Grumbach, Robert 

Geburtsdatum/-ort: 03.11.1875;  Freiburg im Breisgau
Sterbedatum/-ort: 14.12.1960;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Rechtsanwalt, Kommunalpolitiker-SPD, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1881–1884 Volksschule, „Torschule“ im Breisacher Tor, ab 1883: Karlsschule
1884–1891 Mittelschule, ab 1918: Karl von Rotteck Realschule
1892–1894 Gymnasium an d. Bertholdstraße bis Abitur
1894–1898 Jurastudium in Freiburg bis zur I. jurist. Staatsprüfung; WS 1895/6 Friedrich-Wilhelms-Universität, heute: Humboldt Universität, Berlin
1899–1902 Ausbildung beim Amtsgericht Freiburg, dann Volontär beim Bezirksamt Emmendingen; II. jurist. Staatsprüfung u. Referendär, im Juli 1902 Zulassung als Rechtsanwalt beim Landgericht Freiburg
1908–1933 III. 6 Mitglied im Freiburger Bürgerausschuss-SPD, 1911 von diesem in den Stadtrat gewählt
1933 III. 18–XII. 13 „Schutzhaft“ im Landesgefängnis, ab 27. März nach Nervenzusammenbruch „Hausarrest“ in d. Kur- u. Kneippanstalt St. Urban
1938 Löschung d. Anwaltszulassung am 30. Nov.; nach dem zentral gelenkten Pogrom, d. sog. „Reichskristallnacht“, am 10. Nov. unter 99 Freiburger Juden ins KZ Dachau deportiert, am 13. Dez., weil über 50-jährig, aufgrund eines Erlasses vom Vortag freigelassen; Rückkehr nach Freiburg
1940 X. 22 nach vergeblichen Auswanderungsbemühungen nach England, Palästina, Zypern u. in die USA verhaftet u. zus. mit weiteren 346 Freiburger Juden nach Gurs in Südfrankreich deportiert
1941 II.–1944 VIII. mehrfache Verlegung d. Eheleute Grumbach: Lager Le Récébédou bei Toulouse, Rivesaltes bei Perpignan, Nixon bei Limoges, Noé bei Toulouse, zuletzt Masseube, Dep. Gers; inhaftiert bis zur Befreiung durch die Alliierten
1946 IV. 30–1960 IV. Rückkehr nach Freiburg; im Sept. endgültige Wiederzulassung als Rechtsanwalt, zahlr. Wiedergutmachungsverfahren; Vorstandsmitglied d. Bad. Rechtsanwaltskammer, dann „intern“ Ehrenmitglied; Vorstandsmitglied des „Vereins d. vom NS Verfolgten“; am 11.Nov. 1947 Freiburger Ehrenbürger
1948–1960 Impulse in das kulturelle Leben Freiburgs: 1948 Hansjakobgesellschaft u. Freiburger Ortsgruppe des Hebelbundes gegründet, 1958 Emil-Gött-Gesellschaft, anlässl. seines 50. Todestages; bis 1960 meist Vertreter d. Stadt beim Hebelfest in Hausen im Wiesental
2012 „Robert-Grumbach-Platz“ in Freiburg-Mooswald
Weitere Angaben zur Person: Religion: isr.
Auszeichnungen: Großherzogl. Bad. Kriegsverdienstkreuz (1917); Bundesverdienstkreuz am Bande (1952) u. Erster Klasse (1960)
Verheiratet: 1903 (Freiburg) Berta, geb. Weil (1877–1962)
Eltern: Vater: Nathan (1848–1931), Handelsmann, 1879–1911 Holzhändler in Freiburg
Mutter: Johanna, geb. Blozheimer (1857–1878)
Geschwister: 3; Richard (1876–1919), aus d. 2. Ehe des Vaters: Paula (1883–1934) u. Nathalie (geboren 1890)
Kinder: keine
GND-ID: GND/134170539

Biografie: Fred Ludwig Sepaintner (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 121-124

Es wäre ein nicht unbedingt außergewöhnliches Schicksal geworden, das Leben dieses Sohnes einer im Kaiserreich wohlhabend gewordenen jüdischen Händlerfamilie, der Rechtsanwalt und SPD-Mitglied wurde, ein tief in seiner Heimat verwurzelter ausgesprochener deutscher Bildungsbürger war und der sich als Kommunalpolitiker sozial- wie kulturpolitisch gleichermaßen engagierte. Dennoch, der keineswegs untypische Lebensweg dieses bürgerlichen Sozialdemokraten, der im Kaiserreich den Großblock mittrug und dann die Weimarer Demokratie zu stützen suchte, fand die unerwartete Wende, als die NS-„Machtergreifung“ auch seinem Leben die Basis entzog. Aber anders als viele Leidensgenossen überlebte er mit viel Glück und dem ihm eigenem Optimismus alle Drangsal der Verfolgung und fand in die angestammte Heimat, in sein altes Wirkungsfeld zurück.
Die von Bollweiler im Oberelsass nach Breisach übergesiedelte jüdische Familie Grumbach war dort im Handel und in den traditionellen Formen ihrer religiösen Gemeinschaft engagiert. Grumbachs Vater, an den sich seine Bekannten als „weise“ erinnerten, zog nach Freiburg um, machte sich 1879 im Holzhandel selbständig und reüssierte dergestalt, dass er im Kaiserreich in die Klasse der Höchstbesteuerten aufstieg. In diesem Rahmen wuchs sein ältester Sohn auf, kam zusammen mit seinen katholischen und evangelischen Altersgenossen in die Tor-, zuletzt in die Karlsschule. Dann begann seine siebenjährige Ausbildung in der Realschule, die später, 1918, den Namen Karl von Rottecks erhielt. Grumbachs Interesse an Literatur und Dichtung fiel früh auf. Nur Mathematik scheint immer seine Schwäche gewesen zu sein. Eifer und Begabung zeichneten ihn auch aus, als er diese Schule abgeschlossen hatte. In nur einem Jahr holte er das siebenjährige Latein- und das vierjährige Griechischpensum nach und konnte bereits 1892 in die Unterprima des Gymnasiums aufgenommen werden. Nach zwei Jahren bestand er das Abitur, ein junger Mann inzwischen, mit weitgespannten kulturellen Interessen, politischem, zumal sozialem Engagement, das früh in eigene Parteinahme mündete. Er war geistig aufgeschlossen und fand große Freude am Diskutieren, auch mit Andersdenkenden.
Da sein Bruder sich bereits für den Berufszweig des Vaters entschieden hatte, stand Grumbachs Studium nichts im Wege. Er entschied sich wie viele junge Juden seiner Generation für die Rechtswissenschaft, die er vom Wintersemester 1894/5 bis zum Wintersemester 1897/98 in seiner Vaterstadt studierte. Der Rechtshistoriker Fridolin Eisele, der Strafrechtler Richard Schmid und der auch in der Freiburger jüdischen Gemeinde und im Oberrat der badischen Israeliten engagierte Heinrich Rosin gehörten zu seinen Lehrern. Im Wintersemester 1895/6 studierte Grumbach in Berlin. Finanziell wohlsituiert, was ihn gelegentlich Schuld empfinden ließ, wie er später eingestand, nutzte er diese Zeit nach Kräften. Im Zentrum des Reichs konnte er viel besser als in Freiburg dem weitgespannten Feld seiner Interessen nachgehen und seine Fähigkeiten weiterbilden. Zusammen mit seinem Kommilitonen und Freund Ludwig Frank hörte er beispielsweise die „Kritik des Sozialismus“ des Volkswirtschaftlers Adolf Wagner, den Philosophen Friedrich Paulsen, der sein Fach zur praktischen Lebenshilfe, auch für einfache Leute, gestalten wollte. Eine ganz stattliche Zahl heute noch bekannter Namen findet sich unter Grumbachs weiteren Berliner Lehrern: der linksliberale Pathologe Rudolf Virchow, der evangelische Theologe Adolf Harnack, nicht zuletzt der Archäologe Ernst Curtius, Initiator der Olympia-Ausgrabungen. Selbst den Nationalisten Heinrich von Treitschke, dessen antisemitische Einstellung bekannt war, hörte der junge Student. Oftmals besuchte Grumbach auch Parteiveranstaltungen, der SPD, des linksliberalen Freisinns bis hin zu den antisemitischen „Deutsch-Sozialen“ und wohnte einer ganzen Reihe von Reichstagsdebatten bei. Immer den „schönen Künsten“ zugetan (Erinnerungen, S. 31) besuchte er vielleicht noch eifriger die Theater Berlins.
In Freiburg sah dies einfacher aus: Fernab der Universität war das „Wiener Café“ beim Siegesdenkmal Grumbach wichtige Stätte für geistigen Austausch. Ob sich letztlich hier mehr als sonstwo seine lebensprägende Parteinahme für die SPD entschied, sei dahingestellt; mehrere Faktoren kamen zusammen: liberales Elternhaus und Freundeskreis, der von ihm, Frank u.a. 1895 gegründete „Sozialwissenschaftliche Studentenverein“, der Kontakt finden wollte zu gleichgesinnten Arbeitern. Gewiss aber nahm das eigene wache Empfinden eine Schlüsselfunktion ein in diesem Motivbündel. „Robert hatte eine echte Solidarität mit der Menschenklasse“, erinnerte sich sein Schulkamerad Max Mayer und berichtet nach Jahrzehnten, wie Grumbach damals ungemein begeistert war von den Ideen Karl Marx’ und nicht ohne missionarischen Eifer endlos dozierte: „[…] die Materialistische Geschichtsauffassung, die Versklavung der menschlichen Gesellschaft […]. Der selige Lassalle, ferner Bebel, Liebknecht, Kautsky, Klara Zetkin waren das Personenverzeichnis seiner Gespräche.“ (Erinnerungen Mayers, S. 63). Angelegt scheint die Disposition zum sozialen und daraus erwachsend politischem Engagement bereits gegen Ende der Schulzeit. Grumbach selbst beschreibt 1954 in seinen knappen Erinnerungen (S. 28) sein „Damaskus-Erlebnis“ [Schadek] als Primaner, als ihm eine Schar verhärmter Frauen begegnete, die zur Arbeit in die Knopffabrik Risler gingen. Es wäre aber gefehlt, den Politiker künftig in der linken Ecke seiner Partei zu wähnen. Er suchte ganz im Gegenteil den Weg der Verständigung, blieb immer gemäßigt, nahm sogar beim Auftritt des Großherzogs in Freiburg teil, auch wenn er später, 1916, unter der Abspaltung der USPD litt. Die Einheit aller Sozialisten blieb sein Ziel.
Dem politischen Mandat ging die gesicherte bürgerliche Existenz, dann die Heirat voraus. Nach der I. hatte Grumbach 1902 die II. juristische Staatsprüfung bestanden und seine Zulassung als Rechtsanwalt beim Landgericht Freiburg erhalten. Er war damals einer von insgesamt 33 Anwälten in der Stadt, darunter neun jüdischer Herkunft, und der einzige Sozialdemokrat. Prominentester Freiburger Anwalt seinerzeit war Constantin Fehrenbach, ab 1920 Reichskanzler. Wie sehr Grumbach den Zentrumsmann schätzte, der bis 1920 auch sein Kollege im Stadtrat war, beweist sein handschriftlicher Entwurf für Fehrenbachs Ehrenbürgerbrief. Überhaupt lassen viele Zeugnisse Grumbachs erkennen, die Erinnerungen zumal, wie nah er Repräsentanten aus anderen politischen Parteien in Freiburg stand, wie eng er mit ihnen zusammenarbeitete.
Allmählich gewann Grumbach Ansehen als Anwalt, seine Kanzlei entwickelte sich gut, ungeachtet der politischen Einstellung ihres Chefs. Viele Klienten, anfangs wohl mehr kleine Leute, kamen aus dem Umland zu ihm. Im Laufe der Zeit traten lokale Parteigrößen dazu und während der Weimarer Zeit reihte sich auch die Stadt in seine Klientel ein, ein deutliches Indiz für gefestigte Reputation.
Grumbachs Mitgliedschaft im Freiburger Stadtparlament begann 1908. Damals kamen Sozialdemokraten nach 1902 zum zweiten Male in den Bürgerausschuss, ihre Zahl verdoppelte sich sogar. Grumbach war einer von nur vier Vertretern, deren bescheidene Kraft bei 96 stimmberechtigten Stadtverordneten, 18 Stadträten und drei Bürgermeistern evident wird; erst die behutsame Reform des Kommunalwahlrechts 1911 brachte mit 16 Mandaten deutlichen Zugewinn. Grumbach, inzwischen arriviert, hatte bei der ersten Wählerklasse, den Höchstbesteuerten, zur Wahl gestanden. Das war zwar aussichtslos, der Stimmenzuwachs brachte der SPD aber den Anspruch auf zwei Sitze im Stadtrat. Einen davon erhielt Grumbach, den anderen Parteisekretär Engler. So blieb die Einflussmöglichkeit auch bis zum Ende des I. Weltkrieges eher bescheiden, umso größer aber war das Engagement. Zuweilen wurden Aktivitäten auch begünstigt vom überparteilichen Kurs des Oberbürgermeisters Otto Winterer.
Worum es ihm beim Sozialismus ging, fasste Grumbach einmal so zusammen: „Das ist das Schönste am Sozialismus […], dass er mit der Loslösung der Massen vom materiellen Elend deren Sinn für Natur und Künste und geistige Genüsse geweckt hat.“ (Volkswacht, 13.2.1914) Über diese Aussage lässt sich Verständnis für viele seiner Aktivitäten erschließen. Hinzu kommt Grumbachs juristischer Sachverstand, den die Stadt zu nutzen verstand, u.a. im städt. Gewerbe-, im Gemeindegericht und im Disziplinarausschuss. Grumbachs eigentliche Schwerpunkte freilich betrafen die kommunale Sozial-, Schul- und Kulturpolitik. Als Vorsteher eines Armenbezirks war Stadtrat Grumbach bis 1920 Mitglied des Armenrates. Weitere soziale Tätigkeitsfelder galten dem gemeinnützigen Wohnungsbau, der Jugendfürsorge und Arbeitslosenunterstützung, auch der Kriegsfürsorge. Grumbach gehörte fast allen Gremien für Schule und Bildung an. Er wirkte außerdem in den Ausschüssen für die Volksbibliothek, für die städtischen Sammlungen und für das Archiv mit. Als Herzensanliegen erscheint dem ungemein belesenen, theaterkundigen und hochkultivierten Menschen aber sein Engagement im Fest- und im Theaterausschuss. Das belegen seine zahlreichen Festansprachen. 1917, im Krieg also, trat er selbst mit dem Schlüsselroman „Die freie Burg“ in die Öffentlichkeit, worin er u.a. die von ihm – ungeachtet ihrer Gegensätzlichkeit – hochgeachteten Dichter Johann-Peter-Hebel (1760–1826), Emil Gött und Heinrich Hansjakob einander begegnen lässt; beide Zeitgenossen waren ihm freundschaftlich verbunden.
Grumbach, der wegen schwächlicher Konstitution vom Kriegsdienst befreit gewesen war, für seine „Verdienste an der Heimatfront“ aber ausgezeichnet wurde, fiel gleich nach dem Untergang des Kaiserreichs eine zentrale Position in Freiburg zu. Er sollte als Vorsitzender des „Aktionsausschusses“ die Verbindung der Ratsmitglieder mit dem Arbeiter- und Soldatenrat herstellen und den begonnenen Wandel in verträgliche Bahnen lenken. Ganz gelang dies zwar nicht, auch in Freiburg kam es zu Ausschreitungen, Toten und Verletzten. Wo Grumbach seine Position indes sah, verdeutlicht seine Rolle als Verteidiger angeklagter Sozialdemokraten der „Kompanie Stühlinger“. Die meisten anderen Einheiten der damaligen „Einwohnerwehr“ waren politisch entgegengesetzt ausgerichtet. Das Hauptproblem der eben konstituierten Republik zeichnete sich bereits ab.
Grumbach mühte sich nach Kräften für die Republik, was deutlich mit seiner Arbeit im Ausschuss für Straßenbenennungen greifbar wird. Dort, wo er seit 1930 Vorsitzender war, gelang ihm wenigstens, eine „Schlageterstraße“ bis zuletzt zu verhindern. Im Gang der „großen Politik“ blieb dies freilich spurlos, und 1930 begann auch in Freiburg der Aufstieg der NSDAP. Als deren Höhenflug, im Reich wie an der Dreisam, 1932 vorüber schien, Hitler dann aber zum Reichskanzler ernannt wurde, war eine ohne Gewalt unumkehrbare Tatsache geschaffen. Einmal an der Macht war die „Bewegung“ nicht mehr zu bremsen, allen gegenteiligen Demonstrationen zum Trotz.
Für Grumbach zogen schwerste Zeiten herauf. Vorspiel waren SA-Pöbeleien gegen ihn als Wanderer im Kinzigtal schon 1932 gewesen. Nach der „Machtübernahme“ begann der eigentliche Leidensweg: „Schutzhaft“ gleich Mitte März im Landesgefängnis, dann nach einem Nervenzusammenbruch bis Dezember 1933 „Hausarrest“ in der Kur- und Kneippanstalt St. Urban in Herdern, ein sehr humanes Gefängnis, wie er kommentierte, aber eben doch Gefangenschaft. Grumbach verzichtete Ende März 1933 auf sein Mandat. „Ich habe abgedankt, bevor ich abgedankt wurde“ (Erinnerungen, S. 31). Im Juni wurde die SPD verboten. Schritt- weise Vernichtung der Existenz und soziale Ausgrenzung überschatteten ihm die 1930er-Jahre, bis er nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 ins KZ Dachau kam, diesmal als kahlgeschorener „Schutzhäftling“ Nr. 20946 mit Davidstern. Nur weil bereits älter als 50 Jahre wurde er – wiederum am 13. Dezember – noch einmal freigelassen.
Jetzt hatten auch die Eheleute Grumbach erkannt, dass ihnen nur eine einzige Alternative blieb: auszuwandern. Sie zahlten nach der „Sühneabgabe“ für das Grynszpan-Attentat auch noch die „Reichsfluchtsteuer“ – ihre Konten wurden deshalb gesperrt, eine Sicherungsanordnung des Oberfinanzpräsidiums! –, zusammen waren es fast 10000 RM, nach der offiziellen Taxierung knapp 40 Prozent ihres Vermögens. Sie mussten auch alles Edelmetall abliefern. Der Kriegsausbruch ließ die Auswanderung Illusion werden.
Inzwischen arbeitete Gauleiter Wagner im Einvernehmen mit Hitler an einem Internierungsplan für alle Juden in Baden, der am Morgen des 22. Oktober 1940 auch in der Pfalz realisiert wurde. Ziel der Deportation war Gurs in Südfrankreich, das erste von insgesamt sechs Lagern in Vichy-Frankreich, die die Eheleute Grumbach aushalten mussten. Unter unterschiedlichen, immer schweren Bedingungen und endlos scheinenden Entbehrungen dauerte ihre Haft bis Mitte August 1944. Sie war häufig von Krankheit gezeichnet. Dazu kam ab 1942 wachsende Angst vor der Deportation in eines der Vernichtungslager im Osten. Als die alliierten Befreier kamen, stand der Weg zurück nicht gleich offen. Nicht einmal in Frankreich war eine auch nur vorübergehende Ansiedlung erlaubt; dazu fehlte den Eheleuten das Geld. So wurden es fünfeinhalb Jahre, bis beide Ende April 1946 wieder in ihre alte Wohnung in der Günterstalstraße zurückkehren konnten. Ein Verwandter hatte ihre Einrichtung gekauft und so gerettet.
Inzwischen 71 Jahre alt nahm Grumbach seine Anwaltstätigkeit wieder auf und vertrat vor allem NS-Geschädigte und das in einer Weise, die ihm wieder allseits Anerkennung einbrachte, ungeachtet eigener Erfahrungen bei der Wiedergutmachung, die auch in seinem Falle Züge bürokratischen Kleinkriegs gegen das Opfer trug. Grumbach wurde Ehrenbürger seiner Vaterstadt, für ihn „feierliche Wiedergutmachung“. Nach einem Mandat strebte er nicht mehr, seinem „Herzensanliegen“ Kulturpolitik aber kam der inzwischen Hochgeehrte bis zum Lebensende nach.
Quellen: StAF F 196/1 Nr. 2825, Wiedergutmachungsakte Grumbach, F 166/1 Nr. 32, Dienstakte Grumbach; StadtA Freiburg K 1/83, Nachlass Max Mayer, darin bes. Nr. 73, dessen Erinnerungen, u. d. Briefwechsel mit Grumbach, C 4/II24/4, Ehrenbürgerwürde für C. Fehrenbach; K 1/83 Nr. 32, Ehrenbürgerwürde für Grumbach, auch C 5/298, C 3/382/3 u.B 5/XIIIa Nr. 583, Rechtssache Wiehrekindergarten u. Ratsprotokolle, C 3/192/4, Armenpfleger u. Bezirksvorsteher bis 1919, C 3/89/1, städt. Kommissionen bis 1919, C 4/VI/12/1–3, Bildung d. Ausschüsse bis 1944, B 5 XIIIa Nr. 576 u.C3/474/5, „Aktionsausschuss“ u. Staatsumwälzung im Nov. 1918, K 1/83 Nr. 32, SA-Tätlichkeit gegen Grumbach im Kinzigtal 1932, C 4/VI/6/9 Kommunalpolit. Lage in d. Stadt Freiburg anlässl. d. nat. Erhebg. 1933, K 1/83 Nr. 32, Briefe (1896–1956), C 5/298, Rechtsanwalt Robert Grumbach Ehrenbürger, darin: Ansprache des Freiburger Oberbürgermeisters u. Antwort Grumbachs bei d. Verleihung d. Ehrenbürgerwürde 1947, Todesanzeigen u. Nachruf des Freiburger Oberbürgermeisters Brandel auf Grumbach bei d. Sitzung des Stadtrats vom 20.12.1960, K 1/83 Nr. 32; UA Freiburg 344/23 Nr. 2707 u. 344/27 Nr. 3786 Studium Grumbachs; A d. Humboldt-Universität Berlin H Nr. 1035/86 u. Abgangszeugnis Nr. 1098 zum Semester Grumbachs in Berlin; Auskünfte von Frau Dr. Christiane Pfanz-Sponagel, StadtA Freiburg, vom März 2010.
Werke: Die Freie Burg, Erzählung, 1917, Abdruck mit Vorwort von Max Mayer in: „Die Volkswacht“ vom 16.4.1918, anlässl. des 10. Todestags von Emil Gött; Aus d. Kommode d. Erinnerungen, in: „Das Volk“ vom 1.5.1952; Erinnerungen [Grumbachs], in: Freiburger Almanach 5, 1954, 27-32.
Nachweis: Bildnachweise: zahlreich bei Schadek, 2007, ab Titelseite (vgl. Literatur).

Literatur: Volkswacht vom 13.2.1914, Bericht u.a über einen Diskussionsbeitrag Grumbachs; „Der Alemanne“ vom 14.2.1933 u. 1.4.1933, Angriffe auf Grumbach u. Boykott gg. jüd. Geschäfte in Freiburg; „Der Volksbote“ vom 15.2.1933, Reaktion auf die Angriffe vom Vortag; Max Mayer, Erinnerungen, Masch, o. J. [1950er-Jahre?], in: Nachlass Max Mayer (vgl. Quellen); Ehrenbürger Grumbach, in: BZ vom 18.11.1947; Gen. Grumbach Ehrenbürger von Freiburg, in: „Das Volk“ vom 19.11.1947; (lm) Freiburger Portraits: Robert Grumbach, in: BZ vom 11.12.1951; Reinhard Zumtobel, Vom Gemeindebub zum Ehrenbürger, Kurvenreicher Lebensweg eines Hebelverehrers, Schopfheim o.J. [1953?]; „Südwest-Rundschau“ vom 10.12.1954 (mit Bildnachweis); Todesanzeigen z.T. auch Nachrufe in: BZ u. „Südwestdt. Rundschau“ vom 16.12.1960; Wilhelm Engler, Freiburg, Baden u. das Reich. Lebenserinnerungen eines südwestdt. Sozialdemokraten 1873–1938. Bearb von Reinhold Zumtobel, hgg. von Wolfgang Hug, 1991; Rosemarie Leuschen-Seppel, Sozialdemokratie u. Antisemitismus im Kaiserreich, 1978; Robert Grumbach, in: Freiburger Biographien, 1. Aufl. 1995, 87 u. (W. P.) 2. Aufl. 2002, 228f.; Kathrin Clausing, Leben auf Abruf, Zur Gesch. d. Freiburger Juden im NS, Veröff. aus dem A d. Stadt Freiburg 37, 2005 (zu Grumbach vgl. auch Schadek, 2007, Anm. 316); Hans Schadek, Robert Grumbach 1875–1960. Jüd. Rechtsanwalt, Sozialdemokrat u. Stadtrat. Ehrenbürger von Freiburg. Stadt u. Geschichte, Neue Reihe des StadtA.s Freiburg im Br. H. 20, 2007; Ruben Frankenstein, Denkmal u. Name, Der gute Ort Freiburg, Dokumente des jüd. Friedhofs, 2009; Oberrat d. Israeliten Badens (Hg.), Jüd. Leben in Baden 1809–2009, 200 Jahre Oberrat d. Israeliten Badens, 2009; 200 Jahre jüd. Religionsgemeinschaft in Baden, Gleiche Rechte für alle?, 2009.
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