Munz, Theodor 

Geburtsdatum/-ort: 11.05.1868;  Seelbach bei Lahr
Sterbedatum/-ort: 28.07.1947;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Musikpädagoge und Komponist
Kurzbiografie: 1874-1882 Volksschule in Seelbach
1882-1887 Gymnasium in Lahr und Offenburg
1887 Abitur
1887-1890 Großherzogliches Konservatorium in Karlsruhe, 1890 Abschlussprüfung
1890-1899 Klavierlehrer am Großherzoglichen Konservatorium in Karlsruhe
1899 15. Sep. Gründung des „Pädagogiums für Musik“, später „Munzsches Konservatorium“ in der Amalienstr. 65, ab 1904 in der Waldstr. 79, 1919 „Staatlich anerkannte Musiklehranstalt“
1899-1947 Direktor der Musikschule
1932 Eröffnung des neu erbauten Konzertsaals in der Waldstr. 79
1942 Lehrgebäude durch Bomben zerstört, Konzertsaal blieb unbeschädigt
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1. 1892 (Karlsruhe) Johanna, geb. Thiede (1870-1949, geschieden 1911)
2. 1912 (Karlsruhe-Durlach) Ida, geb. Issleiber (1880-1949)
Eltern: Vater: Jakob (1814-1881), Landwirt, Schuhmacher, Gemeinderechner und Waisenrichter
Mutter: Theresia, geb. Gerber (1833-1920)
Geschwister: 8
Kinder: 4:
aus 1. Ehe: Johanna (1893-1911), Max Theodor (1894-1946), Theodor (1898-1975)
aus 2. Ehe: Lisa (1917-1990)
GND-ID: GND/135286956

Biografie: Horst Ferdinand (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 209-211

Seit früher Jugend stand für Munz, das jüngste von neun Geschwistern, fest, dass die Musik sein Lebensberuf werden würde. In dieser Absicht förderte ihn der Pfarrer von Seelbach und Landtagsabgeordnete Michael Hennig in der Hoffnung, dass der junge Musikus, der schon mit dreizehn Jahren als Hilfsorganist amtierte, den geistlichen Beruf ergreifen würde. Obwohl sich diese Hoffnung nicht erfüllte, unterrichtete Hennig Munz während der Schulzeit in Latein, Französisch und Algebra, so dass er 1882 in die Obertertia des Lahrer Gymnasiums eintreten konnte. Als erstes Instrument erlernte Munz die Querflöte; Geige, Klavier und Orgel folgten. Die Vielseitigkeit des Heranwachsenden legte eine systematische Ausbildung seiner Talente nahe, und Pfarrer Hennig wies den Weg in das angesehene Großherzogliche Konservatorium in Karlsruhe, wo Munz nach dreijähriger intensiver Ausbildung die Abschlussprüfung ablegte. Sofort stellte ihn der Leiter des Konservatoriums, Heinrich Ordenstein, als Klavierlehrer ein. Daneben dirigierte er zwei Mühlburger Männergesangvereine und übernahm 1891 den Organistendienst und die Chorleitung in der Karlsruher Synagoge. Diese Ämter übte er bis weit in die 1930er Jahre hinein aus. Im Ordensteinschen Konservatorium war Munz in einer gesicherten und auch seiner Freude am Unterrichten entsprechenden Position. Als ihm jedoch der Leiter die Übernahme einer freigewordenen Stelle eines Musiktheorielehrers verweigerte, gab er 1899 seinem immer schon vorhandenen Selbstständigkeitsstreben nach und gründete eine zunächst „Pädagogium für Musik“ genannte Anstalt. Er begann mit einem Kontrabass und einem gemieteten Klavier in einigen gemieteten Zimmern. Aber die schon bald „Munzsches Konservatorium“ genannte Anstalt wuchs schnell und wurde dank der Beharrlichkeit und Initiative ihres Leiters zu einer festen Größe im Karlsruher Musikleben.
Das ständige Streben Munz' war auf die musikalische Praxis gerichtet, seine Schüler sollten möglichst viel Gelegenheit zum praktischen Musizieren erhalten, im Orchesterspiel, in der Kammermusik oder im Chorgesang. In der Blütezeit des Konservatoriums zwischen 1920 und 1940 hatte es jährlich 1500 Schüler, die von 50 haupt- und nebenamtlichen Kräften unterrichtet wurden. Zu Höhepunkten des Karlsruher Konzertlebens wurden Aufführungen der Haydnschen, Mendelssohnschen und Lisztschen Oratorien. Schon nach nur fünfjährigem Bestehen der Anstalt konnte Munz im Jahre 1904 das Lehrgebäude in der Waldstraße 79 erwerben, 1932 entstand der Konzertsaal. „Filialen“ des Instituts entstanden in Durlach, Ettlingen, Bretten und Bruchsal. Die Reputation der Anstalt führte im Jahre 1919 zur Verleihung der Bezeichnung „Staatlich anerkannte Musiklehranstalt“; sie durfte von da an Musiklehrer an staatlichen Schulen ausbilden. Die Entdeckerfreude des bis ins hohe Alter stets begeisterungsfähigen Leiters der Anstalt führte zur Aufführung einer Reihe unbekannter oder vergessener Opern, so von Werken des in Karlsruhe verstorbenen Komponisten Friedrich Ernst Fesca (1789-1826).
Von 1906 bis 1946 dirigierte Munz den 1856 gegründeten Karlsruher Instrumentalverein. In dieser Funktion konnte er seine besondere Begabung für die Orchestererziehung glänzend entfalten. Von ausschließlich vereinseigenen Kräften getragene Symphoniekonzerte bereicherten viele Konzertwinter. In den Proben konnte Munz bei Konzentrationsmängeln hitzig aufbrausen, lenkte aber schnell wieder ein: „Sie sind eine Terz zu hoch und einen Takt zu früh, aber sonst war’s recht.“
Viele Schüler konnten auf der Grundlage der ihnen im Munzschen Konservatorium vermittelten gediegenen Ausbildung künstlerische Berufe ergreifen, genannt seien nur Walter Born, Wilhelm Sautter, Erwin Hodapp, Karl Huber, Martin Spengler; überregionale Bedeutung erlangten Hans Erich Apostel (1901-1972) und Bruno Stürmer (1892-1958). Der Letztere wurde mit seinen volkstümlichen und noblen Chorkompositionen einer der meistaufgeführten Chorkomponisten seiner Epoche, während Apostel, später in Wien Schüler von Alban Berg und Arnold Schönberg, sich besonders in seinem Spätwerk ganz der Zwölftontechnik verschrieb. Von den vielen hervorragenden Lehrkräften, die zusammen mit dem Leiter den Ruf der Anstalt garantierten, seien Carlo Hessemer, Margarethe Neff und Richard Slevogt genannt. In der Personmitte Munz' stand sein musikalisch-pädagogisches Ethos, die Begeisterung, mit der er junge Menschen in die Welt der Musik einführte und die er auf sie zu übertragen verstand. Daneben hat er, selbstverständlich, auch komponiert, Chor- und Orgelwerke, Lieder, eine Symphonie, Kammermusik, eine Messe für Chor und Orchester und eine A-cappella-Messe, alles originelle und handwerklich sauber gearbeitete Kompositionen im spätromantischen Stil, die jedoch den regionalen Bereich nicht zu überschreiten vermochten. Munz war allezeit ein treuer und frommer Sohn seiner Kirche und als solcher tolerant und großzügig. Der der Anthroposophie nahe stehenden Karlsruher Christengemeinschaft vermietete er seinen Konzertsaal an den Wochenenden auch noch, als die Anthroposophische Gesellschaft 1934 von den Nationalsozialisten verboten wurde. Bedenkenlos verlieh er Noten und Instrumente und unterrichtete oft begabte Schüler kostenlos. Nach 1945 stellte er viele Lehrkräfte ein, die aus den Ostgebieten nach Karlsruhe geflüchtet waren. Im I. Weltkrieg mussten lediglich einmal Prüfungen des Konservatoriums wegen des Fliegerangriffs auf Karlsruhe am 22. Juni 1916 verschoben werden, aber im II. Weltkrieg wurde das Lehrgebäude in der Waldstraße völlig zerstört. Mit dem Tod des Gründers und Leiters im Jahre 1947 verlor das Konservatorium sein in sich ruhendes und ausstrahlendes Zentrum. Die Anstalt bestand danach nur noch kurze Zeit.
Quellen: Mitteilungen d. Enkelin Erika Himmelheber, Karlsruhe.
Werke: Vgl. die im Text angeführte Übersicht; der musikalische Nachlass muss – bis auf Einzelstücke im Besitz von Erika Himmelheber u. Peter Brucks (Enkel), Karlsruhe – als verloren gelten.
Nachweis: Bildnachweise: in: Härdle, 1968 ( vgl. Lit.).

Literatur: Heinrich Ordenstein, Musikgeschichte d. Haupt- u. Residenzstadt Karlsruhe bis 1914, 1915; (ohne Verf.), Th. Munz zum 60. Geburtstag, in: Sängerwarte, Monatsschrift des Munz-G.-V. „Cäcilia“ Bruchsal vom 1.6.1928; (ohne Verf.) 30 Jahre Munzsches Konservatorium. 1899-15. September 1929, in: Karlsruher Tagblatt vom 15. 9. 1929; Carlo Hessemer, Vortrag zum 50jährigen Bestehen des Munzschen Konservatoriums im Oktober 1949 (Ms., verwahrt im Amt für Archiv, Büchereien u. Sammlungen d. Stadt Karlsruhe); Wilhelm Härdle, Ein Konservatorium trug seinen Namen – Ein Gedenkblatt für Th. Munz zum 100. Geburtstag am 11. Mai, in: BNN vom 11. 5. 1968; Erich Roth, Th. Munz, in: Geroldseckerland 12, 1969/70, 146-150; Kurt Kranich, Karlsruhe, Schicksalstage einer Stadt, 1973; Fred Singler, Th. Munz, in: Seelbach im Schuttertal, 1979, 335-336; Christof Klemp, Geschichte d. Christengemeinschaft Karlsruhe, 1988; MGG 7, 702, 704, 1466; MGG 12, 1638 f. (B. Stürmer); MGG 15, 249-251 (H. Apostel); Lautenschlager 8; LbB-W 4.
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