„Krabaten“ -  kroatische Reiter

Hintergrund einer Legende aus dem Dreißigjährigen Krieg

Die Erzählung „Krabat“ des Jugendbuchautors Otfried Preußler ist die Geschichte eines Waisenjungen, der in den Bann eines Schwarzen Zauberers gerät, sich gegen ihn auflehnt und am Ende seine Macht brechen kann. Der Inhalt beruht auf einer sorbischen Sage. Preußler siedelte den Schauplatz im Koselbruch in der Lausitz an. Die Ereignisse spielen vor dem Hintergrund des Großen Nordischen Krieges zu Beginn des 18. Jh.

Die historischen „Krabaten“ tauchen aber schon früher auf. Der Name leitet sich von „Hrvat“ für Kroate ab. Als Kroatien ab dem ausgehenden 15. Jh. unter den Einflussbereich der Habsburgermonarchie kam, entwickelte sich im Grenzland zum osmanischem Gebiet eine im Kampf mit verschiedenen Waffen erprobte und schlagkräftige Reiterei. In größerem Umfang traten sie als Soldaten während des Dreißigjährigen Krieges in Erscheinung. Die flexiblen berittenen Infanteristen wurden in der kaiserlichen Armee unter Tilly und Wallenstein eingesetzt und oft als Vorhut oder Aufklärer vorausgeschickt. Für die Bevölkerung waren sie die ersten Boten des herannahenden Krieges und sorgten allein durch ihr Erscheinen für Furcht und Schrecken. Wie bei allen Söldnern des Dreißigjährigen Krieges kam es auch hier zu gewaltsamen Übergriffen. Dazu wurde der schlechte Ruf der Kroaten von der gegnerischen Seite für Propagandazwecke genutzt. Im Südwesten taten sie sich bei der Eroberung Heidelbergs 1622 hervor. Die Anzahl der in der kaiserlichen Armee eingesetzten Kroaten soll zu Spitzenzeiten bis zu 20.000 Mann betragen haben, wobei die ebenfalls vertretenen Gruppen von Serben, Walachen, Ungarn, Kosaken und anderen mit einbezogen wurden. Darüber hinaus waren sie in dänischen, französischen oder spanischen Einheiten vertreten.

Für die meisten endete der Militärdienst mit dem Westfälischen Frieden. Als Zeugen ihrer Anwesenheit finden sich bis heute Steinkreuze aus der Zeit des Dreißigjähringen Krieges, die als „Kroatenkreuze“ überliefert sind. Ein Beispiel ist in Schwäbisch Gmünd erhalten. Das Kreuz mit doppeltem Querbalken wurde am Ende des Krieges von einer Müllerfamilie gestiftet und teilt seine Bezeichnung mit dem nahen „Kroatensteg“, von dem es vermutlich seinen Namen erhielt. Die Inschrift HISOSTM wird als „Hoc In Signo Omnis Salus Totius Mundi – In diesem Zeichen liegt das Heil der ganzen Welt“ interpretiert. In Sachsen beschäftigte Kurfürst Johann Georg II. ab 1660 bis zu seinem Tod eine Leibkompanie, die „Kroaten zu Ross“ unter dem Kommando des Grafen Janko Peranski. Der von dunklen Legenden umrankte Ruf der Kroaten ging in die Literatur ein und lebte dort für längere Zeit weiter. Sie spielen eine Rolle im Simplicissimus des Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen und auch Friedrich Schiller nutzte sie als Figuren in seinem 1799 uraufgeführten Drama „Wallensteins Tod“. Die Figur des Krabat in der sorbischen Volkssage, verschiedene Episoden, die in eine Rahmenhandlung eingebettet sind, wurde mit dem in Kroatien gebürtigen Obristen Johann Schadowitz, der 1704 in Särchen im Landkreis Bautzen starb, in Verbindung gebracht. Er soll als Schwarzkünstler gewirkt haben, wobei seine Person als Anknüpfungspunkt für weitere phantastische Geschichten und Ereignisse diente.

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 Wappenbuch der Goldschmiedemeister in Ulm

Wappenbuch der Goldschmiedemeister in Ulm, (Quelle: Stadtarchiv Ulm A 7766/1)

Seit dem Mittelalter organisierten sich Handwerker aus verschiedensten Berufsfeldern in Zünften, um gemeinsam für ihre Interessen einzustehen. Mit ihrer zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung im 14. und 15. Jahrhundert erlangten die Zünfte immer mehr Einfluss innerhalb der (reichs-)städtischen Regierungen. Die „Zunftkämpfe“ des 14. Jahrhunderts führten besonders in Süddeutschland zu Änderungen in städtischen Verfassungen, nach denen die Zünfte an der städtischen Herrschaft beteiligt wurden. In südwestdeutschen Reichsstädten war ein Großteil der Bürger Zunftmitglied; eine Ausnahme bildeten etwa Geistliche. Der Einflussbereich der Zünfte innerhalb der Städte beschränkte sich dabei nicht allein auf Verwaltung und Stadtregiment, sondern sie bestimmten und gestalteten das gesamte öffentliche Leben vielfältig mit. Im Rahmen der Selbstverwaltung und Organisation von Handwerkszünften entstanden auch sogenannte Zunftbücher. In ihnen wurden die „Merkwürdigkeiten“ der jeweiligen Zunft festgehalten; dazu zählten etwa Statuten und Ordnungen aber auch Verzeichnisse der Zunftmitglieder. Zunftbücher sind in Südwestdeutschland in kommunalen wie auch in staatlichen Archiven überliefert. Besonders reich ist die Überlieferung in Archiven vormaliger Reichsstädte. Die Zunftbücher ermöglichen dabei nicht nur Einblick in die Selbstdarstellungen von Zünften oder handwerkliche Praktiken vergangener Zeiten, sondern auch in frühe Formen von sozialen Sicherungssystemen, wie etwa Regelungen bezüglich der Witwenversorgung. Im Jahr 1862 wurden die Zünfte in Baden und Württemberg zugunsten der Gewerbefreiheit aufgelöst und somit verschwand auch die Tradition der Zunftbücher. Mehr über die Auswertungsmöglichkeiten und die Forschungsgeschichte zu Zunftbüchern können Sie im LEO BW Themenmodul Südwestdeutsche Archivalienkunde nachlesen. (JH)

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Die Berwart-Treppe in Bad Mergentheim

Bad Mergentheim: Spindeltreppe im Schloss, Willy Pragher (Quelle: StAF W 134 Nr. 096693a)

Vom 16. bis ins frühe 19. Jahrhundert war Bad Mergentheim die Residenz der Hoch- und Deutschmeister. Der Theologe Georg Hund von Wenckheim, Hochmeister des Deutschen Ordens zwischen 1566 und 1572, begann die mittelalterliche Wasserburg in Mergentheim zur Residenz auszubauen. Seit der Zeit der Renaissance spielten Treppen im Schlossbau eine wichtige Rolle: Über ihre eigentliche Funktion hinaus waren sie ein wirkungsvolles Element, um fürstliche Schlossbewohner in Szene zu setzen. Die Wendeltreppe mit offener Spindel ist ein besonderes Beispiel dieser Baukunst. Im Jahr 1574 wurde sie vom Baumeister Blasius Berwart fertiggestellt, der ab 1571 mit den Baumaßnahmen in Mergentheim betraut war. Die Treppe wird getragen von gedrehten Säulchen und trägt an der Unterseite ein Pflanzenornament mit Ranken, Tier- und Engelsgestalten. So findet sich dort zum Beispiel ein Einhorn, als Symbol für die Reinheit Marias, oder ein Reichsadler, der für den Reichsstand des Hochmeisters des Deutschen Ordens steht. Viele weitere Vögel, Engelsköpfe, Blumen und Ornamente weisen auf weitere Aspekte des Ordensglaubens hin. Eine weitere Besonderheit ist die an der Decke angebrachte goldene Sonne, die zu sehen ist, wenn man sich unten in die Mitte der Spindel stellt und nach oben schaut. Mehr zur Berwart-Treppe und dem Baumeister Berwart erfahren Sie auf dem Portal der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden Württemberg.

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 Die Hanfbereitung bei Lahr

Die Hanfbereitung bei Lahr. Abbildung aus: Aloys Schreiber: Trachten, Volksfeste und Volksbeschäftigungen im Großherzogtum Baden in XII malerischen Darstellungen und mit historisch-topografischen Notizen, Freiburg 1823. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK J-L L 1]

Weit mehr als die zumeist von der Obrigkeit geförderten Sonderkulturen holten im 17. und 18. Jahrhundert die Faserpflanzen Flachs und Hanf Geld nach Württemberg und Baden. Flachs wurde damals fast überall dort angebaut, wo der Wein und andere Sonderkulturen nicht gediehen und ein Zwang zur Erschließung zusätzlicher Erwerbsquellen bestand: zumeist in den Tälern des Nord- und Südschwarzwaldes, des Mainhardter und Welzheimer Waldes, der Schwäbischen Alb, an der oberen Jagst, auf den Fildern, in den Donau- und Illerniederungen und im südlichen Oberschwaben. Etwa 1-2 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche innerhalb der Grenzen des späteren Königreichs Württemberg war dem Anbau von Faserpflanzen eingeräumt, wobei der Flachs vorherrschte.

In Baden, in der Ortenau und im Breisgau verlagerte sich der Anbau von Faserpflanzen auf den Hanf, der dank einer immer stärkeren ausländischen Nachfrage bald eine dominierende Stellung einnahm. Flachs, so berichteten die Quellen, würde dort nicht oder nur schlecht geraten. Schon 1735 exportierte Baden-Durlach an erster Stelle Hanf, vor allem nach Holland. Er wurde meist zu Schiffstauen und Segeltüchern verarbeitet, da sich die Faser sehr widerstandsfähig gegenüber Salzwasser erwies und weniger Wasser aufnahm als beispielsweise Baumwolle – Baumwollsegel wurden bei Regen derartig schwer, dass die Masten brechen konnten. Auch Flachsleinen war ein schlechter Ersatz, da es bei Kontakt mit Wasser anders als Leinwand aus Hanf binnen weniger Monate verrottet. Aber auch Kleidung und Papier wurden aus Hanf hergestellt und das aus den Samen gewonnen Öl diente als Brennstoff für Lampen und Rohstoff für Farben.

Doch mit Beginn der Industrialisierung wurde Hanf – wie übrigens viele andere Sonderkulturen auch – vom Markt verdrängt, denn damals konnte man Hanf noch nicht maschinell ernten und brechen. Hanfverarbeitung war Handarbeit, so zeigt es auch die Abbildung aus dem Jahr 1823, und daher aufwendig, mühsam und teuer. Günstigere Rohstoffe wurden entdeckt, die rationeller weiterverarbeitet werden konnten.

In den letzten Jahren kam es jedoch wieder zu einem vermehrten Anbau von Nutzhanf in Baden-Württemberg, da dieser vor allem in der Industrie und im Baugewerbe als alternatives Dämm- und Isoliermaterial zur Ressourcenschonung beitragen kann.

Mehr über den Anbau von Sonderkulturen im 18. Jahrhundert finden Sie auch im Historischen Atlas Baden-Würrtemberg. (JH)

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Archivisch für Anfänger: Hartnäckig hält sich die Vorstellung von Archiven als verliesähnlichen, staubigen und unwirtlichen Orten. Dazu beigetragen hat sicherlich die Tatsache, dass die meist rechtlich relevanten Unterlagen möglichst geschützt vor Feuer, Wasser und anderen zerstörerischen Einflüssen aufbewahrt werden mussten. Vielerorts erfüllten massive, steinerne Türme diesen Zweck. In anderen Fällen wurden hier Verbrecher inhaftiert, was den Ruf derartiger Gemäuer sicherlich nicht besserte. So ist in einer 1842 in Weimar unter dem Titel „Der Archivar und das Archivwesen“ von A. Sinnhold veröffentlichten Schrift zu lesen: „Wir finden allgemein, daß sich mit dem Worte ‚Archiv‘ der Begriff fester, undurchdringlicher Mauern, von spärlichem Licht erhellter, mit Eisenstäben fest verwahrter und mit Eisenthüren verschlossener Gewölbe verbindet. Archive stehen in demselben Rufe der Unheimlichkeit, wie Burgverliese und Verbrecherkerker, in welchen Unken, Ottern, Schlangen, Molche, Kobolde und böse Geister ihr Wesen treiben; […]. Mit scheuer Furcht geht der Unkundige in der Begränzung der Archive vorüber und nicht selten sind stöhnende Klagen, Wehruf, Geisterspuk und Getümmel in Archiven vernommen worden.“ Ein interessantes Beispiel aus der Zeit der Archivtürme befindet sich in Fürfeld, einem Teilort der Gemeinde Bad Rappenau. Zum Schloss, das 1516 in den Besitz der Freiherren von Gemmingen kam, gehören zwei Türme. Einer davon, als Hexenturm bezeichnet, diente vermutlich als Gefängnis, bevor er umgebaut und dem Schlosskomplex angegliedert wurde. Der zweite Turm wurde Mitte des 15. Jh. als Archiv errichtet und mit Sicherheitsvorkehrungen wie eisernen Türen versehen. Das Archiv, das sich in den beiden Obergeschossen des dreistöckigen Gebäude befindet, ist nur vom Schloss aus zugänglich. Das Gesamtensemble und der Archivturm entspricht mit dicken Mauern und lediglich zwei kleinen Fenstern tatsächlich dem eingangs geschilderten Typ. Weitere Beispiele für Archivtürme befinden sich in Öhringen mit dem Spital-Archiv an der Stadtmauer oder Baden-Baden im Neuen Schloss. Etwas später wandelten sich sowohl die Einrichtungen als auch die Darstellung in der Öffentlichkeit. Nun wich das Verlies unendlich erscheinenden Räumen mit deckenhohen Stand- oder Fahrregalen, in denen gedächtsnisstarke Archivwächter bei mehr oder weniger spärlicher Beleuchtung ein klägliches Dasein fristeten.

Inzwischen ist auch das überholt. Moderne Archive sehen sich einerseits mit den wachsenden Datenfluten des digitalen Zeitalters konfrontiert und stehen andererseits als Dienstleister mit multifunktionalen Aufgaben für Wissenschaft, Forschung und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Dabei folgt die Archivarbeit im engeren Sinn nach wie vor allgemeingültigen Vorgaben. Wer einmal hinter die Kulissen schauen und wissen möchte, wie die Arbeit in einem Archiv abläuft, kann das nicht nur bei den Führungsangeboten, die in den Einrichtungen regelmäßig angeboten werden, sondern auch in der Broschüre „Archivisch für Anfänger - 25 Fachbegriffe einfach erklärt“. Das Archivglossar wurde vom Stadtarchiv Koblenz, dem Landeshauptarchiv Rheinland-Pfalz und dem Bundesarchiv erstellt und steht online unter https://bit.ly/3DJlpHV zur Verfügung. Mehr zum Archiv in Fürfeld finden Sie in den Archivnachrichten 48/2014 auf Seite 49 https://bit.ly/3fsfwW2.

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