Schnell, Theodor 

Geburtsdatum/-ort: 08.05.1870;  Ravensburg
Sterbedatum/-ort: 25.02.1938;  Ravensburg
Beruf/Funktion:
  • Bildhauer, Altarbauer, Restaurator und Kunstsammler
Kurzbiografie: 1887 Nach dem Besuch des Gymnasiums und einer Bildhauerlehre bei seinem Vater Eintritt in die Kunstgewerbeschule in Stuttgart
1891 Examen als Zeichenlehrer und Rückkehr in die väterliche Werkstatt
1894 Reisestipendium aus der König Karl Jubiläumsstiftung
1895–1896 Reisen nach Italien (Rom), Rheinland, Flandern, Frankreich
1901 offizielle Übernahme des väterlichen Betriebs
1906 Ausstellung im Münchener Kunstverein
1909 Verleihung der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft
1911 Teilnahme an der „Ausstellung für kirchliche Kunst in Schwaben“ in Stuttgart
1917 Ausstellung seiner Reiseskizzen in Augsburg
1918 Ernennung zum Prof.
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Theodor Schnell (1836–1909), Maler, Bildhauer und Altarbauer in Ravensburg
Mutter: Theresia, geb. Neu (1838–1902)
Geschwister: 3: Maria Luise (1864–1923); Eugenia (* † 1866); M. Friederike (1867–1913)
GND-ID: GND/138723869

Biografie: Ralf Reiter (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 259-260

Bald nach der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es in Oberschwaben zur Gründung einer Reihe von Werkstätten für sakrale Kunst, darunter auch durch den aus Rottenburg stammenden Theodor Schnell (den Älteren) 1864 in Ravensburg.
Sein Hauptwerk war die Ausstattung von St. Jodok in Ravensburg um 1870.
Schnells außerordentlich begabter Sohn, der bereits im Alter von 21 Jahren federführend in das Atelier eintrat, sprengte schon bald den bisherigen geografischen und stilistischen Rahmen. In ihm offenbart sich ein Künstlertum von enormer Produktivität, hoher Qualität, weitreichender Ausstrahlung und großer Spannweite in der Stilentwicklung.
Unter ihm wurde das Ravensburger „Atelier für christliche Kunst“ zur bedeutendsten Werkstätte nicht nur in der Diözese Rottenburg, sondern auch weit darüber hinaus. Neben Oberschwaben war er besonders intensiv tätig im Stuttgarter Raum, in Vorarlberg und vor allem in der Zentral- und Ostschweiz. Seine größeren Arbeiten gehen in die Hunderte.
Schnells Schaffen lässt sich in drei Phasen einteilen: die erste von 1891 bis kurz nach 1900, die zweite bis in die Jahre des Ersten Weltkrieges, die dritte bildet die Zwischenkriegszeit bis zu seinem Tod im Jahre 1938.
Die erste Phase ist noch ganz geprägt vom seit der Mitte des 19. Jahrhunderts dominierenden Historismus, von Neugotik, Neuromanik und Neurenaissance. Erhalten geblieben sind aus dieser Zeit leider nur wenige Werke, unter anderem die Arbeiten für Ems/Graubünden (Neurenaissance 1894) und der neugotische Hochaltar von St. Martin in Wangen (1901).
Die zweite Phase kann man als die eines Schnellschen „Eigenstils“ mit starken Jugendstileinflüssen bezeichnen. Historistische Einflüsse treten hier immer mehr zurück. Die typische Schnellsche Ornamentik mit Naturmotiven kommt jetzt voll zum Durchbruch. Auch nordische Elemente werden spürbar. Erfreulicherweise haben sich aus dieser enorm ergiebigen Schaffenszeit eine ganze Reihe von Arbeiten erhalten. Genannt seien unter anderem die Altarausstattungen von Poschiavo/Graubünden 1903, Mochenwangen 1904, Obersaxen/Graubünden 1904, Untersulmetingen 1904 (eines der seltenen Beispiele in Neubarock), Hundersingen 1906, Schramberg 1914, Schruns/Vorarlberg 1915.
Die dritte Schaffensphase schließlich ist geprägt durch eine beginnende Orientierung an der Moderne. Der starke Rückgang an Aufträgen für Kirchenausstattungen führte auch zur Intensivierung neuer Arbeitsgebiete, genannt seien der Entwurf von zahlreichen Grab- und Kriegerdenkmälern, welche er von geeigneten Steinmetzbetrieben fertigen ließ. Die Altararbeiten dieser Phase zeigen eine starke Konzentration auf das Wesentliche und eine starke Reduzierung des Ornaments. In der Gestaltung der Plastik machen sich expressionistische Einflüsse bemerkbar. Die zentralen Arbeiten dieser Phase gelten der Bonifatiuskirche zu Bad Nauheim, für die Schnell zwischen 1923 und 1938 vier Altäre geliefert hat. Erhalten haben sich neben vielen Grab- und Kriegerdenkmalen aus dieser Zeit unter anderem auch die Altäre in der Kirche von Baienfurt (1927) und in St. Josef zu Vaduz-Ebenholz/Liechtenstein (1931).
In Schnells Besitz befand sich eine der bedeutendsten Sammlungen alter sakraler Kunst in Süddeutschland, die 1939 von Lempertz in Köln versteigert wurde.
Quellen: NL im Besitz von Frau Inge Jehle, Ravensburg-Alberskirch. Diverse Quellen im StadtA Ravensburg.
Nachweis: Bildnachweise: bei Ralf Reiter (vgl. Literatur); weitere Fotografien im NL; Porträt in Öl von G. Fugel (Privatbesitz).

Literatur: F. X. Weizinger, Theodor Schnell. Eine Skizze, in: Der Aar, 3. Jg., II. Bd. 1913, 753–762; P. Albert Kuhn, Theodor Schnell. Ein Stück Künstlerleben um die Wendezeit vom 19. zum 20. Jh., (hs. Manuskript) 1915/16; Julius Baum, Die Bildwerke der Sammlung Schnell, in: Der Cicerone XI. Jg./H. 11 (1919), 2–15; Ralf Reiter, Die Grabmalkunst von Theodor Schnell auf dem Ravensburger Hauptfriedhof, in: Altstadtaspekte 2005/2006, 2005, 14–17.
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