Die Reiterei

von Marius Wieandt

Reiterei in der Schlacht bei Rheinfelden, 1638, Illustration aus dem Theatrum Europaeum, Bd. 3 [Quelle: Württembergische Landesbibliothek]
Reiterei in der Schlacht bei Rheinfelden, 1638, Illustration aus dem Theatrum Europaeum, Bd. 3 [Quelle: Württembergische Landesbibliothek]

Den Feldherren des Dreißigjährigen Krieges stand eine ganze Reihe unterschiedlich ausgerüsteter und ausgebildeter Reiter zur Verfügung. In den vorigen anderthalb Jahrhunderten hatte das zunehmend in dichten Formationen und mit langen Spießen und Feuerwaffen ausgerüstete Fußvolk die schwer gepanzerten Ritter des Mittelalters vom Schlachtfeld vertrieben. Bis zum Dreißigjährigen Krieg hatten sich daher verschiedene, auf eine bestimmte Rolle in der Schlacht spezialisierte Reitergattungen herausgebildet. Der „Lanzierer“ war mit seiner Ausrüstung und seinem Einsatz dem Ritter noch am ähnlichsten. Mit seiner schweren Rüstung, einer langen Lanze, einer Seitenwaffe und teils auch mit Pistolen ausgestattet, sollte der Lanzierer als schwere Schockkavallerie gegnerische Formationen im direkten Ansturm sprengen. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges war der Lanzierer jedoch bereits aus den meisten Heeren verschwunden, vor allem bei den Spaniern und Polen fanden diese Reiter aber noch gelegentlich Verwendung.

Der „Kürassier“ war neben dem Lanzierer die zweite schwere Reiterei dieser Zeit. Neben der schweren Rüstung führte der Kürassier statt einer Lanze jedoch mehrere Pistolen und einen Degen für den Nahkampf. Da Infanterieformationen sich durch nach außen gerichtete Piken gegen Reiterangriffe zu schützen suchten, wurde das sogenannte Caracollieren zu einer verbreiteten Einsatztaktik, bei dem die Reiter in geschlossenen Formationen auf das feindliche Fußvolk zuritten und aus kürzester Entfernung mehrere Salven mit ihren Pistolen feuerten, bevor sie den dadurch geschwächten Feind im Nahkampf stellten. Erst im Laufe des Dreißigjährigen Krieges gingen die Kürassiere, vor allem unter dem katholischen General Pappenheim und dem schwedischen König Gustav II. Adolf, wieder zum direkten Sturmangriff über, da die Anzahl der für die Reiter gefährlichen Pikeniere immer weiter zurückging und ein entschlossener Angriff das hauptsächlich aus Musketieren bestehende Fußvolk daher leichter zersprengen konnte.

Die „Arkebusen- oder Bandelier-Reiter“ waren dagegen nur mit einem leichten Harnisch gerüstet oder gänzlich ungepanzert und trugen als hauptsächliche Offensivwaffe eine Arkebuse, eine kurze und vergleichsweise leichte Muskete. Damit konnten sie den Feind auf größere Entfernung beschießen als andere mit Pistolen ausgerüstete Reiter und waren ausreichend mobil, um sich Nahkämpfen zu entziehen.

Die „Dragoner“ waren Einheiten aufgesessenen Fußvolkes, ausgerüstet mit langen und unhandlichen Musketen, die sich zu Pferde nur schwer bedienen ließen, sodass Dragoner vor dem Einsatz absitzen mussten und eine Zwischenstellung zwischen Reiterei und Fußvolk einnahmen. Dies ermöglichte es, die hohe Feuerkraft des Fußvolkes mit der Mobilität der Reiterei schnell und unerwartet über das Schlachtfeld zu führen, Lücken des Gegners auszunutzen und sich gegebenenfalls rasch zurückzuziehen. Insbesondere in der späten Phase des Krieges, als die Soldaten sich häufig in kleinen Gruppen und über große Entfernungen bewegten, um sich in den kriegsversehrten Gebieten versorgen zu können, wurden die mobilen Dragoner immer wichtiger, um geographische Räume zu sichern. Während die teure schwere Schlachtenreiterei zahlenmäßig eher abnahm, kam den kostengünstigen Dragonern eine immer größere Bedeutung abseits der Schlachtfelder zu.

„Husaren“ rekrutierten sich zumeist aus Osteuropa und dem Balkan, weshalb sie zeitgenössisch oft „Croaten“ oder „Polaken“ genannt wurden. Diese uneinheitlich bewaffneten Reiter waren die verbreitetste leichte Reiterei der Zeit und dienten nicht hauptsächlich als Kämpfer in der eigentlichen Schlacht. Vielmehr waren sie durch ihre ausgezeichnete Mobilität und ihre auf Scharmützel ausgerichtete Kampfesweise besonders dazu geeignet, fliehende Gegner zu verfolgen, Nahrungsmittel aus der Umgebung zu beschaffen oder das Umland auszukundschaften. Leichte Reiter mit ähnlichen Aufgaben konnten aber auch aus anderen Regionen Europas stammen, so zum Beispiel die „Hakkapeliitta“, die schwedische Reiterei finnischer Herkunft.

Literatur in Auswahl

  • Beaufort-Spontin, Christian, Harnisch und Waffe Europas. Die militärische Ausrüstung im 17. Jahrhundert (Bibliothek für Kunst- und Antiquitätenfreunde, Bd. 57), München 1982.
  • Borus, Josef, Die Haupttendenzen der Waffenentwicklung im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert, in: Kleinlandschaft und Türkenkriege. Das südliche Burgenland zur Zeit der Bedrohung durch die Türken im 16. und 17. Jahrhundert, hg. von Rudolf Kropf/Wolfgang Meyer (Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland, Bd. 68), Eisenstadt 1983, S. 37-53.
  • Ortenburg, Georg, Waffe und Waffengebrauch im Zeitalter der Landsknechte (Heerwesen der Neuzeit, Bd. 1,1), Koblenz 1984.
  • Suttner, Gustav, Reiterstudien. Beiträge zur Geschichte der Ausrüstung der vorzüglichsten Reiterarten im 16. und 17. Jahrhundert, Wien 1880.

Zitierhinweis: Marius Wieandt, Die Reiterei, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 11.08.2022

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