Schickhardt, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 07.07.1866;  Esslingen
Sterbedatum/-ort: 07.02.1933;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Landschaftsmaler
Kurzbiografie: 1884-1887 Kunstakademie Stuttgart bei den Prof. Grünenwald und Kappis
1887-1892 München, Privatschüler von Prof. Josef Wenglein
1892 Werke auf der Münchener Internationalen Kunstausstellung und auf der Wiener Jahresausstellung
1892 Rückkehr nach Stuttgart, Atelier in der Urbanstraße 53
1894 Werke auf der Großen Berliner Kunstausstellung
1899 Mitglied der Kunst-Kommission zur Beratung des Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens in Angelegenheiten der bildenden Künste
1899 die Staatsgalerie Stuttgart erwirbt Schickhardts Gemälde „Aus dem Laucherttal“
1902 Gründungsmitglied der „Freien Vereinigung württembergischer Künstler“ in Stuttgart, Kassier der Vereinigung
1902 Werke auf der Münchener Jahresausstellung im Glaspalast
1904 Werke auf der Deutschen Kunstausstellung in Bremen
1905 Bau des Ateliers Schlossstraße 33 nach Entwürfen von Heim&Früh, Stuttgart, im Wiener Jugendstil
1907 Werke auf der Deutsch-Nationalen Kunstausstellung in Düsseldorf
1908/09 Gründungs- und Vorstandsmitglied des beim Königlichen Ministerium des Kirchen- und Schulwesens angesiedelten Württembergischen Landesausschusses für Natur- und Heimatschutz
1908 Teilnahme an der Ausstellung „Schwäbische Kunst“ in Wiesbaden und an der Ausstellung „München 1908“
1910 Silbermedaille der Centenarausstellung in Buenos Aires, Argentinien
1911 25. Feb. Verleihung des Professorentitels durch König Wilhelm II. von Württemberg für „ganz hervorragende künstlerische Leistungen“
1912 Rottenburg, Kunstausstellung mit Werken Schickhardts
1913 Stuttgart, Alb-Gemälde-Ausstellung zur 25-Jahrfeier des Schwäbischen Albvereins von und mit Schickhardt; im Hauptausschuss zur Vorbereitung der Großen Kunstausstellung in Stuttgart; Ausstellung im Kunstsalon Kubach in München; Teilnahme an der Berliner Jubiläums-Kunstausstellung
1914 Teilnahme an der Kunstausstellung im Münchener Glaspalast; Organisation der Zweiten Großen Kunstausstellung in Rottenburg
1915 Gedächtnis-Ausstellung zum 50. Geburtstag im Württembergischen Kunstverein
1916 Teilnahme an der Ausstellung „Württembergische Kunst 1891-1916“ zum 25. Regierungsjubiläum König Wilhelms II. von Württemberg in Stuttgart
1926 Gedächtnisausstellung zum 60. Geburtstag in Stuttgart
1933 Beisetzung auf dem Stuttgarter Pragfriedhof; Gedächtnisausstellung des Württembergischen Kunstvereins; Nachlassversteigerung durch Otto Greiner in Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 19.7.1898 Alice, geb. Hückel, Tochter des Dr. phil. Bernhard Hückel, Vorstandschef der Württembergischen Sparkasse in Stuttgart
Eltern: Vater: Hermann Schickhardt (1823-1880), Oberjustizrat bzw. Oberamts-Richter in Esslingen und Stuttgart
Mutter: Rosalie Karoline Rosine, geb. Brodhag (1834-1902)
Geschwister: Hermann Karl Hugo (1863-1895), Arzt in München
Anna Rosalie (1857-1904)
Gabriele (1875-1902)
Kinder: Gabriele (geb./gest. 1902)
GND-ID: GND/139818936

Biografie: Julius Fekete (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 228-230

Karl Schickhardt zählte im ausgehenden 19. Jahrhundert und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu den angesehendsten Künstlerpersönlichkeiten des Königreichs Württemberg – zahlreiche bedeutende Funktionen, Auszeichnungen usw., bezeugen dies. Zugleich ist er als Maler auch kommerziell sehr erfolgreich gewesen. Laut Wolf Eiermann ist er sogar „einer der fortschrittlichsten“ Landschaftsmaler Württembergs insbesondere im späten 19. Jahrhundert gewesen.
Karl Schickhardt ist mit dem bekannten württembergischen Renaissance-Baumeister Heinrich Schickhardt verwandt gewesen, er stammte von dessen Bruder, dem Bildschnitzer Lukas Schickhardt (1560-1602) ab, so dass von künstlerischen Ahnen gesprochen werden kann. Die nachfolgenden Vorfahren schlugen freilich fast ausschließlich die Laufbahn eines Pfarrers oder (seit dem 18. Jahrhundert) die eines württembergischen Beamten ein. Karl Schickhardts Vater ist ebenfalls ein hoher Justizbeamter des Königreichs Württemberg gewesen. Der sicherlich vorhandene Wohlstand in der Familie machte es dem Maler Karl Schickhardt möglich, ohne Rücksicht auf künstlerische Strömungen seinen eigenen Weg zugehen – und dies mit Erfolg. Zum Wohlstand trug auch die Heirat seines Vaters mit einer Tochter aus der bekannten Esslinger Industriellenfamilie Brodhag bei.
Von Karl Schickhardts Lehrern in Stuttgart kann nur Kappis – der in München studierte und Schickhardt offenbar auch zum Wechsel nach München ermunterte – ihm Grundlagen für die Landschaftsmalerei vermittelt haben. Allerdings sind auch seine Landschaftsbilder noch sehr stark traditionsgebunden da genrehaft, reich an Staffage gewesen. Da Kappis für seine Landschaftsbilder des Öfteren das Albvorland, namentlich das Steinlachtal aufsuchte, kann angenommen werden, dass er als erster seinen Schüler auf die Schwäbische Alb als unerschöpflichen Quell der Landschaftsmalerei führte. Und noch ein Motiv mag anregend auf Schickhardt gewirkt haben: Kappis wurde auch als der „Maler des Bodensees“ bezeichnet, und auch Arbeitsaufenthalte am Gardasee und an den oberitalienischen Mittelmeer-Küsten sind verbürgt. Ein Frühwerk Schickhardts zeigt offenbar eine oberitalienische Uferlandschaft, die auf eine tiefere Anregung durch seinen Lehrer Kappis hindeutet. Sicherlich in den Bereich der Fabeln gehört freilich die neuerdings geäußerte Annahme, dass Schickhardt – aufgrund eines Aufenthaltes in Besigheim – zu den Schülern Gustav Schönlebers zu zählen ist, nur weil dieser ebenfalls in Besigheim malte.
Spätestens 1896 dürften die freundschaftlichen Beziehungen zu Otto Reiniger, dem anderen Hauptvertreter der schwäbischen Landschaftsmalerei, begonnen haben. Gemeinsam mit den Malern Wilhelm Auberlen und Wilhelm Trübner, dem Kunstkritiker Alfred Freihofer, dem Architekten Andre Lambert und dem Kunstsammler Baron Franz Koenig-Fachsenfeld traf man sich Mittwochabends im Gasthaus Zur Schule, im Sommer in den Neckarvororten. Zu den Freunden zählten auch der Maler Theodor Lauxmann und Gustav Wais.
Schickhardt war ein Landschaftsmaler par excellence, seine Bilder verzichten – vor allem seit ca. 1900 – fast gänzlich auf Staffagefiguren. Die unbelebte Landschaft besaß für ihn „Allgemeingültigkeitsanspruch“, wie auch Wolf Eiermann zutreffend bemerkte. Auffallenderweise verzichtet er etwa ab 1900 auch auf die Datierung seiner Werke. Sehr früh begann Schickhardts Beschäftigung mit der Landschaft der Schwäbischen Alb, die nachweisbaren Anfänge reichen mindestens in die Münchener Zeit zurück: belegt sind aus den Jahren 1892 Alblandschaften, die er auf der Münchener Jahresausstellung der Öffentlichkeit präsentierte. Für seine Gemälde suchte Schickhardt das Neckartal von Rottenburg bis Horb, das Starzeltal, spätestens seit 1896 das Laucherttal, und insbesondere Bad Niedernau auf, wo er jedes Jahr einige Monate verbrachte. Von Niedernau aus besuchte er fast täglich das nahe Rottenburg, dort war er mit dem Stadtschultheißen Winghofer und dem Bischof Dr. Paul Wilhelm Keppler befreundet, der mehrere Gemälde des Künstlers kaufte, darunter die bekannte Ansicht des Neckartales mit der Wurmlinger Kapelle – übrigens spätestens seit der um 1815 von Friedrich August Seyffer gezeichneten Ansicht der Landschaft um die Kapelle ein Topos in der Landschaftsmalerei Württembergs und durch Schickhardt in Variationen mehrfach wiederholt, wie dies so häufig mit seinen Motiven geschah.
In Schickhardt sah man den gesunden Konservativen, der nicht modernen Zeitströmungen huldigte oder gar ihnen die Bahn brach, sondern das Bewährte zu erhalten und zu pflegen trachtete. Er war kein Kolorist, die Luft schwirrt in seinen Bildern nur selten, seine Palette ist zurückhaltend, stark braun- und grüntönig, die erdnahen Bilder präsentieren eine gedämpfte Stimmung. Die Entwicklungsphasen seiner Kunst kann man folgendermaßen skizzenhaft zusammenfassen: In der Münchener Zeit ist für Schickhardts Malerei zunächst die Anlehnung an die deutsche Romantik, später an die Schule von Barbizon (Corot) kennzeichnend. Anfänglich sind Nahsichten, intime Perspektiven der Landschaft, die „Sensibilität für das Unwichtige, Ausschnitthafte, für die bloße Natur“ (so Wolf Eiermann) dominierend gewesen, häufige Kennzeichen waren auch die Bilddiagonalen mit ihrer Dynamik, ebenso die Teilung in Licht- und Schattenzonen, die Feintonigkeit der duftig und locker gearbeiteten Gemälde, die gedeckten Farben der Alb; dann, in seiner mittleren Periode nach der Rückkehr ins Schwäbische, folgt eine größere Distanz zur dargestellten Landschaft, verbunden mit einer Übereinanderreihung von Farbflächen zur Darstellung der Tektonik der Alblandschaft; und schließlich, etwa ab dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, folgt die Überwindung der manchmal etwas dumpfen Schwere durch quasi unbändig lodernde, Umrisse sprengende Farben, die an Lovis Corinth mit seinen späten Walchensee-Bildern erinnern. Um 1916 – anlässlich der Gedächtnisausstellung zu seinem 50. Geburtstag – konnte man diese Neuentwicklungen im Schaffen des Künstlers feststellen: Der Gesamteindruck seiner Bilder ist kecker und zupackender geworden, mit energischer Zeichnung und scharfen, klaren Tönen – im Gegensatz zu den auf zarte und leise Wirkung angelegten frühen Arbeiten. Mit den 1920er Jahren begannen unter anderem mit dem Bauhaus in Weimar und mit den Vertretern der Neuen Sachlichkeit neue, stark abstrahierende künstlerische Bestrebungen, mit denen er nicht mehr mithalten konnte und sicher auch wollte.
Quellen: StadtA Stuttgart, Sign. 924, BRA-B 182; HStAS, E 14, Bü. 428, 1497, 1664 f., E 302, Bü. 1170-1172, E 301, Bü. 261; StadtA Esslingen, Inventuren und Teilungen, Nr. 7609, 17119, 18134; StadtA München, Adressbücher.
Werke: Nach dem Wolkenbruch, 1887, Staatsgalerie Stuttgart; Dächer und Mauern von Besigheim, 1889, Staatsgalerie Stuttgart; Oberitalienische Uferlandschaft, 1890; Frühlingsmorgen, 1890; Marine, 1891; Frühlingsmorgen im Neckartal, 1892; Olivenhain, 1892; Degerloch, 1893, StadtA Stuttgart; An der alten Mauer, 1898, Kunsthaus Bühler Stuttgart; Aus dem Laucherttal, 1899, Staatsgalerie Stuttgart; Gewitterstimmung, 1900; Säntis, 1902; Bei Obernau, 1905; Neckartal, 1906; Morgen, 1907; Albtal in tauigem Morgen, 1908; Neckartal bei Niedernau im Herbst, 1909; Toreingang von Wachendorf bei Horb, 1910; Ansicht von Esslingen von der Agnesbrücke, 1910, Georgii-Gymnasium Esslingen; Würmtal bei Schafhausen, 1912; Am Fuße der Weitenburg, 1913, Haus Württemberg; Blick ins Gaisentäle bei Aufhausen, 1913, Kunsthaus Bühler, Stuttgart; Rottenburg, 1914, Stadt Rottenburg; Frühling bei Niedernau, 1916, Kunsthaus Bühler, Stuttgart; Wurmlinger Kapelle, um 1916, ehem. Bischof Dr. Paul von Keppler, Rottenburg.
Nachweis: Bildnachweise: Julius Fekete (vgl. Lit.).

Literatur: Blätter des Schwäbischen Albvereins 25 (1913), Nr. 6, 187 f., 28 (1916), Nr. 6, 108-126; Stuttgarter Neues Tagblatt, 22.4.1933, Nr. 186, 12; Beilage zum Schwäbischen Merkur 13.4.1933, Nr. 88; Schwäbische Kronik 9.2.1933; Blätter des Schwäbischen Albvereins 45 (1933); Bernhard Schickhardt, Nachfahrentafeln Schickhardt, 1939; Hans Peter Bühler, Die schwäbischen Impressionisten, in: Die Weltkunst, 1972, H. 10, 742 f.; Horst Schmid-Schickhardt, Bedeutende Verwandte um Heinrich Schickhardt, 1999; Julius Fekete, K. Schickhardt 1866-1933. Der Maler der Schwäbischen Alb, in: Esslinger Studien 38 (1999), 91-119; Thomas Maier, Bernd Müllerschön, Die Schwäbische Malerei um 1900, 2000; Wolf Eiermann, Württemberg. Maler entdecken Land und Leute 1750-1900. Katalog der Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart, 2001.
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