Württemberg, Philipp (I.), Herzog 

Geburtsdatum/-ort: 30.07.1838; Neuilly (Frankreich)
Sterbedatum/-ort: 11.10.1917;  Stuttgart; begr. in der Schlosskapelle Ludwigsburg, 1928 Überführung in die Familiengruft Altshausen
Weitere Angaben zur Person: Religion: katholisch
Verheiratet: 18.1.1865 Marie Therese, geb. von Österreich
Eltern: Vater: Herzog Alexander (II.) von Württemberg (20.12.1804-28.10.1881)
Mutter: Marie, geb. Prinzessin von Orléans (12.4.1813-2.1.1839)
Kinder: 5; Albrecht (23.12.1865-31.10.1939), Marie Amelie (24.12.1865-16.12.1883), Maria Isabella (30.8.1871-24.5.1904), Robert (14.1.1873-12.4.1947), Ulrich (13.6.1877-13.6.1944)
GND-ID: GND/118957880

Biografie: Alfred Lutz (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 407-410

Als Philipp fünf Monate alt war, starb seine Mutter. Ihrem letzten Wunsch entsprechend, wuchs Philipp bei seinen Großeltern, Louis Philippe und Marie Amélie, auf. Er erhielt eine sorgfältige und liebevolle Erziehung und benutzte zeitlebens auch die französische Sprache in Wort und Schrift.
Philipp wurde nach dem letzten Willen Maries von Orléans katholisch erzogen. Daraus ergaben sich Konflikte zwischen der königlichen Familie in Frankreich und König Wilhelm I. von Württemberg, der nachdrücklich eine protestantische Erziehung forderte und auf die andernfalls verletzten württembergischen Hausgesetze hinwies; andere Quellen lassen darauf schließen, daß Philipp 1838 von dem protestantischen Geistlichen Cuvier getauft worden war.
Die Februarrevolution 1848 brachte für den zehnjährigen Philippe die Flucht von Paris nach Deutschland und den schmerzvollen Abschied von der französischen Großfamilie. Von diesem Zeitpunkt an lebte Philipp bei seinem (evangelischen) Vater, zu dem sich jedoch kein vertrauensvolles und harmonisches Verhältnis entwickelte. Über die Wintermonate bewohnte Philipp mit seinem Vater ein Stadthaus in Bayreuth, im Sommer das in der Nähe der Stadt gelegene Schloß Fantaisie.
Philipp erhielt Privatunterricht und unternahm Reisen zu seinen Großeltern nach Großbritannien. 1859/60 studierte er an der Universität Bonn deutsche Staats- und Rechtsgeschichte. Mit Eintritt seiner Volljährigkeit 1860 erlosch die Vormundschaft und Philipp konnte sein Vermögen selbständig verwalten. Von dem ihm nun zustehenden Recht des Eintritts in die Erste Kammer des württembergischen Landtages machte er aber keinen Gebrauch.
Nachdem eine von ihm anvisierte Eheverbindung mit Herzogin Sophie in Bayern aus konfessionellen Gründen am Einspruch des Chefs des Hauses Württemberg, König Wilhelm I., gescheitert war – dieser hatte die Erziehung der Kinder aus dieser Ehe im protestantischen Glauben verlangt –, siedelte Philipp nach Wien über und trat in die österreichische Armee ein. Er begann den Bau eines prächtigen Palais an der neu angelegten Wiener Ringstraße, der 1862/65 vom Münchener Architekten Arnold Zenetti zusammen mit Heinrich Adam ausgeführt wurde. Am 18. Januar 1865 heiratete Philipp nach Zustimmung von Kaiser Franz Joseph von Österreich und dem neuen König Karl von Württemberg in der Kammerkapelle der Hofburg Erzherzogin Marie Therese, eine Tochter Erzherzog Albrechts von Österreich, einem der mächtigsten und wohlhabendsten Habsburger sowie bedeutenden Heerführer, Vertreter einer dezidiert konservativen und antipreußischen Richtung, und der bereits 1864 verstorbenen Prinzessin Hildegard von Bayern. Bei der Trauung war das österreichische Kaiserpaar anwesend. Noch im selben Jahr wurden die ersten Kinder Albrecht und Marie Amelie geboren.
1867 verkaufte Philipp das nun dicht umbaute Palais an der Wiener Ringstraße, welches zur Weltausstellung 1873 in das „Hotel Imperial“ umgebaut wurde, und erwarb ein am Stadtrand gelegenes Schlößchen, das nach dem Vorbesitzer „Strudelhof“ genannt wurde. 1873–1876 schließlich wurde nach Entwürfen des Architekten Heinrich Adam zudem die Villa Marie Therese in Altmünster am Traunsee in Oberösterreich errichtet, in der Philipp und Marie Therese fortan fast jeden Sommer verbrachten. Nachdem Herzog Philipp auf eine militärische Laufbahn verzichtet hatte (dennoch wurde er 1892 von Kaiser Franz Joseph zum Inhaber des galizischen Infanterieregiments Nr. 77 ernannt), galten seine Interessen der Jagd und der Photographie. Viele Vereine und soziale Institutionen in Wien und Gmunden (Altmünster) wurden vom Herzogspaar unterstützt; in zahlreichen Militärveteranenvereinen wurde Philipp Ehrenmitglied und übernahm auch die ihm angetragene Schirmherrschaft.
Nachdem mehrere in der Rangfolge vor ihm stehende Mitglieder des Hauses Württemberg ohne männliche Nachkommen geblieben waren, kamen seit dem Erlöschen der (Zweiten) Schlesischen Linie des Hauses Württemberg 1903 nur noch die Nachkommen des Herzogs Alexander für die Nachfolge König Wilhelms II. in Betracht. Wegen seines Alters, Philipp war zehn Jahre älter als Wilhelm II., wurde allgemein jedoch sein Sohn, Herzog Albrecht, als Thronfolger angesehen. Um in der Nähe seiner Söhne, die im württembergischen Militärdienst standen, und Enkelkinder sein zu können, nahm Philipp 1905 seinen Wohnsitz in Stuttgart und verkaufte den „Strudelhof“. 1907 siedelte er endgültig in den Stuttgarter Prinzenbau über, wo er die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte und 1915 noch die Goldene Hochzeit feiern konnte.
Obwohl Zivilist, wurde Philipp von König Wilhelm II. mit vielen militärischen Titeln geehrt. 1894 hatte er ihn zum General der Kavallerie ernannt, 1913 folgte die Ernennung zum Generalobersten, 1914 zum zweiten Chef des Ulanenregiments König Karl Nr. 19. Anläßlich seines fünfundzwanzigjährigen Regierungsjubiläums 1916 verlieh König Wilhelm Philipp das Wilhelmskreuz mit Schwertern und Krone.
Quellen: Archiv des Hauses Württemberg, Bestand G 323.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997

Literatur: Ilse Feller/Eberhard Fritz, Württemberg zur Königszeit, Stuttgart 1990.
Paul Sauer, Württembergs letzter König, Stuttgart 1994.
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