Rübe, Adolf Friedrich Wilhelm 

Geburtsdatum/-ort: 18.05.1896;  Karlsruhe
Sterbedatum/-ort: 23.06.1974;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Kriminalsekretär, Scherge und Henker des NS-Systems
Kurzbiografie: 1910-1913/14 Lehre im Dekorationshandwerk
1914-1918 Kriegsteilnehmer (Hilfsschreiber)
1920-1923 Polizeidienst bei der Gendarmerie Lörrach (Paßstelle)
1923 Wechsel zum Badischen Landespolizeiamt Karlsruhe
1926, 1929 Polizeiassistent, Polizeisekretär
1933 Kriminalsekretär
1942 Abordnung zum „Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD Weißruthenien“ in Minsk; „Referent“ des Lagerkommandanten im Ghetto der deutschen Juden. Zahlreiche Tötungsdelikte
1943-1944 Abordnung zum „Kommando 1005“, einem sogenannten „Enterdungskommando“
1945, 1946 kurzfristige Internierung durch französische bzw. amerikanische Militäradministration
1948 Verfahren vor der Spruchkammer Karlsruhe
1949 Strafverfahren vor dem Landgericht Karlsruhe
1951 Scheitern der Revision vor dem Bundesgerichtshof
1951-1962 Verbüßung der lebenslänglichen Haftstrafe in der Landesstrafanstalt Bruchsal
1962 Haftentlassung, Rentner in Karlsruhe
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1924 Elsa, geb. Waldmann
Eltern: Adolf (gest. 1917), Schreinermeister
Wilhelmine, geb. Meyer (gest. 1899)
Geschwister: 1 Schwester, 1 Halbbruder, 1 Halbschwester aus der 1. Ehe des Vaters
Kinder: keine
GND-ID: GND/128804351

Biografie: Angela Borgstedt (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 323-324

Als Rübe nach dem 1. Weltkrieg demobilisiert wurde, kehrte er nicht in seinen erlernten Beruf als Dekorateur zurück, sondern trat bei der Gendarmerie Lörrach in den Polizeidienst. 1923 wechselte er zum Badischen Landespolizeiamt nach Karlsruhe, wo er 1926 die Planstelle eines Polizeiassistenten erhielt und schließlich 1929 zum Polizeisekretär befördert wurde. Da seine Dienststelle 1933 in der Landeskriminalpolizei aufging, wurde Rübe automatisch Kriminalsekretär. Sein Tätigkeitsfeld, die Verwaltung der sogenannten Wertsachenkartei, suchte er mitunter in eigenmächtiger Kompetenzerweiterung zu vergrößern, etwa durch private Ermittlungen bei Sittlichkeitsdelikten. Nachdem Rübe sich wohl noch 1940 einer Versetzung in den Osten widersetzt hatte, wurde er im November 1942 zum „Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD Weißruthenien“ in Minsk, Eduard Strauch, delegiert. Hier war er den Abteilungen V „Kriminalpolizei“, sodann IV „Judenangelegenheiten“ zugeteilt und an Aktionen gegen Partisanen, insbesondere jedoch an der Vernichtung des Ghettos Sluzk am 8. Februar 1943 beteiligt. Berüchtigt war Rübe aber vor allem als „Referent“ des Lagerkommandanten, SS-Hauptsturmführer Müller, und de facto „Chef“ im Ghetto der deutschen Juden. In diesem befanden sich, von den ca. 70 000 russischen Juden getrennt, vom November 1941 an etwa 15 000 Juden aus Hamburg, Frankfurt/Main, Düsseldorf, Bremen, Berlin und Wien. Bei vorgeblichen „kriminalistischen Ermittlungen“ im Lager entdeckte „Disziplinlosigkeiten“ strafte Rübe mit Hinrichtungen auf dem nahegelegenen Ghettofriedhof. So erschoß er einen Bremer Transportarbeiter wegen abfälliger Äußerungen über den Nationalsozialismus, eine Hamburger Malerin, die ihn einst porträtiert hatte, wurde von ihm wegen eines angeblichen Diebstahls getötet. Bevorzugt „ahndete“ Rübe jedoch angebliche „Sittlichkeitsdelikte“. Im Juli 1943 schließlich war Rübe maßgeblich an der Ermordung von Patienten des Ghettokrankenhauses beteiligt, die, sofern sie die bereitstehenden Gaswagen nicht aus eigener Kraft besteigen konnten, in ihren Betten erschossen wurden. Insgesamt 436 solcher Tötungsdelikte konnten die wenigen Überlebenden des Minsker Ghettos später bezeugen, 26 davon wurden dem selbsternannten „Richter und Henker“, wie Rübe seine Tätigkeit nach 1945 beschrieb, zweifelsfrei nachgewiesen. Nach der Liquidierung des Ghettos Minsk im September 1943 übernahm Rübe ein sogenanntes „Enterdungskommando“, das durch vollständige Verbrennung die Spuren der Einsatzkommandos beseitigen sollte. Im Juli 1944 kehrte er zum Erkennungsdienst nach Baden zurück, wo er, von zweimaliger kurzer Internierung abgesehen, nach Kriegsende unbehelligt in Karlsruhe lebte. Erst die Anzeige eines Frankfurter Überlebenden Ende 1946 ließ deutsche und alliierte Stellen Ermittlungen aufnehmen, die zu einem Verfahren vor der Karlsruher Spruchkammer, später auch vor dem dortigen Landgericht führten, nachdem die amerikanische Militärregierung zeitweilig gar eine Verhandlung in Nürnberg erwogen hatte. Rübe erhielt jeweils die Höchststrafe, die er bis 1962 in der Landesstrafanstalt Bruchsal verbüßte. Bis zu seinem Tod 1974 lebte er als Rentner in Karlsruhe, wo er zuletzt ein aufgrund neuen Belastungsmaterials von der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg angestrengtes Verfahren zu gewärtigen hatte.
Quellen: GLA Karlsrahe: Spruchkammerakte 465a/51/5/460; GLA Karlsruhe: Verhörprotokoll des CIC 465c/1392; Urteile des Landgerichts Karlsruhe und Oberlandesgerichts Stuttgart 3a Ks 2/49/298b und 298c, abgedruckt in: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen NS-Tötungsverbrechen 1945-1966. Bd. IX, 1972, 1-57; IfZ: Affidavit von Adolf Rübe, 23.10.1947 NO-5498; ZSLV: Strafverfahren gegen Adolf Rübe ZSLV 1-IV 202 AR-Z 282-59, ZSLV 11 202 AR 981/67

Literatur: Rosenberg, Heinz, Jahre des Schreckens ... und ich blieb übrig, daß ich Dir’s ansage, 1992, 43-74; Löwenstein, Karl, Minsk. Im Lager der deutschen Juden, 1961; Röpcke, Andreas, Rodenburg, Günther (Bearb.), Es geht tatsächlich nach Minsk. Texte und Materialien zur Erinnerung an die Deportation von Bremer Juden am 18.11.1941 in das Vernichtungslager Minsk (Kleine Schriften des Staatsarchivs Bremen 21), 1992
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