Württemberg, Ulrich I., Graf 

Andere Namensformen:
  • der Stifter (mit dem Daumen)
Geburtsdatum/-ort: ..
Sterbedatum/-ort: 25.02.1265;  begr. im Stift Beutelsbach, später Überführung in die Stiftskirche Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: vor dem 4.4.1251 Mechthild, geb. von Baden
nach 1259 Agnes, geb. von Schlesien-Liegnitz
Eltern: Vater vermutlich: Hermann von Württemberg
Geschwister: Eberhard
Adelheid(vor 1246-nach 1291)
Heinrich (-13.5.1259)
Kinder: 5; Ulrich II. (um 1242-13.3.1265), Agnes (vor 1264-27.9.1305), Mechthild (Luitgard) (wahrscheinlich vor 1264-vor 24.6.1284), Irmengard (vermutlich vor dem Frühjahr 1264-vermutlich vor 1278), Eberhard I. der Erlauchte (1265-1325)
GND-ID: GND/13593107X

Biografie: Dieter Mertens (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 20-22

Ulrichs verwandtschaftliche Stellung im schwäbischen Adel muß ganz hervorragend gewesen sein, doch sie wird in den Quellen bei weitem nicht mit der wünschenswerten Präzision bestimmt. Ulrich I. und Eberhard herrschten, urkundeten und siegelten gemeinsam (1241), vermutlich waren sie leibliche Brüder. Beide werden 1243 als Vettern (nepotes) Hartmanns (I.) von Grüningen bezeichnet. Decker-Hauff schloß daraus, daß Ulrich und Eberhard Söhne Hermanns seien und daß der Name „Ulrich“ von Hermanns mutmaßlicher Gemahlin Irmgard von Ulten in die Familie gebracht worden sei; Irmgard stamme mütterlicherseits aus der Ehe Eginos von Urach mit Agnes von Zähringen, was die z.B. 1265 bezeugte Blutsverwandtschaft Ulrichs mit Heinrich von Fürstenberg, ebenfalls einem Enkel Eginos und der Agnes, erkläre.
Andere Verwandtschaftsangaben sind damit aber noch nicht gedeutet. Ulrich I. wird 1255 von Graf Albert IV. von Dillingen als sein Verwandter von Vatersseite (patruus) bezeichnet. In der Tat nahm Ulrich unter den Erben Hartmanns IV. († 1258), des Vaters Alberts IV. († 1257), der seinen Sohn überlebte, eine hervorragende Stelle ein. Auch ist der Name „Ulrich“ bei den Dillingern zuhause. Der älteste nachweisbare Kanoniker an der Stiftskirche in Beutelsbach heißt Ulrich und dürfte ein Verwandter des Grafen Ulrich I. sein. Ferner werden als blutsverwandt ein Albert von Dellmensingen (1250), aber ebenso ein Heinrich von Finstingen (1249) bezeichnet. Graf Rudolf von Tübingen nannte sich 1256 Oheim (avunculus) Ulrichs; eine Nichte oder Cousine (neptis) Ulrichs und Hartmanns (I.) von Grüningen ist Anna, eine Benediktinerin (1249); der Name deutet auf die dillingisch-kyburgische Verwandtschaft, näherhin die Nachkommen Ulrichs von Kyburg und Annas von Zähringen. Seit der Vatergeneration Ulrichs bestanden verwandtschaftliche Beziehungen mit den Grafen von Oettingen und den Grafen von Hirschberg.
Die Bedeutung, die für Ulrich I. die Verwandtschaft mit den Kirchbergern und den Veringern besaß, wird schlaglichtartig erhellt durch die Siegel, derer Ulrich I. sich bediente. 1238 verwendete er das kirchbergische Siegelbild (drei Türme auf einem Dreiberg), aber mit der umschriftlichen Selbstbezeichnung als Graf Ulrich von Württemberg (Sigillum comitis Uodalrici in Wirtenberc). Drei Jahre später, 1241, siegelten Ulrich und Eberhard – die Umschrift nennt beide gemeinsam – mit dem Wappen mit den drei Hirschstangen, das als Württemberger erstmals Konrad (III.) 1228 im Siegelbild verwendet hatte.
Nach der Einschätzung eines Zeitgenossen in päpstlicher, antistaufischer Mission hatte Ulrich eine hervorragende Stellung in Schwaben aufgrund seiner Verwandten, seiner Ritter und seiner militärischen Macht inne. Ulrich führte in der Tat den Kampf des alten Adels, vor allem der Grafen, gegen die Stauferherrschaft in Schwaben an. Friedrich II. hatte beim Ausbau der staufischen Territorien auf diese Schicht schließlich keine Rücksicht mehr genommen und ihr wenig Chancen gelassen. Auf diese Gruppe, die sich darum von Friedrich II. verraten und von ihm und seinen emporgekommenen Ministerialen um ihre Ehre, um die ihr als Adel zustehende Führungsrolle, gebracht fühlte, setzte die päpstliche Diplomatie, die ihren großen Kampf gegen die Stauferherrschaft in Schwaben führte. Nachdem das Konzil von Lyon Friedrich II. gebannt und abgesetzt hatte und zweifellos diplomatische Verhandlungen mit den schwäbischen Grafen stattgefunden hatten, traten 1246 Ulrich I. und sein Vetter Hartmann (I.) von Grüningen unmittelbar vor einer Schlacht mit zwei Dritteln des Heeres von König Konrad IV., dem Sohn Friedrichs II., zu König Heinrich, dem anstelle Konrads gewählten Landgrafen von Thüringen, über. Die beiden Vettern sollen 7.000 Mark Silber und jeweils die Hälfte des schwäbischen Herzogsgutes zugesprochen bekommen haben. Während Hartmann (I.) seine Beständigkeit im Dienst der Kirche betonte, waren die Vettern nach Ansicht der staufischen Partei päpstlicher Bestechung erlegen. Ulrich I. legte nun aufgrund verschiedener Rechtstitel – Eigengut, Erbe, Reichslehen und -pfandschaften, Kirchenlehen, sicher nach den Ledigerklärungen Schwabens auch Herzogs- und Staufergut – in wenigen Jahren und unter sich wandelnden politischen Bedingungen die Grundlagen der Herrschaft Württemberg mit dem territorialen Schwerpunkt an Neckar und Rems. Leonberg, Stuttgart, Waiblingen und Schorndorf wurden von ihm befestigt. 1254 erwarb Ulrich den alten Hauptbesitz der Grafen von Urach. Gleichzeitig anerkannte er Konradin als Herzog von Schwaben, der dafür auf Revision des status quo verzichtete und so die Usurpationen seit 1246 anerkannte, soweit es das Herzogtum betraf. 1258 erhielt Ulrich in der Nachfolge der Dillinger das Marschallamt des Herzogtums Schwaben, die Vogtei in Ulm und das Gericht in der Pirs auf dem Hochsträß westlich von Ulm. Ulrich I. war selbstverständlich auf Seiten der Könige Heinrich Raspe, Wilhelm von Holland und Richard von Cornwall zu finden. Solange er lebte, wurde seine Herrschaftsbildung nicht ernsthaft in Frage gestellt. Ulrich hatte aus der Ehe mit Mechthild von Baden zwei Töchter und einen Sohn, aus seiner zweiten Ehe mit Agnes von Schlesien-Liegnitz einen Sohn und vermutlich eine weitere Tochter. Er starb am 25. Februar 1265, seine zweite Frau Agnes folgte ihm zwei Wochen später. Ulrich I. wurde wie seine beiden Frauen im Stift Beutelsbach begraben. Die Doppeltumba, deren Datierung (Ende 13. Jh.) eine ursprüngliche Aufstellung in Beutelsbach vermuten läßt, zeigt Ulrich und Agnes.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997

Literatur: Historia diplomatica Friderici secundi, ed. Jean-Louis-Alphonse Huillard-Bréholles 1-6, Paris 1852-1861, bes. Bde. 6,1–2.
Karl Weller, König Konrad IV. und die Schwaben, in: WVj N.F. 6 (1897), S. 113–160.
Hansmartin Decker-Hauff, Geschichte der Stadt Stuttgart, Stuttgart 1966, S. 138 ff., 168 ff.
Hans Peter Köpf, Die Herrschaft Brandenburg, in: Anton H. Konrad (Hrsg.), Au an der Iller (Stadt Illertissen), Weißenhorn 1987, S. 43–135.
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