Rombach, Paula 

Geburtsdatum/-ort: 06.03.1906;  Freiburg im Breisgau
Sterbedatum/-ort: 31.03.2004;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Buchhalterin und Anteilseignerin am Badischen Verlag
Kurzbiografie: 1912 Volksschule in Freiburg-Wiehre
1921 Lehre u. Beschäftigung als Verkäuferin bei d. Fa. Kühn, Freiburg
1925 V. 1–1927 Kontoristin beim Generalsekretariat des Dt. Caritasverbands; Eintritt in den kath. Kaufmänn. Verein „Veritas“ u. Bekanntschaft mit dem späteren Ehemann
1937 NS-„Dienstverpflichtung“ als Buchbindergehilfin im eigenen Betrieb
1945 Buchhalterin im eigenen Unternehmen; bis in die 1950er-Jahre dort tätig
1971 I. 20 Inbetriebnahme d. Rotations-Druckmaschine „Courier 25“ durch Paula Rombach
1984 IX. 15 Inbetriebnahme d. Rollenoffest-Rotationsdruckmaschine durch Paula Rombach
2006 III. 6 Erste Verleihung des „Paula-Rombach-Literaturpreises“ für dt. Prosa an Studierende, Bedienstete u. Alumni d. Univ. Freiburg, dotiert mit 5000 €
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1927 (Freiburg) Heinrich Rombach (1897-1970)
Eltern: Vater: Paul Hagmeier (1878–1941), Kaufmann
Mutter: Emma, geb. Burger (1882–1961)
Geschwister: 2; Wilhelm (geboren 1906) u. Lieselotte (geboren 1911)
Kinder: 2;
Eleonore (Rufname Lore, geboren 1928), verh. mit Fritz Hodeige, Dr. phil, aus Berlin,
Ruth, verh. Lehr (1932–2009)
GND-ID: GND/133426440

Biografie: Fred Ludwig Sepaintner (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 321-323

Es kann nicht verwunderlich sein, wenn unter den Erneuerern des Pressewesens nach dem II. Weltkrieg in Baden und Württemberg, zu denen eine ganze Reihe der in diesem Band abgehandelten Persönlichkeiten zählt, ausschließlich Männer aufscheinen. Gewiss, es gab bereits namhafte Journalistinnen, bei der Wieder- oder Neugründung von Zeitungen, aber scheint tatsächlich kaum eine Frau eine entscheidende Rolle wahrgenommen zu haben? Gilt das auch für Rombach? Ihre Tochter Eleonore zumindest behauptete: „Ohne sie wäre das Unternehmen sicher nicht so weit gekommen“ (Interview vom April 2011, zit. nach Frigge, 2011, S. 13). Das Bemerkenswerte in diesem Falle scheint, dass die Rombachsche Unternehmensgeschichte und Rombachs Einfluss darauf nicht erst 1945, sondern bereits in den 1930er-Jahren begann. So mag, exemplarisch an diesem Beispiel, Frauenanteil beim Neubeginn der Presse skizziert und die Frage nach dem Selbstverständnis der Frau dabei gestellt werden.
Eine klare Antwort darauf gibt das Lebensmotto Rombachs; denn sie bekannte sich zeitlebens dazu, dass der Lebensweg ihres Mannes auch ihrer sei. Damit ist ihr – und wohl auch bereits das damals typische – Rollenverständnis umrissen. Sie war und blieb, bis zum Tod des Ehemannes, die aktiv teilnehmende, engagierte Gefährtin. Bezeichnend aber auch, sie wollte danach das Werk noch fortsetzen, nahm aktiv Anteil an und Einfluss auf die Unternehmensentwicklung.
Wie der Ehemann entstammte Rombach nicht nur einem gut katholischen Elternhaus, sie erlebte aktiv, schon als Lehrling bei Firma Kühn, ein ausgesprochen katholisches Umfeld. Das gilt erst recht danach, als sie Mitarbeiterin beim Caritasverband war, wo ihr bleibende Eindrücke zuteil wurden, sie mit menschlicher Not konfrontiert wurde, aber auch Verwaltungsarbeit en détail erlernte. Damals traf Rombach mit ihrem späteren Mann zusammen; denn beide waren im Katholischen Kaufmännischen Verein „Veritas“ engagiert. Die Verbindung hielt; nach einem guten Jahrfünft fand die Heirat statt, und fortan hatte sie Anteil am Werdegang Heinrich Rombachs, von seiner Karlsruher Zeit an, als er im wichtigsten katholischen Verlag Badens seine Kenntnisse und Fähigkeiten als Organisator vertiefen konnte, dort arbeitete, wo das Hauptorgan der badischen Zentrumspartei erschien, der „Badische Beobachter“.
Sie war also bereits die Gefährtin, als Heinrich Rombachs erster großer Schritt auf einer fortan beachtlichen Karriereleiter nicht zwei Jahre später geschah, er Direktor wurde des Freiburger Preßvereins mit der Vorgabe, dessen Zeitung, die Freiburger „Tagespost“, in Südbaden voran zu bringen. Was in diesem Zusammenhang auf die Direktorengattin zukam, mag der Umstand verdeutlichen, dass die Familie wie damals durchaus üblich im Gebäude des Pressvereins auch wohnte. „Es gab einfach keine Trennung zwischen Unternehmen und Familie“ (ebd., Frigge, 2011, S. 15). Viele Redakteure zählten zum Freundeskreis der Familie. Rombach kannte fast alle Mitarbeiter und, vielleicht ungewöhnlich für die 1920er-Jahre, Rombach wusste auch um die technischen Abläufe, kurzum, die „Tagespost“ war bereits Lebensbestandteil auch der Direktorengattin, selbst wenn sie bisher zuerst repräsentativen Verpflichtungen an der Seite ihres Mannes nachgekommen sein mochte, und bald Mutter zweier Töchter war.
Dass die katholische Zeitung, der sie tragende Preßverein und selbstredend mit ihrem Mann auch Rombach in immer tiefere, bis an das Existentielle heranreichende Nöte gerieten, nimmt nicht Wunder angesichts des fundamentalen Wandels, der nach der NS-„Machtergreifung“ hereinbrach. Schon im Juli 1933 löste sich die Zentrumspartei auf, der man angehört hatte. Aber die in der Preßvereins-Satzung nun anstelle des Parteibezugs bekräftigte katholische Grundeinstellung der Zeitung stand dem neuen System gleichermaßen entgegen und erregte nur Missfallen. Bezeichnend angesichts dieser Situation die innerfamiliäre Problemlösung, das sich Abschotten: Was zu Hause gesprochen wird, darf nicht nach draußen dringen, diese Devise blieb im Gedächtnis der Töchter haften, erst recht, als – wieder auf Vorgaben des Regimes reagierend – Rombach und die Seinen 1936 in die Gründung der „Heinrich Rombach&Co. KG“ eingewilligt hatten, er somit persönlich haftender Verleger der Zeitung geworden, an die Stelle der Vereinsträgerschaft Familienverantwortung getreten war. Damit gleitet auch das Leben Rombachs in eine neue Phase. Wenn die „Tagespost“ schon bisher gleichsam am Tisch der Familie saß, war sie fortan drittes Kind – nach dem Willen des Regimes ein Sorgenkind. Rückläufige Abonnentenzahlen und immer weniger Inserate kennzeichneten die Frist, die dem Blatt bis zu seiner Beseitigung Anfang 1940 noch blieb, schwindender Ertrag auch den übrigen Tätigkeitsbereich des Familienunternehmens in den nächsten Kriegsjahren. Es nimmt sich bezeichnend aus in dieser Situation, wenn die „Chefin“ des Unternehmens auf Betreiben der Nationalsozialisten „dienstverpflichtet“ wurde, als Hilfskraft in der Buchbinderei.
Der Tiefpunkt war mit der Bombennacht vom 27. November 1944 erreicht. Die ganze Familie erlebte bange Stunden im Luftschutzkeller, unter dem Druckereisaal. Doch niemand wurde verletzt als die Gebäude in Schutt und Asche fielen. Es blieb nur die Flucht zu Fuß nach Bleibach, wo die Schwester des Vaters Pfarrhaushälterin war. Im Zimmer eines kleinen Gasthauses war die Familie untergekommen. Wieder mag Rombach bange Stunden durchlebt haben: wenn der Mann täglich in Freiburg war, um wichtigste Geschäftskontakte zu erhalten und aus den Trümmern zu bergen, was nur möglich war. Er fand die Rotation, Tiegel und Schnellpressen in leidlichem Zustand, wie er an den Kompagnon Anton Knoll schrieb, auch den Kassenschrank, der aufgeschweißt wurde. Sein angesengter Inhalt, 6730 RM, wurde bei der Bank einbezahlt. Und die Angst wuchs noch, als der Ehemann ganz zuletzt zum Volkssturm eingezogen wurde. Rombach nahm selbst in dieser wohl schwierigsten Zeit aktiv Teil am Unternehmensgeschehen. Sie erledigte nicht nur in der ihr eigenen Selbständigkeit den Schriftverkehr ihres Mannes, sie begleitete ihn sogar im Februar 1945 nach Konstanz, wo man mit einer Druckerei kooperierte, und das war damals bestimmt keine Vergnügungsreise.
Als die Franzosen einmarschiert waren, die Kapitulation verkündet, begann das Steineklopfen in der Rosastraße, der Wiederaufbau. Auch das ist wörtlich zu nehmen im Falle der drei Frauen der Familie, und als schließlich wieder eine Zeitung vom Hause Rombach gedruckt und am unteren Ende der Kaiser-Joseph-Straße, unweit der Dreisam verkauft werden konnte, war es Rombach, oft unterstützt von den Töchtern, die anfangs buchstäblich am Küchentisch die Tageseinnahmen zählte, Gehälter ausrechnete, Lohntüten befüllte und für die laufenden Zahlungen sorgte. Sie war bis in die 1950er-Jahre hinein offiziell Buchhalterin im Familienbetrieb.
Später, nach dem großen Aufschwung, der Zeit des „deutschen Wirtschaftswunders“, bis über die 1970er-Jahre hinaus blieb die „Chefin“ im Unternehmen präsent, und auch jetzt war sie beileibe nicht nur die „Mutter“ der Firma, die sich um die Ehemaligen kümmerte. Das blieb so nach dem Tod ihres Mannes, bis ins hohe Alter und es erscheint nur verständlich, wenn die „Seniorchefin“ die Stelle des verstorbenen Ehemanns nun einnahm bei großen Anlässen, etwa als die neuen Rotationsdruckmaschinen im Januar 1971 und im September 1984 in Betrieb genommen wurden. Inzwischen zählte sie 78 Jahre.
Die Identifikation mit dem Verlags- und Druckhaus dauerte fort, auch wenn sie, längst eine Grande Dame in Freiburg, nun auch ihren kulturellen Interessen intensiver nachging, regelmäßig das Theater besuchte, wo sie 50 Jahre lang ein Abonnement besaß, in einem privaten Kreis sang und Klavier spielte. Wie Interesse an und Engagement in der mitgegründeten Firma sich in ihren späten Jahren darstellte, auch dafür gibt es Belege: Längst Urgestein, „Gedächtnis“ des Unternehmen wurde sie nicht nur über die 1970er-Jahre hinaus mit Besprechungsprotokollen versorgt, die Seniorchefin war besonders dann gefragt, wenn es um Klärung von Vorgängen ging, die in die frühe Zeit zurückreichten. Sie unterließ es nie, persönlich an den Jahresversammlungen der Gesellschafter teilzunehmen, zuletzt im Rollstuhl. Ihr „sanft aber entschieden vorgetragene[r] Wille“ (T. Hauser in: BZ, 2.4.2004) der „sanfte[n]Patriarchin“ (ebd.) der Rombachschen Unternehmen wurde gehört, bis zuletzt.
Bei der 100. Wiederkehr ihres Geburtstags 2006 – Rombach war wenige Wochen nach ihrem 98. Geburtstag gestorben – stiftete ihr Enkel Andreas Hodeige, Geschäftsführer der Firmengruppe Rombach, den „Paula- Rombach-Literaturpreis“, der seither in zweijährigem Abstand verliehen wird.
Quellen: Verlags-A Rombach, passim, bes. Akte Hecht, Dokumente zur Geschichte d. BZ 1945ff.; EAF 81.60, Vol. 5, kath. Presse; A des Dt. Caritasverbandes, Freiburg, Personalakte 131/Hagmeier.
Werke: Rede zum 60. Geburtstag des Schwiegersohns, in: „Lupe“, Sonderausg. zum 60. Geburtstag von Fritz Hodeige vom 18.12.1980, o. S. (mit Bildnachweis).
Nachweis: Bildnachweise: Spaude, 2006, Titels.; Frigge, 2011, 173 (vgl. Werke u. Literatur).

Literatur: BZ vom 1.4.2004 Nachruf von Thomas Hauser (mit Bildnachweis); BZ vom 2.4.2004, (tha) kurzer Nachruf u. vier Todesanzeigen; BZ vom 14.4.2004, Danksagung d. Töchter; Edelgard Spaude, Paula Rombachs Lebensweg, 2006 (36 S., mit Bildnachweis) [wenig ergiebig, im Detail auch teilweise ungenau]; Sabine Frigge, Aus Tradition in die Zukunft, 1936–2011, 75 Jahre Rombach, 2011, bes. 13-25 u. passim (mit Bildnachweis).
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