Knebel, Johann Baptist 

Geburtsdatum/-ort: 15.12.1871;  Uissigheim
Sterbedatum/-ort: 27.11.1944;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Priester
Kurzbiografie: 1890 Abitur in Tauberbischofsheim
1890–94 Theologiestudium in Freiburg u. St. Peter
1894 Priesterweihe
1894 –1899 Vikar in Furtwangen u. Ettlingen
1899–1916 Pfarrkurat, seit 1903 Pfarrer in Mannheim-Neckarstadt, Herz Jesu
1909–1912 Mitglied d. II. Kammer d. Bad. Landstände-Zentrum
1916–1924 Pfarrer in Freiburg-St. Martin
1924 –1939 Pfarrer in Kiechlinsbergen
1924 Dr. theol. h. c. d. Univ. Freiburg
1933 Ehrendomkapitular in Freiburg
1933 Dekan des Landkapitels Endingen
1939 Ruhestand in Freiburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: unverheiratet
Eltern: Vater: Johann Baptist (1835–1892), Landwirt aus Kronau
Mutter: Maria Barbara, geb. Walter aus Uissigheim (1842– 1915)
Geschwister: 10; Bernhard Joseph (1863–1926), Sophia (1865–1932), Maria Anna (1867–1877), notgetauftes Mädchen (*/† 1869), Carl Theodor (* 1873, ausgewandert), Anna Rosina (1875–1881), Konrad Alois (1877– 1881), Lorenz (1879–1949), Gottfried Anselm (1882–1960) u. Rupert Vitalis (1885–1889)
Kinder: keine
GND-ID: GND/127772235

Biografie: Christoph Schmider/Clemens Siebler (†) (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 203-205

Dass Knebel, aus ärmlichen Verhältnissen kommend, als Priester bis zum Freiburger Ehrendomkapitular aufsteigt, wurde ihm gewiss nicht an der Wiege gesungen. Von seinen vier älteren Halbgeschwistern aus der ersten Ehe des Vaters mit Julia Anna, geb. Mock (1836–1869) aus Kronau waren zwei taubstumm, der älteste Bruder war stark schwerhörig, und das vierte Kind war bei der Geburt zusammen mit seiner Mutter verstorben. Auch von Knebels sechs jüngeren Geschwistern starben drei im Kleinkindalter, zwei davon innerhalb von einigen Stunden an Diphterie. Ein Bruder wanderte als 16-jähriger in die USA aus, wo sich seine Spur verliert, während die beiden anderen Brüder in Uissigheim blieben und nacheinander von 1921 bis 1945 bzw. von 1945 bis 1948 als Bürgermeister amtierten.
Eine weiterführende Schule konnte Knebel nur dank der vielfältigen Unterstützung durch den Uissigheimer Pfarrer Bernhard Joseph Mayland (1816–1899) besuchen, der dort von 1864 bis 1890 wirkte. Mayland nahm Knebel zeitweilig im Pfarrhaus auf, erteilte ihm Lateinunterricht und sorgte auch dafür, dass er vom ehemaligen Leiter des Erzbischöflichen Knabenkonvikts Freiburg sowie des Freiburger Theologenkonvikts, dem späteren Collegium Borromaeum, Joseph Kamill Litschgi (1833–1906), der mittlerweile als Münsterpfarrer auf der Reichenau wirkte, endgültig für den Besuch der Lenderschen Anstalt in Sasbach vorbereitet wurde. Die letzten beiden Schuljahre verbrachte Knebel als Zögling des Erzbischöflichen Knabenkonvikts in Tauberbischofsheim, wo er am Großherzoglichen Gymnasium die Reifeprüfung ablegte.
Das Theologiestudium absolvierte Knebel in Freiburg mit fast durchweg sehr guten bis vorzüglichen Leistungen, und gegen Ende seiner Vikarszeit attestierte ihm sein Prinzipal, Stadtpfarrer Ludwig Albert (1847– 1923) von Ettlingen, „in allen Zweigen der Theologie umfassende, gründliche Kenntnisse sowie einen großen, unermüdlichen Eifer in der Verwaltung des homiletischen u. katechetischen Amtes“. Zugleich habe er sich „durch seinen Berufseifer, sein leutseliges Betragen, verbunden mit einem würdigen priesterlichen Wandel allseitige Achtung, Vertrauen u. Anerkennung erworben.“
So war es nur folgerichtig, dass Knebel schon fünf Jahre nach seiner Ordination mit einer interessanten und anspruchsvollen Aufgabe betraut wurde: Die Pfarrkuratie St. Laurentius, ab 1903 Pfarrei Herz Jesu, in der Mannheimer Neckarstadt gehörte zu den größten Gemeinden im Erzbistum Freiburg, und neben einem volksnahen und sozial engagierten Seelsorger war in dieser rasant wachsenden „Arbeiterpfarrei“ auch ein tatkräftiger Organisator gefragt, galt es doch, das Gemeindeleben aufzubauen und zu gestalten und zugleich eine angemessene neue Kirche zu errichten. Knebels beträchtliches Redetalent machte ihn bald über seine Pfarrei hinaus bekannt, und sein Einsatz für die sozialen Belange der Arbeiterschaft sorgte dafür, dass auch die führenden Männer der bad. Zentrumspartei bald auf ihn aufmerksam wurden. Joseph Schofer (➝ III 244) förderte ihn nachhaltig und war mitverantwortlich dafür, dass Knebel 1909 für das Zentrum in die II. Kammer des Landtags einzog. Dort habe er, so schreibt Heinrich Köhler (➝ IV 163) in seinen Lebenserinnerungen, „sehr rasch durch seine geistvollen und doch so volksnahen Reden“ für Faszination unter den Abgeordneten gesorgt. Bald jedoch sei es, so Köhler weiter, zu einem Zerwürfnis mit Schofer gekommen, da Knebel „von der Wacker-Schoferschen Taktik des rücksichtslosen, scharfen Zupackens“ abgerückt sei, „eine sanftere Tonart“ empfohlen habe und „sich nie besonders stark an der die Hände beschmutzenden täglichen Presse- und Agitationsarbeit beteiligt“ habe. Schon nach einer Wahlperiode, 1912, schied Knebel „sang- und klanglos“ (Köhler, S. 161) aus dem Landtag aus, was freilich, so die Einschätzung des Mannheimer Stadtdekans Joseph Bauer (➝ I 30), im Interesse der Seelsorge die bessere Lösung war.
Knebels zupackendes und engagiertes Wesen, verbunden mit vielseitigen Interessen und einem ausgeprägten Selbstbewusstsein, machten den Umgang mit ihm bisweilen nicht ganz einfach und sorgten immer wieder für Differenzen und Auseinandersetzungen. Joseph Bauer schrieb 1916 im Dienst- und Führungszeugnis, Knebel sei „rücksichtslos gegen Alle, welche nicht seiner Ansicht sind“, attestierte ihm aber auch eine gute „Sprachbeherrschung“, die ihm „in seinem öffentlichen Auftreten […] sehr zustatten“ komme, zumal er „den Volkston“ treffe und „zu agitatorischen Zwecken […]sehr geeignet“ sei. Seine besonderen Erfahrungen und Fähigkeiten kamen Knebel auch in Freiburg zustatten, wo er als Nachfolger von Heinrich Hansjakob (1837–1916) ein interessantes Erbe antrat. Dass er, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zur Bistumsleitung besaß, erleichterte ihm die Arbeit beträchtlich. Ab 1919 förderte er den vielversprechenden Freiburger Organisten Franz Philipp (BWB I 271), der die Freiburger Martinskirche rasch zu einer ersten kirchenmusikalischen Adresse machte. Die Zusammenarbeit der beiden eigenwilligen und selbstbewussten Männer endete bereits 1923/24 unter sehr unerfreulichen Umständen mit Philipps fristloser Kündigung und der Auflösung des Kirchenchors.
Nachdem Knebel rund ein Vierteljahrhundert in der Großstadtseelsorge tätig gewesen war, wollte er ein wenig kürzer treten und übernahm im Frühjahr 1924 die vergleichsweise beschauliche Pfarrei Kiechlinsbergen, wo er u. a. die Kirche renovieren ließ und sich 1930 maßgeblich an der Gründung der Winzergenossenschaft beteiligte. Am 3. Juli 1924 promovierte ihn die Universität Freiburg aufgrund seiner vielfältigen Verdienste in der Seelsorge, „qui in agro Domini nova saepe via et ratione feliciter laboravit et verbi divini praeconem praeclarissimum se exhibuit“, zum Ehrendoktor der Theologie. Eine weitere besondere Auszeichnung erfuhr Knebel am 11. April 1933, als er von Erzbischof Conrad Gröber (➝ I 144) wenige Wochen nach dem Inkrafttreten des Bad. Konkordats, wodurch dieses Amt überhaupt erst geschaffen worden war, gemeinsam mit dem Regens des Priesterseminars St. Peter, Ansgar Baumeister (1873–1950), dem Freiburger Dogmatikprofessor Jakob Bilz (➝ I 57) und Dompfarrer Konstantin Brettle (➝ I 82) zum Ehrendomkapitular ernannt wurde.
Vom Herbst 1933 an versah Knebel noch rund sechs Jahre lang das Amt des Dekans von Endingen, ehe er sich im Frühjahr 1939 in Freiburg zur Ruhe setzte. Untätig blieb er auch dann nicht, sondern zelebrierte regelmäßig in der Mutterhauskirche der Vinzentinerinnen, zuletzt am Morgen des 27. November 1944. Er starb, als bei der Bombardierung Freiburgs am Abend dieses Tages sein Wohnhaus von einer Bombe getroffen und zerstört wurde.
Quellen: EAF, Personalakte Johann Baptist Knebel.
Werke: Der Segen d. Marianischen Kongregationen für Priester u. Volk, o. J. [Wien 1910].
Nachweis: Bildnachweise: EAF, Sterbebildchen.

Literatur: „Necrologium Friburgense“, in: FDA 70, 1950, 228 f.; Anzeiger für die Kath. Geistlichkeit 73, 1964, 148; Heinrich Köhler, Lebenserinnerungen des Politikers u. Staatsmannes 1878–1949, 1964, 72, 160–162; Christoph Schmider, Für Freiburg (zu) großartig? Franz Philipp (1890–1972) als Kirchenmusiker an St. Martin, in: FDA 131, 2011 (in Vorbereitung); http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Baptist_Knebel.
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