“. Sie hat das Seminar für Seelsorgehilfe von den Ausbildungsmethoden und der Lehrplangestaltung her zu einer modellhaften Einrichtung ausgebaut, in bewußter Abgrenzung gegen die „nur“ auf fürsorgerische und soziale Arbeit vorbereitenden Schulungsstätten. Um die besondere geistige und gesinnungsmäßige Dimension zu pflegen und eine berufsethische, religiös-aszetische Formung zu gewährleisten, wurde den Schülerinnen für die Dauer der zweijährigen Ausbildung das gemeinsame Leben im Internat zur Pflicht gemacht.
Dieser fast klösterlichen Gemeinschaft hat Ruckmich ihren Stempel aufgedrückt. Von 1937 bis zu ihrem Ruhestand (1. Juli 1965) alleinige Leiterin des Seminars (den Titel „Direktorin“ erhielt sie vom DCV zum 1. November 1960), hat sie fast 1 000 Frauen das Rüstzeug für den Dienst in der Seelsorge mitgegeben; nicht nur in Deutschland, auch in vielen anderen Ländern in Europa und außerhalb sollten sie der Versachlichung und Verbürokratisierung der Seelsorge an der Seite des Priesters entgegenwirken. In lebenslangem Gedankenaustausch mit P. Wilhelm Wiesen, getragen und gefördert vom DCV, konsultiert von vielen Bischöfen, geehrt von Papst Pius XI. mit der Auszeichnung „Pro Ecclesia et Pontifice“ (10. August 1938), hat Ruckmich ihr Lebenswerk erbracht. Auch wenn sie das von ihr erstrebte „Haus der Seelsorgehelferin“ oder eine kirchliche Frauenakademie nicht erreicht hat: Wenn im ausgehenden 20. Jahrhundert die Gemeindereferentin in der katholischen Pfarrei etwas Selbstverständliches geworden ist, dann ist dies gewachsen aus dem Engagement Ruckmichs, die „aus leidenschaftlicher Hingabe an die Kirche und ihren Heilsdienst und aus der Erkenntnis der Unverzichtbarkeit fraulicher Mitwirkung den neuen kirchlichen Frauenberuf der Seelsorgehelferin geschaffen hat“ (Alfons Fischer).
Quellen: Archiv des DCV; Seminar für Gemeindepastoral und Religionspädagogik Freiburg
Werke: Maura Philippi [Pseudonym], Die katholische Gemeindehelferin (= Schriften zur Seelsorgehilfe, 5), Freiburg 1925; Aus der Berufsgemeinschaft katholischer Seelsorgehelferinnen, Freiburg 1927; Bericht über die Katholische Gemeindehelferinnenschule des DCV, Freiburg 1931, 2. Aufl. 1933; [Hg.]Die Helferin in der Seelsorge, Freiburg 1936; [Hg.] Bildungsarbeit im Dienste beruflicher Seelsorgehilfe, Freiburg 1938; Die berufliche Mitarbeit der Frau in der kirchlichen Seelsorge (= Neue Schriften zur Seelsorgehilfe, 1), Freiburg 1950; Katholische Seelsorgehelferin (= Blätter zur Berufskunde, Bd. 2 VI k), Bielefeld 1960
Nachweis: Bildnachweise: Archiv des DCV

Literatur: A[lfons] F[ischer], Frau Margarete Ruckmich zum Geburtstag, in: Die Seelsorgehelferin 14 (1964), 50-53; Erich Reisch, Margarete Ruckmich zum 90. Geburtstag, in: Caritas 85 (1984), 99 f.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)