Württemberg, Ludwig Eugen, Herzog 

Geburtsdatum/-ort: 06.01.1731; Frankfurt/Main
Sterbedatum/-ort: 20.05.1795;  Stuttgart; begr. in der Gruft (Katholische Abteilung) der Schlosskirche Ludwigsburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: katholisch
Verheiratet: 10.8.1762 Sophie Albertine, geb. von Beichlingen
Eltern: Vater: Herzog Carl Alexander von Württemberg (24.1.1684-12.3.1737)
Mutter: Maria Augusta, geb. Prinzessin von Thurn und Taxis (11.8.1706-1.2.1756)
Geschwister: Carl Eugen (11.2.1728-24.10.1793)
Friedrich Eugen (21.1.1732-22.12.1797)
Augusta Elisabeth (30.10.1734-4.6.1787)
Kinder: 2; Wilhelmine Friederike (3.7.1764-9.8.1817), Henriette Charlotte Friederike (11.3.1767-23.5.1817)
GND-ID: GND/101076614

Biografie: Gabriele Haug-Moritz (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 266-268.

Dem zweitgeborenen Sohn eine militärische Laufbahn zu eröffnen, darauf zielte schon die Erziehung Ludwig Eugens. 1743 zum Chef eines preußischen Dragonerregiments ernannt, trat er kurz nach seinem 18. Geburtstag in den Militärdienst des mit Preußen verbündeten Frankreich. Eine gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Friedrich Eugen unternommene Bildungsreise hatte ihn bereits zuvor über die Universität Utrecht, an der sich die beiden Brüder zehn Monate aufhielten, nach Paris geführt, wo er erste Kontakte zum französischen Hof geknüpft hatte.
Rasch unzufrieden mit dem in seinen Augen zu langsamen Aufstieg in der französischen Armee, und vor allem permanent mit der damit einhergehenden Finanzmisere konfrontiert, nutzte er das seit 1753 einsetzende Werben des Wiener Hofes geschickt, seinen älteren Bruder unter Druck zu setzen. Die Rechnung ging auf: Carl Eugen, seit 1752 eine forciert pro-preußisch/französische Politik betreibend, der, so die Meinung der Geheimen Räte, durch einen Dienstwechsel seines jüngeren Bruders ein „irreparabler tort“ getan würde, bezahlte seine Schulden. Für den Fall, daß er überhaupt nicht zu bewegen sein sollte, weiter in der französischen Armee zu dienen, stellte er Ludwig Eugen sogar eine „Etablierung“ in Mömpelgard in Aussicht. Das zu gegenseitigem Vorteil seit 1755 funktionierende Einvernehmen der beiden älteren Brüder führte dazu, daß Ludwig Eugen, dem politischen Schwenk seines Bruders folgend, 1760 sich entschloß, am Siebenjährigen Krieg fürderhin in kaiserlichen Diensten teilzunehmen. Der der skandalumwitterten Beziehung zu Erzherzogin Marie Christine 1762 folgende Verweis vom Wiener Hof und die überstürzte Heirat mit Sophie Albertine machten der brüderlichen Einmütigkeit für die folgenden 25 Jahre ein Ende. Ein Vierteljahrhundert, das Ludwig Eugen, „en philosophe“ lebend, zuerst in Lausanne, dann in Wasserlos bei Frankfurt/Main und schließlich, seit 1778, in Weiltingen verbrachte. In wechselnden Koalitionen mit seinem jüngeren Bruder Friedrich Eugen und den württembergischen Landständen versuchte er, mit mäßigem Erfolg, seinen älteren Bruder zu bewegen, ihn und seine Familie hinlänglich finanziell abzusichern. Erst die „Mißheirat“ Carl Eugens 1785 und die sich verschlechternden Beziehungen Friedrich Eugens und seiner Gemahlin zum Chef des Hauses verliehen der Person Ludwig Eugens wieder Gewicht. Im Mai 1787 bewilligte ihm, der keine Bedenken trug, Franziska von Hohenheim mit „Herzogin“ zu titulieren, Carl Eugen die Erhöhung seiner Apanage.
Als er im November 1793 schließlich doch noch als regierender Herzog in Stuttgart einzog und als zweiter Christoph bejubelt wurde, tat er dies in einer schwierigen Zeit. Regierungsunerfahren und im fortgeschrittenen Lebensalter wurde er mit Herausforderungen konfrontiert, die, zumal in einer nur achtzehnmonatigen Regierungszeit, nicht zu bewältigen waren. Vom militärisch expandierenden revolutionären Frankreich bedroht und einer seit den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges nie mehr dagewesenen kaiserlichen Präsenz in Süddeutschland ausgesetzt, galt es, sich im Innern mit Landständen auseinanderzusetzen, die eine Machtstellung errungen hatten wie nie zuvor in der württembergischen Geschichte. Während der Kaiser versuchte, Württemberg im Reichskrieg gegen Frankreich zu halten, legten die Landstände eine pazifistische Gesinnung an den Tag, die im Land, vor allem im ‘demokratisch gesinnten’ Stuttgart, allenthalben auf Wohlgefallen stieß. Unablässig drängten Landschaft und Geheimer Rat auf Teilhabe am preußischen Sonderfrieden mit Frankreich (April 1795), der seit dem Jahresende 1794 in Basel ausgehandelt worden war. Sein geheimer Sekretär Schwab überliefert den Satz, der den Schlüssel zu Ludwig Eugens Politik liefert: „Ihr fürchtet die Franzosen, sagte der Herzog mehr als einmal, und ich fürchte den Kaiser!“ – eine, wie sich unter seinem Nachfolger zeigen sollte, begründete Furcht. Um seine Kaisertreue, zu der es in der gegebenen Situation keine Alternative gab, aufrechterhalten zu können, mußte er innenpolitische Zugeständnisse machen: Vor allem aus diesem Umstand und erst in zweiter Linie aus seinem bildungspolitischen Desinteresse erklärt sich die Aufhebung der Hohen Carlsschule. Und auch die von ihm neu belebte, von der Nachwelt ihrer Unzulänglichkeiten wegen belächelte Idee einer Landmiliz stellt den Versuch dar, die vom Kaiser geforderte Wehrbereitschaft und die Friedenssehnsucht des Landes auszubalancieren. Daß er am Ende scheiterte und, fünf Tage vor seinem Tod, der Sendung des Landschaftskonsulenten Abel nach Basel zustimmen mußte, verweist eher auf die Schwäche der herzoglichen Position denn auf die der herzoglichen Person. Ihn wegen seines Scheiterns zu diskreditieren, wie es schon zu seinen Lebzeiten sein Neffe, der spätere König Friedrich tat, ist zu einfach, denn Unvereinbares zu vereinbaren, ist niemandem möglich.
Quellen: HStA Stuttgart, A-Bestände, Bestand G 234.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997

Literatur: Erwin Hölzle, Das Alte Recht und die Revolution. Eine politische Geschichte Württembergs in der Revolutionszeit 1789–1805, München/Berlin 1931, S. 103–131.
Karl Obser, Zwei Denkschriften eines französischen Agenten über Württemberg, aus dem Sommer 1794, in: WVjh 9 (1900), S. 117–128.
Albert Pfister, Aus den Tagen Herzogs [sic!] Ludwig Eugen von Württemberg, in: WVjh 3 (1894), S. 94–192.
Volker Press, Warum gab es keine deutsche Revolution? Deutschland und das revolutionäre Frankreich 1789–1815, in: Dieter Langewiesche (Hrsg.), Revolution und Krieg, Paderborn/u. a. 1989, S. 67–85.
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