Huber, Friedrich Josef 

Geburtsdatum/-ort: 08.03.1881; Wasserburg am Inn
Sterbedatum/-ort: 14.04.1942;  Mannheim, beigesetzt in Wasserburg am Inn
Beruf/Funktion:
  • Ingenieur, Konstrukteur des „Bulldogs“
Kurzbiografie: 1891-1897 Realschule in Wasserburg am Inn
1897-1899 Industrieschule in München
1903 Dipl. Ing. an der Technischen Hochschule München
1904 Anstellung bei Martini&Co., Frauenfeld (Schweiz)
1906 Buchot, Paris
1907 Grade, Magdeburg
1908 Breuer&Co., Höchst am Main
1910 Bachrich&Co., Wien (Climaxwerke)
1914-1916 Kriegsdienst als Sanitätsoffizier
1916-1942 Heinrich Lanz, Mannheim, ab 1935 Direktor
1920 Promotion Dr. Ing., Technische Hochschule München
1941 Dr. Ing. e. h. Martin-Luther-Universität, Halle
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: unverheiratet
Eltern: Vater: Ludwig Huber (1839-1910), Webermeister und Kaufmann
Mutter: Barbara, geb. Stiglmeier (1849-1926), Kaufmannstochter aus Straubing
Geschwister: Ludwig
Therese
Xaver
Hans
Kinder: kinderlos
GND-ID: GND/138716013

Biografie: Volker Keller (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 145-147

In den Wiener Climaxwerken lernte Huber den Glühkopf-Zweitaktmotor kennen. Diesen damals üblicherweise nur mit Wasserzusatz arbeitenden Motor entwickelte er weiter, zunächst als ortsfesten Motor, der bei günstigem Verbrauch ohne Wasserzusatz arbeitete. Durch eine verstellbare Einspritzdüse und weitere Änderungen gelang Huber eine Verbesserung der Leerlaufeigenschaften.
Während des ersten Weltkriegs trat Huber in die Firma Heinrich Lanz in Mannheim ein. In den ersten Jahren konstruierte Huber einen Glühkopf-Einzylindermotor, der als Antrieb für kleine Dreschmaschinen und andere Landmaschinen gedacht war. Huber war schon hier von dem Gedanken geleitet, der Landwirtschaft einen möglichst einfachen, sparsamen und zuverlässigen Motor zu bauen. Der kriegsbedingte Mangel an Arbeitskräften machte eine Motorisierung der Landwirtschaft wünschenswert. Den ersten Schwerölschlepper der Welt entwarf Huber mit einem liegenden Einzylinder-Zweitaktmotor. Dieser 12 PS-Schlepper, der im Januar 1921 fahrbereit war, erhielt den volkstümlichen Namen „Bulldog“, den er der eigentümlichen Form des Zylinderkopfes und den Entlüftungslöchern, die wie Augen neben der Schutzkappe lagen, verdankt. Die Produktion der 12 PS-Bulldogs begann 1923/ 24 bei Heinrich Lanz; die allgemeine wirtschaftliche Lage dieser Jahre, die besonders die kleinen Landwirte berührte, erschwerte den Absatz. Die Eisenbereifung des ersten Bulldogs wurde bald durch Gummireifen bzw. durch Luftbereifung mit Greiferstollen ersetzt. Die Einsatzmöglichkeiten des Bulldogs erweiterten sich damit auch zur Verkehrsmaschine, so daß er im öffentlichen Straßenbild auftrat. Im Lauf der Zeit wurden unter der technischen Leitung Hubers zahlreiche verbesserte Bulldog-Typen mit verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten und PS-Stärken konstruiert. Ende der 30er Jahre erschien ein stark verbesserter 15 PS-Bulldog als landwirtschaftlicher Leichtschlepper. Besondere Bedeutung für die Kriegswirtschaft erhielt der Bulldog, da er sich wie kein anderer Motor so gut wie allen billigen oder jeweils vorhandenen Kraftstoffen anpassen konnte.
Auch nach Hubers Tod, der ihn aus dem Arbeitsleben riß, ging die Produktion der Bulldogs weiter. Erst 1960 wurde sie eingestellt; bis dahin hatten 219253 Bulldogs das Werk verlassen.
Der chemisch-physikalische Vorgang im Glühkopfmotor des Bulldogs unterschied sich stark von dem der bekannten Otto- und Dieselmotoren. Im Gegensatz zu diesen heute noch gebräuchlichen Motoren wurde bei dem von Huber entwickelten Glühkopfmotor der Kraftstoff zu Beginn des Verdichtungshubes in den Brennraum gespritzt und verdampfte auf der gegenüberliegenden Wand des Verdampfungsraumes, die als Glühschale ausgebildet war, in Form von Leidenfrosttropfen. Während des Verdichtungshubes wurde Luft an dem so entstandenen Kraftstoffdampf im Zündkopf vorbeigewirbelt, wodurch es zur Bildung eines Kraftstoff-Luftgemisches kam. In diesem Gemisch herrschte zunächst Kraftstoffüberschuß, es war zu fett. Daher lief der Verbrennungsvorgang im ersten Zeitraum als reduzierende Reaktion ab, die erst später neutral oder oxidierend wurde. Erst im Lauf der Verbrennung wurde der Kraftstoffdampf vollständig mit der Luft verwirbelt, in der Hauptsache während der Passage des engen Zylinderkopfhalses. Das Verbrennungsgemisch des Glühkopfmotors war eine Luft-in-Kraftstoffdampf-Dispersion.
Hubers Leistung bestand darin, den Glühkopfmotor, der in seiner Entwicklung vom Otto- und Dieselmotor überholt und von vielen Technikern bereits aufgegeben war, in vielfältiger Form verbessert und besonders für die Landwirtschaft nutzbar gemacht zu haben. Die von Huber entwickelten Bulldogs waren in der ganzen Welt geschätzt und bekannt als Mannheimer Produkte, die bei sparsamster Wartung und geringstem Verbrauch stets zuverlässig und einsatzbereit waren. Hubers scherzhafter Satz: „Der Motor für den landwirtschaftlichen Schlepper kann gar nicht einzylindrig genug sein!“ spiegelt die von ihm streng beachteten und oft vorgetragenen Grundsätze beim landwirtschaftlichen Motorenbau, wonach die Motoren einfach und leicht bedienbar, unempfindlich und für billige Kraftstoffe verwendbar sein müssen.
Huber, korrekt und zielbewußt in der Arbeit, bei Widerspruch aufbrausend, im Grunde aber kollegial und hilfsbereit, wurde zum Pionier in der Ackerbautechnik; als Erfinder und ständiger Verbesserer des ersten Rohöl-Schleppers der Welt und Konstrukteur von Leicht-, Renn- und Bootsmotoren, stand er der Politik, insbesondere dem Nazi-Regime, distanziert gegenüber.
Werke: (neben dem Hauptwerk als Konstrukteur) Erschütterungen schwerer Fahrzeugmotoren, (Dissert.) 1919; Der neue Lanz 15 PS Ackerluft-Bulldog, in: Technik in der Landwirtschaft Nr. 7, Juli 1939; Zwischen Diesel- und Glühkopfmotor, in: Kraftstoff, 16. Jg., Dezember 1940; Konstruktive Jubiläums-Gedanken, in: Die Technik in der Landwirtschaft, 22, 1941, Heft 12, 230 f.
Nachweis: Bildnachweise: Fotos John Deere Werke, Mannheim.

Literatur: Ehlers, Dem Schöpfer des Lanz-Bulldog, Direktor Dr. Ing. F. Huber zum 25jährigen Dienstjubiläum, in: Die Technik in der Landwirtschaft, 22, 1941, Heft 12, 219-222; N. N., Direktor Dr. F. Huber 60 Jahre alt, in: Neue Mannheimer Zeitung, 7.3.1941; Wie der Bulldog in Mannheim erfunden wurde, in: Hakenkreuzbanner Mannheim, 8. 3. 1941; Anton Lenz, 25 Jahre Entwicklungsarbeit am Lanz-Bulldog, in: Sonderdruck der Lanz-Werke zum 25jährigen Arbeitsjubiläum am 20. September 1941 des Herrn Direktor Dr. Ing. F. Huber; mehrere Berichte in: Technischer Ansporn für Vorwärtsstrebende, Wiesbaden, 3. Jg., 1953, Nr. 6; W. Pretzsch, Von Heinrich Lanz zu John Deere – Die Geschichte der John Deere Werke Mannheim, Hg. John Deere Werke Mannheim, undatiert; Typoskripte der Manager Marketing Services John Deere Werke Mannheim, undatiert ohne Verfasserangaben; Gustav Godbeck, F. Huber, in: NDB 9, 1972, 693; Leo Pfanz-Sponagel, Sein Bulldog tuckerte um die ganze Erde, in: Mannheimer Morgen, 7/8. 3. 1981.
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