Schreck, Paul Peter 

Geburtsdatum/-ort: 24.12.1892; Haardorf bei Zeitz
Sterbedatum/-ort: 10.09.1948;  Heidelsheim
Beruf/Funktion:
  • MdR und MdL-KPD, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1899–1907 II. Stadtschule (Volksschule) in Zeitz
1907–1910 Lehre als Eisendreher bei d. Zeitzer Eisengießerei- u. Maschinenbau AG
1908–1911 Eintritt in die Sozialist. Arbeiterjugend, den Metallarbeiterverband 1910 u. die SPD 1911
1912–1915 Wanderjahre als Jungarbeiter mit Aufenthalt in Norddeutschland, Witten u. Mülheim an d. Ruhr
1915 IV.–1948 in Mannheim wohnhaft; 1916 bis 1921 bei Benz&Cie. u. MWM beschäftigt
1918 Anschluss an die „Bremer Linken“; Führer im Munitionsarbeiterstreik in Mannheim u. Gründer des Spartakusbundes in Baden
1919–1933 Beginn des Engagements: Mitbegründer des Mannheimer Ortsverbandes d. KPD, ab 1921 hauptamtl. Parteisekretär; 1924 Verurteilung zu 2 Jahren Haft wegen seiner pol. Tätigkeit für die KPD; 1925 bis 1928 MdL u. 1927 bis 1933 Politleiter d. KPD für Baden, 1928 bis 1932 MdR, 1928 auch Mitglied des ZK d. KPD u. Delegierter des VI. Weltkongresses d. Komintern in Moskau, 1930 bis 1933 Stadtrat in Mannheim
1933–1935 Gefängnis u. Konzentrationslager
1935–1939 Tätigkeit als Notstandsarbeiter, Dreher bei d. Firma Gerberich in Mannheim
1939–1945 KZ Buchenwald
1945–1948 Vorsitzender d. Parteikontrollkommission des Parteiaktivs im KZ Buchenwald, dann 2. Vorsitzender des ADGB Mannheim u. d. Industriegruppe Metall Württemberg-Baden (später: IG Metall), dann Vorsitzender u. Politleiter d. KPD Baden u. Mitglied des Mannheimer Gemeinderats
1946 Mitglied d. vorläuf. Volksvertretung Württemberg-Baden u. d. Verfassunggebenden Landesversammlung, 1946 bis 1948 auch MdL Württemberg-Baden
1991 „Paul-Schreck-Platz“ in Mannheim-Schönau
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev., dann konfessionslos
Verheiratet: 1918 (Mannheim) Barbara, geb. Hauer (1890–1967)
Eltern: Vater: Peter (1858–1944), Korbmacher
Mutter: Alma, geb. Kirsten (1863–1935)
Geschwister: 7
Kinder: 6; Kurt (1918–1990), Alma (1919–2000), Karl (1922–1943), Elisabeth (1924), Sonja (1928) u. Vera (1929–1972)
GND-ID: GND/130185264

Biografie: Karl-Heinz Schwarz-Pich (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 362-364

Schreck wuchs in einem sozialistisch geprägten Elternhaus auf. Der Vater war aktives Mitglied der SPD und trat, als die Sozialistengesetze von 1878 bis 1890 galten, offen für seine Partei ein, wobei er berufliche Nachteile in Kauf nahm. Das politische Engagement Schrecks begann 1908, als er sich der Sozialistischen Arbeiterjugend anschloss. 1910 wurde er Mitglied im Metallarbeiterverband, 1911 trat er in die SPD ein. Die Wanderjahre als Jungarbeiter führten ihn an die „Waterkant“ und von dort ins Ruhrgebiet, bevor er sich 1915 in Mannheim niederließ, wo er bald politisch in Erscheinung trat.
1918 gehörte Schreck zu den Führern des sogenannten Munitionsarbeiterstreiks, der mit unterschiedlicher Resonanz in ganz Deutschland von Ende Januar bis Anfang Februar stattfand. In dieser Zeit schloss sich Schreck auch den „Bremer Linken“ an, einer Gruppierung innerhalb der SPD, die sich am äußerst linken Rand der Partei bewegte. Als im Zusammenhang mit der Novemberrevolution von 1918 die Spartakusgruppe unter Führung von Rosa Luxemburg (1871–1919) und Karl Liebknecht (1871–1919) aus der USPD austrat und sich reichsweit als selbstständige politische Kraft organisierte, gründete Schreck die Sektion Baden des „Spartakusbundes“. Wenige Wochen später wurde vom Spartakusbund in Verbindung mit den Bremer Linken die KPD gegründet. Schreck gehörte zu den Aktivisten bei der Bildung des Mannheimer KPD-Ortsverbands und des Landesverbands Baden. 1920 war er Delegierter des Vereinigungsparteitags von KPD und USPD in Berlin und 1921 Delegierter des Jenaer Parteitags. Schreck war Herausgeber des Parteiorgans „Rote Fahne“ für Baden und wurde 1921 als hauptamtlicher Sekretär der Partei in Mannheim und Politleiter des KPD-Landesverbandes Baden eingesetzt. Dabei gehörte er zur Parteirechten, die sich im Unterschied zur Linken stärker an den politischen Realitäten orientierte. Als linke Kräfte um Georg Krenzler (1884–1959) Anfang 1924 die Führung im KP-Landesverband übernahmen, wurde Schreck seines Postens als Politleiter enthoben.
Insgesamt wurde Schreck in den 1920er Jahren zu vier Haftstrafen verurteilt. Im Frühjahr 1924 verhaftet und vor Gericht gestellt lautete die Anklage auf „Beteiligung an einer hochverräterischen Unternehmung mit dem Ziel, die Verfassung mit Gewalt zu ändern“. Die Anklage stützte sich dabei auf Artikel in der von der KPD Baden herausgegebenen „Arbeiterzeitung“. Schreck erklärte sich im Sinne der Anklage als unschuldig. Aus den Artikeln geht auch nicht hervor, dass direkt zum Aufstand oder verschwörerischen Aktionen aufgerufen wurde. Trotzdem wurde er zu einer auch für die damalige Zeit unverhältnismäßig hohen Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt, aufgrund seiner Wahl in den Bad. Landtag im August 1925 nach ca. 1 ½ Jahren aber vorzeitig aus der Haft entlassen.
In der innerparteilichen Auseinandersetzung spielte Schreck dann 1926 bei der Ausschaltung der linksradikalen Kräfte im Lande um Georg Krenzler eine entscheidende Rolle und übernahm auch wieder den Posten des Politleiters für Baden. Bei den Wahlen am 20. Mai 1928 wurde Schreck für Baden KPD-Abgeordneter und gehörte dem Reichstag bis 1932 an. Er befasste sich vor allem mit aktuellen sozialen Problemen wie der Erhöhung der Reichshilfe für Sozialrentner, aber auch mit regionalen Themen seines Wahlkreises, etwa dem Brückenverkehr zwischen Mannheim und Ludwigshafen. Ein Schwerpunktthema seiner Parlamentstätigkeit war es, auf die Lage der Menschen in den nach dem I. Weltkrieg von Frankreich besetzten Gebieten aufmerksam zu machen. Seine Redebeiträge waren kraftvoll im Ausdruck, ungekünstelt und leidenschaftlich.
Während der ultralinken Ausrichtung der KPD-Politik Ende der 1920er Jahre unter der Führung von Ernst Thälmann (1886–1944) und Heinz Neumann (1902–1937?) wurde Schreck 1931 wegen „versöhnlerischen“ Verhaltens erneut seines Postens als Politleiter enthoben und auch bei den Wahlen zum Reichstag am 31. Juli 1932 nicht wieder aufgestellt.
Als nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 die Verfolgung von KPD-Funktionären einsetzte, ging Schreck in den Untergrund, wurde aber denunziert und am 7. März 1933 verhaftet. Anfangs war er in Mannheim inhaftiert, wobei er auch gefoltert worden sein soll; nach dem 19. Mai 1933 saß Schreck im „Schutzhaftlager“ Heuberg auf der Schwäbischen Alb ein, nach dessen Schließung im Lager Kislau bei Karlsruhe. Am 16. April 1935 entlassen musste er sich fortan täglich auf dem Polizeirevier in Mannheim-Waldhof melden.
Vier Monate nach seiner Entlassung wurde seine Frau Käthe wegen politischer Betätigung verhaftet und saß 13 Monate in verschiedenen Gefängnissen. Die sechs minderjährigen Kinder der Familie wurden tagsüber von Anna Lechleiter, der Frau des 1942 hingerichteten kommunistischen Widerstandskämpfers Georg Lechleiter (vgl. S. 251) versorgt. Die politische Tätigkeit von Schreck beschränkte sich seit seiner Entlassung auf Treffen mit Gesinnungsgenossen, die als Familienausflüge getarnt waren; andere „Widerstandstätigkeiten“ der KPD in Mannheim sind nicht überliefert, was aber durchaus der Weisung der inzwischen in Moskau befindlichen Parteileitung entsprach, wie die Gestapostelle in Karlsruhe erfahren haben wollte.
Bei Ausbruch des II. Weltkriegs wurde Schreck am 1. September als Zugehöriger zum sogenannten A-Kader, einem Personenkreis, der als besonders gefährlich eingestuft war, erneut verhaftet. Die nächsten fünfeinhalb Jahre saß er als Häftling Nummer 6640 im Konzentrationslager Buchenwald und war dort 1944/1945 3. Lagerältester.
Bei der Befreiung wurde Schreck von der KP Leitung in Buchenwald als Vorsitzender einer „Partei-Kontroll-Kommission“ eingesetzt, deren Aufgabe es war, die Mitglieder der KPD im KZ auf ihre Verwendbarkeit für zukünftige Parteiaufgaben zu überprüfen. Als sich die Lagertore für ihn öffneten, endete seine fast acht Jahre währende Zeit der Gefangenschaft.
Im Mai 1945 kehrte Schreck nach Mannheim zurück. Trotz Dystrophie infolge Unterernährung, Kreislaufstörungen und einer Herzerkrankung stürzte er sich sofort wieder in die politische Arbeit, wurde wieder bad. Politleiter, gehörte 1945 der vorläufigen Volksvertretung in Württemberg-Baden und 1946 der Verfassunggebenden Landesversammlung an. 1945 war er 2. Vorsitzender des ADGB und Vorsitzender der IG-Metall in Mannheim, Beirat und nach den Kommunalwahlen am 26. Mai 1946 zudem Stadtrat.
Schreck kam bei einem Autounfall auf der Fahrt zu einer Landtagssitzung zwischen Bruchsal und Heidelsheim zu Tode; er saß selbst am Steuer. Die Beerdigung fand am 14. September 1948 auf dem Mannheimer Hauptfriedhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt. 1991 wurde im Stadtteil Schönau ein Platz nach ihm benannt.
Quellen: Kirchenbuch Haardorf, Geburtseintrag 1892; StadtA Zeitz, Sachsen-Anhalt, Melderegister; Standesamt Eisenberg, Thüringen, Heiratseintrag d. Eltern von Schreck; StadtA Witten, Adressbuch 1912; StadtA Mannheim, Personengesch. Sammlung, Stadtratsdok. Lfd.-Nr. 359, 22/1983 Lfd.-Nr. 464, D 4, NL Fritz Salm; Reichstagsprotokolle d. 4. u. 5. Wahlperiode 1928–1932, Redebeiträge von Schreck in: Bayer. Staatsbibliothek München, Digitale Bibliothek, unter: Verhandlungen des Dt. Reichstags/Stenographische Berichte (1919–1939); Reichstagshandbuch Bd. 1930, 5. Wahlperiode, 467; BA Koblenz R 58/457 Gestapo Karlsruhe, Berichte Nr. II A-16/38 g; Standesamt Bruchsal, Sterbebuch Nr. 176/1948; StadtA Bruchsal, BNN vom 11. 9. 1948, Unfalltod Schrecks; GLA Karlsruhe 480 EK 715, Wiedergutmachungsakten; FamilienA Schreck beim Enkel Steffen Volz, Mannheim, darin Briefe von Schreck aus dem Gefängnis u. den Konzentrationslagern; Auskünfte d. Tochter Sonja Volz, Mannheim, vom März 2009.
Nachweis: Bildnachweise: Hermann Weber, 1969, 455.

Literatur: Ossip K. Flechtheim, Die KPD in d. Weimarer Republik, 1948; Herrmann Weber, Die Wandlung des dt. Kommunismus, Die Stalinisierung d. KPD in d. Weimarer Republik, Bd. 2, 1969, 287–288 ff.; Annemarie Weiland, Die aus d. Ritterstraße, 1982; dies., „In memoriam Paul Schreck“, Buchenwaldarchiv 52 11–106 (unveröffentl. Manuskript, o. J., 23 S.); Der Mannheimer Gemeinderat, Biograph. Handb., 1984; Klaus Dobisch u. Günther Wieland, System d. NS-Konzentrationslager 1933–1939, 1993.
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