Soldaten

Von Kurt Hochstuhl

 
Für die Moral der Soldaten wichtig: Besuch Großherzog Friedrich II von Baden bei den Truppen der 8. Landwehr-Division in Waldighofen am 8. Juni 1916. (Quelle: Landesarchiv BW, GLA 456 F 105, Nr. 303 Foto 1 )
Für die Moral der Soldaten wichtig: Besuch Großherzog Friedrichs II. von Baden bei den Truppen der 8. Landwehr-Division in Waldighofen am 8. Juni 1916. (Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 456 F 105, Nr. 303 Foto 1 )

Mit der Generalmobilmachung der europäischen Großmächte Anfang August 1914 setzte sich eine quantitativ wie qualitativ bislang nicht vorstellbare Kriegsmaschinerie in Gang, die von Anfang an auf den neuen Charakter der Auseinandersetzung als Massenkrieg hindeutete. Das bis heute präsente, durch die Schlacht um Verdun geprägte Bild des Soldaten im Ersten Weltkrieg spiegelt dabei aber nur einen Ausschnitt der militärischen Realität wider, auch wenn es wie kein anderes als Metapher für die Grausamkeit und Sinnlosigkeit der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts Bestand hat. Allerdings waren die größten deutschen Verluste nicht im Stellungs- und Grabenkrieg zu verzeichnen, sondern im Bewegungskrieg der ersten Monate an der Westfront und an der gesamten Ostfront, die über die Dauer des Krieges kein Erstarren und kein monatelanges Eingraben ganzer Armeen kannte. Da sich die Armeeführungen hauptsächlich für die noch einsatzfähigen Männer, nicht aber so sehr für die Toten, Verwundeten und Vermissten interessierte, sind exakte Verlustziffern oft schwierig zu belegen. Insgesamt beklagte Deutschland über zwei Millionen und Frankreich ca. 1,4 Millionen Gefallene. Etwa 50.000 elsässische und über 60.000 badische Soldaten verloren ihr Leben. Weil die deutsche Militärführung ihren elsässischen Soldaten zutiefst misstraute, wurden diese vornehmlich an der Ostfront und nicht so sehr gegen Frankreich eingesetzt. Einige Elsässer entzogen sich der deutschen Einberufung durch Flucht, ergaben sich freiwillig dem Feind oder meldeten sich direkt zum Kampf auf französischer Seite. Ein elektrischer Zaun sollte ihnen daher den Weg in die neutrale Schweiz abriegeln. Diejenigen, die aber für Deutschland kämpften, fühlten sich durch den Generalverdacht, nur bedingt zuverlässig zu sein, gedemütigt. Der nationale Riss ging selbst durch einzelne Familien. Charakteristisch für den Krieg war, dass sich Zonen intensiver Kämpfe abwechselten mit Gegenden, an denen über Monate kein Schuss fiel. Die mittleren Vogesen waren ein solches Frontgebiet, im dem kaum kriegerische Aktivitäten stattfanden. Weitgehend machtlos waren die Soldaten der Artillerie ausgesetzt, der weit mehr als die Hälfte der Menschenverluste zuzuschreiben ist. Gerade das Ausgeliefertsein an anonyme Gewalten wie Granaten, Mörser und Kanonen, an Giftgas und an die sporadischen Angriffe aus der Luft, machten aus dem Töten und Sterben auf beiden Seiten der Front ein anonymes Geschehen, in dem die Soldaten eher als Opfer litten, denn sich selbst als Täter wahrnahmen. Die permanente Bedrohung, die Phasen heftiger Kämpfe mit tagelangem Artilleriebeschuss, die mit Wochen unsäglicher Langeweile und Nichtstun abwechselten, das ungewohnte und ungesunde Leben in den Schützengräben und Unterständen, dem Wetter und dem Ungeziefer nahezu schutzlos preis gegeben, die tagelangen Gewaltmärsche sowie die prekären hygienischen und Ernährungsverhältnisse lasteten schwer auf der psychischen wie physischen Verfassung der Soldaten. Viele von denen, die überlebten, waren fortan von der menschenverachtenden Gewalt des industrialisierten Krieges gezeichnet.

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