Ritterorden – Deutscher Orden, Johanniter und Lazariter
von Jürgen Dendorfer
![Hauptgebäude der Johanniterkommende Neckarelz, Blick nach Nordwesten, Aufnahme 2024. [Foto: Steffen Fuchs] Hauptgebäude der Johanniterkommende Neckarelz, Blick nach Nordwesten, Aufnahme 2024. [Foto: Steffen Fuchs]](/documents/10157/34766137/0291_Neckarelz217_01_a.jpg/7bfeffbb-851f-2cc2-7ff6-3839a6329913?t=1750096884843)
Neben den Bettelorden, die Vorstellungen vom Mönchtum im 13. Jahrhundert neu prägten, gehören die Ritterorden zur religiösen Signatur dieser Zeit. Sie verbanden auf eine spezifische Weise Mönchtum und Rittertum, in dem sie neben den Gelübden von Armut, Keuschheit und Gehorsam auch die Bereitschaft ihrer Mitglieder zum bewaffneten Kampf erwarteten.[1] Entstanden sind sie im Laufe des 12. Jahrhunderts als Reaktion auf die Notwendigkeiten der Kreuzzüge und die Herausforderung für die Kreuzfahrerstaaten, sich militärisch in einer feindlichen Umwelt zu behaupten. Im 13. Jahrhundert, als die Existenz der Kreuzfahrerstaaten mehr und mehr in Frage stand, bildeten diese Orden in großem Umfang Niederlassungen, genannt Kommenden. Im Untersuchungsraum sind der Deutsche Orden, die Johanniter und, in einem Fall, die Lazariter vertreten. Sie organisierten ihre Orden auf der Höhe der Zeit, indem sie zisterziensische Organisationselemente aufgriffen und mit anderen auf die Bettelorden vorauswiesen. Den einzelnen Kommenden stand ein Komtur vor, in den Konventen gab es verschiedene Gruppen, an der Spitze die adeligen Ritterbrüder, geistliche Aufgaben versahen die Priesterbrüder, daneben gab es Dienende oder Halbbrüder, im Deutschen Orden als »Graumäntler«, bei den Johannitern als Servienten bezeichnet. Um die Kommenden konnten sich auch Familiare und ein Frauenkonvent gruppieren. Kommenden der Ritterorden gab es in Städten und auf dem Land, sie waren in Provinzen zusammengefasst.
Die frühesten Kommenden des Deutschen Ordens im Reich entstanden in den Regionen, die entweder im eigenen Territorium der staufischen Könige und Kaiser lagen oder zumindest eng damit verbunden waren.[2] Der Südwesten des Reiches, der Oberrhein, war deshalb ebenso wie Franken und Thüringen eines dieser Kerngebiete der Ritterorden.[3] Die erste Kommende im Untersuchungsraum ist die 1228 in Heidelberg erwähnte, die gemeinsam mit der späteren in Weinheim (1273) außerhalb der sonst üblichen Gliederung in Balleien, der Bezeichnung für Provinzen bei den Ritterorden, geführt wurde und direkt dem Deutschmeister, also dem Vorsteher aller Balleien und Kommenden im Deutschen Reich, unterstand. Eine der ältesten Balleien des Deutschen Ordens, die Ballei Elsass-Burgund, entstand ausgehend vom staufischen Elsass bis 1230. Ihr stand ein Landkomtur vor, der ab 1252 in der Regel in der 1246 errichteten Kommende Beuggen bei Rheinfelden saß. Diese, heute noch durch ihren eindrucksvollen Baubestand gekennzeichnet, direkt am Rhein gelegen, blieb bis ins 15. Jahrhundert das Zentrum der Ballei und wurde erst dann vom oberschwäbischen Altshausen abgelöst. Zur Ballei gehörten auch die Kommenden in Freiburg (vor 1258) und auf der Insel Mainau (1271/72).
Älter als der Deutsche Orden ist der »Ritterliche Orden des Hl. Johannes vom Spital zu Jerusalem«, kurz Johanniterorden,[4] der bald nach 1200 über ausgedehnte Besitzungen in der gesamten lateinischen Christenheit verfügte. Der große Orden war in Priorate gegliedert. Der Deutsche (Groß-)Prior saß seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts dauerhaft in der Kommende Heitersheim, die 1335 als Ausgründung der älteren Freiburger Kommende (1240) entstand. Im späten Mittelalter waren Freiburg neben Heitersheim die membra in Kenzingen (1311), Neuenburg (1238/57) und Thunstetten (Kt. Bern) zugeordnet. Die praeceptoria Freiburg war somit das Haupt für die membra des Ordens im Breisgau. Anders als der Deutsche Orden waren die Johanniter mit kleineren Höfen auch auf dem Land präsent, was es mitunter nicht einfach macht, die Abhängigkeiten und die Statusveränderung einzelner Häuser zu beschreiben. Im Norden des Untersuchungsraums wurde die 1244 im Umpfertal (Tauberland) ins Werk gesetzte Kommende Wölchingen 1295 nach Boxberg verlagert. Ihr waren andere Kommenden oder auch nur Höfe unterstellt, etwa eine in Altkrautheim im Jagsttal und auch die für etwa ein halbes Jahrhundert bestehende Kommende in Neckarelz. Weiter im Westen entwickelte sich ebenfalls aus einer 1272 zuerst erwähnten curia eine Kommende in Bruchsal, die später (ab 1367) ein membrum der Kommende in Heimbach werden sollte. Von größerer Bedeutung war die Kommende in Villingen (1253), deren Komture immer wieder auch Leitungsfunktionen im Orden innehatten, daneben ist noch jene in Überlingen (um 1250) zu erwähnen.
Eine Besonderheit unter den Ritterorden stellen die Lazariter dar.[5] Ein in Jerusalem im 12. Jahrhundert gegründeter Hospitalorden, der sich besonders der Pflege von Leprakranken widmete und Erkrankte, etwa aus anderen Ritterorden, als vollwertige Mitglieder aufnahm. In Schlatt bei Bad Krozingen gab es seit 1250 eine Kommende dieses Ordens, bestehend aus Männer- und Frauenkonvent. Ihr unterstanden die Häuser in Gfenn (Kt. Zürich) und Seedorf (Kt. Uri). Schlatt war damit Sitz eines eigenen kleinen Regionalverbandes in der Provinz Alemannia. Wie alle deutschen Kommenden des Ordens ging Schlatt später an die Johanniter über, allerdings wegen Verschuldung bereits im Jahr 1362 und nicht erst nach der päpstlichen Auflösung des Ordens (1489) wie die meisten anderen.
Der Blick auf die Bettelorden in den Städten und die Ritterorden mag einen Eindruck davon vermitteln, wie tiefgreifend sich Mönchsein im 13. Jahrhundert veränderte: Die spirituelle Vielfalt der neuen Orden mit ihren feingliedrigen Verfassungsordnungen, der Armutsgedanke und die sich daraus ergebenden Wirtschaftsformen, das an den städtischen Raum angepasste seelsorgerische Apostolat oder die an sich widersinnige Verbindung von Kriegsdienst und Klosterleben, all dies war neu und wurde im 13. Jahrhundert im Untersuchungsraum in einer Vielzahl von Niederlassungen konkretisiert. Ihre Zahl nahm in dieser Zeit am stärksten im gesamten Mittelalter zu und damit in allen Jahrhunderten, die das Klosterbuch abdeckt. War schon bisher namentlich die Rede von an die 40 im 13. Jahrhundert neu gegründeten Gemeinschaften, so vervielfacht sich diese Zahl noch auf dem Feld der religiösen Frauengemeinschaften.
Anmerkungen
[1] Sarnowsky 1998; Elm 2001.
[2] Militzer 1999; Sarnowsky 2007; Militzer 2 2012.
[3] Baeriswyl 2006.
[4] Wienand 1970; Rödel 2006; Sarnowsky 2011.
[5] Jankrift 1996; Hyacinthe 2003; Degler-Spengler 2006.
Die vollständigen Literaturangaben sowie die Auflösung der Abkürzungen finden Sie hier.
Zitierhinweis: Jürgen Dendorfer, Ritterorden – Deutscher Orden, Johanniter und Lazariter, URL: […], Stand: 10.06.2025.