Württemberg, Eberhard I., Graf 

Andere Namensformen:
  • der Erlauchte
Geburtsdatum/-ort: 1265
Sterbedatum/-ort: 1325;  begr. in der Stiftskirche Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: 1292 Margarethe, geb. von Lothringen
nach 1295 Irmengard, geb. von Baden
Eltern: Vater: Graf Ulrich I. der Stifter (mit dem Daumen) von Württemberg (-25.2.1265)
Mutter: Agnes, geb. Herzogin von Schlesien-Liegnitz (nach 1242-13.3.1265)
Geschwister: Ulrich II. (um 1242-13.3.1265)
Agnes (vor 1264-27.9.1305)
Mechthild (Luitgard) (wahrscheinlich vor 1264-vor 24.6.1284)
Irmengard (vermutlich vor dem Frühjahr 1264-vermutlich vor 1278)
Kinder: 7; Ulrich (vor 1308-8./9.3.1348), Ulrich (nach 1285-1315), Ulrich III. (zwischen 1286 und 1291-11.7.1344), Adelheid Mechthild (zwischen 1295 und 1300-13.9.1342), Agnes (vor 1300-vor 27.3.1349), Agnes (um 1295/1300-18.1.1317), Irmengard (nach 1300-16./17.5.1329)
GND-ID: GND/135899591

Biografie: Dieter Mertens (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 25-27

Eberhard war der kongeniale Sohn Ulrichs I., sein Bruder Ulrich II., bleibt dagegen für den Historiker blaß. Eberhard hat den Aufbau der württembergischen Landesherrschaft, den Ulrich begonnen hatte, fortgesetzt und mit ganz außerordentlicher Energie gegen die seit Rudolf von Habsburg massiv einsetzenden Revindikationsversuche behauptet, zeitweilig unter schwersten Rückschlägen.
1273 wurde Kaiser Friedrich II. zum letzten rechtmäßigen Vorgänger Rudolfs erklärt, mit der Konsequenz, daß die Herrscherakte der Könige Heinrich Raspe, Wilhelm von Holland und Richard von Cornwall, von denen sich Ulrich I. hatte legitimieren lassen, keine legitimen Ansprüche mehr begründeten. Rudolf forderte darum in Schwaben alle Rechte und Güter wieder ein, die seit der von Papst Innozenz IV. ausgesprochenen Absetzung Kaiser Friedrichs II. 1245 dem Reich entglitten waren. Er schuf dazu die Reichslandvogteien und stärkte die königlichen Städte. Gleichzeitig ließ er den Landfrieden beschwören. 1274 übertrug Rudolf die um Achalm und Reutlingen zentrierte Niederschwäbische Reichslandvogtei seinem Schwager Albrecht von Hohenberg (und Haigerloch), ebenso die Augsburgische und, an deren Stelle, 1284/85 die Wimpfener. Damit wurde Albrecht, die „Stütze des Reichs in ganz Schwaben“, neben dem König zum wichtigsten Widerpart Eberhards. Rudolfs Ziel war die Wiedererrichtung des Herzogtums Schwaben. Dies hätte jedoch die schwäbischen Grafen jeder Chance, zur Landesherrschaft zu gelangen, beraubt. Eberhard entschloß sich darum zu militärischem Widerstand, aus königlicher Sicht zum Landfriedensbruch. Rudolf zog 1286 und 1287 gegen Eberhard und bekämpfte ihn – sich hauptsächlich auf Esslingen stützend – im Stuttgarter Raum, wo er 1286 die Stadtmauern und 1287 die umliegenden Burgen zerstörte. Rudolf war militärisch überlegen, konnte Eberhard jedoch nicht völlig niederkämpfen. Die Thronvakanz nach Rudolfs Tod nutzte Eberhard, um Albrecht von Hohenberg in die Schranken zu weisen. Sie beendeten die Fehde mit dem Verlöbnis ihrer Kinder Ulrich und Mechthild.
Der neue König Adolf von Nassau verfolgte in Schwaben keine Hausmachtinteressen, so daß Eberhard wieder etwas Spielraum gewann. Doch 1298, als Adolfs Sturz und der Krieg um die Krone sich abzeichneten, sicherte Eberhard dem Habsburger Albrecht I. rechtzeitig seine Unterstützung zu. Dafür erhielt er als Gegenleistung die Landvogtei Niederschwaben. Damit wurde das Reichsgut unter die Obhut eines geborenen Feindes gegeben, und Albrecht zog schließlich 1305 aus dieser widersprüchlichen Situation Gründe für rechtliche und militärische Schritte gegen Eberhard. Umgekehrt verbesserte der Württemberger seine Position im Konkurrenzkampf mit dem Habsburger um territoriale Ausdehnung in Schwaben dadurch, daß er Albrechts Gegner in Böhmen unterstützte. 1307 entzog ihm Albrecht die Reichslandvogtei.
König Heinrich VII., wie Albrecht an Böhmen interessiert, und Eberhard gingen von vornherein auf Konfrontationskurs. Eberhard verweigerte die Huldigung. Grundsätzlicher als zuvor stand königliche Herrschaft in Gestalt von Landfrieden, Landvogteien und Reichsstädten gegen den wachsenden Territorialstaat und seinen organisatorischen Anspruch. Eberhard wurde aufgrund von Klagen der Städte und Herren geächtet, ein Reichskrieg diente dem Vollzug der Acht. Der Wimpfener Landvogt Konrad von Weinsberg führte ihn für den König, die von Württemberg überflügelten Dynasten leiteten die Aufgebote der Städte. Der Krieg wurde mit großer Konsequenz geführt, 1312 schien Württemberg der Auflösung nahe und dem Reichsgut angegliedert. Da brachte der plötzliche Tod Heinrichs VII. in Italien den Umschwung. Die zwiespältige Königswahl 1314, die sowohl Ludwig dem Bayern als auch dem Habsburger Friedrich von Österreich, einem Sohn Albrechts I. die Krone zusprach, verschaffte Eberhard Luft. Binnen dreier Jahre konnte er seine Herrschaft wiederherstellen. Er verband sich mit dem Habsburger, der seine Unterstützung benötigte und honorierte, so daß Eberhard sein Territorium durch Pfand und Kauf und Entschädigungen für seine Dienste sogar weiter ausdehnen konnte. Aufgrund von Geleitsrechten übte Eberhard im nördlichen Schwaben einen dominierenden Einfluß aus; sie reichten 1317/1322 von Schwäbisch Gmünd und Aalen bis Bruchsal.
1323, im Jahr nach der Schlacht bei Mühldorf, bei der Friedrich in Ludwigs Gefangenschaft geriet, wandte Eberhard sich Ludwig zu. Eberhard behielt nicht nur alles, was ihm König Friedrich zugesagt hatte, sondern erhielt überdies die Niederschwäbische und Wimpfener Reichslandvogtei. Damit hatte sich, gut zehn Jahre nach dem Reichskrieg, das Blatt vollkommen gewendet.
Eberhard hat die Herrschaft Württemberg enorm erweitert und dabei in großem Umfang das Geld investiert, das er durch seine Beteiligung auf dem böhmischen Kriegsschauplatz gewonnen hatte. Er kaufte Herrschaften, Burgen und Städte oder Anteile von den absteigenden Geschlechtern; zu diesen gehörten Höherrangige wie, immer wieder, die Herzöge von Teck oder der Hauptgegner im Reichskrieg, Konrad von Weinsberg. Zu den Veräußerern und Verlierern im Territorialisierungsprozeß gehörten die Grafen von Berg, von Asperg, von Aichelberg, auch von Hohenberg. Auch den Hohenstaufen, auf dessen Besitz König Rudolf wohl nicht zuletzt wegen des Symbolwerts großen Wert gelegt hatte, gewann Eberhard endgültig für Württemberg.
Die Zweiheit Württemberg und Beutelsbach, von namengebendem Burgsitz und Grabstiftsgründung an dem zugunsten der Burg verlassenen Platz, hat Eberhard ersetzt durch die (werdende) Residenzstadt Stuttgart. Sie wurde Grablege, in der sich das Haus Württemberg in seiner diachronen Dimension präsentierte, und wuchs in die Funktion eines Herrschaftsmittelpunktes hinein. Eberhards Kriegsgegner richteten ihre größten Anstrengungen bezeichnenderweise auf die Gewinnung Stuttgarts.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997; Bildnachweise: Landesarchiv Baden-Württemberg

Literatur: Regesta Habsburgica, Abt. 3. Hg. von L. Gross. Innsbruck 1924.
H. Haering, Der Reichskrieg gegen Graf Eberhard den Erlauchten von Württemberg in den Jahren 1310–16, in: Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde 1910, Stuttgart 1911.
Hans Georg Hofacker, Die schwäbischen Reichslandvogteien im späten Mittelalter (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit 8), Stuttgart 1980.
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