Eichholz, Anna 

Geburtsdatum/-ort: 26.10.1868; Diessenhofen, Schweiz
Sterbedatum/-ort: 06.04.1951;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Schauspielerin
Kurzbiografie: 1884 Anna Eichholz zieht mit ihrer Familie nach Oldenburg, da der Vater dort ein Engagement erhält.
1886/87 Engagement am Stadttheater Kiel
1887/88 Engagement am Köhlerschen Theater Jena
1889/90 Beschäftigung am Theater Zwickau
1892/93–1893/94 Engagement in Bremen
1895/96 Engagement in Aachen
1896/97 Engagement in Königsberg
1897/98 Engagement in Krefeld
1898/99–1903/04 Ensemblemitglied am Stadttheater Köln
1904 Ernennung zur Kgl. Hofschauspielerin in Stuttgart
1914 Abschied von der Bühne am 8. Juni 1914 im Kgl. Hoftheater in Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Religion: konfessionslos
Eltern: Vater: vermutlich Carl Eichholz (1854[?]–27.7. 926), zuletzt Kgl. Schauspieler; Berlin
Mutter: nicht ermittelbar
Geschwister: 2: Vera (1877–1970), Sängerin; Karl, Bankbeamter
GND-ID: GND/138678928

Biografie: Barbara Ziereis (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 48-49

Die Schauspielerin wurde als Anna Schenk im schweizerischen Diessenhofen geboren. Sie stammte aus einer Züricher Theaterfamilie und führte den Künstlernamen „Anna Eichholz“. Schon früh debütierte sie in Kinderrollen. So stand sie als Wilhelm Tells Sohn am Stadttheater Zürich auf der Bühne. Carl Eichholz war dort im Rollenfach des „Schweren Helden“ engagiert. Als Jugendliche begleitete sie die berühmte deutsche Tragödin Klara Ziegler auf Gastspielreise. 1884 folgte die gesamte Familie dem Intendanten Otto Devrient nach Oldenburg, wo Carl Eichholz unter dessen Leitung ein Engagement am dortigen Hoftheater erhielt. Mit der Saison 1886/87 verließ Anna Eichholz die Stadt Oldenburg und arbeitete am privat geführten Kieler Stadttheater unter der Leitung des Direktors Johann Carl Heinrich Hofmann.
Es folgte ein Jahrzehnt der Mobilität, in dem Anna Eichholz fast jede Saison ein neues Engagement in einer neuen Stadt annahm und wohl auch annehmen musste. Während dieser Zeit vervollkommnete sie ihr Spiel und erweiterte beständig ihr Repertoire. Erst in Köln, wo sie seit der Spielzeit 1888/89 arbeitete, konnte sie länger bleiben. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie ihr Spiel schon so erfolgreich weiterentwickelt, dass sie hier für Hauptrollen besetzt wurde.
Sie spielte „die großen Kurtisanen der klassischen und die Salondamen der modernen Dramatik“, wie es das Deutsche Bühnen-Jahrbuch 1952 in einem Nachruf formulierte. Dabei waren ihre Gestalten – nach Ludwig Eisenberg, dem großen Schauspieler-Biografen des 19. Jahrhunderts – „geschickt, glaubwürdig und charakteristisch gezeichnet, […] von origineller Auffassung, in welchen nicht nur Theaterblut pulsiert.“
Als sie bereits eine gefeierte Schauspielerin war, holte sie der Intendant Joachim von Putlitz 1904 nach Stuttgart. Hier wurde Anna Eichholz königliche Hofschauspielerin und löste Doro Lux im Rollenfach der „Salondame“ ab.
Als ihre einprägsamsten Rollen wurden die Magda in Sudermanns „Heimat“, die Titelrolle in „Rose Bernd“ von Gerhard Hauptmann sowie Goethes Iphigenie und Gorkis Wassilissa in „Nachtasyl“ geschildert. Erfolgreich war sie aber auch im komödiantischen Fach. Ihre Darstellungen der Donna Diana im gleichnamigen Lustspiel und der Roxane im Cyrano von Bergerac waren hochgelobt. In einer undatierten Zeitungskritik aus dem Bestand ihrer Personalakte werden „Anmut, Temperament und Laune“ ihres Spiels gewürdigt. Neben ihrer Tätigkeit am Hoftheater Stuttgart gab sie Gastspiele in verschiedenen württembergischen Städten.
Am 8.6.1914 trat sie mit der Darstellung der Adelheid in Gustav Freytags Lustspiel „Journalisten“ von der Bühne ab. Der Kritiker des Schwäbischen Merkur vom 9. Juni 1914 lobte bei ihrem letzten Auftritt „ihre frauliche Anmut, ihren Humor und ihre feine Charakterisierungskunst“. Anna Eichholz wird als „vornehme, kluge und stets taktsichere Darstellerin“ beschrieben, die „ihre künstlerischen Fähigkeiten in den verschiedenartigsten Aufgaben bewährt“ habe.
Nach der aus gesundheitlichen Gründen erfolgten Pensionierung, der einige Querelen mit der Intendanz um Rollenbesetzungen vorausgingen, lebte sie weiterhin mit ihrer Schwester Vera Eichholz in Stuttgart, zunächst noch in ihrer Wohnung in der Stitzenburgstraße. Lange Zeit erlaubte ihr das Gehalt als königliche Hofschauspielerin ein unabhängiges und finanziell sorgenfreies Leben. In einem Artikel anlässlich ihres 80. Geburtstages weist die Stuttgarter Zeitung vom 23. Oktober 1948 allerdings darauf hin, dass sie nach der Währungsreform nicht mehr in der Lage war, ihren Lebensunterhalt allein mit ihrer Pension zu bestreiten und deshalb gezwungen war, ihr Einkommen aufzubessern, indem sie Fußmatten knüpfte. Am 6. April 1951 verstarb sie in ihrem Haus in Sillenbuch.
Der Nachruf in den Stuttgarter Nachrichten bescheinigte ihr auch im Hinblick auf die oft karikierenden Darstellungen, die Reinhold Nägele von ihr anfertigte, großen Humor. Mit dem 16 Jahre jüngeren Maler führte sie ab 1911 eine Liebesbeziehung, die dieser laut eigenen Angaben im Frühjahr 1920 beendete. Als etablierte Schauspielerin öffnete Anna Eichholz dem jungen Nägele die Türen in die gesellschaftlichen und künstlerischen Kreise Stuttgarts. Nägeles Biografin, Brigitte Reinhardt, sieht es auch Anna Eichholz‘ Einfluss gedankt, das dieser nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht sofort an die Front beordert wurde. Dem Maler Nägele blieb sie auch nach der Beendigung der Liebesbeziehung freundschaftlich verbunden. Dieser malte, zeichnete und radierte sie in den gemeinsamen Jahren häufig. Auch ihren Abschied von der Bühne begleitete er künstlerisch und verarbeitete ihn zu einem Temperabild.
Quellen: Zwei Autographen von Anna Eichholz im StadtA Stuttgart; PA mit diversen Autographen und Zeitungsartikeln im StAL; Personallisten des Stadttheaters Bremen und 1 Theaterzettel zur Festvorstellung zum 100jährigen Jubiläum des Bremer Stadttheaters am 15. 10. 1892 im StA Bremen.
Nachweis: Bildnachweise: 1 Rollenfoto „Rose Bernd“ im StadtA Stuttgart; diverse Rollenfotos im FamilienA von Dillen-Bülow-Putliz zu Dätzingen, HStAS; Gemälde von Reinhold Nägele: Am Kaffeetisch (WVG 1912. 2, Privatbesitz); Sofagespräch (WVG 1912. 3, Privatbesitz); Tauwetterspaziergang (WVG 1912. 4, Claire Heliots Besitz); Liegende mit Fächer (1913. 3, Kunstsammlung der Stadt Reutlingen); Kriegserklärung (WVG 1914. 1, Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg); Anna Eichholz‘ Abschied von der Bühne (WVG 1914. 2, Privatbesitz); Teetisch (WVG 1916. 6, Privatbesitz); Teetisch (WVG 1916. 7, Privatbesitz); Die Hochnäsigen (WVG 1950. 3, Verbleib unbekannt); Tauwetter-Spaziergang am Rappenhof (WVG 1960. 1, Privatbesitz); Tauwetter-Spaziergang am Rappenhof (WVG 1963. 2, Privatbesitz); Radierungen von Reinhold Nägele: Die Scheinheiligen (WVR 1912. 2, Privatbesitz); Anna Eichholz (WVR 1912. 3); Vera und Anna Eichholz (WVR 1912. 14); Bildnis einer Schauspielerin en face (Anna Eichholz) (WVR 1913. 9); Bildnis einer Schauspielerin im Halbprofil (Anna Eichholz) (WVR 1913. 10); Anna Eichholz (WVR 1913. 34); Anna Eichholz nach rechts (WVR 1913. 37); Anna Eichholz nach links (WVR 1913. 38); Anna Eichholz im Profil nach links (WVR 1913. 39); Anna Eichholz (WVR 1914. 1); Anna Eichholz zum 8. Juni1914 (WVR 1914. 2, StadtA Stuttgart); Zeichnungen von Reinhold Nägele: Doppelbildnis Anna Eichholz (1913, Staatsgalerie Stuttgart); Bildnis Anna Eichholz (1913, Privatbesitz Thomas Naegele, New York).

Literatur: Ludwig Eisenberg, Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im 19. Jh., 1903, 225 f.; Lexikon der Frau, Bd. I, 1953, 894; Wilhelm Kosch, Deutsches Theater-Lexikon, Biographisches und bibliographisches Handbuch, Bd. 2, 1960, 381; Brigitte Reinhardt, Reinhold Nägele, 1984; Reinhold Nägele, 1884–1972 Gemälde Galerie der Stadt Stuttgart; Zeichnungen und Radierungen Staatsgalerie Stuttgart, 13. Okt.–2. Dez. 1984, 1984; Zeitungsberichte: Theaterkritiken in der Jenaischen Ztg. vom 29.10.1887, vom 3.11.1887 und vom 25.11.1887; Schwäbischer Merkur, Mittagsblatt, vom 9.6.1914, Nr. 260, 5; „Abschiedsvorstellung von Anna Eichholz“. Stuttgarter Nachrichten vom 23.10.1948, 2, „Zum 80. Geburtstag von Anna Eichholz“ Stuttgarter Ztg. vom 13.4.1951, Nr. 85, 2, Nachruf „Die Hofschauspielerin“. Stuttgarter Nachrichten vom 12.4.1951, Nr. 84, 2, Nachruf „Zwei Stuttgarter Künstler gestorben“. Stuttgarter Ztg. vom 11.4.1951, Nr. 83, 6, Todesanzeige.
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