Bickes, Theodor 

Geburtsdatum/-ort: 15.10.1868; Pirmasens
Sterbedatum/-ort: 09.07.1933;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Chemiker, Vorsitzender der DVP in Württemberg
Kurzbiografie: 1887–1892 Studium in Karlsruhe, München und Heidelberg
1892–1913 Tätigkeit in der chemischen Industrie, in Ludwigshafen, Brooklyn und Feuerbach
1910–1913 Gemeinderat in Feuerbach
1913–1933 Mitarbeiter des Württ. Landesvereins vom Roten Kreuz in Stuttgart
1914–1918 Leiter verschiedener Lazarettzüge
1918–1919 Geschäftsführer der Bürgerpartei
1919 Mitbegründer der württ. DVP
1920–1927 Landesvorsitzender der DVP
1920–1924 MdL
1924–1930 MdR
1933 Tod infolge einer Gelbsuchterkrankung
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Auszeichnungen: Ernennung zum Hofrat durch König Wilhelm II. (1918)
Verheiratet: Berta, geb. Wanner (1870–1941)
Eltern: Vater: Johann Georg Bickes (1841–1909), Stadtvikar in Pirmasens
Mutter: Babette, geb. Hilberth (geboren 1844)
Geschwister: 4
Kinder: Keine
GND-ID: GND/126060258

Biografie: Ansbert Baumann (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 16-18

Die Jugend des ältesten Kindes einer protestantischen Pfarrersfamilie war, bedingt durch den Beruf des Vaters, von mehreren Wohnortswechseln geprägt. Daher besuchte Bickes, als sein Vater nach dem Vikariat in Pirmasens 1872 seine erste Pfarrstelle im pfälzischen Asselheim angetreten hatte, zunächst die dortige Vorbereitungsschule und dann das Progymnasium („Lateinschule“) im benachbarten Grünstadt. 1880 wurde er Schüler des humanistischen Großherzoglichen Gymnasiums im badischen Mannheim, da sein Vater Pfarrer in Oggersheim geworden war. Von dort aus wechselte er im Oktober 1885 in die Gymnasialklasse des Humanistischen Gymnasiums in Landau in der Pfalz, wo er 1887 das Abitur bestand.
Zum Wintersemester 1887/88 immatrikulierte Bickes sich an der Technischen Hochschule Karlsruhe für das Fach Chemie. Nach dem Sommersemester 1888 wechselte er für ein Semester als Gasthörer an die Universität München, wo er neben naturwissenschaftlichen auch volkswirtschaftliche Veranstaltungen besuchte, ehe er sich im Sommersemester 1889 zur Fortsetzung seines Chemiestudiums an der Universität Heidelberg einschrieb. Dort beschäftigte er sich speziell mit mineralogischen Fragestellungen und publizierte zusammen mit Paul Jan nasch mehrere Arbeiten zur Analyse von Galenit. 1890 wurde er außerordentliches Mitglied der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Im Jahr 1892 bekam er eine Stelle als Chemiker bei der BASF in Ludwigshafen und wechselte kurze Zeit später in leitender Funktion in deren amerikanische Niederlassung nach Brooklyn. Mitte der 1890er Jahre nahm er eine Beschäftigung bei der Chemischen Fabrik Julius Hauff&Cie. in Feuerbach an und kam somit nach Württemberg.
Das politische Interesse des Chemikers war bereits in seiner Jugend durch den dem rechten Flügel der Nationalliberalen Partei nahestehenden, bismarcktreuen Vater geweckt worden. Er selbst vertrat ebenfalls nationalliberale Positionen und hatte seine politische Heimat in Feuerbach dementsprechend in der Deutschen Partei (DP), der nationalliberalen Partei in Württemberg, gefunden. Für diese übernahm er den Vorsitz des Feuerbacher Ortsverbandes und kandidierte bei den Landtagswahlen 1906 im Wahlkreis Stuttgart-Amt gegen den SPD-Politiker Karl Hildenbrand, dem er jedoch deutlich unterlag. Sein erstes Mandat erlangte er im Jahr 1910 mit der Wahl in den Gemeinderat der Stadt Feuerbach. Im April 1912 wurde Bickes zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der DP gewählt und nahm als solcher am 12. Mai 1912 am Vertretertag der National liberalen Partei in Berlin teil, wo er sich für eine Demokratisierung des Wahlverfahrens zum Parteivorstand einsetzte. Sein parteiinternes Engagement kam auch in der Gründung einer Parteizeitung zum Ausdruck: 1913 erschien die erste Ausgabe der „Schwaben-Warte. Wochenschrift für nationale und liberale Politik – Mitteilungen der nationalliberalen Deutschen Partei Württembergs“. Im gleichen Jahr beendete Bickes die Tätigkeit in seinem erlernten Beruf als Chemiker und übernahm eine leitende Stelle in der Verwaltung des Württembergischen Landesvereins vom Roten Kreuz in Stuttgart, wo er zusammen mit seiner Frau eine Wohnung in der Jägerstraße bezog.
Nach dem Kriegsausbruch von 1914 wurde er im Rahmen seiner Funktionärstätigkeit beim Roten Kreuz mit der Koordination der freiwilligen Krankenpflege beauftragt. Außerdem leitete er mehrere Lazarettzüge an die Front. Für sein diesbezügliches Engagement bekam er im Frühjahr 1918 von König Wilhelm II. den Titel eines Hofrats verliehen.
Mit Kriegsende musste sich der inzwischen 50jährige, der zuletzt die Geschäfte der Deutschen Partei geleitet hatte, politisch neu orientieren: Als die württembergischen Liberalen im November 1918 beschlossen, sich zu einer großen liberalen Volkspartei zusammenzuschließen und auch die Führung der Deutschen Partei ihren Beitritt zum neu entstehenden Landesverband der DDP beschloss, wurde Bickes Anfang Dezember in deren Hauptausschuss gewählt. Er lehnte die Wahl jedoch am 10. Dezember 1918 ab und schloss sich stattdessen mit einigen seiner früheren Parteifreunde der neu gebildeten Württembergischen Bürgerpartei an, in der Hoffnung, dass sich diese der in Berlin um den nationalliberalen Gustav Stresemann formierten DVP anschließen werde. Allerdings entwickelte sich die Partei, deren Geschäftsführung er kurzzeitig sogar übernommen hatte, rasch in eine klar nationalkonservative Richtung und wurde somit zum Landesverband der DNVP. Aus diesem Grund zog er sich aus der Partei zurück und strebte mit einigen Gleichgesinnten die Neugründung der nationalliberalen Partei an. Unterstützt wurde er dabei von dem aus Crailsheim stammenden Geheimrat Hans Sachs, der von Stresemann damit beauftragt worden war, die Gründung eines württembergischen Landesverbandes der DVP zu unterstützen. Als ein solcher im September 1919 gebildet wurde, übernahm Gottlob Egelhaaf den Vorsitz, der als ehemaliges Mitglied der Deutschen Partei bis dahin ebenfalls der Bürgerpartei angehört hatte. Bickes wurde am 28. September 1919 zunächst Vorsitzender des Stuttgarter Ortsverbands. Allerdings wurde er schon am 28. Februar 1920, auf Egelhaafs Wunsch hin, als dessen Nachfolger zum DVP-Landesvorsitzenden gewählt. Bei den Landtagswahlen vom 6. Juni 1920 sicherte er seiner Partei, dank eines guten persönlichen Ergebnisses im Wahlkreis Stuttgart, über die Landesliste vier Mandate im neuen Landtag. Als Fraktionsvorsitzender der DVP vertrat der wirkungsvolle Redner dort zwar immer wieder nationale Positionen, beispielsweise als er die Veröffentlichung einer deutschen Gegenliste, einer Auflistung der während des Krieges von alliierter Seite begangenen Kriegsverbrechen, forderte; andererseits distanzierte er sich von nationalistischen und völkischen Gruppierungen, insbesondere auch von der Landtagsfraktion der Bürgerpartei. Darüber hinaus verstand er es, seine guten Beziehungen zu wichtigen Industrieunternehmen gewinnbringend für die Parteikasse nutzbar zu machen.
In den Landtagswahlen vom 4. Mai 1924 verteidigte er sein Mandat für den Wahlkreis Stuttgart zwar, da er am gleichen Tag jedoch auch als württembergischer Vertreter in den Reichstag gewählt worden war, regte sich in seiner Partei Widerstand gegen das Doppelmandat. Der Hintergrund dafür war, dass der relativ kleine Landesverband Interesse daran hatte, möglichst viele Parteimitglieder mit einem politischen Mandat auszustatten. Eine wichtige Rolle spielten außerdem die auf dem gesamten württembergischen Bahnliniennetz gültigen Freikarten, welche den Abgeordneten zugestanden wurden: Da jene auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Partei eingesetzt werden konnten, erschien es lukrativ, möglichst vielen Mitgliedern entsprechende Karten zu verschaffen. Somit legte Bickes sein Landtagsmandat am 4. Juni 1924 nieder und beschränkte seine parlamentarische Tätigkeit auf den Reichstag. Dort engagierte er sich besonders bei gesundheitspolitischen Debatten und im Kontext der Verabschiedung des Gesetzes zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften vom 18. Dezember 1926. 1927 legte er den Vorsitz der württembergischen DVP nieder, den nun Johannes Rath übernahm.
Nach dem Rücktritt vom Landesvorsitz sank sein Einfluss in der Partei rapide: So kam es schon bei seiner Aufstellung für die Reichstagswahlen vom 20. Mai 1928 zu parteiinternen Auseinandersetzungen, und als die württembergische DVP dann bei den Reichstagswahlen vom 15. September 1930 auf einer Einheitsliste mit der nun Deutsche Staatspartei genannten DDP antrat, wurde von ihr nicht der frühere Parteivorsitzende, sondern Otto Keinath nominiert.
Ab 1930 zog Bickes sich komplett aus dem politischen Leben zurück und beschränkte sich auf seine Tätigkeit beim württembergischen Roten Kreuz. Allerdings waren seine letzten Lebensjahre von einer schweren Lebererkrankung geprägt, so dass er auch diese Aufgabe nur noch sporadisch wahrnehmen konnte.
Quellen: StadtA Pirmasens GU Nr. 249/1868; Karlsruher Institut für Technologie, Archiv Matrikeleintrag 21003, 7.
Werke: Analyse des Bleiglanzes auf nassem Wege unter Ausfällung des Bleis durch Wasserstoffsuperoxyd in ammoniakalischer Lösung, in: Journal für Praktische Chemie 45 (1892), 111-113; Der Landesverein vom Roten Kreuz, in: Viktor Bruns (Hg.), Württemberg unter der Regierung König Wilhelms II., 1916, 322-324; Die Kriegsarbeit des Württembergischen Roten Kreuzes, 1917.
Nachweis: Bildnachweise: HStAS J 300 Nr. 491; Reichstags-Handbuch, 3. Wahlperiode 1924, Berlin 1925, 427.

Literatur: Raberg, Biogr. Handbuch, 2001, 70f.
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