Frank, Reinhold 

Geburtsdatum/-ort: 23.07.1896;  Bachhaupten, Landkreis Sigmaringen
Sterbedatum/-ort: 23.01.1945; Berlin-Plötzensee, hingerichtet
Beruf/Funktion:
  • Rechtsanwalt, Widerstandskämpfer und Opfer des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1906 Erzbischöfliches Gymnasialkonvikt Sigmaringen
1915-1918 Teilnahme am I. Weltkrieg, dreimal zum Teil schwer verwundet, Auszeichnungen: Eisernes Kreuz II. Klasse, Hohenzollersche Tapferkeitsmedaille, Hanseatenkreuz
1918/19-1921 Studium der Rechte an der Universität Freiburg
1921 I. juristische Staatsprüfung
1924 II. juristische Staatsprüfung
vor 1925 Sozius des Karlsruher Rechtsanwalts Franz Xaver Honold
1926 Zulassung als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Karlsruhe
1926-1931 Leitung der Rechtsanwaltskanzlei während der Tätigkeit Honolds als Badischer Gesandter in Berlin
1933-1934 3. Okt. Stadtverordneter im Bürgerausschuss Karlsruhe-Zentrum, Mandat niedergelegt
1943-1944 Mehrere Begegnungen mit Carl Friedrich Goerdeler und anderen Mitverschwörern des 20. Juli 1944, Bestellung als „Unterbeauftragter“ in Baden für den Fall eines gelungenen Staatsstreiches
1944 15. Nov. Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Karlsruhe
1945 12. Jan. Hauptverhandlung vor dem Volksgerichtshof, 23. 1. Hinrichtung
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1932 (Karlsruhe) Annemarie, geb. Werner (geb. 1906)
Eltern: Vater: Franz (1850-1904), Landwirt
Mutter: Theresa, geb. Heudorfer (1857-1917)
Geschwister: 7: je 3 ältere Brüder und Schwestern, eine Zwillingsschwester
Kinder: 4: Agnes, Eva-Maria, Hermann, Klaus
GND-ID: GND/12427675X

Biografie: Michael Kißener (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 80-83

So eingeschränkt die Erinnerung der Kinder Franks wegen ihres damals noch jugendlichen Alters auch ist, so übereinstimmend zeichnen sich doch in ihren Erinnerungen die Konturen der Persönlichkeit eines Mannes ab, der als überaus befähigter Anwalt im Karlsruhe der 1930er Jahre anerkannt war, der aber vor allem wegen seines mutigen Einsatzes gegen die nationalsozialistische Unmenschlichkeit und seine Beteiligung an der Verschwörung des 20. Juli 1944 einen weit über Baden hinausreichenden Bekanntheitsgrad verdient hätte. Eine seiner Töchter etwa erinnert sich an eine Begebenheit zu Beginn der 1940er Jahre, als sie mit ihrer Mutter auf dem sonntäglichen Weg zur Kirche dem Vater und seinen Freunden begegnete. Frank zog vor seiner Frau und dem damals noch jungen Mädchen den Hut, verneigte sich langsam ohne ein Wort und ging mit seinen Freunden weiter debattierend davon. Die in dieser sehr ernst gemeinten und von allen auch so verstandenen Geste liegende Achtung vor der Würde jedes Menschen, gleich welchen Alters oder Standes, zeichnete Frank in hohem Maße aus und beeindruckte viele, die mit ihm in Kontakt kamen. Frank wuchs zusammen mit seinen sechs Geschwistern und seiner Zwillingsschwester Maria in einfachen, von katholischer Frömmigkeit geprägten Verhältnissen auf. Nach dem frühen Tod des Vaters schickte ihn die von ihm sehr verehrte Mutter zur weiteren Ausbildung in das Erzbischöfliche Gymnasialkonvikt nach Sigmaringen. Dort bewährte sich der geistreiche, lebenslustige und besonders am Fußballsport interessierte Junge und entwickelte Neigung zum Soldatenberuf. Daher zog es ihn nach bestandener Abschlussprüfung 1915 – gleich anderen – begeistert zum Militärdienst. Um der kämpfenden Truppe möglichst nahe zu sein, meldete er sich freiwillig zu den Jägern zu Fuß. Dort erwarb er sich durch außerordentliche Tapferkeit mehrere Auszeichnungen, wurde aber auch mehrfach schwer verwundet. Bleibende Verletzungen, auch der Schädeldecke, begleiteten ihn sein weiteres Leben. Die Erfahrung des Krieges und gewiss auch des bisweilen geistlosen militärischen Drills ließen ihn nach Kriegsende sein Berufsziel revidieren: Frank studierte Rechtswissenschaften in Freiburg und wurde Mitglied der katholischen Studentenverbindung Arminia, wo er als kritischer und eigenständiger Geist auffiel. Schon vor 1925 beteiligte er sich als Sozius seines Bundesbruders Franz Xaver Honold an dessen Karlsruher Rechtsanwaltspraxis. Als Honold Badischer Gesandter in Berlin bei der Preußischen und der Sächsischen Regierung sowie Bevollmächtigter im Reichsrat wurde, übernahm Frank die Kanzlei und profilierte sich vor allem auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts. Über Honold kam er indessen in Kontakt mit führenden Politikern der Weimarer Republik, so u. a. mit dem württembergischen Staatspräsidenten Eugen Bolz. Dennoch engagierte sich Frank selbst bis 1933 kaum in der Politik. Erst die "Machtergreifung" Hitlers ließ den 36-jährigen in der Karlsruher Zentrumspartei aktiv werden. Dort gab man sich noch im Frühjahr 1933 der Hoffnung hin, dass ein konzentrierter Kräfteeinsatz und eine scharfe Oppositionspolitik in der Lage wären, die „braune Flut” einzudämmen. Im Kreise junger vorwärtsdrängender Zentrumspolitiker setzte sich Frank nun mutig gegen die nationalsozialistische Usurpation aller staatlichen Funktionen wie auch deren finanzpolitisch unverantwortlichen Aktivismus in Wirtschaftsangelegenheiten ein, musste dabei jedoch stets vor der rigiden Gewaltpolitik der Partei zurückstecken. Als sich die Zentrumspartei am 5. Juli 1933 unter Zwang selbst auflöste, votierte er unter seinen Parteifreunden zwar noch für die Annahme eines „Hospitantenstatus”, um weiterhin Informationen über die Absichten und Machenschaften der NSDAP in der Stadt zu erhalten. Zu etwa der gleichen Zeit aber führte er schon gemeinsam mit Honold eine Reihe engagierter ehemaliger Zentrumsanhänger in der Kanzlei zu politischen Gesprächen zusammen. Aus den Gleichgesinnten schälte sich im Laufe der Jahre ein Kreis enger Vertrauter heraus, der schließlich auch über Franks Einbeziehung in das Attentat vom 20. Juli 1944 orientiert war. Zu diesem gehörten der Amtsgerichtsrat Siegfried Kühn, der Lehrer Franz Sprauer, der Handelsschullehrer Karl Ramstein und der Bankangestellte Alfred Ibach. Nur mit ihnen besprach er seine politischen Absichten, seine Familie dagegen erfuhr davon nichts, wie er es überhaupt vermied, im engeren Familienkreis zu „politisieren“.
Vorerst war an weitergehende politische Aktionen jedoch angesichts der sich festigenden NS-Herrschaft nicht zu denken. Frank konzentrierte sich daher zunehmend auf die anwaltliche Hilfe für die vom Regime politisch Verfolgten. Dabei vertrat er einerseits Mandanten fast aller politischer Lager und Konfessionen vor vielen Gerichten des „Dritten Reiches“, auch vor dem Volksgerichtshof in Berlin. Andererseits konzentrierte sich Frank nach den deutschen Kriegserfolgen im Westen vor allem auch auf die Verteidigung von Elsässern und Franzosen. Waren seine geschäftlichen Reisen vor 1933 vor allem auf die Pfalz konzentriert, so erinnert sich seine Frau noch sehr genau an eine nach 1940 zunehmende Reisetätigkeit nach Frankreich und in die Schweiz. Von besonderer Bedeutung wurden diese Kontakte, als sich Frank vermutlich im Februar 1943 erstmals mit Carl Friedrich Goerdeler, dem Mann im Zentrum des politisch-konservativen Widerstandes, in Berlin traf. Beide verständigten sich offenbar rasch auf ein gemeinsames Vorgehen, wobei Frank in Absprache mit seinen Karlsruher Freunden darauf bestand, dass ein gelungener Umsturzversuch keinesfalls zu einer Militärdiktatur führen dürfe. Legt man die später von den Überlebenden der Frank-Gruppe geäußerten politischen Ansichten zugrunde, ist von einer christlich orientierten und insbesondere streng föderalistisch organisierten Staats- und Gesellschaftsidee des von Frank vertretenen Kreises auszugehen, deren Grundlage die unbedingte Wiederherstellung der verlorenen Rechtsstaatlichkeit darstellte. Unter solchen Prämissen stellte er sich den Verschwörern als politischer Beauftragter (später Unterbeauftragter) für Baden zur Verfügung, diskutierte mit seinen Karlsruher Freunden die Besetzung eines neu zu bildenden badischen Staatsministeriums und traf Vorbereitungen für ein aktives Eingreifen im Falle eines gelungenen Staatsstreiches. Darüber hinaus organisierte er mindestens ein Treffen zwischen elsässischen Regimegegnern und Vertretern des deutschen Widerstands in Stuttgart, bei dem um die Unterstützung der Elsässer für den Staatsstreich und das politische Schicksal ihrer Heimat nach einem gelungenen Attentat auf Hitler verhandelt wurde. Wie genau Frank dabei in die Attentatspläne der Militärs eingeweiht war, lässt sich nicht mehr feststellen. Im Dezember 1943 jedenfalls hielt sich Eugen Bolz etwa zwei Wochen lang in Franks Karlsruher Wohnung unter dem Tarnnamen Dr. Müller auf. Beide hörten unablässig Radio in Erwartung einer für ihre Absichten günstigen Nachricht. Engeren Bekannten gegenüber zeigte sich Frank als sehr gut informiert, wies etwa genau auf bevorstehende militärische Operationen hin oder zeigte Vertrauten Briefkarten mit Codeworten.
Die Nachricht vom Attentatsversuch des 20. Juli 1944 überraschte ihn auf der Rückfahrt von Berlin nach Karlsruhe. Kaum zu Hause angekommen, rief er die Freunde zusammen, die offenbar keine direkte persönliche Gefährdung erkannten. Doch noch in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1944 wurde Frank von der Gestapo verhaftet, da man in Berlin Unterlagen gefunden hatte, in denen er als politischer Unterbeauftragter für Baden genannt wurde.
Zunächst in Stuttgart inhaftiert, dann in das Gefängnis Berlin-Tegel überführt, sah Frank nach monatelanger Haft, die ihn einem Zeugnis des mitangeklagten Jesuitenpaters Alfred Delp zufolge, in einen erbarmungswürdigen körperlichen Zustand versetzte, seinem Prozess am 12. Januar 1945 entgegen. Von diesem konnte Frank nicht viel Gutes erwarten, stand ihm doch Roland Freisler als Richter gegenüber, zu dem schon in Zeiten von Franks Tätigkeit als Verteidiger ein gespanntes Verhältnis bestanden hatte. So sprach Freisler denn auch den wesentlich schwerer belasteten politischen Beauftragten für den Wehrkreis V, Albrecht Fischer, der die Hilfe seines Arbeitgebers, der Firma Robert Bosch, erfuhr, frei, verurteilte Frank aber zum Tode. Wie Wolfgang Altgeld betont hat, spielte dabei gewiss auch eine besondere Rolle, dass Frank als geprägter Katholik Freislers besonderer Vernichtungswut ausgesetzt war. Am 23. Januar 1945 wurde Frank hingerichtet. Eine 1946 nach ihm benannte Straße in Karlsruhe und ein 1956 errichtetes Mahnmal auf dem Friedhof seines Geburtsortes erinnern an ihn.
Quellen: BA R022/056141; BA-Dahlwitz-Hoppegarten, NJ 12285, Bl. 22; Univ. Karlsruhe, Inst. für Geschichte, Forschungsstelle „Widerstand“, Q 5.1 f.; GLA Karlsruhe 466, Zug. 1978/36 Nr. 1932, Nachlass R. Frank; StadtA Karlsruhe 8/Sts 13 Nr. 103, 1/H Reg. Abt. A Nr. 811 Stadtrat d. Landeshauptstadt Karlsruhe, Personendokumentation.
Nachweis: Bildnachweise: GLA Karlsruhe, Nachlass R. Frank (1944).

Literatur: Johann Locher, in: St. Konradskalender 31, 1955, 26-28; M. Schmitt, In memoriam Frank R., Einweihung eines Mahnmals auf dem Friedhof Bachhaupten, in: Schwäb. Ztg. Nr. 244, 1965; Paul Witz, in: Arminennachrichten 25, 1961, 11-14; Marcel Stürmel, Das Elsass u. die dt. Widerstandsbewegung in d. Sicht eines ehem. Abgeordneten d. Elsäss. Volkspartei, in: Landesgeschichte u. Zeitgeschichte: Kriegsende u. demokrat. Neubeginn am Oberrhein, hg. v. H. Schwarzmaier, 1980, 59-128; Horst Rehberger, in: Der Widerstand im dt. Südwesten 1933-1945, hg. v. M. Bosch, W. Niess, 1984, 299-309; Hans-Adolf Jacobsen (Hg.), Spiegelbild einer Verschwörung, Bd. 2, 1984, 708-713; Josef Werner, in: BNN vom 20. 7. 1984; Michael Kißener, in: 20. Juli 1944 in Baden u. Württemberg, hg. v. R. Lill u. M. Kißener, 1994, 19-59; Wolfgang Altgeld, R. Frank zum 50. Todestag, Dokumentation d. Gedenkstunde am 25. 1. 1995, hg. v. d. Stadt Karlsruhe, 1995.
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